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Majestätsbrief

Als Majestätsbrief wurden zwei von Kaiser Rudolf II. im Jahre 1609 ausgestellte Urkunden bezeichnet, die den evangelischen Ständen des Königreichs Böhmen beziehungsweise Schlesiens Religionsfreiheit gewährten. Der böhmische Majestätsbrief wurde am 9. Juli 1609 ausgestellt, der schlesische am 20. August.

Vorgeschichte

Die beiden Ständegemeinden hatten die außerordentlich schwierige politische Situation des eigentlich gegenreformatorisch gesinnten Kaisers ausgenutzt, um ihm die Ausstellung der beiden Majestätsbriefe abzutrotzen. Rudolf II. befand sich zu jener Zeit im Streit mit seinen Brüdern, die ihn vom böhmischen Thron verdrängen wollten. Mähren und Ungarn waren bereits zu Erzherzog Matthias übergegangen. In dieser Situation blieb dem Kaiser nichts anderes übrig, als den evangelischen Ständen seiner beiden wichtigsten Länder nachzugeben, wollte er nicht auch noch die Unterstützung der Böhmen und Schlesier verlieren.

Inhalt

Die Majestätsbriefe erlaubten neben der freien Religionsausübung aller Landeseinwohner auch die Etablierung einer protestantischen Kirchenorganisation sowie den evangelischen Kirchenbau, nicht nur auf den Besitzungen des Adels, sondern auch im Gebiet der königlichen Kammergüter. Wegen der letzten Bestimmung kam es in den folgenden Jahren zu schweren Konflikten zwischen den böhmischen Katholiken und Protestanten. Es war umstritten, ob auch die Besitzungen der katholischen Stifte – diese gehörten in Böhmen nicht zu den Ständen – als königliche Kammergüter anzusehen seien und sie deshalb den Bau evangelischer Kirchen in ihren Dörfern zulassen müssten. Die Zerstörung einer evangelischen Kirche in Klostergrab, deren Bau die Katholiken als illegal empfanden, war 1618 der Auslöser für den zweiten Prager Fenstersturz.

Als die evangelischen Oberlausitzer Stände vom Erfolg der böhmischen und schlesischen Protestanten erfuhren, wollten auch sie einen Majestätsbrief für sich erwerben. Ihre 1610/1611 zu Rudolf II. nach Prag geschickten Gesandten wurden jedoch vom Kaiser abgewiesen. Die Oberlausitzer mussten sich mit einer von Kaiser Matthias 1612 ausgefertigten Religionsassekuration zufriedengeben, die bloß den status quo bestätigte.

Verbleib

Nach der für die Kaiserlichen siegreichen Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 wurde der Majestätsbrief von Kaiser Ferdinand II. persönlich in zwei Teile zerschnitten. Die nach dem zerschnittenen Original (im Nationalarchiv Prag) einzig existierende beglaubigte Abschrift des Majestätsbriefes wird heute in der Christian-Weise-Bibliothek in Zittau aufbewahrt.

Vgl. auch: Confessio Bohemica und Confoederatio Bohemica

Literatur

  • Anton Gindely: Geschichte der Ertheilung des böhmischen Majestätsbriefes von 1609. Tempsky, Prag 1858.
  • Hermann Knothe: Die Bemühungen der Oberlausitz um einen Majestätsbrief, 1609–1611. In: Neues Lausitzisches Magazin. Bd. 56, 1880, S. 96–117, Digitalisat.
  • Paul Konrad: Der schlesische Majestätsbrief Kaiser Rudolfs II. vom Jahre 1609 in seiner Bedeutung für das städtische Konsistorium und die evangelischen Kirchengemeinden Breslaus. Festschrift zur 300jährigen Jubelfeier. Kauffmann, Breslau 1909
  • Kamil Krofta: Majestát Rudolfa II. Nákladem Historického Klubu, Praha 1909 (Der Majestätsbrief Rudolfs II. Mit Faksimile des Originals).
  • Uwe Kahl: Kostbarkeiten aus dem Altbestand der Christian-Weise-Bibliothek Zittau: Der Majestätsbrief von Kaiser Rudolph II. aus dem Jahre 1609. In: Bibliotheksjournal der Christian-Weise-Bibliothek Zittau. 9, 1999, S. 36–38.
  • Milan Svoboda: Majestát Rudolfa II. ve sbírkách Christian-Weise-Bibliothek v Zitave. In: Fontes Nissae. Bd. 3, 2002, ISSN 1213-5097, S. 160–168.

 

Der obige Ergänzungsartikel wurde aus der Freien Enzyklopädie Wikipedia übernommen und entsprechend der geltenden GNU-Lizenz veröffentlicht. Eine möglicherweise aktuellere Version finden Sie auf den Seiten der Wikipedia. Eine Liste der Autoren finden Sie auf der entsprechenden Wikipediaseite unter dem Punkt “Versionen/Autoren”.    Weitergehende Informationen  und Hinweise finden Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden. Der obige Ergänzungsartikel wurde am 21.02. 2014 aus dem Internet abgerufen.

 

Ständeaufstand in Böhmen (1618)

Im Ständeaufstand in Böhmen rebellierte der dortige Adel gegen die damals schon fast 100 Jahre währende Hegemonialpolitik der Habsburger in den Ländern der böhmischen Krone. Der Aufstand war Folge der religiösen, wirtschaftlichen und politischen Krise in Mitteleuropa zu Beginn des 17. Jahrhunderts und zugleich eine der Hauptursachen für den Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges.

Vorgeschichte

Ende des 16. Jahrhunderts existierten in Böhmen zwei religiöse Lager: Auf der einen Seite die Anhänger der Lehre des Abendmahlskelches (Hussiten, später Böhmische Brüder oder Brüder-Unität), die inzwischen einen Großteil der Gläubigen in Böhmen zählte, auf der anderen Seite die Katholiken. Die Brüder-Unität und ihre Vertreter wurden durch die römische Kirche immer wieder unter Bann gestellt und ihr Wirken verboten. Ihre Kirchen wurden geschlossen, die Bücher verbrannt.

1609 erließ Kaiser Rudolf II. ein Dekret, in dem er als Dank für die Unterstützung der böhmischen Stände im Kampf gegen Erzherzog Matthias die Religionsfreiheit verbriefte und den Glaubenszwang durch Landesherren untersagte (Majestätsbrief). Zum Schutz der nichtkatholischen Gläubigen wurde ein Defensorkollegium eingerichtet, das aus je zehn Bürgerlichen, Rittern und Vertretern des Herrenstandes bestand.

Als Matthias, seit 1612 Rudolfs Nachfolger als Kaiser und als König von Böhmen, seine Residenz nach Wien verlegt hatte, kam es in Böhmen durch seine Statthalter zur Stärkung der katholischen Kräfte. 1615 verschärfte sich dann die religiöse, aber auch die politische Situation in ganz Europa. Die Waffenruhe zwischen den protestantischen Niederlanden und dem stark katholisch geprägten Spanien hielt nicht mehr, offene kriegerische Auseinandersetzungen waren vorhersehbar. Auch die Thronnachfolge für den inzwischen schwer erkrankten Matthias in Böhmen war von vornherein konfliktbelastet. In Frage kam König Philipp III. von Spanien, aber auch Erzherzog Ferdinand aus der Habsburger Linie in der Steiermark. Im Oñate-Vertrag verzichtete Philipp auf seine Ansprüche in Böhmen und Ungarn. Damit konnte Ferdinand die Nachfolge antreten.

Verlauf

Am 6. Juni 1617 wurde Erzherzog Ferdinand schließlich zum König von Böhmen gewählt. Ferdinand ging sofort daran, umfangreiche Rekatholisierungsmaßnahmen in Böhmen durchzusetzen und die Rechte der Stände einzuschränken. Beide Maßnahmen liefen dem Vertragstext des Majestätsbriefes zuwider und belasteten das Verhältnis der Stände zu dem neuen Herrscher schwer.

1617 mündete der innere Konflikt in offene Feindschaft. Als die Katholische Liga in Braunau eine evangelische Kirche schloss und auf den erzbischöflichen Ländereien in Klostergrab eine nichtkatholische Kirche abgerissen wurde, versammelten sich die Adeligen im März 1618 und verfassten ein an Matthias gerichtetes Protestschreiben. Dieser verbot daraufhin weitere Standesversammlungen.

Der Ungehorsam der protestantischen böhmischen Stände hielt jedoch an. Am 21. Mai 1618 trafen sie sich im Prager Karolinum. Nicht dabei waren Vertreter der Königsstädte. Aus einer zunächst ruhig verlaufenden Versammlung wurde schließlich nach einer Rede von Heinrich Matthias von Thurn eine tumultartige Veranstaltung.

Am 23. Mai 1618 begaben sich einige der Teilnehmer, darunter Matthias Thurn, Albrecht Smiřický, Graf Andreas Schlick, Wenzel von Ruppa, die Brüder Říčan, die Brüder Kinsky, ein Bruder Wilhelms von Slawata, Colonna von Fels und Wilhelm von Lobkowitz schließlich auf die Prager Burg. Nach einem langen Streitgespräch mit den dort weilenden Statthaltern Ladislaus von Sternberg, Diepold von Lobkowitz, Jaroslav Borsita von Martinic und Wilhelm Slavata, hielten sie ein improvisiertes Gericht ab und warfen die kaiserlichen Statthalter Slavata und Martinic sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus den Burgfenstern. Sie verletzten sich dabei nur leicht und kamen mit dem Schrecken davon ("Prager Fenstersturz").

Nach dieser sogenannten Defenestration wählten die Aufständischen am 24. Mai 1618 aus ihren Reihen ein dreißigköpfiges Direktorium und enthoben die bisherigen Regenten ihrer Macht. Das Direktorium bestand aus jeweils zehn Vertretern des jeweiligen Standes. Zum Vorsitzenden wurde Wenzel Wilhelm von Ruppau gewählt. Kurz danach wurde mit dem Aufbau einer Armee begonnen und Matthias Thurn ihr Oberbefehlshaber.

Damit kam es auch zum endgültigen Bruch mit den Herrschern in Wien, die auf die Situation in Prag zunächst konzeptlos und verwirrt reagierten. Der von den Ereignissen überraschte Kaiser Matthias, kein Mann schneller Entschlüsse, wusste nicht weiter. Der designierte Nachfolger, Erzherzog Ferdinand, bewarb sich zum gleichen Zeitpunkt in Pressburg um die Stephanskrone. Der erste Minister, Erzbischof Melchior Khlesl, war ebenfalls ratlos.

Der Hintergrund dieser Tat, der Wunsch der Böhmen nach religiöser Freiheit, fand wenig Resonanz im Bürgertum und beim Volk. Die Rebellen handelten ohne Absprache aus eigenem Impuls heraus, ohne die Vertreter der restlichen Stände hinzuzuziehen. Die innere Schwäche, an der die Bewegung von Anfang an litt, versuchten sie durch Knüpfung von Kontakten mit der Protestantischen Union, den Niederlanden und Kalvinisten in England zu kompensieren. Gleichzeitig erhofften sie sich von dort militärische, aber auch finanzielle Unterstützung, jedoch gab es nur wenig Resonanz. Lediglich Mähren schloss sich am 2. Mai 1619 dem Widerstand an.

In der Anfangsphase wurde von den Adeligen die Vorherrschaft der Habsburger noch anerkannt. Dennoch begannen sie mit der Vertreibung der Jesuiten und Konfiszierung des katholischen Vermögens zur Finanzierung ihrer Feldzüge.

Nach dem Tod des Kaisers Matthias im März 1619 verweigerten sie dem Nachfolger Ferdinand von der Steiermark gänzlich die Gefolgschaft, zumal sich die Lage für die Rebellen durch innere Krisen im Haus Habsburg besserte. Karl der Ältere von Žerotín wurde als Verwalter Mährens zur Übergabe seiner Macht an den kämpferischen Ladislav Velen von Zerotein gezwungen.

Am 31. Juli 1619 wurde die neue Verfassung verabschiedet. Böhmen wurde zu einer Konföderation gleichberechtigter Länder, angeführt von einem wählbaren Herrscher. Dieser Konföderation schloss sich auch ein Teil des österreichischen Adels an. Am 19. August 1619 wurde Ferdinand endgültig abgesetzt und am 26. August 1619 der Anführer der deutschen Kalvinisten Friedrich von der Pfalz zum König gewählt. Das Direktorium hoffte dabei, England für seine Sache zu gewinnen, aber auch Dänemark und den holländischen Statthalter Moritz von Oranien. Zuvor hatte Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die böhmische Königskrone abgelehnt.

In der Zwischenzeit wurde Ferdinand am 28. August 1619 von den deutschen Kurfürsten trotz der Ereignisse in Böhmen zum neuen Kaiser gewählt.

Im Machtkampf konnten sich anfangs die Aufständischen durchsetzen. Teilweise bedrohten sie auch die Vormachtstellung der in sich zerstrittenen Habsburger in Wien. Die böhmische Sache und die politische Schwäche Wiens nutzte auch Gabriel Bethlen und fiel in die Slowakei ein. Unter seinem Einfluss beschloss das ungarische Parlament im Januar 1620, sich der böhmischen Konföderation anzuschließen. Aber Unstimmigkeiten in den eigenen Reihen, Eifersüchteleien und mangelnde finanzielle Unterstützung durch den böhmischen Adel hemmten den Erfolg der Rebellen.

Der habsburgische Kaiser vergewisserte sich indes der finanziellen und ideellen Unterstützung der spanischen Krone, des Papstes und vor allem der katholischen Liga. Ferdinand verband sich mit Maximilian von Bayern, dem er im Falle des Sieges die kurfürstliche Stimme des Friedrich von der Pfalz versprach. Das mächtige Sachsen unter Führung des Johann Georg von Sachsen, das Expansionspläne nach Lausitz und Schlesien hatte, verhielt sich neutral. Am 3. Juli 1620 wurde schließlich ein Neutralitätsabkommen zwischen der protestantischen Union und der katholischen Liga geschlossen.

Die Übermacht des Kaisers Ferdinand wuchs damit, während die böhmischen Adeligen zusehends in Isolation gerieten. Nach der Kapitulation der österreichischen Stände am 20. August 1620 und deren Abspaltung von der Konföderation begann man mit der Vorbereitung des Zuges der kaiserlichen Armee auf Böhmen, unterstützt durch Heere der Liga. 1620 marschierten die Truppen unter der Führung des ligistischen Feldherrn Johann t’Serclaes von Tilly über Gratzen ein, nahmen Kurs auf Budweis und belagerten Westböhmen. Christian von Anhalt zog mit einem zweiten Heer über Mähren nach Böhmen. Am Weißen Berg bei Prag nahmen sie strategisch wichtige Positionen ein. Als das böhmische Ständeheer, ein Haufen undisziplinierter, ermüdeter und schlecht bezahlter Söldner, am 8. November 1620 schließlich eintraf, entschied die Liga die Schlacht innerhalb von zwei Stunden zu ihren Gunsten.

König Friedrich floh mit Vertretern des Direktoriums und seinem Hof ins Ausland. Die Söldner des Direktoriums zogen sich nach Prag zurück. Als der versprochene Sold ausblieb, begannen sie mit Plünderungen und begaben sich in die Dienste des katholischen Generals Karl Bonaventure Buquoy.

Die Macht übernahm die kaiserliche Armee unter Verwaltung von Karl von Liechtenstein, Paul Graf Michna von Waitzenau (tschechisch Pavel Michna z Vacínova), Adam von Waldstein, Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein und Bonaventur Buquoy in Böhmen und Franz Seraph von Dietrichstein in Mähren.

Folgen

Der Teil des Direktoriums, dem die Flucht nicht mehr gelang, wurde inhaftiert, 43 von ihnen wurden zum Tod verurteilt. Am 21. Juni 1621 wurden 27 von ihnen in der Prager Altstadt exekutiert[1]. Drei der Hingerichteten, Joachim Andreas von Schlick, Wenzel von Budovec und Christoph Harant von Polschitz und Weseritz, kamen aus dem Herrenstand, sieben waren Ritter und 17 Vertreter des Bürgertums. Neben den drei genannten Herren wurden von dem Henker Jan Mydlář folgende Personen enthauptet: die Ritter Kaspar Cappleri de Sulewicz, Prokop Dwořecký von Olbramowitz, Friedrich von Bila, Heinrich Otto von Loß, Wilhelm Konechlumský, Bohuslav von Michalovice, Diwisch Czernin von Chudenitz, sowie die Prager Bürger Walentin Kochan, Tobias Šteffek, Christoph Kober, Wenzel Maštĕřowský Gizbicky und Johann Theodor Sixt, der Kuttenberger Bürgermeister Johann Schultys, der Saazer Bürgermeister Maximilian Hošťálek von Javořice, der Rektor der Karls-Universität Prag Dr. Jan Jessenius, der Rat auf der Prager Vorstadt Heinrich Kozel sowie Andreas Kocour, Georg Řečický, Michael Witman, Simon Wokáč, Leander Rüppel und Georg Haunschild. Gehängt wurden die Prager Ratsherren Johann Kutnauer, Simon Sušický und Nathanael Wodňanský. Martin Fruwein wurde verurteilt, kam jedoch vor der Hinrichtung im Gefängnis um. Die Köpfe von 12 Verurteilten waren zur Abschreckung und Mahnung zehn Jahre lang am Prager Altstädter Brückenturm an langen Stangen aufgesteckt. Die Todesurteile gegen Wilhelm Popel von Lobkowitz und Paul von Říčan wurden nicht vollstreckt. Johann Wostrowec, Matthias Borbonius, Caspar Huzlar, Melchior Teyprecht, Georg Zawieta, Paul Prezka, Niklas Diwisch und Felix Petipeski erhielten lebenslange Haftstrafen auf der Festung Raab. Letzter wurde nach seinem Übertritt zum Katholizismus begnadigt. Das Vermögen und die Ländereien der Exulanten und der Hingerichteten wurden konfisziert, darunter 115 Herrschaften und Höfe. Böhmische Adelige, die sich als habsburgtreu erwiesen hatten, wurden mit großen Teilen der konfiszierten Güter belohnt, darunter auch Albrecht von Wallenstein.

Die Folgen des Aufstandes waren für die böhmische Nation katastrophal und stärkten die zentralistische Machtposition der Habsburger. 1627 wurde in Wien eine neue Verfassung, die so genannte „Verneuerte Landesordnung“ ratifiziert, in der das Erbrecht der Habsburger auf den böhmischen Thron festgeschrieben, die katholische Lehre als einzige Religion zugelassen und die deutsche Sprache der tschechischen gleichgestellt wurde. König Ferdinand schnitt den Majestätsbrief Rudolfs II. eigenhändig auseinander. Den böhmischen Ständen wurde das Recht der Königswahl und -bestätigung aberkannt. Die Gesetzgebung lag in Böhmen ebenfalls in den Händen des Königs, lediglich in Mähren hatten die Stände das Recht der Gesetzesinitiative zugesprochen bekommen. Die Bodenreform wurde nach feudalistischen Normen neu organisiert, Boden konnte durch die Krone nun jederzeit konfisziert und neu verteilt werden. Die Machtstellung der Städte und des Bürgertums wurde stark beschnitten.

Im Reich weitete sich der Konflikt mit dem Eingreifen von Friedrichs Verbündeten und dem Griff Bayerns nach der pfälzischen Kurwürde massiv aus und setzte den bisher nur schwelenden Dreißigjährigen Krieg endgültig in Gang.

Literatur

  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München 1959.
  • Golo Mann: Wallenstein. 133ff., ISBN 3-10-347904-2
  • Anton Gindely: Geschichte des Dreissigjährigen Krieges: Abtheilung 2: Die Strafdekrete Ferdinands II. und der pfälzische Krieg, (1621-1623). 2002, ISBN 1-4212-2709-6

Einzelnachweise

  1. ↑ Historische Illustration von 1627: Execution, So zu Prag den 11/21 Iunii 1621 angestelt vnd volnzogen worden (Digitalisat)

 

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Erster Prager Fenstersturz

Der erste Prager Fenstersturz steht am Anfang der Hussitenkriege. Am 30. Juli 1419 stürmten Hussiten, Anhänger des vier Jahre zuvor beim Konzil von Konstanz auf dem Scheiterhaufen als Ketzer hingerichteten Jan Hus, das Neustädter Rathaus am Karlsplatz in Prag, um dort gefangene Glaubensgenossen zu befreien. Dabei warfen sie zehn Personen aus dem Fenster: den Bürgermeister, zwei Ratsherren, den Stellvertreter des Richters, fünf Gemeindeältere und einen Knecht. Die Gestürzten wurden anschließend mit Hiebwaffen getötet, die die wartende Menge unter der Kleidung verborgen mitgebracht hatte. Ein weiterer Ratsherr starb in der Folterkammer. Der Volksaufstand war von radikalen Reformanhängern mit dem Prediger Jan Želivský an der Spitze vorbereitet worden.[1]

König Wenzel geriet über diese Aktion so in Wut und Angst, dass er einen Schlaganfall erlitt, an dessen Folgen er am 16. August 1419 starb. Vor dem Rathaus befindet sich ein 1960 von Jaroslava Lukešová geschaffenes Bronzedenkmal, das an Jan Želivsky erinnert.

 

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Zweiter Prager Fenstersturz

Der zweite Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 ist die von Vertretern der protestantischen Stände begangene Gewalthandlung an den königlichen Statthaltern Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie dem Kanzleisekretär Philipp Fabricius. Er markiert den Beginn des Dreißigjährigen Krieges und stellt einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte Europas dar.

Geschichte

Der Fenstersturz erfolgte als Fanal während des Böhmischen Ständeaufstandes. Die überwiegend protestantischen Stände warfen ihrem katholischen Landesherrn, Kaiser Matthias und dem 1617 zum Nachfolger gewählten böhmischen König Ferdinand von Steiermark (nach 1619 auch Kaiser) vor, die von Kaiser Rudolf II. im Majestätsbrief von 1609 zugestandene Religionsfreiheit der Protestanten zu verletzen.

Nach Auflösung der Ständeversammlung zogen am 23. Mai 1618 knapp 200 Vertreter der protestantischen Stände unter der Führung von Heinrich Matthias von Thurn zur Prager Burg und warfen nach einem improvisierten Schauprozess die in der dortigen böhmischen Hofkanzlei anwesenden königlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus einem Fenster etwa 17 Meter tief in den Burggraben, wobei alle drei, teilweise schwer verletzt, überlebten. Der zuerst hinausgestürzte Martinitz berichtet über den Sturz Slavatas:

    Sie haben erst die Finger seiner Hand, mit der er sich festgehalten hat, bis aufs Blut zerschlagen und ihn durch das Fenster ohne Hut, im schwarzen samtenen Mantel hinab geworfen. Er ist auf die Erde gefallen, hat sich noch 8 Ellen tiefer als Martinitz in den Graben gewälzt und sich sehr mit dem Kopf in seinen schweren Mantel verwickelt.[1]

Slavata berichtet Folgendes über seinen eigenen Sturz, wobei er von sich selbst in der dritten Person spricht:

    Graf Slavata hat sich an dem steinernen Gesims des untersten Fensters angestoßen und ist auf der Erde mit dem Kopf noch auf einen Stein gefallen.[1]

Der Fall Slavatas endete also unsanft, wenn auch durch ein Fenstersims etwas gebremst. Martinitz schreibt über den Fall des Sekretärs:

    Haben letztlich noch den Herrn Magister Phillip Fabricius, röm. kais. Rat und Kgr. Böhmens Sekretarius [...], in den Graben geworfen.[1]

Der glimpfliche Ausgang des Gewaltakts wurde auf verschiedene Weise begründet. Die weitverbreitete Erklärung, die Defenestrierten seien auf einem Misthaufen gelandet, der sich unter dem Fenster angesammelt hatte, dürfte eine anekdotische Erfindung späterer Zeiten sein und wird in den Erinnerungen der Beteiligten beider Parteien nicht erwähnt. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich im Burggraben der Prager Burg ausgerechnet unter den Fenstern der Ratskanzlei ein Misthaufen befunden haben soll.[2] Bei der Misthaufen-Legende dürfte es sich um die protestantische Antwort darauf handeln, dass Katholiken die Rettung der Defenestrierten mit der Hilfe der Jungfrau Maria erklärten.

Ursache des glimpflichen Ausgangs dürfte die damalige Mode und das kühle Wetter gewesen sein. Alle Beteiligten trugen weite schwere Mäntel, die den Fall stark dämpften.[3] Hinzu kommt, dass die Fenster, aus denen die drei geworfen wurden, sehr klein waren und sie somit nicht mit Schwung nach draußen befördert werden konnten. Außerdem haben sich alle drei gewehrt und Martinitz hielt sich noch am Sims fest, als er bereits draußen hing. Zudem ist die Wand unterhalb des Fensters nicht gerade, sondern nach außen angeschrägt, sodass die drei wohl eher hinunterrutschten als fielen.[4]

Die böhmischen Ständevertreter waren verblüfft darüber, dass die drei den Sturz relativ unbeschadet überstanden hatten, und schickten ihnen hastig einige Schüsse hinterher, die allesamt ihr Ziel verfehlten, da die Schützen durch das Gedränge an den Fenstern am sauberen Zielen gehindert wurden.[2] Unterschlupf und Schutz fanden die Statthalter anschließend bei der katholischen Adeligen Polyxena von Lobkowicz.

Dieses Defenestrieren war eine härtere Version des Werfens eines Fehdehandschuhs, eine Kriegserklärung an den Kaiser. Der Fenstersturz markierte den Beginn des Aufstands der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger und gilt als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648).

Literatur

  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, Oldenbourg, München / Wien 1959.
  • Walter F. Kalina: Der Dreißigjährige Krieg in der bildenden Kunst. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 2001.
  • Peter Milger: Der Dreißigjährige Krieg. Gegen Land und Leute. Orbis, München 2001, ISBN 3-572-01270-8.

Belege

  1. ↑ a b c zitiert nach Milger, S. 40
  2. ↑ a b Walter F. Kalina: Der Dreißigjährige Krieg in der bildenden Kunst. Diplomarbeit, Universität Wien, 2001, S. 17.
  3. ↑ Hellmut Diwald: Wallenstein. Eine Biographie. Darmstadt 1969, S. 100
  4. ↑ Milger, S. 41

 

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Matthias (HRR)Matthias - Kaiser des Heiligen Römischen Reiches - Erzherzog von Österreich -  König von Ungarn -  König von Böhmen - König von  Kroatien -  1557 bis  1619   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

Matthias (* 24. Februar 1557[1] in Wien; † 20. März 1619 ebenda) war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und Erzherzog von Österreich 1612–1619 und bereits seit 1608 König von Ungarn (als Mátyás II.) und Kroatien (als Matija II.), seit 1611 auch König von Böhmen (gleichfalls als Matyáš II.). Sein Wahlspruch war Concordia lumine maior („Eintracht ist stärker als Licht“).

Er spielte eine maßgebliche Rolle bei der innerfamiliären Opposition der Habsburger gegen seinen Bruder Kaiser Rudolf. Nach dem Gewinn der Macht zeigte er wenig eigene politische Initiative. Den Kurs der Politik bestimmte bis zu seinem Sturz Melchior Khlesl. Mit dem böhmischen Aufstand begann in der Schlussphase der Herrschaft von Matthias der Dreißigjährige Krieg.

Herkunft

Matthias war der vierte Sohn des Kaisers Maximilian II. und Maria von Spanien. Seine Brüder waren Rudolf (der spätere Kaiser), Ernst von Österreich (Statthalter in den Niederlanden), Maximilian (Hochmeister des Deutschen Ordens), Albrecht (Erzbischof von Toledo, später Statthalter der Niederlande) und Wenzel (Großprior des Johanniterordens in Kastilien). Außerdem hatte er sechs Schwestern. Durch die Heirat von Anna war er mit Philipp II. von Spanien und über Elisabeth mit König Karl IX. von Frankreich verschwägert.

Über seine Erziehung ist so gut wie nichts bekannt. Einer seiner Lehrer war der Orientreisende und Polyhistor Ogier Ghislain de Busbecq. Da die väterlichen Besitzungen vollständig an Rudolf übergingen, wurden seine Brüder – so auch Matthias – mit Geldrenten abgefunden, bekamen kirchliche oder staatliche Stellen zugewiesen.

Statthalter in den Niederlanden

In gewisser Weise war er politisch von seinem Vater beeinflusst. Dazu gehörte auch die antispanische Haltung und die Ablehnung der spanischen Politik in den Niederlanden. Dort versuchte Philipp II. den Aufstand der Niederländer mit Gewalt niederzuschlagen. Matthias war auf dem Regensburger Reichstag von 1576 in Kontakt mit dem Gesandten einiger aufständischer Provinzen, Gautier von der Gracht, getreten. Philippe III. de Croÿ, Herzog von Aarschot und andere Vertreter einer eher gemäßigten Partei kamen mit Matthias überein, diesen gegen den Willen Philipps II. und ohne Wissen Kaiser Rudolfs II. zum Statthalter der Niederlande zu machen.

Anfang Oktober 1577 reiste Matthias in die Niederlande ab. Insgeheim hoffte er sich in den Niederlanden eine eigene Machtbasis aufzubauen. Allerdings hatte Matthias weder die nötige politische Erfahrung noch Geschick. Hinzu kam, dass der Herzog von Aarschot verhaftet worden war. Matthias musste sich daher unter den Schutz von Wilhelm von Oranien, dem Führer der entschiedenen Spaniengegner begeben. Damit war das Ziel eines dritten Weges schon im Ansatz gescheitert. Matthias wurde zwar am 20. Januar 1578 de jure Statthalter, das Sagen hatten aber ein Staatsrat und Wilhelm von Oranien. Das Auseinanderdriften der katholischen südlichen und der protestantischen nördlichen Provinzen konnte Matthias nicht verhindern. Rudolf II. griff als Vermittler in den Konflikt ein. Auf seine Bemühungen hin kam es 1579 zum Kölner Pazifikationstag, der jedoch bald abgebrochen wurde. Damit hatte sich die Position für Matthias weiter verschlechtert. Die Niederländer stellten die Zahlungen für seinen Hofstaat ein. Das Statthalteramt legte er jedoch offiziell erst zwei Jahre später kurz vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung nieder. Die Abreise aus Antwerpen verzögerte sich allerdings um fünf Monate, weil er solange bleiben musste, bis seine immensen Schulden bezahlt waren.

Statthalter von Österreich

Er kehrte 1593 nach Österreich zurück, wo er sich mit einer kleinen Hofhaltung in Linz niederließ. Er bemühte sich mehrfach vergeblich um die Wahl zum Bischof, so in Münster, Lüttich oder Speyer. Ebenso vergeblich war 1586 die Verhandlungen um die Nachfolge des polnischen Königs Stefan Báthory. Auch bewarb er sich um die Regentschaft in Tirol und den Vorlanden. Erst als sein Bruder Ernst 1593 (Antritt 1594) spanischer Generalstatthalter in den Niederlanden wurde, bekam Matthias die Statthalterschaft in Österreich.

Er war sofort konfrontiert mit der energischen Interessenvertretung der mehrheitlich protestantischen Stände gegenüber dem Statthalter. Die Probleme verschärften sich noch durch die hohen Abgaben und die Truppenaushebungen infolge des Langen Türkenkrieges. In den Jahren 1595 und 1597 kam es zu Aufständen der Bauern in Nieder- und Oberösterreich. Während die Bauern ihre Hoffnungen auf Verhandlungen mit dem Kaiser setzten, ging Matthias mit Söldnertruppen gewaltsam gegen die Aufständischen vor.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes begann sich die Haltung von Matthias in Hinblick auf die Religionsfrage zu verändern. Hatte es zuvor auch Protestanten an seinem Hof gegeben, ging er nunmehr auf einen strikt gegenreformatorischen Kurs. Sein Kanzler war seit 1599 Melchior Khlesl, Bischofsadminstrator von Wiener Neustadt, ein wesentlicher Förderer der Gegenreformation. Vor allem dieser drängte Matthias zu einem schärferen Kurs gegenüber den Protestanten. Der Kaiser ernannte ihn 1594/95 und noch einmal 1598/1600 zum nominellen Oberbefehlshaber im Türkenkrieg und zu seinem Vertreter gegenüber dem ungarischen Reichstag.

Bruderzwist im Haus Habsburg

Unter den Angehörigen des Hauses Habsburg beobachtete man mit Sorge die zunehmenden psychischen Probleme des Kaisers Rudolf II. Nach dem Tod von Ernst 1595 stand Matthias an der Spitze der Erzherzöge. Er drängte den Kaiser, der ohne legitime Nachkommen war, ab 1599 verschiedentlich vergeblich, die Nachfolge zu regeln. Damit zog sich Matthias dessen Ablehnung zu. Die Situation verschärfte sich, als es 1604 zum Aufstand in Ungarn unter Stephan Bocskai kam. Matthias selbst scheute zunächst vor einer Auseinandersetzung mit dem Kaiser zurück. Aber Bischof Khlesl und andere drängten ihn dazu, den Konflikt der Familie Habsburg gegen Rudolf II. zu leiten. Im November 1600 kam in Schottwien ein Vertrag zwischen den Erzherzögen Matthias und Maximilian sowie Ferdinand gegen den Kaiser zustande. Im Jahr 1606 erklärten die Erzherzöge den Kaiser für geisteskrank (Urkunde vom 25. April 1606), setzten Matthias als Familienoberhaupt ein und begannen die Absetzung Rudolfs zu betreiben. Es war dann auch Matthias und nicht der Kaiser, der den Frieden von Zsitvatorok mit den Osmanen 1606 schloss und den Konflikt in Ungarn auch durch Zusicherung der freien Religionsausübung beendete. Rudolf versuchte die Verträge vergeblich zu hintertreiben. Er sah sich sogar gezwungen, Matthias die Position eines Statthalters in Ungarn zu übertragen.

In Ungarn trat die Unruhe wieder hervor, und auch in Mähren und in Österreich begannen die Stände aufzubegehren. Matthias versuchte, diese Opposition für sich im Machtkampf mit dem Kaiser zu nutzen. Im Jahr 1608 verband er sich in Preßburg mit dem aufständischen ungarischen Reichstag und den nieder- und oberösterreichischen Ständen. Später kam noch Mähren hinzu. Im April 1608 marschierte Matthias auf Prag. Da es allerdings nicht gelungen war, die böhmischen Stände zu gewinnen, sah er sich zum Vertrag von Lieben vom Juni 1608 mit dem Kaiser gezwungen. Dabei kam es zur Aufteilung der Macht. Rudolf behielt Böhmen, Schlesien und die Lausitz. Matthias erhielt Ungarn, Österreich und Mähren.

Die Übernahme der Macht verlief indes nicht reibungslos. Das übliche Verfahren einer Huldigung in den österreichischen Ländern war, dass der neue Landesherr zunächst die Privilegien der Stände garantieren musste, ehe diese ihm offiziell huldigten. Matthias suchte die Reihenfolge umzukehren, was zum sogenannten „Huldigungsstreit“ mit den mehrheitlich protestantischen Ständen führte. Die Adeligen bildeten daraufhin nach polnischen Vorbild eine Konföderation mit Namen Horner Bund und huldigten nur gegen Garantie ihrer Rechte. Der Horner Bund blieb auch weiter bestehen und spielte noch zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges eine Rolle. Matthias musste auch dem österreichischen Adel die Religionsfreiheit zugestehen.

Kaiser Rudolf gab sich im Streit mit seinem Bruder nicht geschlagen. Mit dem Passauer Kriegsvolk schien er über eine militärische Macht zu verfügen. Als die nicht bezahlten Truppen in Böhmen einmarschierten, kam es zu Auseinandersetzungen, und auch die böhmischen Stände traten ins Lager von Matthias über. Der Kaiser hatte den Rest seiner Macht verloren und lebte bis zu seinem Tod isoliert in Prag.

Regierungsübernahme

Matthias wurde am 23. Mai 1611 zum König von Böhmen[2] und nach dem Tod von Rudolf am 20. Januar 1612 auch zum Kaiser gewählt. Am 4. Dezember 1611 heiratete er seine Cousine Anna von Tirol. Das Paar blieb kinderlos. Angeblich zeugte er mit einer unbekannten Mutter einen illegitimen Sohn namens Matthias von Österreich.

Der Hof und damit die Regierungsstellen wurden seit 1612 allmählich von Prag nach Wien verlegt. Der neue Kaiser war weniger kunstinteressiert als Rudolf, und die meisten Hofkünstler haben seinem Hof bald den Rücken gekehrt. Eine engere Beziehung blieb zum Maler Lucas van Valckenborch. Zur Privatkrone seines Bruders Rudolf II. ließ er Szepter und Reichsapfel anfertigen. Die Frau des Kaisers stiftete das Kapuzinerkloster mit der Kapuzinergruft als zukünftige Begräbnisstätte des Hauses Habsburg. Er soll den Brunnen im Gebiet des heutigen Schlosses Schönbrunn gefunden haben und soll durch seinen Ausruf „Ei, welch’ schöner Brunn’!” der Namensgeber des heutigen Schlosses geworden sein.

Regierungszeit

Die politischen Herausforderungen waren immens. Bestimmend war der sich zuspitzende Gegensatz zwischen Protestanten und Katholiken. Beim Reichstag von 1608 war erstmals kein Kompromiss zwischen den konfessionellen Lagern zustande gekommen. Es standen sich mit der katholischen Liga und der protestantischen Union zwei gegnerische Blöcke im Reich gegenüber.

Der neue Kaiser erwies sich allerdings als wenig aktiv. Er war schwer an Gicht erkrankt und zog die Zerstreuungen des Hoflebens den langweiligen Staatsgeschäften vor. Im Wesentlichen bestimmte Khlesl die Politik. Im Gegensatz zu den früheren Jahren, als er sich als gegenreformatorischer Eiferer hervorgetan hatte, setzte er angesichts der wachsenden Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten im Reich auf Kompromisse („Kompositionspolitik“). Außenpolitisch kam es zu einem Bündnis mit Polen und der mehrfachen Verlängerung des Friedens mit den Osmanen. Die ausgleichende Reichspolitik Khlesls stieß am Kaiserhof auf die Opposition der strikt katholischen Kräfte wie des Reichshofratspräsidenten Johann Georg von Hohenzollern und des Reichsvizekanzlers Hans Ludwig von Ulm. Auch die katholischen Reichsstände distanzierten sich von dieser Politik. Ebenso blieben die Protestanten misstrauisch.

In seiner Regierungszeit brach 1614 der antisemitische Fettmilch-Aufstand in Frankfurt am Main aus. Der Aufstand wurde auf Befehl des Kaisers blutig niedergeschlagen, die Rädelsführer vor Gericht gebracht und hingerichtet. Die vertriebenen Frankfurter Juden kehrten in einer feierlichen Prozession in die Judengasse zurück. An deren Tor wurde ein Reichsadler angebracht mit der Umschrift „Römisch kaiserlicher Majestät und des heiligen Reiches Schutz“.

Wie schon zur Zeit seines Bruders stellte sich auch bei Matthias, ohne legitimen Erben, bald die Nachfolgefrage. Wie Rudolf hat auch Matthias versucht, dieser Entscheidung aus dem Weg zu gehen. Bereits um 1612 drängten ihn die Erzherzöge sowie Spanien und der Papst vergeblich, Ferdinand zum Nachfolger zu bestimmen. Erst 1617 kam auf Drängen des spanischen Botschafters Oñate der nach diesem benannte Vertrag mit Philipp III. zustande. Danach verzichtete Spanien auf Ansprüche auf Österreich, Ungarn, Böhmen und die Bewerbung um die Kaiserkrone. Dafür erhielt es das Elsass und Reichslehen in Italien. Ferdinand wurde daraufhin zum König von Böhmen und Ungarn gewählt, was den Unmut der böhmischen Stände weiter anheizte.

Von Wien aus hatte Matthias kaum die Möglichkeit, die Entwicklungen in Böhmen zu beeinflussen. Dort brach der böhmische Ständeaufstand aus, der im zweiten Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618 seinen symbolischen Ausdruck fand. Khlesl reagierte erneut mit Ausgleichsbemühungen. Nunmehr verlangten Erzherzog Maximilian und König Ferdinand die Ablösung Khlesls. Der Kaiser weigerte sich, worauf Maximilian und Ferdinand Khlesl festnehmen ließen. Der Kaiser sah sich schließlich gezwungen, die Absetzung seines leitenden Politikers zu akzeptieren. Matthias spielte in der Folge bis zu seinem Tod kaum noch eine Rolle.

Bestattung

Da die Kapuzinergruft noch nicht fertiggestellt war, wurden er und seine Frau zunächst im Königinnenkloster beigesetzt. Erst 1633 wurden sie in die Kapuzinergruft überführt. Sein Herz wurde getrennt bestattet und befindet sich heute in der Herzgruft der Habsburger in der Loretokapelle der Wiener Augustinerkirche.

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Habsburg, Mathias. Nr. 258. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Band 7, Verlag L. C. Zamarski, Wien 1861, S. 83–88.
  • Moriz Ritter: Matthias, österreichischer Erzherzog und deutscher Kaiser. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 629–654.
  • Volker Press: Matthias, Kaiser. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 403–405 (Digitalisat).
  • Brigitte Vacha (Hrsg.): Die Habsburger. Eine europäische Familiengeschichte. Wien, 1992, S. 189–192.
  • Rudolf John Schleich: Melchior Khlesl and the Habsburg Bruderzwist. 1605–1612. New York 1968 (Dissertation).
  • Bernd Rill: Kaiser Matthias. Bruderzwist und Glaubenskampf. Graz 1999, ISBN 3-222-12446-9.
  • Arno Paduch: Die Kaiserkrönung Matthias I. als musikgeschichtliches Ereignis. In: Concerto. Band 210, 2006, S. 20–21.

Einzelnachweise

  1. ↑ Matthias, Römischer Kayser. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste. Band 19, Leipzig 1739, Spalte 2123–2126.
  2. ↑ Illustration von Frans Hogenberg von 1611: Eigentliche Contrafactur aller underschiedlichen Acten wie Ihre Kon. M#. in Hungarn den 23 May Anno 1611 Zum Konig in  Bohmen ist gekront worden. (Digitalisat)

 

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Wilhelm SlavataKupferstich des Wilhelm Slawata von Kupferstecher Wolfgang Kilian   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

Wilhelm Slavata von Chlum und Koschumberg (auch Wilhelm Slawata von Chlum und Koschumberg; tschechisch Vilém Slavata z Chlumu a Košumberka; * 1. Dezember 1572 in Čestín bei Kutná Hora; † 19. Januar 1652 in Jindřichův Hradec) war 1623–1625 Oberstlandkämmerer, danach Oberstkämmerer von Böhmen und 1628–1652 Oberstkanzler von Böhmen. 1621 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und 1643 in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen. In der Geschichtsschreibung wurde er als einer der Opfer des Zweiten Prager Fenstersturzes bekannt.

Leben

Wilhelm Slavata entstammte dem böhmischen Adelsgeschlecht Slavata. Seine Eltern waren Adam Slavata von Chlum und Koschumburg († 1616) und Dorothea Kurzbach von Trachenberg († 1586). Er wurde im Geist der Böhmischen Brüder erzogen und studierte mit finanzieller Unterstützung seines Verwandten Adam II. von Neuhaus in Italien. Danach unternahm er Reisen durch Deutschland und die Niederlande und konvertierte 1597 zum Katholizismus, dessen entschiedener Verfechter er wurde. Anschließend trat er in die Dienste des Kaisers Rudolf II.. Als dessen Günstling bekleidete er von 1600 bis 1604 das Amt des böhmischen Oberstmarschalls, danach war er Landrichter und Burggraf von Karlstein. Von 1611 bis 1617 war er Hofrichter und von 1612 bis 1618 zugleich Präsident der Böhmischen Kammer. Bereits 1617 wurde Slavata nach der Krönung Ferdinands II. zum böhmischen König von diesem zum Statthalter in Böhmen ernannt.

Am 23. Mai 1618 führte der Ständeaufstand zum Zweiten Prager Fenstersturz, bei dem Bewaffnete der böhmischen Stände in den Wladislaw-Saal der Prager Burg eindrangen. Sie warfen Wilhelm Slavata zusammen mit dem kaiserlichen Statthalter Graf von Martinitz und dem Schreiber Magister Philipp Fabrizius aus dem Fenster. Trotz einer beträchtlichen Fallhöhe kamen sie mit dem Leben davon, weil sich unter dem Fenster ein Reisighaufen befunden haben soll. Slavata und Martinitz konnten unter Beschuss in das nahe gelegene Haus des Oberkanzlers Lobkowitz flüchten. Slavata hatte sich am Kopf verletzt, so dass eine weitere Flucht nicht möglich war.

Nach umfangreichen Zugeständnissen gegenüber den Aufständischen wurde Slavata am 28. Mai 1618 freigelassen. Nach einem Jahr Hausarrest nutzte er einen Kuraufenthalt in Teplice, um sich nach Sachsen abzusetzen. Die Aufenthaltsgenehmigung in der Stadt Meißen wurde für seine Familie zwar bestätigt, Kurfürst Johann Georg suchte jedoch keine Auseinandersetzung mit den böhmischen Ständen, so dass Slavata nach Passau weiterreisen musste.

Nach der Schlacht am Weißen Berg kehrte Wilhelm Slavata 1621 nach Böhmen zurück und verfolgte in seinem Herrschaftsbereich die Rekatholisierung der Bevölkerung. Ebenfalls 1621 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben und von Kaiser Ferdinand II. mit der Durchführung zahlreicher Missionen betraut. Von 1623 bis 1625 bekleidete er das Amt des Oberstlandkämmerers. Anschließend war er Oberstkämmerer und ab 1628 bis zu seinem Tode 1652 Oberstkanzlers von Böhmen. Bereits 1643 wurde er in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen.

Zum Andenken an den glücklichen Ausgang des Prager Fenstersturzes ließ Slavata an der östlichen Seite des Hradschins einen Gedenkstein in Form eines Obelisken errichten.

Familie und Besitzungen

Wilhelm Slavata war seit 1602 mit Lucie Otilie von Neuhaus verheiratet. Da Wilhelms Großmutter Elisabeth eine Schwester von Lucie Otilies Großvater Joachim von Neuhaus war, benötigten sie eine Heiratsgenehmigung vom Papst. Nach dem Tod Joachim Ulrichs 1604, der der letzte männliche Nachkomme der Herren von Neuhaus war, erbte seine Schwester Lucie Otilie dessen hinterlassene Besitzungen. Es waren die großen Herrschaften Neuhaus sowie Teltsch, die nach Lucie Otilies Tod 1633 an Wilhelm Slavata übergingen. Bereits 1602 erhielt Wilhelm Slavata von seinem Schwager Joachim Ulrich und dessen Frau Maria Maximiliane von Hohenzollern die Herrschaft Stráž geschenkt, und erwarb von ihnen käuflich das Prager Palais der Herren von Neuhaus. Ab 1616 durfte er sich als Regent des Hauses von Neuhaus bezeichnen. 1641 erweiterte er seine Besitzungen mit dem Zukauf der benachbarten Herrschaft Červená Lhota.

Der Ehe Wilhelms Slavata mit Lucie Otilie von Neuhaus entstammten die Kinder:

  • Adam Paul/Adam Pavel, (* 25. Januar 1603), früh verstorben
  • Adam Paul/Adam Pavel, (1604–1657), war Schüler am Münchner Jesuitenkolleg[1], ∞ 1626 Maria Margarete Theresia von Eggenberg (1617–1657). Die Ehe wurde 1632 annulliert.
  • Franz Veit/František Vít (*15. Juli 1605), früh verstorben
  • Franz Veit/František Vít (1608-1645)
  • Joachim Ulrich/Jáchym Oldřich (1606–1645), war wie sein Bruder Schüler am Münchner Jesuitenkolleg; ∞ 1627 Maria Franziska Theresia von Meggau (1609–1676). Deren Sohn
    • Johann Karl Joachim/Jan Karel Jáchym (1641–1712) war General des Karmeliterordens und der letzte männliche Nachkomme der Slavata.

Literatur

  • Joachim Bahlcke u. a.: Handbuch der historischen Stätten Böhmen und Mähren, Kröner-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 94, 400, 528, 603 und 867
  • Václav Bůžek, Josef Hrdlička: Poslední velmoži erbu růže. In: Dvory velmožů s erbem růže. ISBN 80-204-0651-4, S. 10–11
  • Václav Ledvinka: Na prahu raného novověku: Jindřich IV. a Adam I. z hradce. In: Václav Bůžek: Poslední páni z Hradce. České Budějovice 1998, ISBN 80-7040-267-9, S. 26.
  • Robert Luft: Slawata, Wilhelm Graf von Chlum und Koschumberg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 496–499 (Digitalisat).
  • Friedel Pick: Der Prager Fenstersturz i. J. 1618 – Flugblätter und Abbildungen. Veröffentlichungen der Gesellschaft deutscher Bücherfreunde in Böhmen Nr. 1, Prag 1918
  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München 1959.

Einzelnachweise

  1. ↑ Norbert Conrads: Die Rekatholisierungspolitik in Teschen. In: Schlesien in der Frühmoderne: Zur politischen und geistigen Kultur eines habsburgischen Landes. Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte. hrsg. v. Joachim Bahlcke. Weimar 2009, ISBN 3-412-20350-5, S. 27f.

 

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Jaroslav Borsita von MartinicJaroslav Borsita von Martinic auf einem Kupferstich von Wolfgang Kilian

Jaroslav Borsita von Martinic, auch Martinitz, tschechisch: Jaroslav Bořita z Martinic, (* 6. Januar 1582; † 21. November 1649 in Prag ) war ein böhmischer Adliger und einer der beiden königlichen Statthalter, die beim zweiten Prager Fenstersturz 1618 aus einem Fenster der böhmischen Kanzlei in der Prager Burg gestürzt wurden.

Leben

Sein Vater Jaroslav Borsita von Martinic, durch einen Unfall im Jahre 1581 verstorben, also noch vor seiner Geburt, war kaiserlicher Rat, Kämmerer und Oberst-Hofmeister König Rudolfs II.. Der gleichnamige Sohn Jaroslav Borsita wurde im Jahre 1596 mit 14 Jahren für mündig erklärt. Zwei Jahre später beerbte er seinen Onkel Georg Borzita von Martinic auf Smetschno († 22. Jänner 1598), der Hofmarschall und Oberstkanzler im Königreich Böhmen war.

Aus dem umfangreichen Erbe des Onkels gab Jaroslav Borsita von Martinic dem unter ständigen Geldmangel leidenden König Rudolf II. ein Darlehen von 100.000 fl.. Legendenhaft ist eine Überlieferung, welche sich um 1600 zugetragen haben soll: Martinic soll auf einer Studienreise nach Siena und Rom von Papst Clemens VIII. als Auszeichnung für sein Festhalten am Katholizismus eine Reliquie für den Altar der Familienkapelle des im Jahre 1583 gekauften Hauses am Hradschiner Platz Nr. 8 in Prag erhalten haben. Urkundlich gesichert ist hingegen, dass Jaroslav Borsita im Jahre 1598 den Großgrundbesitz und das Schloss in Smetschno erbte und die Herrschaft Stochau bei Kladno kaufte. König Rudolf II. ernannte ihn zum Stadthauptmann der Königstadt Schlan, welche sich dem evangelisch-reformierten Glaubensbekenntnis angeschlossen hatte. Im Jahre 1609 wurde Jaroslav Borsita von Matinic Hofmarschall und Oberstkanzler in Königreich Böhmen ernannt.

Während der Zeit der Auseinandersetzungen zwischen König Rudolf II. und seinem Bruder Matthias um die Erbfolge als König von Böhmen hatte sich Martinic aus der aktiven Politik zurückgezogen und widmete sich der Verwaltung seines Besitzes. Am 9. Juli 1609 gewährte König Rudolf II. den evangelischen Standesherren in Böhmen durch den Majestätsbrief weitgehende Religionsfreiheit, welche den Bau von Schulen und Kirchen für die evangelisch-reformierten Gläubigen mit einschloss, und zwar nicht nur auf den Besitzungen des Adels, sondern auch im Gebiet der königlichen Kammergüter. Wegen der letzten Bestimmung kam es in den folgenden Jahren zu schweren Konflikten zwischen den böhmischen Katholiken und Protestanten. Es war umstritten, ob auch die Besitzungen der katholischen Stifte - diese gehörten in Böhmen nicht zu den Ständen - als königliche Kammergüter anzusehen seien und sie deshalb den Bau evangelischer Kirchen in ihren Dörfern zulassen müssten. Die Zerstörung einer evangelischen Kirche in Klostergrab, deren Bau die Katholiken als illegal empfanden, war 1618 der Auslöser für den böhmischen Ständeaufstand. Der militärische Anführer dieses Aufstandes war Heinrich Matthias von Thurn, der einen persönlichen Groll gegen Martinic hegte, da Thurn noch bis 1617 das einträgliche Amt des Burggrafen von Karlstein innehatte, jedoch 1617 dieses an Martinic abgeben musste. Gleichzeitig wurde Martinic zum königlichen Statthalter in Böhmen auf der Prager Burg ernannt. Er war damit einer der Hauptvertreter der römisch-katholischen Standesherren und damit der Gegenreformation und Gegnerschaft des Majestätsbriefes.

1617 wurde Ferdinand II. von den Ständen zum König von Böhmen gewählt. Ferdinand war dafür bekannt, dass er als eifriger Anhänger der Gegenreformation selbige auch umzusetzen suchte, indem er den Majestätsbrief bekämpfte und die Rechte des protestantischen Adels stark einschränkte. Aus den genannten Gründen kam es dann zum Zweiten Prager Fenstersturz: Am 23. Mai 1618 eilte nach einer Protestversammlung in der Prager Universität eine wütende Menge protestantischer Ständevertreter unter Führung des Heinrich Matthias von Thurn nach einem Marsch über die Karlsbrücke zur Prager Burg, wo sie nach einer lautstarken Auseinandersetzung die beiden königlich-katholischen Statthalter Martinic und Wilhelm Slavata, sowie den Schreiber Fabricius aus einem Fenster der böhmischen Kanzlei etwa 17 Meter tief in den Burggraben warfen. Die drei Betroffenen überlebten, der Fenstersturz an sich wurde jedoch zu einem Ereignis von weitreichender Bedeutung, da dieser den Dreißigjährigen Krieg auslöste.

Jaroslav Borzita von Martinic konnte sich in das nahegelegene Haus des Oberstkanzler Lobkowitz retten, stellte sich todkrank, ließ einen Priester für die Beichte und die letzte Ölung bestellen und täuschte damit seine Verfolger. Als Stallknecht verkleidet, flüchtete er über München und Passau nach Bayern und damit unter die Protektion des Führers der Katholischen Liga, Herzog Maximilian I. von Bayern. Zwei Jahre später, am 8. November 1620, siegten die vereinten Heere der Kaiserlichen und der katholischen Liga in der Schlacht am Weißen Berg über das Heer der böhmischen Aufständischen. Am 21. Juni 1621 wurden am Prager Altstädter Ring 27 Teilnehmer des Aufstandes hingerichtet, ihre Ländereien wurden größtenteils eingezogen und an den katholischen Adel verteilt.

Mit den Siegern zog auch Jaroslav Borzita von Martinic in Prag ein. Er erhielt sein Eigentum zurück und wurde vom König Ferdinand II. am 10. Mai 1621 zum Reichsgrafen erhoben. Am 6. Jänner 1622 erhielt er eine Wappenbesserung und die Bestätigung des Grafenstandes für das Königreich Böhmen. Von der Vermögensverwaltung des Kaisers kaufte er die Stadt Schlan, welche sich zuvor auf die Seite der aufständisch-protestantischen Stände gestellt hatte und 1620 nach der Schlacht am Weißen Berg bei Prag enteignet worden war. Damit war Martinic Eigentümer von Smetschno, Schlan, die Herrschaft und das Schloss Grünberg, Hagensdorf und Brunnersdorf.

In den Jahren nach der Erhebung in der Grafenstand setzte sich die politische Karriere von Graf Martinic fort. Er wurde 1624 Oberstlandrichter, 1625 Oberstlandkämmerer, 1628 Obersthofmeister, 1634 Hofpfalzgraf mit großem Palatinat und im Jahre 1638 Oberstburggraf von Böhmen. Vom spanischen König Philipp IV. erhielt er den Orden vom Goldenen Vlies. Jaroslav Borsita Graf von Martinic war viermal verheiratet und wurde Vater von fünf Söhnen, welche die Stammlinie der Martinic fortsetzten; und drei Töchtern, welche sich mit Standesherren aus Böhmen verehelichten.

Die kurze Zeit der schwedischen Besatzung nach der Eroberung der Prager Kleinseite am Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 durch schwedische Truppen unter General Hans Christoph von Königsmarck überstanden Martinic und seine Familie unbehelligt, lediglich das Palais Martinic am Hradschiner Platz wurde beschlagnahmt und wurde mit schwedischer Einquartierung belegt. Martinic erlebte noch den Abzug der Schweden und damit das Ende des Dreißigjährigen Krieges, verstarb jedoch schon im Jahr darauf als 67-Jähriger und wurde in der Kirche von Schloss Smetschno beigesetzt. Die Stadt Smetschno führt zur Erinnerung an die Familie der Martinic die bewurzelten, sich erhebenden zwei Seerosenblattstengel aus deren alten Stammwappen im Wappen der Stadt.

Literatur

  • Roman von Prochazka, Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandsfamilien, Jaroslav Borsita Graf (Smeczensky) von Martinicz (1582-1649), 1638 Oberstburggraf in Prag, Verlag Degener & Co, Neustadt an der Aisch 1973, ISBN 3-7686-5002-2. Übersicht und Ahnentafel des Herrengeschlechtes Martinic von S. 183 bis 186, mit weiterführenden umfangreichen Quellenangaben.
  • Heribert Sturm (Hg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder, Oldenbourg Verlag, München 1984, Band II, S. 588 f., ISBN 3-486-52551-4
  • Die Wappen des Böhmischen Adels, in: J. Siebmacher´s großes Wappenbuch, Band 30, reprographischer Nachdruck von Siebmacher´s Wappenbuch, Nürnberg IV. Band, 9. Abteilung, 1886, Grafen von Martinic Regierer des Hauses Smetschna, S. 145, S. 147. Stammwappen und Grafenwappen auf Tafel 68, Bauer und Raspe, Neustadt an der Aisch, ISBN 3-87947-030-8
  • Hans von Zwiedineck-Südenhorst: Martinitz, Jaroslav Borita Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 515–517.
  • Johanna von Herzogenberg: Prag - Ein Führer. Prestel-Verlag München 1966, Der Prager Fenstersturz S. 60 bis 63.
  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München 1959.
  • Zdenek Hojda: Martinitz, Jaroslav Bořita Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 302 f.

 

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Philipp Fabricius

Philipp Platter genannt Fabricius (* vor 1608 in Müglitz, Mähren; † nach 1628) war böhmischer Kanzleisekretär und einer der drei Überlebenden des Zweiten Prager Fenstersturzes 1618.

Fabricius, Enkel des Dichter und Philosophen Georg Fabricius (* 1516; † 1571), war Magister aus Müglitz in Mähren. Er war Sekretär der königlich-böhmischen Hofkanzlei, Geheimer Sekretär der Statthalterei in Prag und Landesunterkämmerer der königlichen Leibgedingestädte. 1608 wurde er mit dem Zusatz „von Rosenfeld“ nobilitiert.

Nach dem Fenstersturz erhielt er am 24. März 1623 mit Diplom in Regensburg die zusätzliche Erhebung in den Reichs- und den alten böhmischen Ritterstand mit dem Prädikat „und Hohenfall“ sowie am 3. August 1628 in Prag das böhmische Bestätigungsdiplom. Sein Adelsname Philipp Fabricius von Rosenfeld und Hohenfall findet sich bei seinen Nachkommen in verkürzten Schreibformen.[1]

Literatur

  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München 1959.
  • Walter F. Kalina: Der Dreißigjährige Krieg in der bildenden Kunst. Diplomarbeit, Universität Wien, 2001.
  • Peter Milger: Der Dreißigjährige Krieg. Gegen Land und Leute. Niedernhausen 2001, ISBN 3-572-01270-8

Einzelnachweise

  1. ↑ Roman von Prochazka: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandfamilien. Degener & Co, Neustadt an der Aisch 1973, S. 243 Anm. 1.

 

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ADB: Martinitz, Jaroslav Borita Graf von

Martinitz: Jaroslaw Bořita Herr, später Graf von M., der oftgenannte Genosse Wilhelm von Slawata’s beim Prager Fenstersturz, gehörte einer seit dem 13. Jahrhundert in Böhmen begüterten Familie an, deren Ursprung man mit den schlesischen Grafen von Stoß in Verbindung gebracht hat. Vom 15. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts führte jeder Martinitz den Taufnamen Bořita nach einem Ahnen, mit welchem die nachweisbare fortlaufende Reihe der Herren v. M. beginnt. Heinrich v. M. stiftete im Anfange des 16. Jahrhunderts ein Fideicommiß aus den Herrschaften Smečno und Okoř, das an seine Vettern, mit denen er im Mitbesitz des Familiengrundbesitzes stand, überging, da er selbst kinderlos war. Er nahm als Oberstlandrichter und Vicegraf eine hervorragende Stellung unter den böhmischen Magnaten ein, mit ihm beginnt der Aufschwung des Hauses, welcher unter Jaroslaw den Höhepunkt seiner Macht und seines Einflusses erreichte. Dessen Vater, ebenfalls Jaroslaw mit Namen, war königl. ungarischer Rath und Kämmerer des Erzherzogs Ernst gewesen, sein Oheim Georg Bořita kaiserl. Geheimrath und oberster Kanzler des Königreichs Böhmen. Als dieser 1598 starb, hinterließ er dem jungen M. ein sehr ansehnliches Baarvermögen, welches ihn in den Stand setzte, dem geldbedürftigen Kaiser Rudolf II. mit einer Summe von 100 000 Gulden aushelfen zu können, ein Verdienst, welches eine vortreffliche Grundlage für eine glänzende Carrière im Hof- und Staatsdienste gewährte. M. machte die übliche Studienreise nach Italien, hielt sich längere Zeit in Siena auf und erwirkte beim Papst Clemens VIII. besondere Privilegien für einen in der Domkirche zu Prag von seinem Hause gestifteten Altar. Seine strengkatholische Richtung bekundete M. als Hauptmann des Schlaner Kreises, wozu er bald nach seiner Rückkehr von Italien ernannt worden war. Er wollte die freie Religionsübung in Schlan gewaltsam verhindern und erregte dadurch den lebhaftesten Widerstand, der zu mannigfachen [516] Beschwerden Anlaß gab. Kaiser Rudolf machte ihn 1603 zu seinem Rathe, 1609 zum Hofmarschall und zum Beisitzer des Landgerichtes. Seit der Erlassung des Majestätsbriefes stand M. in lebhafter Correspondenz mit Slawata und dieser mag auch wohl den Anstoß gegeben haben, daß M. bei Gelegenheit des Krönungslandtages 1617 als Candidat für die Stelle eines Burggrafen von Karlstein aufgestellt wurde, mit welcher ein jährliches Einkommen von 8000 Thalern verbunden war. Bisher hatte Mathias Thurn diese Stelle bekleidet, man wollte seine antidynastischen Bestrebungen jedoch bestrafen und fand ein Mittel, ihm Schaden und Hohn zugleich zuzuwenden, indem man ihn unter dem Vorwande der Beförderung der schönen Bezüge beraubte. Als Thurn bei der Vorstellung der Kronbeamten am 5. Octbr. 1617 die Erklärung abgab, er wünschte sein Amt zu behalten, verzichtete auch M. auf seine Beförderung, wenn Thurn’s Wunsch erfüllt werde. Wie schon früher abgekartet, hielt Mathias jedoch seinen Entschluß aufrecht und wurde der Günstling Slawata’s und des Kaisers Burggraf von Karlstein. Als solcher machte er sich zunächst durch seine katholische Propaganda bemerkbar. Er erließ ein Mandat, in welchem er den Bauern auf den burggräflichen Gütern befahl, in den herannahenden Ostern (1618) das Abendmahl in katholischer Weise zu empfangen, widrigenfalls sie zum Verkaufe ihrer Güter gezwungen werden würden. Das Mandat fand selbst bei den katholischen Statthaltern des Kaisers nicht allgemeine Billigung, der Obersthofmeister Adam von Waldstein erklärte es als eine directe Verletzung des Majestätsbriefes. Daß es unter den Beschwerden der Protestanten eine hervorragende Rolle spielte, ist kaum zu erwähnen nöthig. Der Antheil, welchen M. an der Action der kaiserlichen Statthalter gegenüber den beiden Protestantentagen im März und Mai 1618 nahm, läßt sich nicht genau feststellen, es dürfte von den Thatsachen kaum abweichen, wenn wir behaupten, daß sich seine Ansichten von denen Slawata’s niemals weit entfernt haben. So viel steht jedenfalls fest, daß nicht alle Vorwürfe, welche von der Opposition gegen diese beiden erhoben wurden, volle Berechtigung hatten, so rührte z. B. das Schreiben des Kaisers, welches die Antwort auf die Eingabe des ersten Protestantentages enthielt, nicht von Martinitz und Slawata, sondern von Khlesel selbst her. – Bei dem Acte, durch welchen die Führer der Opposition die offene Rebellion hervorriefen, beim Fenstersturze vom 23. Mai, wurden die beiden Gesinnungsgenossen M. und Slawata solidarisch für die Verfassungsverletzungen verantwortlich gemacht, sie waren auch schon vorher als die Opfer der Lynchjustiz bezeichnet gewesen. Graf Schlick rief ihnen zu: „Habt ihr nicht den edlen und tapferen Grafen von Thurn um sein Amt als Burggraf von Karlstein gebracht und hat nicht M. gegen das Gesetz des Landes sich in das Amt eingedrängt?“ Da konnte man merken, wo der Pfeil am tiefsten gesessen und daß das persönliche Rachegefühl Thurn’s an seinem politischen Auftreten nicht unbetheiligt war. M. suchte sein Vorgehen auf den Gütern des Burggrafenamtes zu rechtfertigen, dasselbe gehe Niemanden etwas an, er habe sich nur gesetzlicher Mittel bedient. Er nahm jedoch bald wahr, daß man seiner Vertheidigung wenig Bedeutung beilegte und trachtete seinen Schwiegervater, den Oberstburggrafen Adam von Sternberg, der nebst dem Grandprior des Malteserordens Diepold von Lobkowitz in der Rathsstube anwesend war, in derselben zurückzuhalten, da er hoffte, daß dessen Ansehen und Beliebtheit auch ihn retten könnte. Als jedoch Sternberg und Lobkowitz von ihren Freunden hinausgedrängt worden waren, begann sofort die geplante Execution. Wilhelm von Lobkowitz packte M. zuerst und hielt ihm die Hände rückwärts zusammen, dann kamen andere herzu und warfen ihn, wahrscheinlich fast gleichzeitig mit Slawata zum Fenster hinaus. Im Falle rief M.: „Jesus Maria!“ worauf Kinsky höhnte: „Nun werden wir sehen, ob ihm [517] seine Maria hilft?“ Als er jedoch, den Unglücklichen nachsehend, bemerkte daß M. sehr bald wieder auf den Füßen stand, sobald er im Schloßgraben aufgefallen war, soll er in die Worte ausgebrochen sein: „Bei Gott, sie hat ihm geholfen!“ M. hatte fast gar keinen Schaden genommen und kam zuerst dem Oberstlandrichter zu Hülfe, dem das in den Mund rinnende Blut den Athem benahm. Von drei Kugeln, die ihm nachgeschickt wurden, zerriß ihm die eine das Halstuch, die zweite durchbohrte die Kleidung, die dritte verwundete ihn ganz unbedeutend am Arme. M. rief: „Guter Gott, so willst du mich unverwundbar und unsterblich machen?“ Dann stieg er, von seinem Diener unterstützt, über eine Leiter in das Haus der Polixena Lobkowitz, woselbst bald darauf auch Slawata untergebracht wurde, begab sich dann in sein Haus und floh noch an demselben Abend in der Kleidung eines Mannes aus dem Volke, in Begleitung eines Arztes über Tachau in die Oberpfalz, kehrte auch dort nur in Klöstern ein und fühlte sich erst in München vollkommen sicher, wo ihn Herzog Maximilian aufs Beste aufnahm und ihm im Hause Tilly’s Wohnung gab. Er blieb in München, ließ Frau und Kinder dahin nachkommen und vertrat als außerordentlicher Agent den Wiener Hof in den diplomatischen Unterhandlungen mit dem bairischen Herzoge. Nachdem dieser seinen Kriegszug gegen die böhmischen Rebellen beendet hatte und als 1621 der Gerichtshof zusammengestellt werden mußte, der den Proceß gegen die gefangenen Hochverräther zu führen hatte, weigerte sich M. ebenso wie Sternberg und Slawata, demselben anzugehören und wartete mit seinem Schwiegervater in Passau die Austragung der Strafverhandlung und die Execution ab. Noch 1621 aber trat er sein Amt als Burggraf von Karlstein wieder an, wurde 1624 Oberstlandrichter, 1625 Oberstlandkämmerer, 1628 Obersthofmeister von Böhmen und 1638 Oberstburggraf von Prag. Die Erhebung in den Reichsgrafenstand (1621), die Verleihung des Palatinates und des Titels „Regierer des Hauses Smečno“ vervollständigten die Reihe der Gnadenbezeugungen, mit welchen Ferdinand II. die Anhänglichkeit an die Dynastie und die katholische Sache belohnte, deren Märtyrer M. zu werden bestimmt gewesen war. In der höheren Politik hat sich M. nicht mehr bemerkbar gemacht, seine Thätigkeit blieb auf die Verwaltung des Landes Böhmen beschränkt. Er erlebte noch die schwedische Invasion von Prag 1648, wurde verwundet und gefangen und starb am 11. Novbr. 1649. Nachkommen hatte er nur von seiner zweiten Gemahlin Maria Eusebia von Sternberg, die drei Ehen, welche er nach deren Tode noch schloß, blieben kinderlos.

Gindely. Gesch. d. 30jährigen Krieges, Bd. 1–4. – Zedler, Univers.-Lex. Bd. XIX. – Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterreich. 17. Theil. – Jos. Jireček, Paměti Vilěma hraběte Slavaty (Denkwürdigkeiten des Grafen Wilh. Slawata 1608–1619, 2 Bde.). – Der Wortlaut des Relig. Mandates für das Burggrafenamt Karlstein im sächs. Staatsarchiv und im Wiener Staatsarchiv, Miscell. Ber. 24. März 1618.

Georg Adam Graf von M., gehörte zu den namhaftesten österreichischen Diplomaten unter Leopold I. und Josef I. Er urgirte die Türkenhülfe 1682 bei den italienischen Höfen, namentlich bei Papst Innocenz XI., 1696 vertrat er in einer besonderen Mission die Rechte der Kaiserin gegenüber Innocenz XII. 1707 leitete er, von General Daun und 8000 Mann begleitet, die Expedition nach Neapel und hielt daselbst im Juli d. J. seinen Einzug als Vicekönig. Er starb am 24. Juli 1714 in Prag am Schlagflusse.

H. v. Zwiedineck-Südenhorst.

 

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Christian IV. (Dänemark und Norwegen)König Christian IV. (Dänemark und Norwegen) 1577 – 1648 auf einem Gemälde von Pieter Isaacsz   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

Christian IV. (* 12. April 1577 auf Schloss Frederiksborg; † 28. Februar 1648 auf Schloss Rosenborg, Kopenhagen) war König von Dänemark und Norwegen von 1588 bis 1648. In seiner langen Regierungszeit versuchte er wiederholt erfolglos, durch kriegerische Mittel den dänisch-norwegischen Staat zu einer Großmacht zu formen. Als innenpolitischer Reformer legte er den Grundstein zur Etablierung des Absolutismus und hinterließ durch seine rege Bautätigkeit die Städte Kristiansand, Kristianstad und Glückstadt sowie Christianshavn, heute ein Stadtteil von Kopenhagen.

Leben und Wirken

Christian IV. war der älteste Sohn König Friedrichs II. von Dänemark und Norwegen und dessen Gemahlin Sophie von Mecklenburg, einer Nachfahrin Friedrichs I. von Dänemark.

Christian wurde nach dem Tod seines Vaters 1588 nominell König. Seine Mutter führte während seiner Unmündigkeit gemeinsam mit Vertretern des Reichsrats die Regierungsgeschäfte. Sie war Vormund in den Herzogtümern Schleswig und Holstein, der Regierungsrat mit dem Reichsrat Vormund in Dänemark. Das Verhältnis zwischen den beiden Vormündern war gespannt bis feindselig.[1] Mit Übernahme der Regierung zum Datum seiner Volljährigkeit am 17. August 1596 und seiner feierlichen Krönung am 29. August 1596 leitete er eine Ära der Reformen ein. So betrieb er, stets die zukünftige Ausrichtung Dänemarks als Militärmacht im Blick, eine nationale Aufrüstung und ließ im gesamten Reich neue Festungen erbauen. Zudem richtete er einen repräsentativen Hof ein und förderte die Seefahrt. Symbol für letzteres wurde eine Seereise des jungen Königs 1599, bei der er das Nordkap umrundete und in Lappland an Land ging. Auch finanzierte er in den Jahren 1605 bis 1607 drei Expeditionen zur Klärung des Schicksals der skandinavischen Siedler auf Grönland.

1611 brach der Kalmarkrieg zwischen Dänemark und Schweden aus. Christian gelang es, die Schwäche des schwedischen Königs Karl IX. zu nutzen, um Schweden große Gebiete abzunehmen und im Januar 1613 im Frieden von Knäred die gesamte Finnmark zu erhalten. Das innenpolitische Ziel, im Verlauf dieses Krieges ein stehendes Heer aufzustellen, scheiterte am Widerstand des dänischen Adels.

Nach dem Kalmarkrieg wandte sich Christian Norddeutschland zu. Er versuchte, an der Elbe Gebiete zu gewinnen und zwei seiner Söhne die säkularisierten Bistümer Bremen und Verden zu verschaffen. Nachdem 1618 der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen war, bemühte sich Christian 1625 erfolgreich um die Wahl zum Obersten des Niedersächsischen Reichskreises. Nach Niederlagen gegen Tilly in der Schlacht bei Lutter am 27. August 1626 und Wallenstein konnte Christian im Lübecker Frieden von 1629 seine Gebiete im Reich sichern. In den folgenden Jahren bemühte der dänische König sich vor allem, den unter Gustav Adolf wachsenden schwedischen Einfluss einzudämmen. Dies führte 1643 zum Torstenssonkrieg. Er endete 1645 mit dem Frieden von Brömsebro, in dem Dänemark große Gebiete an Schweden abgeben musste. Christians letzte Regierungs- und Lebensjahre waren vom Übergang der Herrschaft im Ostseeraum an Schweden und vom wachsenden Einfluss des Adels im Inneren Dänemarks bestimmt.

Sein Grab befindet sich in der Kapelle Christians IV. im Dom zu Roskilde. Dort steht auch eine lebensgroße Statue Christians, geschaffen von Bertel Thorvaldsen.

Bauwerke

Christian IV. hat durch seine rege Bautätigkeit ein reiches kulturelles Erbe hinterlassen. Neben den Stadtgründungen von Kristiansand, Kristianstad, Kristianopel, Christianshavn sowie Glückstadt hat er unter anderem auch den Neubau der Schlösser von Frederiksborg, Rosenborg und Halmstad angeregt. Den Bauplatz seines Glückstädter Schlosses hat er selber abgesteckt, nachdem er dort zunächst den Königshof hatte errichten lassen.

Auch der Bau der nachmaligen Festung Christianspries im heutigen Kiel ab 1632 geht auf seine Veranlassung zurück. Dabei kaufte Christian IV. die umliegenden Güter, Gut Bülk, Gut Seekamp und Gut Knoop, an, und auch das Kirchspiel Dänischenhagen, das daher einige Jahre Christianshagen genannt wurde.[2]

Ehen, Mätressen und Nachkommen

Er heiratete am 27. November 1597 Anna Katharina von Brandenburg (1575–1612), Tochter von Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg, mit welcher er sechs Kinder zeugte:

  • Friedrich (* 15. August 1599; † 9. September 1599)
  • Christian (* 10. April 1603; † 2. Juni 1647), Kronprinz von Dänemark
  • Sophie (* 4. Januar 1605; † 7. September 1605)
  • Elisabeth (* 13. März 1606; † 24. Oktober 1608)
  • Friedrich III. (* 18. März 1609; † 9. Februar 1670), König von Dänemark
  • Ulrich III. (* 2. Februar 1611; † 12. August 1633), Administrator des Hochstifts Schwerin

Noch vor dem Tod der Königin hatte er von 1610 bis 1613 eine Beziehung zu Kirsten Madsdatter († 1613), die ihm einen Sohn gebar:

  • Christian Ulrich Gyldenlöve, (* 3. Februar 1611; † 6. Oktober 1640 in einem Gefecht in Meinerzhagen, begraben in Wesel)

Von 1613 bis 1616 hatte er ein Verhältnis zu Karen Andersdatter († 1673 in Kopenhagen), aus dem mindestens zwei Kinder hervorgingen:

  • Dorothea Elisabeth Gyldenlöve (* 1613; † 1615)
  • Hans Ulrich Gyldenlöve, (* 10. März 1615 Kronborg; † 31. Januar 1645 ebenda) heiratete am 10. Oktober 1641 Regitze Grubbe

In einer Ehe zur linken Hand heiratete er am 31. Dezember 1615 in Lundegaard Kirsten Munk (* 6. Juli 1598; † 19. April 1658), Tochter des Ludvig Munk und der Ellen Marsvin von Landskrona, die ihm weitere 10 Kinder schenkte:

  • Anna Cathrine (* 10. August 1618 Frederiksborg; † 20. August 1633) heiratete Frants Rantzau
  • Sophie Elisabeth (* 20. September 1619 Skanderborg; † 29. April 1657) heiratete am 10. Oktober 1634 Christian von Pentz
  • Leonora Christina (* 8. Juli 1621 Frederiksborg; † 16. März 1698 Kloster Maribo) heiratete am 9. Oktober 1636 in Kopenhagen Corfitz Ulfeldt
  • Waldemar Christian (* 26. Juni 1622 Frederiksborg; † 26. Februar 1656 Lubin), Graf von Schleswig-Holstein
  • Elisabeth Augusta (* 28. Dezember 1623 Kronborg; † 9. August 1677) heiratete am 27. Oktober 1639 in Kopenhagen Hans Lindenov
  • Friedrich Christian (* 26. April 1625; † 17. Juli 1627)
  • Christiane (* 15. Juli 1626 Haderslevhus (Hansborg); † 6. Mai 1670) heiratete am 6. November 1642 in Kopenhagen Hannibal Sehested
  • Hedwig (* 15. Juli 1626 Haderslevhus (Hansborg); † 5. Oktober 1678 Kristianstad) heiratete am 6. November 1642 in Kopenhagen Ebbe Ulfeldt
  • Marie Cathrine (* 29. Mai 1628; † 1. September 1628)
  • Dorothea Elisabeth (* 1. September 1629 Kronborg; † 18. März 1687 Augustinerkloster in Köln), seit 1646 Nonne

wobei die Vaterschaft Christians beim letzten Kind bezweifelt werden muss, da Kirsten Munk zu jener Zeit bereits ein Verhältnis mit dem in Diensten Christians stehenden Rheingrafen Otto von Salm hatte, für das sie später zur Strafe auf ihre Güter verbannt wurde.

Nach der Trennung begann der König eine Verbindung mit Wiebke Kruse (* ca. 1605 in Holstein?; † 28. April 1648 Kopenhagen; umgebettet nach Kølstrup, Fünen), die als Kindermädchen am Hofe der Ellen Marsvin diente und deren Herkunft bislang nicht nachgewiesen ist. Wahrscheinlich stammt sie aus Holstein, da ihr nachweisbarer Bruder Hinrich Kruse als Hausvogt in Krempe und Segeberg tätig war und u.a. 1637 den Altar der Kirche in Schenefeld stiftete. Sie hatte zwei Kinder mit Christian:

  • Ulrich Christian Gyldenlöve (* 7. April 1630 Ibstrup oder Jägersborg/DK; † 11. Dezember 1658 bei Kopenhagen an „Erschöpfung im Kampf“)
  • Elisabeth Sofie Gyldenlöve (* 1633 in Bramstedt?; † 20. Januar 1654, beerd. 16. März 1654 in Kiel, St. Nikolai-Kirche) heiratete am 18. Juni 1648 Generalmajor Claus von Ahlefeldt

Literatur

Quellen

  • F. Bricka/ J.A. Fridericia (Hrsg.): Kong Christian den fjerdes egenhaendige breve, 7 Bde., Kopenhagen 1878-1891 [ND Kopenhagen 1969-1970].

Sekundärliteratur

  • Theodor Christiansen: Die Stellung Königs Christian IV. von Dänemark zu den Kriegsereignissen im deutschen Reich und zu den Plänen einer evangelischen Allianz 1618-1625, [Phil. Diss.] Kiel 1937.
  • Karl-Erik Frandsen: Christian IVs Undenrigspolitik i Nyt Lys [Die Außenpolitik Christians IV. in einem neuen Licht], in: Historik Tidsskrift 98/1 (1998), S. 99–108.
  • John A. Gade: Christian IV, king of Denmark and Norway. A picture of the 17th century, Boston 1928.
  • Steffen Heiberg (Hrsg.): Christian IV and Europe. The 19th Art Exhibition of the Council of Europe Denmark 1988, Kopenhagen 1988.
  • Hermann Kellenbenz: Christian IV.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 234 f. (Digitalisat).
  • Paul Douglas Lockhart: Denmark in the Thirty Years’ War 1618–1648. King Christian IV and the Decline of the Oldenburg State, London 1996.
  • Julius Otto Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg, Halle/ Magdeburg 1872–94.
  • Klauspeter Reumann: Kirchenregiment und Großmachtpolitik. Das Eingreifen Christian IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg, in: Hey, Bernd (Hrsg.): Der Westfälische Frieden 1648 und der deutsche Protestantismus, Bielefeld 1998, S. 41–63.
  • Bodil Wamberg: Christian IV. En mand under indflydelse, Kopenhagen 1997. ISBN 87-12-02563-1
  • Robert Bohn: Dänische Geschichte, C.H. Beck, München 2001 ISBN 3-406-44762-7
  • Jörg Ulrich: CHRISTIAN IV. von Dänemark. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Bautz, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 236–239.

 

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ADB: Christian IV.

Christian IV., Herzog von Zweibrücken, geboren zu Bischweiler am 16. September 1722, Sohn des Herzogs Christian III. aus der Birkenfeld-Bischweiler Linie, die nach dem Erlöschen der pfälzisch-schwedischen Linie in Besitz des Herzogthums Zweibrücken gelangt war. Nach dem Tode des Vaters (3. Febr. 1735) verwaltete die Mutter Karoline als Vormünderin das Land, am 22. Nov. 1740 übernahm der Mündiggewordene selbst das Regiment. Es gelang ihm durch günstige Tauschverträge sein Gebiet zu erweitern und abzurunden, der bekannteste ist der mit Kurfürst Karl Theodor 1767 abgeschlossene sogenannte Schwetzinger Vertrag, wodurch „die namhaften Irrungen und Mißhelligkeiten, welche seit geraumen Jahren zu großen Beschwernissen und Ungemach Unsrer Lande sich erhoben“, beigelegt wurden. Aus Rücksicht auf die kinderlose, voraussichtlich dem Erlöschen entgegengehende kurpfälzische Familie vertauschte Ch. 1758 heimlich das protestantische Bekenntniß mit dem katholischen, aber seinem Uebertritt folgte nicht wie im Hauptlande der Pfalz unter Karl Philipp eine jesuitische Reaction, in die kirchlichen Rechte der protestantischen Unterthanen wurde kein Eingriff versucht und manche Verordnungen bezeugen, daß der Herzog, der selbst dem Freimaurerorden angehörte, den fortschreitenden Geist der Zeit wohl erfaßte und ihm rechtzeitig entgegenzukommen trachtete. Ein Herzog von Zweibrücken hatte nicht Gelegenheit, sich als Regent im großen Stil auszuzeichnen. Wenn dessenungeachtet Ch. IV. von seinen Unterthanen der Beiname des Großen beigelegt wurde, so geschah dies in dankbarer Erinnerung seiner Verdienste um Hebung von Handel und Verkehr, vor allem aber der hochherzigen Förderung der schönen Künste und der Wissenschaften, der das kleine Städtchen Zweibrücken eine seltene Glanzperiode verdankte. Das Gymnasium erfreute sich des günstigsten Rufes, es sei nur an die von dortigen Schulmännern ausgegangenen, für ihre Zeit höchst verdienstlichen „Editiones Bipontinae“ erinnert. Wenn auch Ch. von der nach französischem Vorbild fast an allen deutschen Höfen festgewurzelten Prachtliebe und Neigung zu sinnlichen Vergnügungen nicht frei war, so stand er doch weit über den meisten Fürsten seiner Zeit, indem er den Glanz des Hofwesens nicht in der Zahl reichbetreßter Haiducken und [174] Lakaien erblickte, sondern im Ruhme der Künstler, die für ihn wirkten. Namentlich aus den (noch ungedruckten) Memoiren des baierischen Hofmalers und Galleriedirectors Christian v. Mannlich, eines geborenen Zweibrückeners, dem Herzog Ch. ein Mäcen im edelsten Sinne des Wortes war, ersehen wir, daß Kunst und Wissenschaft in Zweibrücken nicht wie in Mannheim nur als schmückendes Beiwerk höfischen Prunkes betrachtet, sondern um ihrer selbst willen gepflegt und gefördert wurden. Die von Mannlich mitgetheilten Briefe des Herzogs verrathen einen überraschenden Feinsinn für das Schöne in der Kunst. Den Winter pflegte Herzog Ch. alljährlich in Paris zuzubringen, wo er in der Rue royale St. Roch einen Palast besaß und später auch das Hotel der la Vallière in der Rue St. Augustin käuflich erwarb. Da ihm die Gaben eines Hof- und Weltmannes in hohem Maße eigen, war er am Hofe zu Versailles ein gern gesehener Gast und stand bei Ludwig XV. in hoher Gunst. Am liebsten verkehrte er mit den berühmten Künstlern und Gelehrten der Seinestadt. Die schöne Arnauld und die geistvolle Clairon, die Maler Vanloo und Boucher, der Philosoph Diderot, der Componist Philidor und andere Koryphäen versammelten sich häufig im Hôtel des Deuxponts, das alljährlich auch ein paar deutsche Maler oder Bildhauer oder Musiker beherbergte, die mit Unterstützung des Herzogs in Paris ihr Talent auszubilden suchten. Ch. war aber nicht etwa ein blinder Verehrer der französischen Kunst, das beweisen seine Briefe an Mannlich, worin er immer wieder mahnt, von Boucher und den andern gefeierten Künstlern der Akademie nur ihre technischen Vorzüge sich anzueignen, im übrigen aber das Studium der Natur hoch zu halten, – vor allem aber die Sorge und Förderung, die er dem deutschen Meister Gluck angedeihen ließ. Während der Vorbereitungen zu der in der Musikgeschichte ewig denkwürdigen Aufführung der Iphigenie zu Paris 1744[1] wohnte Gluck mit seiner Familie im Palast des Herzogs, der auch unermüdlich bemüht war, Sänger und Musiker für das dem französischen Geschmack widerstrebende Werk seines Schützlinges zu interessiren. Nach dem unerwartet glücklichen Erfolg der Oper führte der Herzog selbst den Sieger nach Versailles, wo sich das Unerhörte ereignete, daß Ludwig auf dem Gang zur Messe dem deutschen Componisten mehrere gnädige Worte spendete. Gluck war auch längere Zeit Gast des Herzoges in Zweibrücken. Ch. IV. hatte sich schon in jungen Jahren mit einer Prinzessin von Nassau-Weilburg verlobt, doch wurde das Bündniß auf Wunsch des Herzogs wieder gelöst, damit er sich mit Maria Anna Fontevieux aus Straßburg, später zur Gräfin von Forbach erhoben, vermählen konnte. Aus dieser morganatischen Verbindung stammen die Freiherren von Zweibrücken. Schon im vierzigsten Lebensjahre[2] erlag Ch. einem Lungenleiden (4. November 1775) und wurde im Chor der Alexanderskirche zu Zweibrücken bestattet. Seine ältere Schwester war Karoline Henriette, seit 1741 mit Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt vermählt, die „große Landgräfin“, der Friedrich der Große das Epitaph widmete: „Femina sexu, ingenio vir.“

Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz II. S. 997. Lehmann, Gesch. des Herzogthums Zweibrücken, S. 490.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. ↑ Christian IV., Herzog zu Zweibrücken IV 174 Z. 26 v. o. l.: 1774 (statt 1744). [Bd. 56, S. 395]
  2. ↑ Z. 16 v. u. l.: Im vierundfünfzigsten Lebensjahr (statt Schon im vierzigsten). [Bd. 56, S. 395]

 

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König Christian IV. in Hamburg

[255]

86. König Christian IV. in Hamburg.

(1603.)

Im Herbste 1603 erging an den Rath eine Ansagung Königs Christian IV. von Dänemark, daß er gesonnen sei, nach Hamburg zu ziehen, um die Erbhuldigung entgegenzunehmen. Denn wie weiland die Deutschen Könige ihren Römerzug zu machen pflegten, um die Kaiserkrone sich aus der Stadt Rom zu holen, wiewohl oftmals nicht zu ihrem und des Reichs Heil, – also hatten es die Dänischen Könige Oldenburgischen Stammes im Brauch, als Herzoge von Holstein nach Hamburg zu ziehen, um dieser guten Stadt Erb-Huldigung zu begehren, zu welcher sie jedoch mit Nichten verpflichtet war. Darum machte es auch diesmal der Rath wie allemal, schrieb wieder, es werde der Stadt eine Ehre sein [256] den Herrn König zu sehen, falls Derselbe belieben wolle, zwar keine Erbhuldigung, jedoch eine biedere Freundschafts-Versicherung, nach Art der Vorfahren, entgegenzunehmen.

Der König ließ sich die Sache gefallen, schickte auch seinen Statthalter Gerd Rantzau und seinen Canzler Christoph Vultejus nach Hamburg, welche in Gemeinschaft der Holsteinischen Räthe Clemens Gadendorf und Nicolaus Junge, Canzler, alles Erforderliche mit dem Senate vorher besprachen. Uebrigens bestimmte der König den 28. October als Tag seines feierlichen Einzuges. Und da er ein Liebhaber von sinnreichen Lustbarkeiten war, so traf er Anstalten, seine Anwesenheit in Hamburg durch allerlei Spiele und Aufzüge zu verherrlichen, weshalb er auch seine Verwandten und Freunde unter den Deutschen Reichsfürsten nach Hamburg einlud, nämlich, außer seinem Bruder Ulrich und den Vettern von Holstein, auch seinen Schwiegervater den Kurfürsten von Brandenburg, und seine Schwestermänner: den Kurfürsten von Sachsen und den Herzog Heinrich Julius von Braunschweig; diese aber, obschon sie anfangs zugesagt hatten und sich sehr auf die guten Tage in Hamburg freuten, konnten zuletzt doch nicht kommen, man sagt, weil des Kaisers Majestät es ihnen übel vermerkt haben würde. Doch sandten sie ihre Gemahlinnen, des Königs Schwestern, zu solcher Zusammenkunft.

Am 28 October fand der feierliche Einzug in Hamburg statt; 19 Fähnlein wohlbewaffneter Bürger im blanken Harnisch hatten das Steinthor und die Straßen in der Nähe besetzt, auf den Wällen stand die besoldete Soldateska, ungemein zahlreich, denn der Rath hatte zu mehrerer Sicherheit und Aufrechthaltung guter Ordnung noch 600 Mann versuchter Musketiere angeworben. Die Rathsherren Eberhard Esich und Hieronymus Vogler hielten hoch zu Roß in silberhellen glänzenden [257] Harnischen vor dem Steinthore, die Majestäten würdig zu empfangen und zu beneventiren; während dies in wohlgesetzter Rede geschah, donnerte von den Wällen alles grobe Geschütz, und ringsum ging dem Könige zu Ehren ein so tapferes Freudenschießen los, daß er daran wohl merken konnte, was es mit der Stadt und Festung Hamburg auf sich habe.

So kam der Zug in die Stadt, voran ritten 24 Trompeter und 4 Heerpauker in Roth und Gold gekleidet, die schmetterten und trommelten, daß es Art hatten; dann kamen Leibtrabanten, sodann ritten der König und der Herzog Johann Adolf von Holstein zwischen unsern Rathsherren, darauf fuhr in prächtig vergoldeter Carosse die Königin Anna Catharina, geborene Prinzessin von Brandenburg; Herzog Ulrich von Schleswig, des Königs Bruder, ritt zur Seite des Wagens. Dann folgten andre große Herren, Ritter und Räthe, worauf wieder Leibtrabanten und Reiter-Geschwader kamen. Es waren an 1500 Pferde zusammen. Der Leibtrabanten waren 100 Mann, die waren prächtig in Sammet gekleidet, roth und gelb. Auch 300 Mann Dithmarscher waren dabei, die trugen lange Musketen und blaue Mäntel. Die Reiter waren auf gut Alt-Braunschweigisch gekleidet, trugen lange hohe Stiefel, Lederhosen und Reitröcke, und waren mit silbernen Dolchen zierlich geschmückt.

Der Zug ging dann nach der großen Reichenstraße, woselbst in Matthias Meyer’s, eines reichen Bürgers großem Hause, die Majestäten ihr Quartier nahmen. Noch selbigen Tages trafen eine Menge andrer fürstlicher Gäste ein, insgesammt Vettern oder Verschwägerte des Königs, außer seinen Schwestern Hedwig, Kurfürstin von Sachsen, und der Herzogin von Braunschweig mit ihrem jungen Prinzen Friedrich Ulrich und zweien Töchterchen; nämlich noch drei Herzoge zu Sonderburg, Alexander, Friedrich und Albrecht; dann sechs Brüder, Herzoge [258] von Lüneburg-Celle, nämlich der regierende, Ernst, dann August, ein Dänischer Feld-Obrister, sowie George, Friedrich, Hans und Magnus. Sodann der Erzbischof von Bremen Johann Friedrich, ein geborener Herzog von Holstein-Gottorp. Imgleichen auch der Graf Anton Günter von Oldenburg-Delmenhorst, und die Grafen Enno und Gustavus von Ostfriesland, letzterer nebst Gemahlin; auch zwei junge Mecklenburgische Prinzen, Adolf Friedrich und Johann Albrecht. Schließlich traf noch ein seltener Gast in Hamburg ein: ein Moskovitischer Fürst, des Czaren Großkanzler, der als Ambassadeur nach Deutschland kam. Sein Name scheint etwas schwierig zu behalten gewesen zu sein, denn wie er in der Chronik geschrieben steht, „Altinassa,“ wird er wohl kaum gelautet haben.

Alle diese Herrschaften wurden bestens einlogirt in guter Bürger Häuser; und Raths-Deputirte sorgten dafür, daß Alles sich fügte und schickte und Jeder sein Recht bekam. Auch die Kriegsleute, Reiter, Wagen und Pferde wurden untergebracht, hie und da; allein in den Ziegelhütten beim Teyelfelde in der Neustadt fanden die Wagen und 1100 Pferde Platz. Daselbst wurde auch in den folgenden Tagen der ganze Troß der Knechte, Kutscher und sonstiges Gesinde gespeiset und getränkt.

Am Sonnabend, den 29. October, besahen die Herrschaften die Stadt und ihre Gelegenheit, gaben auch freundwillige Audienz Jedem, der darum anhielt. Uebrigens wurden die Rennbahnen und sonstigen Vorrichtungen für die Turniere und Festspiele auf dem Hopfen- und Pferdemarkt fertig gemacht. Die eine Rennbahn sollte fürs Ringelrennen und Carussel dienen; die andere, um darauf über Pallinen oder Planken zu turnieren; beide waren mit Sand erhöht und rings von Schranken umgeben. Auf dem Pferdemarkt war [259] das sogenannte Indicir-Häuslein, wo die Kampfrichter sitzen sollten, von Holz gar zierlich erbaut. Sieben Säulen waren dabei angebracht, darauf gar schöne Puppen, die sieben Tugenden, von Holz geschnitzt und sauber vermalt, recht artig anzusehen waren.

Am Sonntag, den 30. October, sind die königlichen Majestäten und fürstlichen Hoheiten sammt allen Räthen, Rittern und Hofleuten in Begleitung der rothen Leibtrabanten nach St. Petri-Kirche geritten, woselbst E. E. Rath, E. Oberalten und die vornehmsten Bürger in Staatsröcken sich auch eingefunden. Die Kirche war von Grund aus renoviret und gezieret, und den Herrschaften darin der beste Platz hergerichtet. Eine ganz herrliche Musik von Instrumenten, Zinken und Posaunen, so wie von den Kirchensängern ging der Fest-Predigt vorauf, welche Herr Pastor M. Johannes Schellhammer mit großer Salbung zu allgemeiner Erbauung hielt.

Darauf sind der König nebst seinem Vetter Herzog Johann Adolf von Holstein und zwölf beiderseitigen Kanzlern, Räthen und Rittern nach dem Rathhause geritten, woselbst Senatus cum Syndicis et Secretariis, nebst den hundert Bürgern, welche die Bürgerschaft vertraten, bereits versammelt waren. In der großen Halle nahmen die zwei Fürsten den obersten Platz ein, hinter ihnen standen ihre Räthe und Ritter, nämlich: der Statthalter Gerd Rantzau, die Amtmänner Hans Rantzau zu Rendsburg, Benedix von Ahlefeld zu Steinburg, Claus von Ahlefeld zu Kaden, Baltzer von Ahlefeld zu Flensburg und der Ritter Heinrich Rantzau zu Putlos; diese waren im königlichen Dienste. Sodann die Amtmänner: Dietrich von Blome zu Tondern, Georg von Schestedt zu Steinhorst, Friedrich von Ahlefeld zu Apenrade, Dietrich von Buchwald zu Gottorp und Thomas von Blome zu Trittau, so wie Nicolaus Junge, Canzler; diese waren im herzoglichen Dienste. [260] Gegenüber standen vor dem Rathe die hundert Bürger, der worthaltende Bürgermeister Joachim Beckendorp stand vor den Rathsherren.

Die Ceremonie verlief dann üblicher Maaßen, die vom königlichen Canzler im Namen des Königs und des Herzogs geforderte eidliche Erbhuldigung wurde diesseits dankverbindlichst abgelehnt und nicht geleistet, dafür aber die ergebene Freundschafts-Annehmung und -Verpflichtung gegen jenseitige Bestätigung der alten Privilegien und Freiheiten erklärt. Der königliche Canzler sprach Hochdeutsch, der Hamburger Bürgermeister redete „auf gut Niedersächsisch,“ d. h. Plattdeutsch. Worauf der König selbst für sich und Herzog Johann Adolf gesprochen hat. Darnach haben König und Herzog sich mit Bürgermeistern, Rathmannen und hundert Bürgern die Hände gereicht und also ihr gegenseitiges Verbündniß mit „handgegebener Treue“ befestigt, worauf die neue Confirmation der alten Privilegien in originali ist überreichet worden.

Hierauf sind die Herrschaften in ihre Logiamenter zurückgeritten. Bei Sr. Majestät ist ein kostbar Banquet angestellt, wobei sämmtliche Fürstlichkeiten und die Vornehmsten vom Adel nebst „dem löblichen Frauenzimmer“ herrlich tractirt und mit allerhand fürstlicher Lust sind ergötzet worden. Während solcher Zeit haben königliche Trompeter und Herolde die auf den folgenden Tag angesetzten Turniere und Aufzüge verkündigt und ausgerufen, auch die Ordnung der Spiele an das Judicir-Haus affigirt und sonst notificirt.

Montag, den 31. October, früh 9 Uhr, begannen die Spiele auf dem Pferdemarkt mit einem schönen Spectakel, von des Königs eigner Invention, sehr anmuthig anzusehen. Von St. Gertruds-Capelle her (allwo der König seine Rüstkammer gehabt) bewegte sich ein seltsamer Zug. Auf einem [261] 16 Fuß hohen Wagen saß zwischen zwei Löwen auf einem vergüldeten Sessel der König selbst, in Gestalt des Sonnengottes, in fleischfarbigvermalten Atlas gekleidet, als ob er nackigt sei; güldene Strahlen hingen Ihro Majestät ums Angesicht, einen Loberrkranz trugen Dieselben im Haare, und einen güldenen Scepter senkten sie grüßend, als sie bei dero Gemahlin, dem übrigen fürstlichen Frauenzimmer und bei dem Judicir-Hause vorüberfuhren. Unter dem hohen Wagen gingen, von Teppichen verdeckt, die königlichen Musikanten, die mit ihren Instrumenten eine äußerst feine und liebliche Musik machten. Diesem Wagen folgte eine Jungfrau, in ihrer einen Hand trug sie ein Herz, darauf saß ein Täublein, in der andern Hand hielt sie eine große Perle. Dann kam des Königs Bruder, Herzog Ulrich von Schleswig (der Bischof von Schwerin), von St. Nicolai-Kirchhof herangezogen. Mit dem Siegeskranz im Haare stand er, zwischen zween gebundenen Heidenfürsten, als der große Alexander von Macedonien hinten auf einem Triumph-Wagen, den drei Schimmel mit Hirschköpfen und Geweihen zogen, welche ein Riese vorne lenkte. In der Mitte lag die Erdkugel unter Wehren und Waffen; Trompeten, Pauken und Trommeln darum herum; die vier Fahnen von Europa, Asia, Africa und America wehten von den Seiten hernieder. Dann folgte noch einiger lustiger Mummenschanz; Marquard von Pentz, der Segeberger Amtmann, kam als ein Bauer mit Pflug und Dudelsack; andere Herren, als Polacken, Moskoviter, Ungarn, Türken, Mohren u. s. w.

Sehr nachdenklich (und ebenfalls von des Königs Erfindung) war noch ein Aufzug auf fünf Wagen: allerhand Bilder und Figuren, auch lebendige Menschen in vielerlei Costum mit merkwürdigen Symbolen und Allegorien, welche allesammt ihre absonderliche Bedeutung gehabt haben und eine rührende [262] Vorstellung der Tugenden wie der Laster gewesen sind; item, daß der Menschen Leben nichts anders sei, als eitel Sorge, Plage, Armuth, Krieg, Verfolgung, Haß, Krankheit und Noth, bis endlich der Tod Alles gut mache, so Seneca kürzlich zusammenfasset „omnis vita supplicium est, mare inquietum, mors portus,“ – oder wie viel später ein gottseliger Monarch in seinem Testamente dies noch besser ausgedrückt hat: „meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott.“

Hernach war waidlich Ringelrennen, Carussel-Reiten, Lanzenstechen und Turnieren auf der Bahn, darin sich die Prinzen, Grafen, Ritter und Junker versuchten; die Bürger und alle Leute aus dem Volk hatten ihre Freude und Verwunderung daran, denn Solches war von ihnen noch niemals gesehen.

Dingstag, am 1. November, wurde wiederum gespielt und turniert. Der König kam in demselben Aufzug angefahren, weil alle Welt ihn gern noch einmal bewundern wollte. Marquard Pentz hatte aber ein neues lustiges Stücklein erdacht, er kam in einer vierthürmigen Burg, die war von Pappe ganz natürlich gemacht, wenn schon lange nicht so groß als eine wirkliche; als man dies nun erstaunt, da geht aus allen Ecken des Schlößleins urplötzlich ein Feuerwerk los, das knallet und prasselt und sprüht umher zum Entsetzen des Frauenzimmers, das darüber laut zu schreien beginnt; worauf schließlich die ganze kleine Burg in Flammen aufbrennt; inmitten des dichten Feuerregens stand Herr Marquard Pentz mit gezogenem Schwert, das schwang er sich in schnellen Schlägen und Wirbeln um den Kopf, um sich gegen die Funken zu schirmen, was ausnehmend schön anzusehen war. An diesen beiden Tagen hatte der König beim Ringelrennen 232 Ritte gemacht, das Ringlein 175 Mal glücklich herausgestochen und 33 Gewinne gewonnen. In der Nacht darauf wurde das Judicir-Haus [263] vom Pferdemarkt weggenommen und am Hopfenmarkt wieder aufgestellt, was sonder einen Schaden der schönen Puppen auf den Säulen ablief.

Am Mittwoch, den 2. November, hat der König in seinem Quartier dem Rathe der Stadt ein Ehren-Banquet gegeben und unsere Herren herrlich tractiret. Nach der Mahlzeit fand noch eine seltene Ceremonie statt, so in Hamburg vielleicht einzig ist: es wurde ein Capitel des Elephanten-Ordens gehalten und das blaue Band dieses hohen Ehrenschmuckes an vier Ritter verliehen: an des Königs Bruder, Herzog Ulrich; an den Bremischen Erzbischof Johann Friedrich, Herzog von Gottorp; an den Grafen Anton Günter von Oldenburg, und an den Segeberger Amtmann Marquard Pentz.

Donnerstag, den 3. November, war das letzte Turnier auf dem Hopfenmarkt, wo über Pallinen oder Planken gestochen wurde. Etliche 100 Speere und Lanzen zersplitterten dabei, mehrere vom Adel wurden zu Boden gerannt, darunter Einer, der mußte die Lust mit dem Leben bezahlen, denn er starb bald darauf an den Folgen seines grausamen Sturzes. Das war aber auch der einzige Unglücksfall bei allen diesen Ritterspielen und Festlichkeiten.

Freitag, den 4. November, war die ganze Lust aus. Die Herrschaften verließen Hamburg, hierhin, dorthin. Der König zog um 10 Uhr aus dem Millernthore ab, in derselben Ordnung, wie er acht Tage zuvor eingerückt war; die 18 Compagnien Bürger standen mit fliegenden Fahnen wieder aufmarschirt, auf den Wällen wurden die Kanonen gelöset, daß es krachte, wobei auch eine richtig platzte; und rings um die Stadt ging das schwere Musketen-Gepölder, Alles zu Ehren des Königs Christian IV., der wieder in sein Reich zog.

E. E. Rath und alle Bürger dankten aber Gott, daß Alles so gut abgelaufen war, wie kaum zu hoffen gewesen [264] war. Denn zum Ersten war während dieser acht Tage, nach vorherigem gräulichen Schlacker- und Regenwetter, eine sehr schöne sonnige Witterung eingefallen, die bei den öffentlichen Spielen trefflich zu statten kam. Zum Andern war trotz der erstaunlichen Menge Volks aller Nationen, Menschen und Vieh, dennoch Platz für all die vielen Fremden und Gäste, und genugsamer Proviant vorhanden gewesen, sogar, was schier Wunder nahm, zu wohlfeileren Preisen, als vor- und nachher. Zum Dritten war die öffentliche Ruhe und Ordnung kein einzigs Mal gestört worden, und trotz der vielen möglichen Reibungen mit der fremden Soldateska war der Hamburger Jan Hagel immer friedlich und freundlich geblieben, wozu freilich auch die wohl befriedigte Schaulust und die 600 angeworbenen Musketirer beigetragen haben mögen. Die guten Bürger wußten ohnedies, was sich schickt, wenn man Gäste beherbergt und bewirthet. Aus Vorsicht hatte der Rath auch viele Straßen mit Schlägen und Ketten versehen lassen zum etwanigen schnellen Absperren. Es fiel aber in diesen acht Tagen kein Brand, Frevel, Diebstahl, Raub, Mord, Todtschlag, sogar keine Zänkerei und Prügelei von Belang vor, was fast unglaublich klingt, wenn man’s sagt. Zum Vierten dankten Rath und Bürgerschaft Gott dafür, daß die bewußte Staats-Action auf dem Rathhause wiederum so annehmlich verlaufen war; und endlich zum Schluß auch besonders dafür, daß der ganze Spaß, trotz der vielfachen Veranstaltungen und Ehrenausgaben, dennoch der Kämmereicasse keinen größeren Bedruck machte, als 15,404 [M.][1] 14 [Sch.][2]; indem die Herrschaften sich allermeistens selbst beköstiget hatten.

Matthias Meyer in der großen Reichenstraße, bei dem die Majestäten logirt hatten, bekam für seine Auslagen zur Ausschmückung der Prachtzimmer 142 [M.] Entschädigung von der Kammer, womit er völlig vergnügt war. Er war so [265] ziemlich darauf eingerichtet, Standespersonen zu herbergen, obschon er kein Gastwirth war. Und erst zwei Jahre zuvor, 1601 im Sommer und 1602 im Februar, hatte der kaiserliche Gesandte, Freiherr von Minckwitz, sein Quartier bei ihm gehabt, und in demselben die bekannte Eppendorfer Kohlwurzel für den Kaiser Rudolf II. in Empfang genommen. Aber die Glorie dieses königlichen Besuches ging dem guten Matthias Meyer über alle bisher genossene Ehre seines Hauses. Derselben zum Gedächtniß inventirte er eine seine Poesie, die er mit güldenen Lettern seinem Hause anschreiben ließ, woselbst sie vor 100 Jahren noch zu lesen gewesen ist. Damit Matthias Meyer’s Poesie nicht verloren gehe, wollen wir sie hier abschreiben; sie lautete:

  • „Als man zählt 16 hundert und 3 Jahr
  • Und dabei der 8 und 20ste war
  • Octobers, – König Christian
  • Der Vierte von Dänemark, und Johan
  • Adolf Herzog zu Hollestein,
  • Ritten in Hamburg herein.
  • Zwei Tage lang herrlich und fein
  • Rennte man nach Ringelein,
  • Man schaute da viel dem König zu Ehren,
  • Dabei waren 18 Fürsten und Herren.
  • Auf’m Hoppenmarkte am Donnerstag
  • Ueber dem Balgen manches Speer zerbrach,
  • Darauf die Herren insgemein
  • Von hinnen geschieden feyn,
  • Der König und sein Gemahl
  • Dazu die Frauenzimmer all.
  • Hier nun hatten sie ihr Losament,
  • Bei mir, Matthias Meyer genennt,
  • Dazumal in meinem Wittwen-Stand
  • Zum Gedächtniß gesetzt an diese Wand.
  •       Gott wöll fortan Glück und Segen geben
  •       Und uns allensampt das ewige Leben.“

Anmerkungen

[385] Steltzner II. 463. Adelungk 99, und andere Geschichtschreiber. Die meisten der interessanten Details aus einer handschriftlichen Fortsetzung von Tratziger’s Chronik. von Heß, Topographie I. 392, giebt die Inschrift an Matth. Meyer’s Hause.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. ↑ Mark
  2. ↑ Schilling

 

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Dreißigjähriger Krieg

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um die Hegemonie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa und zugleich ein Religionskrieg. In ihm entluden sich auf europäischer Ebene der habsburgisch-französische Gegensatz und auf Reichsebene derjenige zwischen Kaiser und Katholischer Liga einerseits und Protestantischer Union andererseits. Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten im Reich trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien ihre dynastischen Interessenkonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden aus. Infolgedessen verbanden sich eine Reihe weiterer Konflikte mit dem Dreißigjährigen Krieg: der Achtzigjährige Krieg (1568–1648) zwischen den Niederlanden und Spanien, der Französisch-Spanische Krieg (1635–1659) und der Torstenssonkrieg (1643–1645) zwischen Schweden und Dänemark.

Als Auslöser des Krieges gilt der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618, mit dem der Aufstand der protestantischen böhmischen Stände offen ausbrach. Dieser richtete sich gegen die Rekatholisierungsversuche des böhmischen Königs aus dem Haus Habsburg, der zugleich römisch-deutscher Kaiser war. Insgesamt folgten in den 30 Jahren von 1618 bis 1648 vier Konflikte aufeinander, die von der Geschichtswissenschaft nach den jeweiligen Gegnern des Kaisers und der Habsburger Mächte als Böhmisch-Pfälzischer, Dänisch-Niedersächsischer, Schwedischer und Schwedisch-Französischer Krieg bezeichnet wurden. Zwei Versuche, den Konflikt zu beenden, der Friede von Lübeck 1629 und der Friede von Prag 1635, scheiterten daran, dass sie nicht die Interessen aller direkt oder indirekt Beteiligten berücksichtigten. Das gelang erst mit dem gesamteuropäischen Friedenskongress von Münster und Osnabrück (1641–1648). Der Westfälische Friede legte die Machtbalance zwischen Kaiser und Reichsständen neu fest und wurde Teil der bis 1806 geltenden Verfassungsordnung des Reiches. Darüber hinaus sah er Gebietsabtretungen an Frankreich und Schweden vor sowie das Ausscheiden der Vereinigten Niederlande und der Schweizer Eidgenossenschaft aus dem Reichsverband.

Am 24. Oktober 1648 endete der Krieg in Deutschland. Seine Feldzüge und Schlachten hatten überwiegend auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches stattgefunden. Die Kriegshandlungen selbst, aber auch die durch sie verursachten Hungersnöte und Seuchen verheerten und entvölkerten ganze Landstriche. In Teilen Süddeutschlands etwa überlebte nur ein Drittel der Bevölkerung. Nach den wirtschaftlichen und sozialen Verheerungen benötigten einige vom Krieg betroffene Territorien mehr als ein Jahrhundert, um sich von deren Folgen zu erholen.

Vorgeschichte und Ursachen

Im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges hatte sich in Europa und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation ein vielfältiges Spannungsfeld aus politischen, dynastischen, konfessionellen und innenpolitischen Gegensätzen aufgebaut. Die Ursachen reichen zeitlich weit zurück.

Mächteverhältnisse in Europa

In der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg gab es drei wesentliche Konflikträume: Westeuropa, Oberitalien und den Ostseeraum. In Westeuropa und Oberitalien wurden die dynastischen Konflikte zwischen Habsburg und dem französischen König ausgetragen, während im Ostseeraum mit Dänemark und Schweden zwei Reiche mit Großmachtambitionen um die Vorherrschaft stritten.[1]

Bestimmend in Westeuropa war der Konflikt zwischen Frankreich und Spanien, der wiederum aus dem dynastischen Gegensatz der Habsburger und französischen Könige entstand. Spanien war eine europäische Großmacht mit Besitzungen in Süditalien, der Po-Ebene und den Niederlanden. Seine verstreuten Stützpunkte hatten für Spanien zur Folge, dass es in Westeuropa kaum noch einen Krieg geben konnte, der nicht spanische Interessen tangierte. Frankreich wiederum sah sich im Süden, Norden und Südosten mit spanischen Ländern konfrontiert, was zu dem französischen „Einkreisungskomplex[2]“ führte. Wegen ihrer vielen gewaltsamen Auseinandersetzungen rüsteten Frankreich und Spanien ihre Armeen auf.[3] Neben den finanziellen Schwierigkeiten musste Spanien ab 1566 auch den Aufstand in den Niederlanden bekämpfen, der jedoch 1609 de facto mit der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande und einem auf zwölf Jahre begrenzten Waffenstillstand endete.[4][5]

Der Konflikt in Westeuropa hätte im Jülich-Klevischen Erbfolgestreit zu einem großen europäischen Krieg eskalieren können, als der Herzog von Jülich-Kleve-Berg verstarb und die Erbanwärter ihre Ansprüche geltend machten, darunter Kurfürst Sigismund von Brandenburg und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Neuburg. Eine internationale Dimension erhielt der Krieg durch die Intervention Heinrichs IV. von Frankreich, der die Fürsten der Protestantischen Union unterstützte und im Gegenzug ihre Hilfe in einem Krieg gegen Spanien forderte. Die Ermordung Heinrichs IV. 1610 beendete das französische Engagement am Niederrhein aber vorerst.[6]

In Oberitalien dagegen bestanden viele kleine Fürstentümer. Einige der Territorien gehörten Spanien, das unter anderem mit Mailand eine stabile Machtbasis in Italien besaß. Die einzigen weiteren Mächte europäischen Ranges waren der Papst und die Republik Venedig, wobei die Kurie in Rom von französisch-, spanisch- und kaiserfreundlichen Kardinälen beherrscht war, während die Interessen Venedigs eher im Mittelmeer und an der Adriaküste lagen als in Italien. Daher waren Spanien und Frankreich die einflussreichsten Kräfte in Norditalien, wobei Frankreich bemüht war, die spanische Macht zu schwächen und selbst die Vorherrschaft in der Region zu erlangen. Beide Staaten versuchten, die einheimischen Fürsten für sich zu gewinnen, sodass viele Herrscher unter dem Einfluss französischer und spanischer Abgesandter gleichzeitig standen. Besonders deutlich erfuhren dies die Herzoge von Savoyen, da das Herzogtum eine strategisch bedeutsame Lage hatte: Über dessen Alpenpässe und Festungen konnte die wichtige Nachschubroute der spanischen Truppen in die Niederlande kontrolliert werden.[7]

Die Kriege im Ostseeraum, die auch als Nordische Kriege bekannt sind, sahen vor und während des Dreißigjährigen Krieges drei Hauptakteure: Polen, Schweden und Dänemark. Polen und Schweden wurden von zwei Linien der Wasa-Dynastie beherrscht. Sigismund III. verhinderte als König eine Ausbreitung des Protestantismus in Polen, das deshalb während des Dreißigjährigen Krieges auch den Verbündeten Habsburgs zuzurechnen war. Sigismund war als König von Polen nicht nur Fürst von Litauen in Personalunion, sondern zeitweilig auch noch König von Schweden. Dies änderte sich im Jahre 1599, als einige schwedische Adelige gegen Sigismund revoltierten, ihn als schwedischen König absetzten und seine Getreuen hinrichten ließen. Das, was folgte, war einerseits die Etablierung des lutherischen Glaubens in Schweden, andererseits eine Serie von polnisch-schwedischen Kriegen.[8] Die ersten Feldzüge des neuen schwedischen Königs, Karls IX., verliefen aber zunächst erfolglos und ermutigten den Rivalen von Schweden, Christian IV. von Dänemark, zum Angriff. Dänemark war zu dieser Zeit mit 1,5 Millionen Einwohnern zwar bevölkerungsärmer als Schweden oder Polen, durch den Besitz Norwegens, Südschwedens und großer Teile der schwedischen Westküste aber hatte der dänische Monarch die alleinige Kontrolle über den Öresund und verbuchte daher hohe Zolleinkünfte. Karl IX. von Schweden hingegen gründete 1603 Göteborg in der Hoffnung, dadurch einen Teil der Zolleinkünfte aus dem Öresund einstreichen zu können. Als Christian IV. 1611 den Kalmarkrieg begann, erwartete Karl IX. deshalb auch den Angriff auf Göteborg, stattdessen marschierte das dänische Heer überraschend auf Kalmar und nahm die Stadt ein.[9] 1611 starb Karl IX. und sein Sohn Gustav II. Adolf musste für den Frieden mit Dänemark einen hohen Preis entrichten: Kalmar, Nordnorwegen und Ösel fielen an Dänemark, hinzu kamen Kriegskontributionen in Höhe von einer Million Reichsmark. Um diese Summe bezahlen zu können, verschuldete sich Gustav Adolf bei den Vereinigten Niederlanden. Diese Kriegsschulden belasteten Schweden sehr und schwächten seine außenpolitische Stellung. Dänemark dagegen war durch den Krieg zur Ostseemacht geworden und Christian IV. hielt sich deshalb einerseits für einen großen Feldherrn und glaubte andererseits, über genug Geld für weitere Kriege zu verfügen.[10]

Konfessionelle Gegensätze

Nach der ersten Phase der Reformation, die Deutschland konfessionell gespalten hatte, versuchten die katholischen und protestantischen Landesherren zunächst eine für beide Seiten akzeptable Verfassungsordnung und ein Mächtegleichgewicht zwischen den Konfessionen im Reich zu finden. Im Augsburger Religionsfrieden vom 25. September 1555 einigten sie sich schließlich auf das Jus reformandi, das Reformationsrecht (später zusammengefasst als cuius regio, eius religio, lat. für: wessen Gebiet, dessen Religion; „Herrschaft bestimmt das Bekenntnis“). Demzufolge hatten die Landesherren das Recht, die Konfession der ansässigen Bevölkerung zu bestimmen. Gleichzeitig wurde aber auch das Jus emigrandi, das Auswanderungsrecht eingeführt, das es Personen einer anderen Konfession ermöglichte, auszuwandern.[11] Unklar blieb aber das Reformationsrecht der freien Reichsstädte, denn der Augsburger Religionsfrieden legte nicht fest, wie sie das Bekenntnis wechseln sollten.[12] Seither waren das katholische und das lutherische Glaubensbekenntnis als gleichberechtigt anerkannt, nicht jedoch das reformierte.[11]

Ebenfalls aufgenommen wurde das Reservatum ecclesiasticum (lat. für: „geistlicher Vorbehalt“), das garantierte, dass Besitzungen der katholischen Kirche von 1555 katholisch bleiben sollten. Sollte ein katholischer Bischof konvertieren, verlöre er seinen Bischofssitz und ein neuer Bischof würde gewählt werden. Diese Regelung sicherte auch die Mehrheitsverhältnisse im Kurfürstenkollegium, in dem sich vier katholische und drei protestantische Kurfürsten gegenüberstanden.[13] Der geistliche Vorbehalt wurde nur deshalb von den protestantischen Fürsten geduldet, weil mit der Declaratio Ferdinandea (lat. für: „ferdinandinische Erklärung“) zugesichert wurde, dass bereits reformierte Städte und Stände in geistlichen Territorien nicht zwangskonvertiert oder zur Auswanderung gezwungen wurden.[14][11]

Verschärfung der Konfliktlage und Verfall der politischen Ordnung im Reich

Zwar verhinderten die Regelungen des Augsburger Religionsfriedens für 60 Jahre den Ausbruch eines großen Religionskrieges, aber es gab Auseinandersetzungen um seine Auslegung und eine konfrontative Haltung einer neuen Herrschergeneration[15] trug zur Verschärfung der Konfliktlage und dem Verfall der politischen Ordnung bei. Wegen des fehlenden militärischen Potenzials der Kontrahenten verliefen die Konflikte jedoch lange weitgehend gewaltfrei.[16]

Eine Auswirkung des Augsburger Religionsfriedens war eine heute als „Konfessionalisierung“ bezeichnete Entwicklung. Die Landesfürsten versuchten dabei, religiöse Uniformität zu schaffen und die Bevölkerung von unterschiedlichen religiösen Einflüssen abzuschirmen.[17] Die protestantischen Fürsten fürchteten eine Spaltung der protestantischen Bewegung, die dadurch möglicherweise ihren Schutz durch den Augsburger Religionsfrieden verlieren würde und nutzten ihre Stellung als Notbischöfe zur Disziplinierung der Geistlichen und der Bevölkerung im Sinne ihrer Konfession (Sozialdisziplinierung).[18][19] In der Folge kam es zur Bürokratisierung und Zentralisierung, der Territorialstaat wurde gestärkt.[18]

Der Frieden im Reich geriet in den Jahrzehnten nach dem Augsburger Religionsfrieden mehr und mehr in Gefahr, als die Herrscher, Theologen und Juristen, die noch den Schmalkaldischen Krieg erlebt hatten, abtraten und ihre Amtsnachfolger eine radikalere Politik vertraten und die Folgen einer Zuspitzung des Konfliktes nicht beachteten. Diese Radikalisierung zeigte sich unter anderem an der Handhabung des „geistlichen Vorbehalts“, denn während Kaiser Maximilian II. protestantischen Adeligen mit katholischen Bischofsstellen noch „Lehnsindulte“ ausstellte (sie also vorläufig belehnte, damit sie politisch handlungsfähig blieben, obwohl sie mangels päpstlicher Bestätigung keine richtigen Bischöfe waren), beendete sein Nachfolger Rudolf II. diese Praxis.[20] Folglich waren die protestantischen Administratoren ohne Belehnung und Indulte auf Reichstagen nicht mehr stimmberechtigt.[21]

Problematisch wurde dies 1588, als der Reichstag eine Visitationsdeputation bilden sollte. Die Visitationsdeputation war eine Berufungsinstanz: Verstöße gegen Reichsrecht (wie der Einzug von Gütern der katholischen Kirche durch protestantische Landesherren) wurden vor dem Reichskammergericht verhandelt. Die Revision wurde vor der Reichskammergerichtsdeputation oder kurz Visitationsdeputation verhandelt. Diese Deputation wurde turnusgemäß besetzt, und 1588 hätte der Erzbischof von Magdeburg Mitglied sein sollen. Da der lutherische Administrator von Magdeburg, Joachim Friedrich von Brandenburg, ohne Indult aber auf dem Reichstag nicht stimmberechtigt war, konnte er auch nicht in der Visitationsdeputation mitwirken, die deshalb nicht handlungsfähig war. Rudolf II. vertagte daher die Bildung der Deputation auf das nächste Jahr, doch auch 1589 konnte keine Einigung erzielt werden, ebenso in den folgenden Jahren, weshalb eine wichtige Revisionsinstitution nicht mehr funktionierte.[21]

Wegen der steigenden Zahl der Revisionsfälle, darunter vor allem Einziehung von Klöstern durch Territorialherren, wurde 1594 die Kompetenz der Visitationsdeputation auf die Reichsdeputation übertragen. Als sich 1600 in vier Revisionsfällen (Klostersäkularisierungen durch die freie Reichsstadt Straßburg, den Grafen von Baden, den Markgrafen von Oettingen-Oettingen und den Reichsritter von Hirschhorn) eine katholische Mehrheit in der Reichdeputation abzeichnete, verließen die Kurpfalz, Brandenburg und Braunschweig den Ausschuss und lähmten die Reichdeputation dadurch. Der Ausfall der Revisionsinstitutionen schwächte das Reichskammergericht; die Fürsten verhandelten ihre Streitfälle lieber vor dem Reichshofrat, der dadurch gestärkt wurde. Aufgrund seiner gegenreformatorischen Einstellung bedeutete die Stärkung des Reichshofrates auch eine Stärkung der katholischen Seite im Reich.[22]

Wegen der Stärkung der Staaten, der Konfrontationspolitik der neuen Herrscher, der Lähmung des Reichskammergerichts als Instanz der friedlichen Konfliktlösung im Reich und der Stärkung der katholischen Fürsten durch den Reichshofrat kam es zur Bildung verfeindeter Fürstengruppierungen.[23] In der Folge und als Reaktion auf das Kreuz- und Fahnengefecht in der Stadt Donauwörth trat die Kurpfalz aus dem Reichstag aus. Ein Reichstagsabschied zur Türkensteuer kam deshalb nicht zustande und der Reichstag als wichtigstes Verfassungsorgan war inaktiv.[24]

Am 14. Mai 1608 gründete sich unter Führung der Kurpfalz die Protestantische Union, der bald 29 Reichsstände angehörten.[25] Die protestantischen Fürsten betrachteten die Union vor allem als Schutzbündnis, das notwendig geworden war, da alle Reichsinstitutionen wie das Reichskammergericht infolge der konfessionellen Gegensätze blockiert waren, und sie den Friedensschutz im Reich nicht mehr als gegeben ansahen. Politisch einflussreich wurde die Protestantische Union erst durch die Verbindung nach Frankreich, weil sich die protestantischen Fürsten durch eine Militärkoalition mit Frankreich Respekt von den katholischen Fürsten verschaffen wollten. Frankreich versuchte seinerseits, sich die Union im Kampf gegen Spanien zum Verbündeten zu machen.[26][27] Nach dem Tode des französischen Königs Heinrich IV. 1610 bemühte man sich um eine Koalition mit den Niederlanden, doch die Generalstaaten wollten nicht in reichsinterne Konflikte hineingezogen werden und beließen es bei einem 1613 geschlossenen Defensivbündnis für 12 Jahre.[27]

Als Gegenstück zur Protestantischen Union gründete Maximilian I. von Bayern am 10. Juli 1609 die Katholische Liga, die die katholische Macht im Reich sichern sollte. Zwar war die katholische Liga in der besseren Position, doch im Gegensatz zur Protestantischen Union gab es keine mächtige Führungsfigur, sondern die Rangfolgekämpfe insbesondere zwischen Maximilian I. von Bayern und dem Kurfürsten von Mainz behinderten die Katholische Liga immer wieder.[28]

Kriegsverlauf

Ausbruch des Krieges

Eigentlicher Auslöser des Krieges war der Ständeaufstand in Böhmen von 1618. Er hat seine Wurzeln im Streit um den Majestätsbrief, der 1609 von Kaiser Rudolf II. ausgestellt worden war und den böhmischen Ständen Religionsfreiheit zugesichert hatte. Sein ab 1612 regierender Bruder Matthias erkannte den Majestätsbrief bei Regierungsantritt zwar an, versuchte aber, die von seinem Vorgänger gemachten Zugeständnisse an die böhmischen Stände wieder rückgängig zu machen.[29] Als Matthias die Schließung der evangelischen Kirche in Braunau anordnete, die Ausübung der evangelischen Religion überhaupt verbot, in die Verwaltung der Städte eingriff und eine im März 1618 folgende Protestnote der böhmischen Stände mit einem Versammlungsverbot des böhmischen Landtages[30] beantwortete[31], stürmten am 23. Mai 1618 mit Degen und Pistolen bewaffnete Adelige die Böhmische Kanzlei in der Prager Burg. Am Ende einer hitzigen Diskussion mit den kaiserlichen Stellvertretern Jaroslav Borsita von Martinic und Wilhelm Slavata wurden diese beiden und der Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus dem Fenster geworfen (Zweiter Prager Fenstersturz). Diese Tat sollte spontan wirken, war aber von Anfang an geplant. Zwar überlebten die drei Opfer, doch der Angriff auf die kaiserlichen Stellvertreter war auch ein symbolischer Angriff auf den Kaiser selbst und kam deshalb einer Kriegserklärung gleich. Die folgende Strafaktion des Kaisers war somit bewusst provoziert.[31][30]

Böhmisch-pfälzischer Krieg (1618–1623)

Krieg in Böhmen

Böhmisch-pfälzischer Krieg (1618–1623)

Pilsen – Vražda – Sablat – Weißer Berg – Mingolsheim – Wimpfen – Höchst – Fleurus – Stadtlohn

Nach der Revolte bildeten die böhmischen Stände in Prag ein dreißigköpfiges Direktorium, das die neue Macht des Adels sichern sollte. Seine Hauptaufgaben waren das Ausarbeiten einer Verfassung, die Wahl eines neuen Königs und die militärische Verteidigung gegen den Kaiser.[32] Im Sommer 1618 begannen die ersten Gefechte in Südböhmen, während beide Seiten Verbündete suchten und sich für einen großen militärischen Schlag rüsteten. Die böhmischen Rebellen konnten Friedrich V. von der Pfalz, das Oberhaupt der Protestantischen Union und den Herzog von Savoyen Karl Emanuel I. für sich gewinnen. Letztgenannter finanzierte die Armee unter Peter Ernst II. von Mansfeld zur Unterstützung Böhmens.[33]

Die deutschen Habsburger dagegen engagierten den Grafen von Bucquoy, der sich Ende August in Marsch auf Böhmen setzte. Der Feldzug nach Prag wurde aber vorerst von Mansfelds Truppen gestoppt, der Ende November Pilsen eroberte. Die Kaiserlichen mussten sich nach Budweis zurückziehen.[33]

Anfänglich schien es so, als würden die böhmischen Stände mit ihrem Aufstand erfolgreich sein. Das böhmische Heer unter Heinrich Matthias von Thurn zwang zunächst auch die mährischen Stände zum Anschluss an den Aufstand und drang dann in die österreichischen Stammlande der Habsburger ein und stand am 6. Juni 1619 vor Wien. Doch dem Grafen von Bucquoy gelang es, Mansfeld bei Sablat zu schlagen, sodass das Direktorium in Prag Thurn zur Verteidigung Böhmens zurückrufen musste.[34] Im Sommer 1619 wurde die Böhmische Konföderation gegründet und die böhmische Ständeversammlung setzte Ferdinand als König von Böhmen am 19. August ab[35] und wählte am 24. August Friedrich V. von der Pfalz zum neuen König.[36] Gleichzeitig reiste Ferdinand zur Wahl nach Frankfurt am Main[34], wo ihn die Kurfürsten am 28. August einstimmig zum römisch-deutschen Kaiser kürten.[37]

Mit dem Vertrag von München vom 8. Oktober 1619 gelang es Kaiser Ferdinand II. zwar unter großen Zugeständnissen, den bayrischen Herzog Maximilian I. zum Kriegseintritt zu bewegen, doch geriet Ferdinand noch im Oktober unter Druck, als der mit Böhmen verbündete Fürst von Siebenbürgen Gabriel Bethlen Wien belagerte. Bethlen zog sich jedoch bald wieder zurück, da er fürchtete, dass ihm eine vom Kaiser in Polen angeworbene Armee in den Rücken fallen könnte.[38] Im folgenden Jahr wurde die fehlende Unterstützung für die protestantischen Aufständischen deutlich, die zunehmend in die Defensive gerieten. Eine von Friedrich einberufene Versammlung aller protestantischen Fürsten in Nürnberg im Dezember 1619 wurde nur von Mitgliedern der Protestantischen Union besucht, während der Kaiser im März 1620 die kaisertreuen protestantischen Fürsten an sich binden konnte. Kursachsen wurde für seine Unterstützung die Lausitz zugesichert.[39] Mit dem Ulmer Vertrag schlossen die Katholische Liga und die Protestantische Union ein Nichtangriffsabkommen, womit Friedrich keine Hilfe mehr erwarten konnte.[40] Deshalb konnte im September das Ligaheer ungehindert über Oberösterreich in Böhmen einmarschieren, während sächsische Truppen die Lausitz besetzten. Auch Bethlens Soldaten konnten den Gegner nicht aufhalten. Am 8. November 1620 kam es bei Prag zur Schlacht am Weißen Berg, in der das böhmische Ständeheer von den Feldherren Karl Bonaventura Graf von Buquoy und Johann t’Serclaes von Tilly schwer geschlagen wurde.[39] Friedrich musste aus Prag über Schlesien und Brandenburg nach Den Haag fliehen und suchte in Norddeutschland nach Verbündeten. Schlesien dagegen löste sich aus der Böhmischen Konföderation. Im Januar verhängte Kaiser Ferdinand die Reichsacht über Friedrich.[41] Im April 1621 löste sich die Protestantische Union schließlich selbst auf.

Nach dem Sieg hielt der Kaiser in Böhmen ein Strafgericht ab: 27 Personen wurden im Folgenden wegen Majestätsbeleidigung angeklagt und hingerichtet.[42] Um den Protestantismus in Böhmen wieder zurückzudrängen, vertrieb Ferdinand 30.000 Familien und zog 650 adelige Güter als Reparationen ein, die er zur Tilgung seiner Schulden an seine katholischen Gläubiger verteilte.[43]

Krieg in der Kurpfalz

Schon im Sommer 1620 eroberte der spanische Heerführer Ambrosio Spinola aus Flandern kommend die linksrheinische Pfalz, zog sich im Frühjahr 1621 aber wieder nach Flandern zurück. Eine 11.000 Soldaten starke Garnison blieb in der Pfalz.[40] Die noch verbliebenen protestantischen Heerführer Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, der „tolle Halberstädter“ genannt, und Ernst von Mansfeld sowie der Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach zogen im Frühjahr 1622 aus unterschiedlichen Richtungen in die Pfalz. In den pfälzischen Erblanden des „Winterkönigs“ konnten die protestantischen Truppen zunächst die Schlacht bei Mingolsheim (27. April 1622) für sich entscheiden. In den folgenden Monaten erlitten sie jedoch schwere Niederlagen, weil sie den Kaisertreuen zwar zahlenmäßig überlegen waren, es ihnen jedoch nicht gelang, sich zu vereinigen. Die badischen Truppen wurden in der Schlacht bei Wimpfen (6. Mai 1622) vernichtend geschlagen, in der Schlacht bei Höchst unterlag Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel dem Liga-Heer unter Tilly. Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel trat daraufhin mit Ernst von Mansfeld in niederländische Dienste, wohin sich die beiden Heere absetzten. Auf dem Marsch trafen sie auf ein spanisches Heer, über das sie in der Schlacht bei Fleurus (29. August 1622) einen Pyrrhussieg erringen konnten. Ab Sommer 1622 war die rechtsrheinische Pfalz von Ligatruppen besetzt und Friedrich V. verlor am 23. Februar 1623 die Kurwürde, die auf Maximilian von Bayern übertragen wurde. Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel erlitt bei Stadtlohn erneut eine verheerende Niederlage und seine dezimierten Truppen waren fortan für die Kaiserlichen kein ernstzunehmender Gegner mehr.[44] Die Oberpfalz fiel an Bayern und wurde bis 1628 katholisiert. Ebenfalls 1628 wurde die Kurwürde der Bayrischen Herzöge erblich, ebenso der Besitz der Oberpfalz. Im Gegenzug erließ Maximilian Kaiser Ferdinand die Erstattung von 13 Millionen Gulden Kriegskosten.[45]

Wiederbeginn des Achtzigjährigen Krieges

Als 1621 der zwölfjährige Waffenstillstand zwischen den Niederlanden und Spanien auslief, begann auch der niederländische Unabhängigkeitskrieg wieder. Spanien hatte die Friedenszeit genutzt, um seine militärische Kraft zu stärken, sodass es mit einer 60.000 Mann starken Armee die Niederlande bedrohte. Im Juni 1625 gelang es nach fast einjähriger Belagerung die niederländische Stadt Breda zur Kapitulation zu zwingen, doch eine erneute Finanzknappheit der spanischen Krone behinderte weitere Operationen der flandrischen Armee und verhinderte so die vollständige Eroberung der niederländischen Republik.[46]

Dänisch-niedersächsischer Krieg (1623–1629)

Dänisch-niedersächsischer Krieg (1623–1629)

Lutter – Dessau – Wolgast

Nach dem Sieg des Kaisers über die protestantischen Fürsten im Reich betrieb Frankreich ab 1624 wieder eine antihabsburgische Politik. Dazu schloss der französische König Ludwig XIII. nicht nur ein Bündnis mit Savoyen und Venedig in Italien, sondern initiierte auch ein Bündnis der protestantischen Herrscher in Nordeuropa gegen den habsburgischen Kaiser. 1625 kam es zur Gründung der Haager Allianz zwischen England, den Niederlanden und Dänemark. Ziel war es, gemeinsam eine Armee unter Führung von Christian IV. zu unterhalten, mit der Norddeutschland gegen den Kaiser gesichert werden sollte. Christian IV. von Dänemark versprach, nur 30.000 Soldaten zu benötigen, von denen der Großteil vom niedersächsischen Reichskreis bezahlt werden sollte, in dem Christian als Herzog von Holstein stimmberechtigtes Mitglied war. Damit setzte er sich gegen den schwedischen König Gustav II. Adolf durch, der 50.000 Soldaten forderte. Wesentliche Motivation Christians für den Kriegseintritt war es, Verden, Osnabrück und Halberstadt für seinen Sohn zu gewinnen.[47][48]

Christian warb sofort ein 14.000 Mann starkes Heer an und versuchte auf dem Kreistag in Lüneburg im März 1625, die Kreisstände zur Finanzierung weiterer 14.000 Söldner zu bewegen und ihn zum Kreisobristen zu wählen. Die Stände aber wollten keinen Krieg und machten es deshalb zur Bedingung, dass das neue Heer nur zur Verteidigung des Kreises diene und das Kreisgebiet deshalb nicht verlassen dürfe. Der dänische König hielt sich nicht an die Regelung und besetzte mit Verden und Nienburg Städte, die sich schon im niederrheinisch-westfälischen Reichskreis befanden.[49]

In dieser Bedrohungssituation bot der böhmische Adelige Albrecht von Wallenstein dem Kaiser an, zunächst auf eigene Rechnung ein Heer aufzustellen. Im Mai und Juni 1625 berieten die kaiserlichen Räte über das Angebot. Hauptsorge war dabei, durch die Aufstellung einer Armee einen neuen Krieg zu provozieren. Da die Mehrheit der Räte aber einen Angriff Dänemarks für wahrscheinlich hielt und sich dagegen rüsten wollte, wurde Wallenstein Mitte Juni 1625 im mährischen Nikolsburg zum Herzog erhoben. Mitte Juli erhielt er sein Patent zum ersten Generalat und den Auftrag zur Aushebung einer 24.000 Mann starken Armee, die von weiteren Regimentern aus anderen Teilen des Reiches verstärkt wurde.[50] Zum Ende des Jahres war Wallensteins Armee so auf 50.000[51] Mann gewachsen. Wallenstein bezog in Magdeburg und Halberstadt sein Winterquartier und besetzte so die Elbe, während das Ligaheer unter Tilly weiter im östlichen Westfalen und in Hessen lagerte.[52]

Mit seinem Verbündeten Ernst von Mansfeld plante Christian einen Feldzug, der sich zunächst gegen Thüringen und dann gegen Süddeutschland richten sollte. Wie zuvor die Böhmen und Friedrich von der Pfalz wartete aber auch Christian vergeblich auf nennenswerte Unterstützung durch andere protestantische Mächte und sah sich zudem im Sommer 1626 nicht nur dem Heer der Liga sondern auch der Armee Wallensteins gegenüber. Am 27. August 1626 erlitten die Dänen in der Schlacht bei Lutter am Barenberge eine vernichtende Niederlage gegen Tilly, die sie die Unterstützung ihrer deutschen Verbündeten kostete.

Bereits am 25. April 1626 hatte Wallenstein Christians Verbündeten Ernst von Mansfeld in der Schlacht an der Dessauer Elbbrücke besiegt. Mansfeld gelang es danach noch einmal, ein Heer aufzustellen, mit dem er nach Süden auswich. In Ungarn beabsichtigte er, seine Truppen mit denen Bethlens zu vereinigen, um anschließend Wien anzugreifen. Doch Wallenstein verfolgte den Söldnerführer und zwang ihn schließlich zur Flucht. Kurz darauf starb Mansfeld in der Nähe von Sarajewo. Im Sommer 1627 stieß Wallenstein in wenigen Wochen nach Norddeutschland und auf die Halbinsel Jütland vor. Nur die dänischen Inseln blieben von den Kaiserlichen unbesetzt, da sie nicht über Schiffe verfügten. 1629 schloss Dänemark den Frieden von Lübeck und schied aus dem Krieg aus.

Die protestantische Sache im Reich schien verloren. Wie 1623 Friedrich von der Pfalz, so wurden nun die mit Dänemark verbündeten Herzöge von Mecklenburg für abgesetzt erklärt. Ihre Landesherrschaft übertrug der Kaiser auf Wallenstein, um damit seine Schulden bei ihm zu begleichen. Gleichfalls 1629 erließ Ferdinand II. das Restitutionsedikt, das die Rückerstattung aller seit 1555 von protestantischen Fürsten eingezogenen geistlichen Besitztümer vorsah. Das Edikt markiert zugleich den Höhepunkt der kaiserlichen Macht im Reich und den Wendepunkt des Krieges, denn es fachte den schon gebrochenen Widerstand der Protestanten erneut an und führte ihnen Verbündete zu, denen Kaiser und Liga am Ende nicht gewachsen waren.

Schwedischer Krieg (1630–1635)

Schwedischer Krieg (1630–1635)

Werben – Breitenfeld – Rain – Wiesloch – Nürnberg – Lützen – Hessisch Oldendorf – Nördlingen

Nachdem mit Dänemark eine Ostseemacht aus dem Dreißigjährigen Krieg ausgeschieden war, sah Gustav Adolf von Schweden die Chance gekommen, seine hegemonialen Ansprüche in Nordosteuropa durchzusetzen. Er landete mit seiner Armee am 6. Juli 1630 auf Usedom und zwang Pommern, Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen zu einem Bündnisvertrag. Am 17. September 1631 trafen die Schweden bei Breitenfeld auf die kaiserlichen Truppen unter Tilly, der noch kurz zuvor die Stadt Magdeburg dem Erdboden gleichgemacht hatte (Magdeburger Hochzeit). Tilly wurde vernichtend geschlagen und konnte auch im folgenden Jahr den Vormarsch der Schweden in Süddeutschland nicht aufhalten. In der Schlacht bei Rain am Lech (14./15. April 1632) wurde er verwundet und zog sich nach Ingolstadt zurück, wo er am 30. April an den Folgen der Verwundung starb. Die Schweden versuchten die Stadt einzunehmen, was ihnen jedoch nicht gelang. Diesen Zeitvorsprung nutzte Kurfürst Maximilian, um von Ingolstadt nach Regensburg zu ziehen und es zu besetzen. Die Schweden drangen daraufhin bis München vor und bedrohten Österreich.

In dieser für ihn gefährlichen Situation ernannte der Kaiser den 1630 auf dem Reichstag in Regensburg entlassenen Wallenstein erneut zum Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen (April 1632). Wallenstein gelang es tatsächlich, Gustav Adolf am 3. September 1632 in der Schlacht an der Alten Veste (bei Nürnberg) Verluste zu bringen. Der schwedische König verlor in der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632 das Leben. Die Herrschaft für die noch unmündige Christina von Schweden, Tochter Gustav Adolfs, übernahm Axel Oxenstierna. Dieser schloss mit den Protestanten des fränkischen, schwäbischen und rheinischen Reichskreises den Heilbronner Bund (1633–1634) und führte den Kampf weiter. Sein fähigster Gegner, Albrecht von Wallenstein, wurde am 25. Februar 1634 in Eger ermordet. Im selben Jahr konnten die kaiserlichen Armeen in der Schlacht bei Nördlingen den ersten wirklich großen Sieg über die Schweden unter dem bedeutenden Feldherrn Bernhard von Sachsen-Weimar erringen.

Die protestantischen Reichsstände, zuallererst Kursachsen, brachen im Jahre 1635 aus dem Bündnis mit Schweden aus und schlossen mit Kaiser Ferdinand II. den Prager Frieden, der die Aussetzung des Restitutionsedikts von 1629 für vierzig Jahre beinhaltete. Man beschloss auch, nun gemeinsam gegen die Feinde des Reiches vorzugehen. Der Dreißigjährige Krieg hörte damit endgültig auf, ein Krieg der Konfessionen zu sein, da sich ab 1635 die protestantischen Schweden mit den katholischen Franzosen im Vertrag von Wismar verbanden, um gemeinsam die kaiserliche Macht der Habsburger einzudämmen.

Schwedisch-Französischer Krieg (1635–1648)

Schwedisch-Französischer Krieg (1635–1648)

Wittstock – Rheinfelden – Breitenfeld – Tuttlingen – Freiburg – Jankau – Herbsthausen – Nördlingen – Zusmarshausen

In dieser Situation fürchtete Frankreich nun, dass der Konflikt durch einen möglichen Friedensschluss des Reiches mit Schweden zum Vorteil des Kaisers ausgehen würde. Daher entschloss man sich in Paris zum Angriff auf das Reichsgebiet. 13 Jahre dauerten die folgenden, als „Französisch-Schwedischer Krieg“ bezeichneten Kämpfe auf deutschem Boden noch an, ohne dass es eine entscheidende Schlacht und einen militärischen Sieger gab. Ab 1643 verhandelten die kriegführenden Parteien – das Reich, Frankreich und Schweden – in Münster und Osnabrück über einen möglichen Frieden, 1645 schloss Sachsen mit den Schweden den Waffenstillstand von Kötzschenbroda und schied aus dem Krieg aus. Die Verhandlungen und Kämpfe dauerten aber noch weitere drei Jahre an; erst 1648 wurde dann der „Westfälische Frieden“ verkündet. Darin wurde der Augsburger Religionsfrieden von 1555 wiederhergestellt und damit die freie Kirchenwahl festgeschrieben. Zudem wurden dem deutschen Kaiser Rechte entzogen und auf den Reichstag übertragen, die Reichsstände wurden souverän und Europa unter den im Krieg verfeindeten Mächten neu aufgeteilt.

Der Westfälische Friede und die Kriegsfolgen

Im Rahmen der Hamburger Präliminarien einigte man sich Ende 1641 schließlich, einen allgemeinen Friedenskongress in den Städten Münster (für die Katholiken) und Osnabrück (für die protestantische Seite) abzuhalten. Zuvor war an Köln und später an Lübeck und Hamburg als Kongressorte gedacht worden. Nachdem der Chefunterhändler Graf Maximilian von Trauttmansdorff nach seinem gescheiterten Schlichtungsversuch aus Münster abgereist war, führten Reichshofrat Isaak Volmar und der kaiserliche Gesandte, Graf (später Fürst) Johann Ludwig von Nassau-Hadamar die Friedensverhandlungen endlich zum erfolgreichen Abschluss.

Im Westfälischen Frieden wurde neben der katholischen und der lutherischen nun auch die reformierte Konfession im Reich als gleichberechtigt anerkannt. In vier konfessionell gemischten Reichsstädten wurde Parität verordnet, so in Augsburg und Biberach. Umfangreiche Regelungen betrafen die religiösen Streitfragen. Dabei fand man zu teilweise pragmatischen, teilweise auch zu kuriosen Lösungen. So wurde für das Hochstift Osnabrück eine alternierende Regierung von evangelischen Bischöfen (aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg) und katholischen Bischöfen geschaffen. Das Fürstbistum Lübeck wurde als einziges evangelisches Fürstbistum mit Sitz und Stimme im Reichstag erhalten, um das Haus Gottorf mit einer Sekundogenitur zu versorgen. Für die katholischen Klöster in den erloschenen Bistümern Halberstadt und Magdeburg, die ab 1680 an Brandenburg fielen, wurden Sonderregelungen getroffen.

Die neue Großmacht Schweden erhielt 1648 auf Kosten des erbberechtigten Brandenburgs Vorpommern einschließlich Stettin mit der gesamten Odermündung, die Stadt Wismar samt Neukloster sowie das Erzbistum Bremen mitsamt dem Bistum Verden als Reichslehen. Dänemark, das die so genannten Elbherzogtümer für sich beanspruchte, wurde übergangen.

Spanien einigte sich mit den Generalstaaten auf eine staatliche Unabhängigkeit. Das Erzherzogtum Österreich trat an Frankreich den Sundgau ab. Eine katholische Hegemonie über das Reich wurde nicht erreicht.

Ansonsten änderte sich im Reich vergleichsweise wenig: Das Machtsystem zwischen Kaiser und Reichsständen wurde neu austariert, ohne die Gewichte im Vergleich zur Situation vor dem Krieg stark zu verschieben. Die Reichspolitik wurde nicht entkonfessionalisiert, sondern nur der Umgang der Konfessionen neu geregelt. Frankreich hingegen wurde zum mächtigsten Land Westeuropas. Die Generalstaaten und die Eidgenossenschaft schieden aus dem Reichsverbund aus, was im Fall der Eidgenossenschaft jedoch nur die De-jure-Feststellung eines de facto seit Ende des Schwabenkrieges von 1499 feststehenden Umstandes war.

Noch offen gebliebene Fragen, insbesondere zum Thema Truppenabzug, wurden in den Folgemonaten im Friedensexekutionskongress in Nürnberg geklärt.

Teile des Heiligen Römischen Reichs waren stark verwüstet worden. Die Höhe des Rückgangs der Gesamtbevölkerung im Reichsgebiet von zuvor rund 16 Millionen ist nicht genau bekannt. Die Schätzungen reichen von 20 bis 45%. Nach einer verbreiteten Angabe sind etwa 40% der deutschen Landbevölkerung dem Krieg und den Seuchen zum Opfer gefallen. In den Städten wird der Verlust auf weniger als 33% geschätzt. Die Verteilung des Bevölkerungsrückgangs war dabei sehr unterschiedlich: Die Verluste waren dort am größten, wo die Armeen durchzogen oder lagerten. In den von den Kriegswirren besonders betroffenen Gebieten Mecklenburgs, Pommerns, der Pfalz oder Teilen Thüringens und Württembergs kam es zu Verlusten bis weit über 50%, stellenweise sogar bis mehr als 70% der Bevölkerung. Der Nordwesten und Südosten des Reiches war hingegen kaum von einer Entvölkerung durch das Kriegsgeschehen betroffen.[53]

Zu den Gewinnern des Konfliktes zählte unter anderem die Stadt Hamburg. Das Ziel, die Anerkennung ihrer Reichsstandschaft zu erlangen, wurde zwar nicht erfüllt, jedoch konnte sie große Teile des Handels mit Mitteldeutschland auf sich konzentrieren. Für die großen oberdeutschen Handelsmetropolen beschleunigte der Krieg noch einmal die Abschwungphase des ausgehenden 16. Jahrhunderts.

Wenig beachtet ist, dass mit der Unabhängigkeit der Niederlande und dem Verlust wichtiger Küstenregionen und Ostseehäfen an Schweden praktisch alle großen Flussmündungen unter fremdem Einfluss standen. Die deutschen Staaten hatten kaum Zugang zur Hohen See und waren damit weitgehend vom überseeischen Handel ausgeschlossen. Die Möglichkeiten des Reichs, vom wieder erstarkenden Seehandel zu profitieren, waren dadurch eingeschränkt. Die Spätfolgen des Dreißigjährigen Krieges für die Kolonialisierung, die in der Folgezeit zu großen Gebietsgewinnen anderer europäischer Länder führte, ist in der Forschung umstritten.[54]

Frankreich, England, Schweden und die Niederlande konnten sich nach dem Dreißigjährigen Krieg zu Nationalstaaten entwickeln. Mit dem aufblühenden Handel ging in diesen Ländern ein Aufschwung des liberalen Bürgertums einher. Umstritten ist dabei, welche geschichtlichen und gesellschaftlichen Folgen dies für das Reich und später Deutschland hatte.[55] Das Reich bildete weiterhin einen lockeren Verbund von Fürstentümern. Wenn dieser Verbund auch zum wesentlichen Friedensfaktor im Europa der nächsten 150 Jahre wurde, so geschah das ebenso auf Kosten der wirtschaftlichen Chancen des Reiches.

Die Finanzierung des Krieges

Die frühmodernen Staaten Europas verfügten zu Beginn des 17. Jahrhunderts weder in finanzieller noch in administrativer Hinsicht über Strukturen, die effizient genug gewesen wären, um stehende Heere von der Größe zu unterhalten, wie sie der Dreißigjährige Krieg erforderlich machte. Die Finanzierung der riesigen Söldnerarmeen stürzte daher alle Kriegsparteien in ständige Geldnot, ganz besonders die deutschen Fürsten, deren Territorien aufgrund der Länge und Intensität des Konflikts schon bald weitgehend ausgeblutet waren. (siehe auch Kipper- und Wipperzeit)

Die vermeintliche Lösung beschrieb die Parole „Der Krieg ernährt den Krieg“. Die Heere trieben in den von ihnen durchstreiften Gebieten Abgaben und Kontributionen in Form von Geld und Naturalleistungen ein. Das heißt: Das Land, in dem gerade gekämpft oder das besetzt wurde, musste für die Kriegskosten aufkommen. Dabei achteten die Feldherren darauf, möglichst die Gebiete gegnerischer Parteien zu belasten. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr wuchs sich diese Praxis zu willkürlicher Plünderung mit allen Begleiterscheinungen von Raub und Mord aus. Wallenstein wird die Äußerung zugeschrieben, dass sich ein großes Heer leichter finanzieren lasse als ein kleines, da es auf die Zivilbevölkerung stärker Druck ausüben könne.

Halbwegs regelmäßig besoldete Truppen wie die Wallensteins oder Gustav Adolfs gingen bei der Eintreibung von Geld und Material – zumindest in den ersten Kriegsjahren – disziplinierter vor als die freien Söldnertruppen, die sich je nach Kriegslage mal der einen, mal der anderen Partei anschlossen. Ihnen gehörten Söldner aus nahezu allen Ländern Europas an.

Rezeptionsgeschichte

Der Krieg in der kollektiven Erinnerung und in der Literatur

Der Historiker Friedrich Oertel schrieb 1947 über die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf den deutschen Nationalcharakter: „Deutsche Eigenschaften bleiben allerdings das mangelnde Gefühl für die ‚liberalitas’ des von innen her souveränen Menschen und das mangelnde Gefühl für ‚dignitas’. Die Nachwirkungen des Dreißigjährigen Krieges lasten eben noch in tragischer Weise auf der Geschichte unseres Volkes und haben den Reifeprozess aufgehalten. Wann werden die Schatten endlich weichen, wird das Versäumte nachgeholt sein?“[56]

Der Dreißigjährige Krieg hat vielfältige Spuren in Kunst und Alltagsleben hinterlassen – von einfachen Kinderreimen wie Bet’, Kindchen, bet’, morgen kommt der Schwed’ bis zu großen Werken der Dichtkunst.

In seinem Schelmenroman Der abenteuerliche Simplicissimus, erschienen 1669, schilderte Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1625–1676) die Wirren und Gräuel des Krieges und schuf damit den ersten bedeutenden Roman der deutschen Literatur. Einen Augenzeugenbericht hat der Söldner Peter Hagendorf in seiner Chronik hinterlassen.

Das Erlebnis von nicht enden wollendem Krieg, Hunger, Krankheiten und allgemeiner Zerstörung ließ eine Lyrik von bis dahin nicht gekannter Eindringlichkeit entstehen, in der sich die Gewissheit von Tod und Vergänglichkeit mit barocker Lebensgier verband. So schrieb Andreas Gryphius das Sonett „Tränen des Vaterlandes Anno 1636“, das bis heute zu den meist zitierten Antikriegsgedichten zählt. Es beginnt mit den Versen:

  • Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
  • Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
  • Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Kartaun,
  • Hat aller Schweiß und Fleiß und Vorrat aufgezehret.

Der als Volksheld und Retter in der Not gefeierte Martin Rinckart verfasste „Nun danket alle Gott“, und dem Leipziger Zeitzeugen Gregor Ritzsch verdanken wir „Ich hab den Schweden mit Augen gesehen; er tat mir wohl gefallen.“

Im 18. Jahrhundert beschäftigte sich Friedrich Schiller als Historiker und Dramatiker mit dem Krieg. 1792 veröffentlichte er eine „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“. Sieben Jahre später vollendete er sein dreiteiliges Drama „Wallenstein“.

Mit wachsendem zeitlichem Abstand sahen Schriftsteller in dem großen Konflikt des 17. Jahrhunderts zunehmend eine Metapher für die Schrecken des Krieges überhaupt. Das bekannteste Beispiel dafür aus dem 20. Jahrhundert ist Bertolt Brechts Stück „Mutter Courage und ihre Kinder“, das im Dreißigjährigen Krieg angesiedelt ist, aber deutlich macht, dass die Verrohung und Zerstörung des Menschen durch die Gewalt überall und zu jeder Zeit möglich ist.

Der Begriff „Dreißigjähriger Krieg“

Verschiedene Konzeptionen und Herangehensweisen in der Geschichtswissenschaft führten nach dem Zweiten Weltkrieg dazu, dass der Begriff „Dreißigjähriger Krieg“ grundsätzlich infrage gestellt wurde. Im Jahre 1947 wandte sich der Historiker Sigfrid Heinrich Steinberg in einem Aufsatz für die englische Fachzeitschrift History erstmals gegen seine Verwendung.[57] Später, im Jahre 1966, kam er in The Thirty Years War and the Conflict for European Hegemony 1600–1660 zu dem Schluss, es handele sich bei dem Begriff lediglich um ein „Produkt rückschauender Phantasie“.[58] Demnach „benutzte weder Pufendorf, noch irgendein anderer Zeitgenosse den Ausdruck 'Dreißigjähriger Krieg'.“[59]

Gegen diese Aussage wandten sich zunächst nur vereinzelt andere Historiker.[60] Schließlich aber widerlegte der deutsche Historiker Konrad Repgen Steinbergs These, zunächst in einigen Artikeln, später in einem umfangreichen Aufsatz. Anhand zahlreicher Quellen wies er nach, dass der Begriff „Dreißigjähriger Krieg“ schon um die Zeit des Westfälischen Friedens entstanden war. Die Zeitzeugen hätten dabei vom Anfang des Krieges an dessen Dauer in Jahren angegeben; die humanistischen Gelehrten seien zudem durch das Vorbild antiker Schriftsteller inspiriert worden. Die Benennung führte Repgen auch auf das Bedürfnis der Zeitgenossen zurück, der gänzlich neuen Erfahrung Ausdruck zu verleihen, die der Krieg für sie dargestellt habe.[61] Diese Interpretation wurde von anderen Historikern weitgehend übernommen.

Johannes Burkhardt wies gleichwohl darauf hin, dass der Begriff, obwohl zeitgenössisch, dennoch ein Konstrukt bezeichnet haben könne, da es sich beim Dreißigjährigen Krieg in Wirklichkeit um eine Vielzahl paralleler und aufeinander folgender Kriege gehandelt habe. Er führte den Namen darauf zurück, dass die „Kriegsverdichtung“ solche Ausmaße angenommen habe, dass es für die Zeitgenossen fast unmöglich gewesen sei, zwischen den einzelnen Konflikten zu unterscheiden.[62] Diese Annahme stützte 1999 eine Studie von Geoffrey Mortimer über zeitgenössische Tagebücher.[63] Andere Historiker folgen bis heute der Tradition Steinbergs, den „Dreißigjährigen Krieg“ als eine nachträgliche Konstruktion deutscher Historiker zu betrachten.[64]

Rezeption in Museen

Im Wiener Heeresgeschichtlichen Museum ist dem Dreißigjährigen Krieg ein großer Bereich gewidmet. Ausgestellt sind alle Arten von Bewaffnungen dieser Zeit, wie etwa Hakenbüchsen, Luntenschloss-, Radschloss- und Steinschlossmusketen. Figurinen kaiserlicher Pikeniere, Musketiere, Kürassiere und Arkebusiere zeigen die Schutzwaffen und Ausrüstungen der Zeit. Zahlreiche Harnische, Hieb-, Stich- und Stoßwaffen runden den Bereich des Dreißigjährigen Krieges ab. Das Wirken und Schicksal der Feldherren, wie Albrecht von Wallenstein wird ebenso veranschaulicht. Ein besonderes Exponat dabei ist das eigenhändige Handschreiben Wallensteins an seinen Feldmarschall Gottfried Heinrich zu Pappenheim vom 15. November 1632, das am Vorabend der Schlacht bei Lützen geschrieben wurde und bis zum heutigen Tag großflächige Blutspuren Pappenheims aufweist, der tags darauf das Schreiben Wallensteins noch bei sich trug, als er in der Schlacht tödlich verwundet wurde. Besonders beeindruckend ist die so genannte „Piccolomini-Serie“ des flämischen Schlachtenmalers Pieter Snayers. Es handelt sich dabei um zwölf großformatige Schlachtengemälde, die zwischen 1639 und 1651 entstanden sind und die Feldzüge Octavio Piccolominis in Lothringen und Frankreich in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges zeigen.[66]

In Wittstock an der Dosse befindet sich im Turm der Alten Bischofsburg das Museum des Dreißigjährigen Krieges. Es wurde am 24. September 1998 nach einer dreijährigen Restaurierung und Rekonstruktion der Burganlage eröffnet. Das Museum dokumentiert die Ursachen, den Verlauf, die unmittelbaren Ergebnisse und Folgen sowie die Nachwirkungen des Krieges, wobei sich die Ausstellung in sieben thematische Ebenen – „Mythen und Wahrheiten“, „Die Ursachen des Krieges“, „Lebensfreude und Lebensmut“, „Das Leben in der Armee“, „Technik und Mensch im Krieg“, „Die Schlacht“ und „Der langersehnte Friede“ – gliedert.

In Rothenburg ob der Tauber ist im so genannten „Historiengewölbe mit Staatsverlies“ eine kleinere Ausstellung über die Gesamtsituation der Stadt in der Zeit des Krieges zu sehen, u. a. Waffen, Geschütze, Kriegsgerät und militärische Ausrüstungsgegenstände der Zeit.

Historische Quellen

Im Bestand „Wilhelmshöher Kriegskarten“ verwahrt das Hessische Staatsarchiv Marburg eine größere Anzahl an Karten zum Dreißigjährigen Krieg.[67] Die Karten dokumentieren Kriegsschauplätze und Kriegsereignisse. Außerdem geben sie Einblicke in die Veränderung der Landschaften, der Städte, der Straßen und Wege usw. Die einzelnen Karten sind vollständig erschlossen und als Digitalisate online einsehbar.[68] Ebenfalls dort wird auch die Stausebacher Ortschronik des Caspar Preis aufbewahrt, der aus seiner bäuerlichen Sicht der Dinge den Kriegsverlauf in Hessen beschreibt.[69]

Literatur

Gesamtdarstellung

  • Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-018642-8.
  • Günter Barudio: Der Teutsche Krieg 1618–1648. Fischer, Frankfurt a. M. 1985, ISBN 3-10-004206-9.
  • Friedemann Bedürftig: Taschenlexikon Dreißigjähriger Krieg. Piper, München 1998, ISBN 3-492-22668-X.
  • Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1992, ISBN 3-518-11542-1.
  • Christoph Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-018550-0.
  • Peter Milger: Gegen Land und Leute – Der Dreissigjährige Krieg, Ursachen, Verlauf und Folgen, erzählt anhand von teilweise unveröffentlichten Bildern, Augenzeugenberichten und Dokumenten. Orbis-Verlag, München 2001, ISBN 3-572-01270-8.
  • Geoffrey Parker: Der Dreißigjährige Krieg. Aus dem Englischen übersetzt von Udo Rennert. Campus, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-593-34419-X.
  • Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg. 6. Aufl. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49034-4.
  • Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004, ISBN 3-525-33506-7.
  • Cicely Veronica Wedgwood: Der Dreißigjährige Krieg. Paul List Verlag, München 1967.
  • Peter H. Wilson: The Thirty Years War. Europe's Tragedy. Cambridge/Mass. 2009.

Ursache

  • Hans Sturmberger: Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Oldenbourg, München 1959.
  • N. M. Sutherland: The Origins of the Thirty Years War and the Structure of European Politics. In: English Historical Review. 107 (1992), S. 587–625. (Sutherland kritisiert die teilweise eindimensionale Betrachtung des Dreißigjährigen Krieges als primär deutschen Krieg.)

Friedensschluss

  • Klaus Bußmann, Heinz Schilling (Hrsg.): 1648 – Krieg und Frieden in Europa. Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998, ISBN 3-88789-127-9. (Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.)
  • Fritz Dickmann: Der Westfälische Friede. Aschendorff, Münster 1965.
  • Heinz Duchhardt (Hrsg.): Der Westfälische Friede. Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte. Oldenbourg, München 1998, ISBN 3-486-56328-9.
  • Ernst Höfer: Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. Strategie und Kriegsbild. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1997, ISBN 3-412-04297-8.

Militär

  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648 – Das Heer. Soldatenleben und Sitten. Band 1, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2003, ISBN 3-937135-03-0.
  • Bernhard Kroener, Ralf Pröve (Hrsg.): Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der frühen Neuzeit. Schöningh, Paderborn 1996, ISBN 3-506-74825-4.
  • Julia Zunckel: Rüstungsgeschäfte im Dreißigjährigen Krieg. Unternehmerkräfte, Militärgüter und Marktstrategien im Handel zwischen Genua, Amsterdam und Hamburg. Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-08807-7. (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 49)

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

  • Jörg-Peter Findeisen: Der Dreißigjährige Krieg. Eine Epoche in Lebensbildern. Styria, Graz/Wien/Köln 1998, ISBN 3-222-12643-7.
  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648 – Die Städte. Die Kipper und Wipper und die öffentliche Meinung. Band 2, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2003, ISBN 3-937135-04-9.
  • Gustav Freytag: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648 – Die Dörfer und ihre Geistlichen. Der Frieden. Band 3, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2003, ISBN 3-929000-56-3.
  • Benigna von Krusenstjern, Hans Medick (Hrsg.): Zwischen Alltag und Katastrophe. Der Dreißigjährige Krieg aus der Nähe. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-35463-0.
  • Markus Meumann, Dirk Niefanger (Hrsg.): Ein Schauplatz herber Angst. Wahrnehmung und Darstellung von Gewalt im 17. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 1997, ISBN 3-89244-234-7.

Kulturgeschichte

  • Klaus Bußmann, Heinz Schilling: 1648 – Krieg und Frieden in Europa. Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.] Münster/ Osnabrück 1998, ISBN 3-88789-127-9.
  • Walter F. Kalina: Ferdinand III. (1673–57) und die bildende Kunst ein Beitrag zur Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts. Dissertation, Universität Wien, 2003.
  • Walter F. Kalina: Der Dreißigjährige Krieg in der bildenden Kunst. Diplomarbeit, Universität Wien, 2001.
  • Herbert Langer: Hortus Bellicus. Der Dreißigjährige Krieg. Eine Kulturgeschichte. Prisma, Gütersloh 1982, ISBN 3-570-02991-3.

Lokalgeschichte

  • Matthias Asche: Neusiedler im verheerten Land – Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerung und Konfessionspolitik in Zeichen des Landeswiederaufbaus – Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts. Aschendorff Verlag, Münster 2006, ISBN 3-402-00417-8.
  • Martin Bötzinger: Leben und Leiden während des Dreißigjährigen Krieges in Thüringen und Franken (1618–1648) – Ein Augenzeugenbericht. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2001, ISBN 3-929000-39-3.
  • Eckhardt, Wilhelm A./ Klingelhöfer, Helmut: Bauernleben im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Die Stausebacher Chronik des Caspar Preis 1636-1667, in: Beiträge zur Hessischen Geschichte (=Bd. 13)Trautvetter & Fischer Nachf., Marburg an der Lahn 1998, ISBN 3-87822-110-X.
  • Peter Engerisser: Von Kronach nach Nördlingen – Der Dreißigjährige Krieg in Franken, Schwaben und der Oberpfalz 1631–1635. Verlag Heinz Späthling, Weißenstadt 2004, ISBN 3-926621-32-X. (mit mehr als 120 Kurzbiographien)
  • Jan N. Lorenzen: 1631 – Die Zerstörung Magdeburgs. In: ders: Die großen Schlachten. Mythen, Menschen, Schicksale. Campus Verlag, Frankfurt 2006, ISBN 3-593-38122-2, S. 55–100.
  • Hans Pehle: Der Rheinübergang des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf. Forum Verlag, Riedstadt 2005, ISBN 3-937316-15-9.
  • Manuel Raschke: Der Niedersächsisch-Dänische Krieg 1625-1629, in: Handbuch zur nordelbische Militärgeschichte. Heere und Kriege in Schleswig, Holstein, Lauenburg, Eutin und Lübeck 1623–1863/67, hrsg. von Eva S. Fiebig und Jan Schlürmann, Husum 2010, S. 289-308.
  • Bernd Roeck: Als wollt die Welt schier brechen. Eine Stadt im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Beck, München 1991, ISBN 3-406-35500-5.
  • Axel Stolch, Jörg Wöllper: Die Schweden auf dem Breitwang. Ein Beitrag zur Geschichte der Stadt Bopfingen und der Schlacht bei Nördlingen im Jahre 1634. F. Steinmeier, Nördlingen 2009, ISBN 978-3-936363-47-0.

Einzelpersonen

  • Günter Barudio: Gustav Adolf der Große. Eine politische Biographie. Fischer, Frankfurt a. M. 1985, ISBN 3-596-24358-0.
  • Heinrich Bücheler: Von Pappenheim zu Piccolomini. Sechs Gestalten aus Wallensteins Lager. Thorbecke, Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-4240-X.
  • Johann Franzl: Ferdinand II. 1578 – 1637. Kaiser im Zwiespalt der Zeit. Styria, Graz/Wien/Köln 1978, ISBN 3-222-11119-7.
  • Lothar Höbelt: Ferdinand III. 1608–1657. Friedenskaiser wider Willen. Ares-Verlag, Graz 2008, ISBN 978-3-902475-56-5.
  • Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580-1626); Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg. Berlin 2010 (Duncker & Humblot, Historische Forschungen, Bd. 94; zuvor Phil. Diss. Köln 2007); ISBN 978-3-428-13321-5.
  • Golo Mann: Wallenstein. Fischer, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-10-047903-3. (Erzählende Biografie des kaiserlichen Feldherrn)
  • Ilja Mieck: Wallenstein 1634. Mord oder Hinrichtung? In: Alexander Demandt (Hrsg.): Das Attentat in der Geschichte. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1999, ISBN 3-518-39436-3.
  • Leopold von Ranke: Geschichte Wallensteins. Athenäum-Verlag, Kronberg/Ts. 1978, ISBN 3-7610-7211-2. (Nachdruck)
  • Barbara Stadler: Pappenheim und die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. (Dissertation) Gemsberg-Verlag, Winterthur 1991, ISBN 3-85701-091-6.

Historische Betrachtung

  • Friedrich Schiller: Die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. München 1988 (Erstausgabe 1792)
  • Friedrich Schiller: Wallenstein. Reclam, Ditzingen 2003. (Erstausgabe 1800)

Fernseh-Dokumentation

  • Peter Milger: Gegen Land und Leute. Der Dreißigjährige Krieg. ARD/hr 1998; Gebundene Ausgabe zum Film, Orbis Verlag München 2001.
  • Hans-Christian Huf: Mit Gottes Segen in die Hölle. Der Dreißigjährige Krieg. ZDF, Gebundene Ausgabe zum Film, Econ, München 2003.

Magazine

  • Der Dreißigjährige Krieg. In: Geoepoche. Nr. 29/2008, ISBN 978-3-570-19780-6.

Belletristische Darstellungen

  • Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch. Aus dem Deutschen des 17. Jahrhunderts von Reinhard Kaiser. Die andere Bibliothek im Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2009. ISBN 978-3-8218-4769-6 sowie weitere Ausgaben des Romans
  • Friedrich Schiller: Wallenstein., Dramen-Trilogie: Wallensteins Lager, Die Piccolomini, Wallensteins Tod: Uraufführungen der drei Teile Oktober 1798 bis April 1799 am Weimarer Hoftheater.
  • Alfred Döblin: Wallenstein. DTV, München 2003, ISBN 3-423-13095-4. (Erstausgabe 1920, expressionistischer Roman).
  • Ricarda Huch: Der Dreißigjährige Krieg. Insel-Verlag, Frankfurt a. M. 2004, ISBN 3-458-31722-8. (Erstausgabe hieß: Der große Krieg in Deutschland. 1912–1914 in 3 Bänden, historischer Roman).
  • Tilman Röhrig: In 300 Jahren vielleicht. Arena-Verlag, Würzburg 2010, ISBN 978-3-401-50252-6.
  • Bertolt Brecht: Mutter Courage und ihre Kinder. 1939 – Der Zerfall einer Familie im Dreißigjährigen Krieg.
  • Hermann Löns: Der Wehrwolf 1910 – erzählt, wie Bauern sich während des Dreißigjährigen Krieges gegen marodierende Feinde verteidigen.

Zeitgenössisches

  • William Crowne: Blutiger Sommer. Eine Deutschlandreise im Dreißigjährigen Krieg. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011 (Originaltitel: A true relation of all the remarkable places and passages observed in the travels of the right honourable Thomas Lord Hovvard, Earle of Arundell and Surrey, Primer Earle, and Earle Marshall of England, ambassadour extraordinary to his sacred Majesty Ferdinando the second, emperour of Germanie, anno Domini 1636. By Wiliam Crowne Gentleman., übersetzt von Alexander Ritter und Rüdiger Keil), ISBN 3534242963 (Zeitgenössischer Reisebericht einer Reise von Thomas Howard, 21. Earl of Arundel durch Mitteleuropa im Jahr 1636, Englische Originalausgabe in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

  1. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009, S. 16.
  2. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 18).
  3. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 19).
  4. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 20).
  5. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 21).
  6. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 22).
  7. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 23, 24).
  8. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 26, 27).
  9. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 28).
  10. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 29).
  11. ↑ a b c Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 32).
  12. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 31).
  13. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 13).
  14. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 14).
  15. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 44).
  16. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 33).
  17. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 37).
  18. ↑ a b Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 12).
  19. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 35, 39).
  20. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 41).
  21. ↑ a b Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 42).
  22. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 43).
  23. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 15).
  24. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 51).
  25. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 54).
  26. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 55).
  27. ↑ a b Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 56).
  28. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 57).
  29. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 60).
  30. ↑ a b Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 62).
  31. ↑ a b Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 25).
  32. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 63).
  33. ↑ a b Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 26).
  34. ↑ a b Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004, S. 27.
  35. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004, S. 28.
  36. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004, S. 29.
  37. ↑ Volker Press: Kriege und Krisen. Deutschland 1600–1715. (=Neue Deutsche Geschichte, Band 5), Beck, München 1991, ISBN 3-406-30817-1, S. 197.
  38. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 30).
  39. ↑ a b Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 31).
  40. ↑ a b Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 72).
  41. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 32).
  42. ↑ Illustration von Frans Hogenberg von 1621: Wahre Abcontrafactur welcher gestalt den 21. Junij dieses 1621 Jahrs, die Execution uber ettliche Behmische Herrn ... (Digitalisat)
  43. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 70, 71).
  44. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 33, 34).
  45. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 77).
  46. ↑ Siehe hierzu Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 81–34).
  47. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 35).
  48. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 85).
  49. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 87).
  50. ↑ Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. 3. Auflage. Kleine Vandenhoeck-Reihe, Göttingen 2004. (S. 37).
  51. ↑ Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Reclam Sachbuch, Stuttgart 2009. (S. 88).
  52. ↑ E. Ladewig Petersen: The Danish Intermezzo. In: Geoffrey Parker (Hrsg.): The Thirty Years’ War. 2. Auflage, Routledge, London und New York 1997. (S. 67, 68).
  53. ↑ Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg. Beck, München 2010, ISBN 3-406-60664-4, S. 91f; Gerhard Schormann: Der Dreißigjährige Krieg. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-33506-7, S. 119 f.
  54. ↑ Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg. Beck, München 2010, ISBN 3-406-60664-4
  55. ↑ Georg Schmidt: Der Dreißigjährige Krieg. Beck, München 2010, ISBN 3-406-60664-4
  56. ↑ Friedrich Oertel, Brief an Thomas Mann v. 16. Februar 1947, in: Paul E. Hübinger, Thomas Mann, die Universität Bonn und die Zeitgeschichte, München 1974, S. 598 f.
  57. ↑ S.H. Steinberg: The Thirty Years War – A new Interpretation, in: History, Bd. 32 (1947), S. 89–102.
  58. ↑ S.H. Steinberg: Der Dreißigjährige Krieg und der Kampf um die Vorherrschaft in Europa 1600–1660, Göttingen 1967, S. 5 f.
  59. ↑ S.H. Steinberg: Der Dreißigjährige Krieg und der Kampf um die Vorherrschaft in Europa 1600–1660, Göttingen 1967, S. 113.
  60. ↑ Bspw. Francis L. Carsten: A Note on the Term Thirty Years War, in: History, Bd. 43 (1958), S. 91 f.
  61. ↑ Konrad Repgen: Über die Geschichtsschreibung des Dreißigjährigen Krieges, in: der. (Hrsg.): Krieg und Politik 1618–1648 – Europäische Probleme und Perspektiven, München 1988, S. 1–84.
  62. ↑ Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt/ Main 1992, S. 18 f.
  63. ↑ Geoffrey Mortimer: Perceptions of the Thirty Years War in Eyewitness Personal Accounts (University of Oxford, Dr. Phil. Thesis), zusammengefasst in: Geoffrey Mortimer: Did Contemporaries Recognize a Thirty Years War?, in: The English Historical Review, Bd. 116, Nr. 465 (Februar 2001), S. 124–136.
  64. ↑ Bspw. N.M. Sutherland: The Origins of the Thirty Years War and the Structure of European Politics, in: Ante, Bd.57 (1992), S. 587–625.
  65. ↑ eine Transkription des Briefes ist auf Wikisource verfügbar: Wallenstein Hilfegesuch an Pappenheim 1632.
  66. ↑ Manfried Rauchensteiner Manfred Litscher: Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Graz, Wien 2000 S. 10–15.
  67. ↑ Übersicht über den Bestand Wilhelmshöher Kriegskarten Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System. Abgerufen am 5. Juli 2011.
  68. ↑ z.B. "Darstellung der Stellungen der schwedisch-kursächsischen Armee und der Armee des Kaisers und der Liga unter Graf Tilly vor der Schlacht bei Breitenfeld, bei Leipzig, 1631". (Anmerkung: Das Digitalisat ist über "Media" einsehbar). Abgerufen am 5. Juli 2011.
  69. ↑ Eckhardt, Wilhelm A. / Klingelhöfer, Helmut: Eckhardt, Wilhelm A. / Klingelhöfer, Helmut: Bauernleben im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Die Stausebacher Chronik des Caspar Preis 1636-1667, in: Beiträge zur Hessischen Geschichte (= Bd. 13), Marburg 1998
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Achtzigjähriger Krieg

Im Achtzigjährigen Krieg (auch Spanisch-Niederländischer Krieg) von 1568 bis 1648 erkämpfte die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Mit seinem Ende schieden die nördlichen Niederlande zugleich aus dem Verband des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation aus. Der südliche Teil der Niederlande blieb dagegen bei Spanien. Im 19. Jahrhundert ging daraus Belgien hervor. Die Niederlande wurden damit dauerhaft geteilt.

Der Krieg entwickelte sich aus einem Aufstand gegen den spanischen Landesherrn Philipp II., der vor allem von Calvinisten ausging. Nachdem die Spanier den ersten Aufstand noch niedergeschlagen hatten, entwickelte sich ab 1572 ein zweiter Aufstand, der nach und nach das ganze Land erfasste. Nach einem zwölfjährigen Waffenstillstand von 1609 bis 1621 wurde der Krieg weitergeführt bis 1648, als Spanien die Unabhängigkeit der nördlichen Niederlande im Westfälischen Frieden offiziell anerkannte.

Vorgeschichte

Vor dem Krieg gehörten die Niederlande, die damals sowohl die heutigen Niederlande als auch Belgien, Luxemburg und einen Teil Nordfrankreichs umfassten, zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und wurden vom spanischen Zweig der Habsburger beherrscht. Sie bestanden aus 17 Provinzen. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts verbreitete sich in den Niederlanden im Zuge der Reformation der Calvinismus. Die Niederlande stellten zur damaligen Zeit eine bedeutende wirtschaftliche Macht dar. Antwerpen war ein Zentrum des europäischen Kapitalmarktes. Antwerpen und Rotterdam waren durch ihre Häfen außerdem bedeutende Umschlagplätze für den Handel mit Waren aus Übersee und den neuen Kolonien in Südamerika. Wegen dieser geballten wirtschaftlichen Macht und wegen der wichtigen strategischen Lage waren die spanischen Habsburger nicht gewillt, die Niederlande aus ihrem Besitz zu entlassen.

König Philipp II. übernahm die Herrschaft über die Niederlande 1555 von seinem Vater Karl V. Er setzte die bereits unter seinem Vater begonnenen Ketzerverfolgungen (Inquisition), die schon Unruhen in den Niederlanden hervorgerufen hatten, noch konsequenter fort. Im Jahre 1559 ernannte er im Zuge einer kirchlichen Reorganisation neue Bischöfe, die auch in den Generalständen der Provinzen, den so genannten Generalstaaten, vertreten sein sollten, und verkleinerte die Bistümer. Mit dieser Maßnahme wollte Philipp einerseits die Gegenreformation verschärfen, andererseits aber auch die ständischen Freiheiten, die den Provinzen im Großen Privileg 1477 zugestanden worden waren, wieder rückgängig machen. Als Statthalterin in den Niederlanden setzte er seine Halbschwester Margarethe von Parma ein und stellte ihr als ersten Minister den Bischof von Mechelen, Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle, zur Seite. Philipp selbst ging 1560 wieder nach Spanien zurück, 1561 zog er dann auch seine Truppen aus den Niederlanden ab.

Der niederländische Unabhängigkeitskampf

Einige Mitglieder des niederländischen Staatsrates unter der Führung von Wilhelm I. von Oranien und der Grafen von Egmond und Hoorn protestierten vehement gegen diese Änderungen und erzwangen 1564 Granvelles Rücktritt. In einer Bittschrift, dem sogenannten Adelskompromiss von Breda, forderten die Aufständischen (die sich selbst „Geusen“, übersetzt: „Bettler“, nannten) von der Statthalterin Margarethe von Parma explizit die Beendigung der Inquisition und der Verfolgung der Protestanten sowie die Wiederherstellung ihrer ständischen Freiheiten.

Der Protest gegen die spanische Herrschaft erreichte im selben Jahr mit den Bilderstürmen der Calvinisten einen ersten Höhepunkt. Philipp hob daraufhin zwar die Inquisition auf, entsandte aber 1567 den Herzog von Alba, Fernando Álvarez de Toledo, als neuen Statthalter mit spanischen Truppen zu einer Strafexpedition in die Niederlande. Alba gelang es auch zunächst, die regionalen Aufstände mit Hilfe von Sondergerichten, dem sogenannten Blutsrat von Brüssel, zu unterdrücken. Bei diesen Aktionen wurden mehr als 6000 Aufständische hingerichtet, unter ihnen die Grafen von Egmond und von Hoorn. Im selben Jahr besiegte Alba auch die niederländischen Truppen unter Führung von Wilhelm I. von Oranien.

Mit seinen rücksichtslosen und willkürlichen Aktionen provozierte Alba jedoch neue Aufstände der Niederländer. Waren die Unruhen bis dahin meist regional begrenzt und noch größtenteils unkoordiniert, so erfasste der Aufstand nun das ganze Land.

Die Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition verurteilte in einem Dekret vom 16. Februar 1568 faktisch alle etwa drei Millionen Niederländer wegen Häresie zum Tode und nahm nur wenige benannte Personen davon aus.[1] Der spanische König Philipp II. bestätigte zehn Tage später diese Verfügung der Inquisition und befahl den Beginn der Exekutionen.

In einer diplomatischen Geheimkonferenz vom 2. bis 4. April 1568 auf Schloss Freudenberg (im Siegerland, Südwestfalen) wurde einer Delegation der Edlen von Gelderland die militärische Unterstützung im Kampf gegen Spanien durch Wilhelm I. von Oranien (genannt „der Schweiger“) zugesagt. Der Achtzigjährige Krieg begann mit dem ersten militärischen Aufeinandertreffen beider Seiten in der Schlacht von Heiligerlee 1568, in der Adolf von Nassau, der Bruder Wilhelms von Oranien, fiel.

Vor allem die „Wassergeusen“ genannten niederländischen Kaperschiffer machten in der Folge den Spaniern durch ihre fortwährenden Angriffe auf Seetransporte und Stützpunkte schwer zu schaffen. 1572 gelang ihnen der größte Erfolg, als sie die Provinzen Zeeland und Holland eroberten. Als Statthalter der befreiten Provinzen wurde Wilhelm I. von Oranien gewählt, womit ihm faktisch die Führung des Widerstandes gegen Spanien übertragen wurde.

1573 wurde Alba durch Don Luís de Zúñiga y Requesens abgelöst. Auch wenn der neue Statthalter zunächst erfolgreicher als sein Vorgänger war, gelang den Aufständischen erneut ein großer Sieg: Sie fluteten das Land, segelten nach Leiden und befreiten die Stadt von den spanischen Belagerern (Belagerung von Leiden). Gemeinsam formulierten alle Siebzehn Provinzen ihre Forderungen nach Abzug der spanischen Truppen und religiöser Toleranz in der Genter Pazifikation (1576). Sie wurde von den Generalstaaten in Antwerpen ratifiziert. Der neue spanische Statthalter Don Juan de Austria, ein Halbbruder des Königs Philipp II., akzeptierte die Forderungen formal, trotzdem gingen die Unruhen weiter. Die Genter Pazifikation sollte die letzte gemeinsame Handlung der Siebzehn niederländischen Provinzen sein.

Der lange Weg zum Frieden

Im Jahre 1579 zerbrach die in der Genter Pazifikation dokumentierte Einheit der niederländischen Provinzen an konfessionellen Gegensätzen. Einige südliche, überwiegend französischsprachige Provinzen schlossen sich am 6. Januar zur (katholischen) Union von Arras (niederländisch: Atrecht) zusammen. Die nördlichen Provinzen mit überwiegend calvinistischer Bevölkerung schlossen sich dagegen am 23. Januar zur Utrechter Union zusammen. Auch die Staaten Flanderns und Brabants waren Mitglied der Utrechter Union. Sie opponierten weiter gegen Spanien und verlangten das Recht auf freie Religionsausübung. Am 24. Juli 1581 bildeten die Provinzen der Utrechter Union die Republik der Vereinigten Niederlande, erklärten in der Akte van Afzwering oder Plakkaat van Verlatinghe ihre Unabhängigkeit vom König und ernannten Wilhelm I. von Oranien zum Statthalter in den verschiedenen Staaten. Als treibende Kraft hinter der Utrechter Union und der Unabhängigkeitserklärung gilt die Provinz Holland. Die Trennung der Niederlande in die Generalstaaten und die Spanischen Niederlande war nun besiegelt. Aus dem Aufstand der Niederlande gegen die spanischen Besatzer, der im Süden seinen Anfang nahm, wurde jetzt ein Kampf um Unabhängigkeit der Generalstaaten.

Die nicht der „Union von Arras“ beigetretenen Teile der südlichen Provinzen wurden zwischen 1581 und 1585, teils nach schwierigen Belagerungen, von den Spaniern unter dem neuen Statthalter Alexander Farnese, dem Sohn Margaretes von Parma, unterworfen. Auch große Teile der nordöstlichen Niederlande wurden in diesen Jahren von den Spaniern erobert, aber diese Eroberungen wurden nach 1589 von den Rebellen rückgängig gemacht. Erfolgreich verlief am Ende nur der Unabhängigkeitskrieg im Norden. Zwar wurde Wilhelm 1584 von einem Katholiken ermordet, die Generalstaaten konnten sich jedoch relativ schnell auf Wilhelms Sohn Moritz von Oranien als Nachfolger einigen. Als Alexander Farnese 1585 Antwerpen eroberte, waren die Provinzen der Utrechter Union auf das Höchste gefährdet. Es gelang jedoch dem Landesadvokaten der Provinz Holland, Johan van Oldenbarnevelt, 1596 einen Pakt der Generalstaaten mit England auszuhandeln. Mit dessen finanzieller und militärischer Unterstützung wurde der Krieg gegen Spanien weitergeführt. Gleichzeitig reformierte Moritz von Oranien das niederländische Heer (Oranische Heeresreform), welches so schon bald der militärischen Übermacht der Spanier Paroli bieten konnte.

Im Jahre 1598 starb Philipp II. von Spanien. Damit gingen die südlichen, das heißt die Spanischen Niederlande in die Hände seiner Tochter Isabella und ihres Ehemannes, des Erzherzogs Albrecht von Österreich, über. Im Jahre 1601 begannen die spanischen Truppen mit der verlustreichen Belagerung von Ostende, die unter Ambrosio Spinola 1604 erfolgreich beendet wurde. Die Niederländer verloren somit ihren letzten Stützpunkt in Flandern. Am 12. April 1609 − zwei Jahre nach der Seeschlacht bei Gibraltar − konnten sich beide Seiten in Antwerpen auf einen Waffenstillstand einigen, der zwölf Jahre lang hielt.

1621 brach der Krieg im Rahmen des Dreißigjährigen Krieges erneut aus. In den Jahren 1624 und 1625 war er fast ganz auf die Belagerung und den Entsatz von Breda konzentriert. Er verlief zunächst ergebnislos, bis es den Niederländern gelang, die gesamte spanische Silberflotte zu erbeuten. Mit einem Teil der Beute finanzierte Friedrich Heinrich, Bruder und Nachfolger von Moritz von Nassau, unter anderem die Eroberung von ’s-Hertogenbosch (1629) und von Maastricht (1632). Eine Allianz mit Frankreich im Jahre 1635 zur Eroberung der Spanischen Niederlande war wenig erfolgreich. Im Gegenteil, sie führte zum Verlust von Venlo, Roermond und anderen Städten an die Spanier.

Spanien war zu dieser Zeit aber, nach dem Verlust fast seiner gesamten Kriegsflotte, der „Armada“, die während eines Überraschungsangriffs der Niederländer am 25. April 1607 in der Bucht von Gibraltar vernichtend geschlagen wurde, wodurch Spanien seine Vormachtstellung auf See verlor, militärisch stark geschwächt und wollte den Frieden mit den Niederlanden, da es seine übrigen Kräfte auf den Dreißigjährigen Krieg konzentrieren musste. Nach dem Tod Friedrich Heinrichs 1647 setzte die Provinz Holland zusammen mit drei weiteren Provinzen die Verhandlungen mit Spanien gegen den Widerstand von Friedrich Heinrichs Sohn Wilhelm II. fort. Neben vielen anderen, mündeten auch diese Verhandlungen 1648 in den Westfälischen Frieden, der das Ende des Dreißigjährigen Krieges und des Achtzigjährigen Krieges bedeutete und zugleich die internationale Anerkennung der Republik der Vereinigten Niederlande brachte.

Kampfhandlungen in den Kolonien

Ab dem Jahre 1600 drangen wiederholt niederländische Kaperfahrer in die Gewässer der Philippinen ein und störten die Handelsrouten empfindlich. Das erste Aufeinandertreffen von spanischen und niederländischen Galeonen in den Gewässern der Philippinen fand am 12. Dezember 1600 statt und endete mit der Versenkung der San Diego. Mit dem Erstarken der Holländer in Südostasien versuchten diese im Jahre 1646 den Archipel der Philippinen zu erobern. Dieser Angriff auf die spanische Oberhoheit wurde in den fünf Seeschlachten der La Naval de Manila abgewehrt.[2]

Rezeption

Goethes Trauerspiel Egmont spielt in der Stadt Brüssel während des Aufstands der Niederländer 1566–1568 gegen die spanische Herrschaft; das Ende des Trauerspiels entspricht historisch dem Anfang des Achtzigjährigen Krieges.

Friedrich Schiller beschäftigte sich in seiner historischen Abhandlung Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung mit dem Krieg. Sein dramatisches Gedicht Don Karlos, das teilweise auf diesen historischen Recherchen beruht, spielt vor dem Hintergrund des Achtzigjährigen Krieges.

Später schilderte Wilhelm Raabe den Kampf der Wassergeusen in seiner Novelle Die schwarze Galeere.

Charles de Coster schildert in seinem Ulenspiegel den Aufstand der Geusen gegen die spanischen Unterdrücker.

Literatur

  • Michael Erbe: Belgien, Niederlande, Luxemburg: Geschichte des niederländischen Raumes. Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln 1993, ISBN 3-17-010976-6.
  • Anton van der Lem: Opstand! Der Aufstand in den Niederlanden. Wagenbach, Berlin 1996, ISBN 3-8031-2259-7.

Einzelnachweise

  1. ↑ Egon Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit. C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung. München 1965.
  2. ↑ The Philippine Islands, 1493–1803 Überblick über die Philippinische Geschichte S. 216

 

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WallensteinAlbrecht Wenzel Eusebius von Waldstein auf einem Kupferstich von ca 1625 1628 von einem unbekannten Kuenstler   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

(Weitergeleitet von Albrecht von Wallenstein)

Wallenstein, eigentlich Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, tschechisch Albrecht Václav Eusebius z Valdštejna (* 24. September 1583 in Hermanitz an der Elbe, Böhmen; † 25. Februar 1634 in Eger, Böhmen) war Herzog von Friedland und Sagan, von 1628 bis 1631 als Albrecht VIII. Herzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Graf von Schwerin, Herr von Rostock, Herr von Stargard und als Generalissimus zwischen 1625 und 1634 zweimal Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee im Dreißigjährigen Krieg.

Er kämpfte auf Seiten des Kaisers und der Katholischen Liga gegen die protestantischen Mächte Deutschlands sowie gegen Dänemark und Schweden, fiel jedoch später in Ungnade und wurde von kaisertreuen Offizieren ermordet.

Leben

Jugend

Albrecht Wenzel Eusebius, genannt Wallenstein wurde am 24. September 1583 in Hermanitz an der Elbe geboren. Er entstammte dem alten böhmischen Herrengeschlecht von Waldstein. Wallensteins Großvater, Georg von Waldstein, hatte 1536 in seiner Grundherrschaft den evangelisch-protestantischen Glauben eingeführt und sich 1546 dem Fürstenaufstand gegen Kaiser Karl V. angeschlossen. Wallensteins Vater Wilhelm IV. Freiherr von Waldstein (aus dem Hause Horzicz-Arnau), auf Hermanitz, königlich böhmischer Kreishauptmann des Königgrätzer Kreises, 1595 verstorben, war mit Margaretha Freiin Smirziczky von Smirzicz (1555–1593) verehelicht.[1]

Als fünfter Sohn hatte der Vater Georg nur ein kleines Erbe erhalten; seine Ehefrau Freiin Margaretha von Smiřický stammte aus ebenso altem Adel wie die Wallensteins. Von ihren sieben Kindern überlebten zwei Töchter und der jüngste Sohn Albrecht Wenzel Eusebius. Zwar war Hermanitz nur eine kleine Grundherrschaft, dass aber die Familie finanziell in bedrängten Verhältnissen lebte, soll wie vieles bei Wallenstein eine Legende aus späterer Zeit sein. Seinen Hauslehrer Johann Graf ernannte Wallenstein später zu seinem Kammersekretär, und er wurde in den erblichen Adelsstand erhoben.

Da Wallensteins Mutter am 22. Juli 1593, sein Vater am 25. Februar 1595 verstarb, wurde Albrecht im Alter von elf Jahren Vollwaise. Das Erbe, die Grundherrschaft Hermanitz und ein größeres Vermögen an Geld, Silber und Schmuck, fiel zu gleichen Teilen an ihn und seine zwei Schwestern. Sein testamentarischer Vormund Heinrich Slavata von Chlum und Koschumberg, ein Schwager seiner Mutter, nahm Albrecht zu sich auf Schloss Koschumberg und ließ ihn zusammen mit seinem eigenen Sohn von Böhmischen Brüdern erziehen.

Im Herbst 1597 schickte er ihn zur weiteren Erziehung in die evangelische Lateinschule in Goldberg in Schlesien und im Hochsommer 1599 an die protestantische Akademie in Altdorf, die Wallenstein schon im April 1600 wieder verlassen musste, nachdem er mehrfach durch Gewalttaten aufgefallen war und zuletzt seinen Diener in einem Anfall von Raserei halb totgeschlagen hatte.[2]

Inzwischen war sein Vormund gestorben, und Wallenstein begab sich nun bis 1602 auf eine Grand Tour, von der Näheres nicht überliefert ist. Er scheint an den Universitäten Padua und Bologna studiert zu haben, da er anschließend über eine umfassende Bildung und Kenntnisse der italienischen Sprache verfügte.

In Diensten verschiedener Herren

In der zweiten Hälfte des Jahres 1602 trat Wallenstein als Schildknappe in die Dienste des Markgrafen Karl von Burgau. Auf Schloss Ambras bei Innsbruck blieb er nicht ganz zwei Jahre. In diesen Jahren trat Wallenstein zum Katholizismus über, was ein nicht ungewöhnlicher und recht häufig praktizierter Vorgang war. Wann genau die Konversion stattfand, ist unklar. Quellen sprechen vom Jahr 1602 oder vom Herbst 1606. Im Jahr 1602 soll Wallenstein der Legende nach in einer Mußestunde am Fenster des Schlosses Ambras gestanden haben und eingeschlafen sein. Er stürzte hinunter und überlebte den Sturz ohne jeglichen Schaden. Der Historiograph Graf Franz Christoph von Khevenhüller berichtet, dass dieses wundersame Ereignis Wallenstein zum Übertritt bewogen haben soll, weil er glaubte, die Jungfrau Maria habe ihn gerettet. Für 1602 spricht auch, dass er in diesem Jahr der Kirche von Heřmanice eine Glocke gespendet hat, die zwei Sprüche[3] in tschechischer Sprache trägt, die zwar in den katholischen Bibeln, aber nicht in den Bibeln der Böhmischen Bruderschaft enthalten waren. Zudem ist die Glocke mit Abbildungen der Mutter Gottes und Abbildungen Maria Magdalenas geschmückt. Für einen Anhänger des protestantischen Glaubens mit seiner Bilder- und Marienfeindlichkeit wären diese Darstellungen sehr ungewöhnlich gewesen.

Anfang Juli 1604 wurde Wallenstein auf Empfehlung seines Vetters, des kaiserlichen Oberstallmeisters Adam von Waldstein, Fähnrich in einem Regiment kaiserlich-böhmischer Fußknechte, das auf Befehl Kaiser Rudolfs II. nach Ungarn zog. Das Heer, das 1604 gegen die aufständischen ungarischen Protestanten aufbrach, wurde von Generalleutnant Georg Basta kommandiert. Bei diesem Feldzug unter dem Befehlshaber Basta lernte Wallenstein die Taktik der siebenbürgischen leichten Reiterei kennen und beobachtete den damals 45 Jahre alten Kommandeur der kaiserlichen Artillerie, Oberst Graf von Tilly. Der Feldzug endete durch einen frühen Wintereinbruch vorzeitig, und das Heer zog sich in die Winterquartiere nördlich von Kaschau in Oberungarn zurück. Wallenstein wurde zum Hauptmann befördert und bei Kämpfen in der Nähe von Kaschau schwer an der Hand verletzt.

Die Winterquartiere waren miserabel und die Verpflegung schlecht, daher entschloss sich General Georg Basta eine Delegation nach Prag zu schicken, um Geld und Verpflegung einzufordern. Wallenstein wurde als Vertreter der böhmischen Fußknechte ausgewählt und akzeptierte trotz seiner schlecht heilenden Verwundung. Der beschwerlichen Reise durch die Hohe Tatra und Schlesien war kein Erfolg beschieden, das Heer hungerte weiter und löste sich allmählich auf. Wallenstein blieb den Winter über in Prag und erkrankte aufgrund der Strapazen und der Verwundung an der Ungarischen Krankheit, einer Art Fleckfieber. Anfang 1605 entschlossen sich die böhmischen Stände, die Regimenter unter General Basta aufzulösen. Sie ernannten Wallenstein am 4. Februar 1605 zum Abdankungskommissar.

Nach der Demobilisierung der böhmischen Truppen wurde Wallenstein von den böhmischen Ständen zum Obristen eines Regiments deutscher Fußtruppen ernannt. Der durch Matthias, den Bruder Kaiser Rudolfs, erzwungene Frieden mit den Ungarn beendete Wallensteins erste militärische Karriere abrupt. Vermutlich wollte er diese fortsetzen und bat Kaiser Rudolf um ein Empfehlungsschreiben für den Statthalter der spanischen Niederlande, Erzherzog Albrecht von Österreich, das er erhielt. Warum er sich dann anders entschied und im April 1607 in die Dienste Erzherzog Matthias' als Kämmerer trat, ist nicht bekannt.

Das Jahr 1607 blieb Wallenstein am erzherzoglichen Hof in Wien. Es ist nicht bekannt, dass er sich an den Vorbereitungen Matthias' zum Feldzug gegen seinen Bruder in Prag beteiligt hätte. 1608 zog Matthias nach Prag und zwang Rudolf, auf die Krone Ungarns und den Besitz Österreichs zu verzichten. Rudolf, dem die Kaiserkrone und das Königreich Böhmen verblieb, musste im berühmten Majestätsbrief vom 9. Juli 1609 die Religionsfreiheit garantieren. Er soll hierzu durch ein Heer der böhmischen Stände unter Heinrich Matthias von Thurn gezwungen worden sein. Wallenstein befand sich im Gefolge des Erzherzog Matthias, trat aber nicht weiter in Erscheinung.

Keplers Horoskop

Während des Aufenthaltes in Prag ließ sich Wallenstein von Johannes Kepler sein erstes Horoskop ausstellen. Dies war in jener Zeit üblich, und jeder, der auf sich hielt, besaß ein solches.

Kepler war Hofmathematiker, Leiter der kaiserlichen Sternwarte und diente dem Kaiser als Astrologe. Da die Bezahlung des Kaisers nicht besonders üppig war, nahm er auch private Aufträge an. Wallenstein erhielt keinen direkten Zugang zu Kepler auf dem Hradschin und bat einen Bekannten um Vermittlung. Der Hofmathematikus kam dem Wunsch nach. Für das Horoskop brauchte er nur den genauen Geburtstermin. Aus dem Namen und dem bisherigen Werdegang des unbedeutenden jungen Mannes konnte er nicht viel Verwertbares entnommen haben. Umso erstaunlicher ist die genaue Charakterzeichnung, die das Schriftstück enthält. Nach einer kurzen Warnung, nicht allein auf die Sterne zu vertrauen, schrieb Kepler, dass sein Klient:

    „ein wachendes, aufgemuntertes, emsiges, unruhiges Gemüt habe, allerhand Neuerungen begierig, dem gemeines menschliches Wesen und Händel nicht gefallen, sondern der nach neuen, unversuchten, oder doch sonst seltsamen Mitteln trachte, doch viel mehr in Gedanken habe, als er äußerlich sehen und spüret lassen.“

    – nach Golo Mann[4]

Das Horoskop charakterisiert Wallenstein als einen Menschen mit großem Ehrgeiz und Machtstreben. Gefährliche Feinde würden ihm erscheinen, er werde jedoch meist siegen. Sein Leben sei zwischen dem elften und dreizehnten Lebensjahr sehr unruhig gewesen, danach sei es aber wesentlich ruhiger verlaufen. Für das 21. Lebensjahr beschrieb Kepler eine gefährliche Krankheit, für das 33. eine stattliche Heirat mit einer nicht allzu schönen Frau, die jedoch reich an Herrschaften, Gebäuden und Vieh sei. Zum Schluss sagte er weniger angenehme Dinge voraus. Die ungünstige Stellung von Saturn und Jupiter würde bewirken, dass Wallenstein ein besonderer Aberglaube nachgesagt werde und er zum Rädelsführer einer maleconten, also unzufriedenen, Rotte werden würde.

Wallenstein war stark beeindruckt, insbesondere von der Ankündigung der Heirat, die allerdings sieben Jahre früher stattfand. Den besonderen Eindruck belegen auch die zahlreichen Randnotizen, mit denen er jahrelang akribisch die Vorhersagen mit den realen Ereignissen verglich. Als das erste Horoskop 1625 endete, ließ Wallenstein Kepler in Linz um eine Fortsetzung ersuchen. Die neue Prophezeiung enthielt eine ernsthafte, wenn auch nicht näher ausgeführte Warnung für den Beginn des Jahres 1634.[5]

Magnat in Mähren

Bereits 1608 hatte der Regens des Jesuitenkonvikts in Olmütz, Veit Pachta, der einen großen Einfluss auf Wallenstein besaß, eine Heirat mit der Witwe des Archleb Prusinowsky von Witschkow, Lukrezia Nekesch von Landek (1582 – 1614), auf Wsetin und Lukow [6] vermittelt, weil er befürchtete, dass ihr riesiges Vermögen andernfalls in die Hände eines protestantischen Gatten fallen würde. Die Hochzeit fand im Mai 1609 statt. In der älteren Literatur wird, wie in Keplers Horoskop, immer wieder erwähnt, Lukrezia sei betagt und hässlich gewesen. Über ihr Aussehen ist nichts bekannt, jedoch haben Untersuchungen des Schädels der sterblichen Überreste ergeben, dass sie nur unwesentlich älter als Wallenstein gewesen sein kann.[7]

Das gewaltige Vermögen der Lukretia, verwitwete Prusinowsky von Witschkow wird auf etwa 400.000 Gulden geschätzt und schuf die wirtschaftliche Basis für den Aufstieg Wallensteins. Ein Jahr nach der Hochzeit wurde Wallenstein Miteigentümer der mährischen Grundherrschaften Vsetín, Rymice und Lukov und zählte damit zu den größten mährischen Grundbesitzern. Am 11. November 1610 verkaufte Wallenstein das elterliche Gut in Hermanitz und begann, das Leben eines mährischen Magnaten zu führen. Bei der Leitung der Güter, die vorrangig im Hradischer Kreis im südlichen Mähren lagen, verfuhr Wallenstein genauso wie später bei seinen Herzogtümern. Er interessierte sich für jeden Vorgang auf seinen Gütern, beschränkte den Frondienst seiner Bauern, ein für diese Zeit unvergleichlicher Vorgang, erlaubte den Holzeinschlag in den Wäldern und hob das Fischereiverbot auf. Wallenstein wusste schon zu dieser Zeit, dass sich die Produktivität und damit das Einkommen seiner Güter enorm erhöhte, wenn er die Lebensbedingungen seiner Untertanen verbesserte. Ein Zusammenhang, den nur wenige Adlige und Gutsherren der Zeit verstanden. Wallenstein begann mit der Rekatholisierung seiner Untertanen, wie es Pater Veit Pachta von ihm erwartete und deutlich genug vor der Heirat ausgesprochen hatte. Versuchte er anfangs die Bekehrung durch Zwang, so ersetzte er diesen später durch weltliche Anreize, da ihn sein Schwager Žerotin, der Landeshauptmann von Mähren, um etwas größere Milde bat.

Dieses Vorgehen hob sein Ansehen bei den meist protestantischen mährischen Ständen, und sie ernannten den Katholiken Wallenstein 1610 zum Musterungskommissar und beauftragten ihn, ein Regiment von Musketieren zu werben, das die mährische Grenze gegen das passauische Kriegsvolk schützen sollte. Dieses Kriegsvolk hatte Kaiser Rudolf gegen seinen Bruder Matthias geworben, um die erst einige Jahre zuvor abgetretenen Länder mit Gewalt zurückzugewinnen. Der schlechte Ruf der Passauer, mehr Bande als Kriegsvolk, und die Vermutung, dass der Kaiser die Passauer auch gegen die böhmischen Stände einsetzen werde, veranlassten diese, ebenfalls Truppen aufzustellen und Matthias um Hilfe zu bitten. Matthias entsandte daraufhin 8 000 Mann nach Böhmen. Nachdem die Passauer wieder aus Prag vertrieben waren, baten die böhmischen Stände Matthias, die böhmische Königskrone anzunehmen, da Rudolf zu alt und zu schwach sei. Rudolf musste die Abdankung unterschreiben. Gemeinsam mit Matthias zog auch Wallenstein im März 1611 in seiner Eigenschaft als Kämmerer des neuen böhmischen Königs in Prag ein.

Nach dem Tode Rudolfs und der Wahl Matthias' zum neuen Kaiser im Mai 1612 wurde Wallenstein kaiserlicher Kämmerer. In Mähren wurde er 1612 in einen Ausschuss für Rechtsstreitigkeiten gewählt, entwickelte aber sonst keinerlei Aktivitäten auf politischem Gebiet. Er fiel nur durch seinen Reichtum, durch seine Prachtentfaltung und seinen Prunk auf. Denn im Gegensatz zum Hof des Kaisers, der immer in Geldschwierigkeiten steckte und riesige Schulden aufhäufte, schien Wallenstein keine Finanzsorgen zu kennen. Seine Kasse schien immer gut gefüllt zu sein, und er kam in regelmäßigen Abständen mit einem Aufwand nach Wien, der den Zeitgenossen ins Auge stach. Den Beobachtern war die Quelle seines Reichtums unerklärlich und nicht ganz geheuer. Die aufwendigen Auftritte entsprachen aber Wallensteins Naturell und dem barocken Zeitgeist. Und sie verschafften ihm Reputation bei Hofe.

Am 23. März 1614 starb Wallensteins Frau Lukrezia. Er ließ sie mit großem Pomp in der Wallfahrtskirche von Stiep in der Herrschaft Lukov beisetzen und gründete dort 1616 ihr zu Ehren ein Kartäuserkloster, dem er das Dorf Stiep und 30.000 Gulden in bar schenkte. Zugleich brach er das Testament von Lukrezias Onkel Wenzel Nekesch von Witschkow, der seiner Nichte Lukov als lebenslänglichen Besitz vermacht hatte, jedoch im Falle ihres Todes ihren Bruder Wilhelm von Witschkow auf Bistritz und in dessen Nachfolge den Ältesten des Geschlechts der Prusinowitz von Witschkow als Erben eingesetzt hatte[8].

Insgesamt war Wallenstein in diesen Jahren des heraufziehenden Krieges nichts anderes als ein normaler mährischer Adliger, der höchstens durch seinen ungewöhnlichen Reichtum auffiel. Ansonsten aber schienen ihm seine Güter und sein Seelenheil am wichtigsten gewesen zu sein. Von der in der Empfehlung für Matthias angesprochenen großen Karriere, die Wallenstein machen wolle, ist bei dem 31-Jährigen nichts zu sehen. Da er faktisch am Rande des allgemeinen Interesses lebte, ist auch deshalb die Quellenlage aus diesen Jahren sehr dünn.

1615 wurde er von den mährischen Ständen zum Obristen eines Regiments Fußvolk ernannt, kurz nachdem er eine schwere Krankheit überwunden hatte, wie er selbst später am Rande des Keplerschen Horoskopes vermerkte. Diese Krankheit dürfte eine Folge seines starken Weingenusses gewesen sein, ebenso wie sein späteres Gichtleiden. Der Obristenposten stand faktisch nur auf dem Papier, und seine Ernennung war kein Resultat besonderer militärischer Befähigung, sondern zeigte seine finanziellen Möglichkeiten, da er dieses Regiment im Kriegsfalle auf eigene Kosten hätte aufstellen müssen. Zudem war die Ernennung wohl ein Zeichen für seine Zurückhaltung in politischen und religiösen Fragen. Im selben Jahr nahm er zwei weitere Kämmererposten an. Am 28. September 1615 ernannten ihn Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich und wenig später Erzherzog Maximilian von Vorderösterreich zu ihren Kammerherren. Was genau der Hintergrund der Ernennungen war, ist unbekannt, ändert aber nichts an der Tatsache, dass Wallenstein in diesen Jahren ein unbeschriebenes Blatt war, reich, aber ohne Profil.[9]

Beginn der militärischen Karriere

Friauler Krieg

Die erste Chance, sich auf militärischem Gebiet hervorzutun, kam für Wallenstein, als sich Erzherzog Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand II., 1615 in den Friauler Krieg gegen die im Mittelmeer vorherrschende Seemacht Venedig verwickeln ließ. Im Februar 1617 wurden die militärische und finanzielle Lage und die Versorgung der Truppen so schlecht, dass Ferdinand zum äußersten Mittel griff und an seine Stände und Vasallen appellierte, ihm auf eigene Kosten Truppen zu senden. Nur Wallenstein kam dem Hilfegesuch nach.

Sofort nach Eintreffen des Hilfeersuchens antwortete Wallenstein dem Erzherzog und warb in aller Eile eine kleine Armee an: zwei Kompanien schwerer Reiterei, insgesamt 180 Kürassiere und eine Abteilung von 80 Musketieren. Die Truppe wurde makellos ausgerüstet und bewaffnet und im Mai 1617 mit Wallenstein an der Spitze auf den 700 km langen Weg nach Friaul gebracht. Auf einem Zwischenstopp in der erzherzöglichen Residenz Graz traf er vermutlich erstmals auf Johann Ulrich von Eggenberg. Der kaiserliche Hofkammerpräsident wurde später ein enger Freund und der größte Förderer Wallensteins. In der ersten Julihälfte traf Wallenstein mit seiner Truppe im Feldlager vor dem von den Venezianern belagerten Gradisca ein.

Da die Besatzung Gradiscas am Verhungern war, entschloss sich der Befehlshaber der erzherzöglichen Truppen, Heinrich von Dampierre, nach der Ankunft der wallensteinischen Kürassiere einen Angriff auf die venezianischen Besatzer zu wagen. Am 13. Juli 1617 gelang es durch einen Angriff der von Wallenstein angeführten Kürassiere, einen gewaltigen Wagenzug mit Proviant in die Festung zu transportieren und alle Verletzten und Kranken in Sicherheit zu bringen. Nach einem zweiten Angriff am 22. September, der ebenfalls von Wallenstein angeführt wurde, willigte Venedig in einen Frieden ein. Ferdinand erinnerte sich noch später an die Hilfeleistungen seines Kämmerers. Nicht nur, dass Wallenstein Truppen geworben, sondern dass er diese auch selbst nach Friaul und in den Kampf geführt hatte, beeindruckte Ferdinand.

Deshalb beauftragte Ferdinand Wallenstein noch im gleichen Jahr, einen neuen Artikelbrief, eine Art Gesetzbuch für die Söldnertruppen, zu entwerfen. Das Wallensteinische Reutter Recht wurde später für das gesamte kaiserliche Heer verbindlich und erst 1642 durch ein neues Kriegsrecht ersetzt.

Prager Fenstersturz

Die konfessionellen und politischen Auseinandersetzungen in Böhmen gingen unterdessen unvermindert weiter. So gelang es Kaiser Matthias 1617, den entschiedenen Katholiken Ferdinand als seinen Nachfolger zum böhmischen König krönen zu lassen. Die böhmischen Stände stimmten der Wahl Ferdinands nur widerwillig zu, denn dieser hasste den Majestätsbrief und tat alles, um Böhmen zu rekatholisieren. Nur ein Jahr später schritten die evangelischen Stände Böhmens deshalb zur offenen Rebellion. Ausdruck dessen war der Prager Fenstersturz vom 23. Mai des Jahres 1618.

Einen Tag später bildeten die böhmischen Stände eine provisorische Regierung von 30 Direktoren. Graf Heinrich Matthias von Thurn wurde zum Generalleutnant ernannt und sollte die Landesverteidigung organisieren. Mitte Juni hatte Thurn 4 000 Mann beisammen und zog nach Süden in Richtung Wien. Die mährischen Stände unter Kardinal Franz Seraph von Dietrichstein, dem Landeshauptmann Karl von Žerotin und dem Fürsten Karl von Liechtenstein blieben vorerst strikt neutral, organisierten aber ebenfalls die Landesverteidigung. Alle Obristen, darunter Wallenstein, wurden in ihren Ämtern bestätigt und beauftragt, Truppen zu werben.

Wallenstein hielt vom böhmischen Aufstand nichts, seine Loyalität galt Ferdinand, trotzdem hielt er sich an seine Bestallungsurkunde und warb ein Regiment Musketiere mit 3 000 Mann an. Standort des Regiments war Iglau, im Dezember 1618 wurden sechs Fähnlein nach Olmütz verlegt.

Als Ferdinand im August 1618 als Stellvertreter des Kaisers den mährischen Landtag besuchte, bot ihm Wallenstein an, auf eigene Kosten für 40.000 Gulden ein Kürassierregiment gegen Böhmen zu werben. Wallenstein hatte sich 20.000 Gulden geliehen und 20.000 der eigenen Schatulle entnommen. Im Herbst reiste er nach Wien, wurde zum kaiserlichen Obristen ernannt und zu den Werbungen ermächtigt. Wallenstein war nun also gleichzeitig mährisch-ständischer und kaiserlicher Oberst. Im März 1619 war sein in den Niederlanden geworbenes Regiment abmarschbereit. Kurz darauf warb Wallenstein noch etwa 300 Arkebusiere und kehrte Anfang April nach Olmütz zurück. Kaiser Matthias war kurz zuvor am 20. März 1619 gestorben.

Bis zum 20. April 1619 hatten sich die mährischen Stände noch nicht entschieden, ob sie am böhmischen Aufstand teilnehmen sollten. Mehrere Gespräche böhmischer Abgesandter mit Žerotin konnten diesen nicht umstimmen, auf die böhmische Seite zu treten. Deshalb überschritt zwei Tage später ein böhmisches Heer unter von Thurn die mährische Grenze, um die mährischen Stände zu zwingen, Farbe zu bekennen. Der Befehlshaber der mährischen Truppen, Kardinal von Dietrichstein, ließ sich nicht zu einer entschlossenen Gegenwehr bewegen, so dass von Thurn auf keinen Widerstand traf und von der Bevölkerung enthusiastisch empfangen wurde. Bis Ende April war fast ganz Mähren in seiner Hand, und die mährischen Stände wollten sich auf einem Landtag in Brünn am 2. Mai dem Aufstand anschließen. Der als kaisertreu bekannte Wallenstein aber dachte trotz Einladung nicht daran, den Landtag zu besuchen, da er fest mit seiner Verhaftung rechnete.

Zusammen mit dem Obristen des mährischen Heeres, Georg von Nachrod, versuchte Wallenstein, sein mährisches Regiment nach Wien zu bringen, um es dem Einfluss der böhmischen Aufständischen zu entziehen und mit der kaiserlichen Armee zu vereinigen. Nachrods Regiment widersetzte sich jedoch dem Plan, und dieser musste fliehen. Auch Wallenstein konnte nur durch Tötung eines Oberstwachtmeisters verhindern, dass sein Regiment meuterte.[10] Da er wusste, dass sich die Kasse der mährischen Stände in Olmütz befand, entschloss er sich, diese mitzunehmen, und zwang am 30. April den Steuereinnehmer, das Geld herauszugeben:

    „Abends zwischen 9 und 10 Uhr ist der Obrist Wallenstein zum Steuereinnehmer gekommen, hat die Schlüssel zur Kasse begehrt und endlich mit bloßem Degen und Androhung des Henkens abgenötigt und 96.000 Reichstaler aus der Kasse genommen und noch in der derselben Nacht in Begleitung eines Fähnleins Soldaten damit von dannen gezogen.“

    – nach Milger[11]

Wallenstein brachte das Geld und die im Rentamt vorgefundenen Waffen nach Wien, das er am 5. Mai erreichte. Dabei verlor er fast die Hälfte seines Regiments. Die Soldaten gingen entweder zu den Rebellen über oder desertierten. Das Geld wurde dem Kaiser übergeben, der es im Wiener Landhaus deponierte und später an die mährischen Stände zurückgab. Die Aktion Wallensteins rief bei den mährischen Ständen große Verärgerung hervor und stärkte die Partei, die für ein Bündnis mit Böhmen eintrat.

Wallenstein hatte auf unmissverständliche Art und Weise deutlich gemacht, dass er auf der Seite Ferdinands stand. Ob er durch den Abzug seines Regiments gegenüber den mährischen Ständen eidbrüchig war und Verrat geübt hatte, wurde später heftig diskutiert. Nach Ansicht Hellmut Diwalds stand den mährischen Ständen zwar das Recht zu, eigene Truppen zu werben und zu unterhalten. Dies schloss aber nicht das Recht ein, Bündnisse gegen den Souverän zu schließen und diese Truppen gegen ihn einzusetzen, da das ständische Recht durch den König bestätigt werden musste. Wenn also einem Soldat befohlen wurde, gegen seinen obersten Herrn in den Krieg zu ziehen, so konnte er sich von seinem Eid gegenüber den Ständen entbunden fühlen. Genau dies tat Wallenstein.

Wallenstein wurde von den mährischen Ständen am 11. Mai 1619 für immer des Landes verwiesen und verlor alle seine Güter und Besitztümer in Mähren. Von nun ab war er kein reicher Magnat mehr, sondern ein vermeintlich mittelloser Söldner in kaiserlichen Diensten.

Schlacht am Weißen Berg

Anfang Mai 1619 zog Wallenstein seinem in Flandern geworbenem Regiment entgegen und traf dieses in Passau. Das Regiment unter Oberstleutnant Peter Lamotte (von Frintropp) mit 1 300 Kürassieren wurde von ihm sofort nach Südböhmen weitergesendet, wo der kaiserliche General Charles de Bucquoy dringend auf Verstärkungen wartete. Zusammen mit anderen Truppen stand ihm ein Heer von rund 6 500 Mann zur Verfügung.

Am 10. Juni 1619 kam es bei dem Dörfchen Záblat zum Kampf (siehe Schlacht bei Sablat) gegen die Truppen des Söldnerführers in böhmischen Diensten Graf Ernst von Mansfeld, der die Truppen Bucquoys zerschlagen sollte. Wallenstein führte seine Kürassiere selbst ins Gefecht und es gelang, die Truppen Mansfelds komplett aufzureiben. Mansfeld musste Hals über Kopf fliehen. Die kaiserlichen Truppen erbeuteten Gold im Wert von rund 100.000 Gulden und 300 Wagen mit Proviant. Diese Schlacht stellte den Wendepunkt im Böhmischen Krieg dar, auch wenn der größte Teil der böhmischen Truppen unter von Thurn in Mähren stand und immer noch Wien bedrohte. Denn am 31. Mai hatte von Thurn die österreichische Grenze überschritten und stand am 5. Juni in den östlichen Vororten Wiens. Nach wenigen Tagen musste er aber wieder abziehen, da er nicht die erforderliche Artillerie hatte, um Wien zu belagern, und die Stadt ihm nicht wie erhofft die Tore geöffnet hatte. Das Theatrum Europaeum bilanzierte die Schlacht folgendermaßen:

    „Und obwohl dieser Sieg in Ansehung der Anzahl des Mansfeldischen Kriegsvolks nicht sonderlich groß schien, so war er doch Ihrer Majestät König Ferdinand sehr nützlich. Der Graf Thurn gab die Belagerung der Stadt Wien auf und mußte wieder nach Böhmen ziehen. Der Sieg hat auch Ihrer Majestät Erhebung zum Römischen Kaiser Vorschub getan.“

    – nach Milger[12]

Um sich gegen den zu erwartenden Einmarsch der kaiserlichen Truppen abzusichern, schlossen die Stände der böhmischen Kronländer mit der Böhmischen Konföderation ein Schutz- und Trutzbündnis ab. Im Anschluss wurde Ferdinand II. durch den Generallandtag aller böhmischen Länder des Throns für verlustig erklärt. Am 16. August traten auch die Stände Ober- und Niederösterreichs dem antihabsburgischen Bündnis bei. Der Erzbischof und Kurfürst von Köln, der Wittelsbacher Ferdinand von Bayern, äußerte zu den Vorgängen in Böhmen fast prophetisch:

    „Sollte es so sein, daß die Böhmen im Begriffe ständen, Ferdinand abzusetzen und einen Gegenkönig zu wählen, so möge man sich nur gleich auf einen zwanzig-, dreißig- oder vierzigjährigen Krieg gefaßt machen.“

    – nach Golo Mann[13]

Die Stände der böhmischen Länder schritten nun gemäß den Regeln der Konföderation zur gemeinsamen Wahl eines neuen Königs. Am 26. August fiel der siebenbürgische Fürst Gábor Bethlen verabredungsgemäß mit seinem Heer ins habsburgische Oberungarn ein, und am gleichen Tag wurde Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, ein Calvinist, mit den Stimmen aller in der Böhmischen Konföderation zusammengeschlossenen Länder zum König von Böhmen gewählt. Die Wahl Ferdinands II. zum Kaiser zwei Tage später konnte Friedrich jedoch angesichts der katholischen Mehrheit im Kurgremium nicht verhindern. Auch die Stimmen der protestantischen Kurfürsten aus Sachsen und Brandenburg gingen an den Habsburger, und selbst Friedrich V. schloss sich zuletzt dieser Mehrheit an, um Einstimmigkeit bei der Kaiserwahl zu erreichen. Genau zum Wahltag in Frankfurt traf dort aber aus Prag die Nachricht von der Wahl Friedrichs V. zum König von Böhmen ein.

Gabor Bethlen gelang es innerhalb von sechs Wochen, die Gebiete nördlich der Donau zu erobern. Am 14. Oktober 1619 nahm er Preßburg und kam bis auf 30 km an Wien heran. Die böhmischen Rebellen wurden während dieses Herbstes durch die siebenbürgischen Angriffe stark entlastet, unternahmen aber nichts, um ihr marodes, schlecht bezahltes und ausgerüstetes Heer zu verbessern.

Um Wien zu schützen, musste Bucquoy den Plan, Prag anzugreifen, aufgeben. Er brach am 19. September 1619 in Richtung Süden auf. Im Heer befand sich weiterhin Wallenstein mit seinem Reiterregiment. Bereits Anfang August hatte Wallenstein mit weiteren Werbungen in den spanischen Niederlanden begonnen, 700 Kürassiere und Arkebusiere. Woher Wallenstein das für die Werbungen notwendige Geld nahm, ist unklar. Die Schuldsumme Ferdinands bei ihm belief sich jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits auf über 80.000 Rheinische Gulden.

Am 24. Oktober trafen das kaiserliche Heer, rund 20 000 Mann, und das vereinigte böhmisch-mährisch-siebenbürgische Heer, etwa 35 000 Mann, aufeinander. Bucquoy beschloss, seine Truppen über die Donau nach Wien zurückzunehmen. Wallenstein gelang es dabei mit seinen Kürassieren, den Übergang des Heeres und des riesigen Trosses gegen die heftigen Angriffe Gabor Bethlens zu sichern und anschließend die Brücke abzubrechen. Wien war vorerst gesichert. Endgültig zogen sich Bethlen und von Thurn erst zurück, als der polnische König und Schwager Ferdinands, Sigismund III., Hilfe sandte.

Anfang Januar 1620 wurde Wallenstein wieder zur Werbung neuer Truppen in den spanischen Niederlanden ermächtigt. Die Werbungen musste Wallenstein ebenfalls aus eigener Tasche vorstrecken, erneut etwa 80.000 Gulden. Das angeworbene Doppelregiment Kavallerie, 1500 Kürassiere und 500 Arkebusiere, traf bereits im Februar beim kaiserlichen Heer ein. Nach mehreren Gefechten mit böhmischen Truppen, an denen auch Wallenstein und seine Regimenter beteiligt waren, wurde Wallenstein im Juli 1620 bettlägerig, die Krankheit, die ihn auch die späteren Jahre plagen sollte, begann zunehmend heftiger zu werden. Über diese Krankheit notierte Wallenstein auf dem Keplerschen Horoskop:

    „Anno 1620 in Julio bin ich uf den Tod krank gewest, und die Krankheit vermein ich, daß ich mirs mit drincken causirt hab.“

    – nach Diwald[14]

Zur gleichen Zeit überschritt am 23. Juli 1620 Maximilian I. mit 25 000 Mann des Heeres der Katholischen Liga die Grenze von Bayern nach Österreich, um zuerst die protestantischen Stände der Erblande des Kaisers zu unterwerfen. Nachdem Maximilian diese in Linz besiegt hatte, vereinigte er sich mit dem kaiserlichen Heer und überschritt am 26. September die böhmische Grenze. Kurz darauf, am 5. Oktober, fiel Johann Georg, der Kurfürst von Sachsen, von Norden her in Böhmen ein. Bei Rokitzan traf Maximilian auf das bunt zusammengewürfelte, schlecht bezahlte, mangelhaft ausgerüstete und kurz vor einer Meuterei stehende Heer Friedrichs, das etwa 15 000 Mann umfasste. Nach einer Reihe folgenloser Scharmützel zog Friedrich am 5. November seine Armee in Richtung Prag zurück, die kaiserlichen Truppen folgten. Am Abend des 7. Novembers hielt Friedrichs Heer nur wenige Meilen vor Prag und bezog Stellung auf dem Gipfel des Weißen Berges. Am Morgen des 8. Novembers wurde es dort in der Schlacht am Weißen Berg vernichtend geschlagen.

Wallenstein erhielt den Auftrag, mit einer Sonderabteilung den Nordwesten Böhmens zu besetzen. Seine eigenen Regimenter verblieben unter de la Motte und Torquato Conti bei der Hauptstreitmacht. Nach der Besetzung Launs folgten alle Städte Nord- und Nordwestböhmens, so Schlan, Leitmeritz, Aussig, Brüx, Komotau und Kaaden. Alle Städte mussten den Treueeid auf den Kaiser schwören. Sein Hauptquartier richtete Wallenstein in Laun ein. Frischgeworbene Söldner bildeten die Besatzung der Städte, da Wallensteins eigene Truppen dafür nicht ausgereicht hätten. Für die Werbung der Truppen wurden den Städten Kontributionen auferlegt. Im Dezember 1620 verlegte Wallenstein sein Hauptquartier nach Prag. Faktisch war er damit Militärbefehlshaber von Nordböhmen.

Landesverweser und Statthalter in Böhmen war Karl von Liechtenstein. Wallenstein blieb auch weiterhin General Charles Bonaventure de Longueval-Bucquoy unterstellt und warb neue Regimenter für die kaiserliche Armee. Anfang 1621 wurde Wallenstein zum Mitglied des Hofkriegsrates in Wien ernannt. Wallenstein reiste aber nicht nach Wien, sondern ließ sich entschuldigen und blieb in Prag. In der ersten Hälfte des Jahres 1621 wurden seine Vollmachten ständig erweitert, so dass praktisch keinerlei Entscheidungen mehr ohne ihn getroffen werden konnten.

Als Sofortmaßnahme gegen die besiegten Aufständischen wurden die entflohenen Direktoren geächtet und deren Güter eingezogen. Doch viele an der Rebellion Beteiligte waren nicht geflohen, da sie mit milden Strafen rechneten. Ferdinand ließ jedoch ein Exempel statuieren. 45 protestantischen Adligen wurde der Prozess gemacht. Wegen Rebellion, Landfriedensbruch und Beleidigung der kaiserlichen Majestät wurden 27 von ihnen zum Tode verurteilt, 18 zu Gefängnis und körperlicher Züchtigung. Die Güter der Angeklagten wurden eingezogen und der kaiserlichen Vermögensverwaltung übergeben. Am 16. Mai bestätigte Ferdinand das Urteil, und am 21. Juni wurde die Hinrichtung vor dem Altstädter Rathaus in einem viereinhalbstündigen Spektakel durchgeführt. Wallenstein wohnte der Hinrichtung bei, und seine Soldaten sicherten den Exekutionsplatz und die Stadt, um Unruhen zu vermeiden. Die Köpfe von zwölf Hingerichteten und die rechte Hand des Grafen Joachim Andreas von Schlick, eines der wichtigsten Führer des Aufstandes, wurden an den Altstädter Turm der Karlsbrücke genagelt, wo sie zur Abschreckung zehn Jahre lang blieben.

Neben den Hauptbeschuldigten wurden aber auch die anderen Aufständischen in Böhmen, Mähren, Schlesien, Ober- und Niederösterreich vollständig oder teilweise enteignet. Als Rebellen wurden alle angesehen, die beim Fenstersturz, bei der Abwahl Ferdinands, bei der Wahl Friedrichs und beim Feldzug der böhmischen Truppen nach Wien beteiligt waren. Der päpstliche Nuntius Carlo Carafa (Kardinal) schätzte den Wert der konfiszierten Güter auf 40 Millionen Gulden. Kardinal Carafa vermerkte aber auch:

    „Die Freigebigkeit von S. M., die üble Verwaltung, und anderes sind die Ursache, daß die Beschlagnahme für den ausstehenden Sold und zur Bezahlung anderer Verpflichtungen nicht ausreicht, vor allem gegenüber Bayern und Sachsen.“

    – nach Milger[15]

Hauptursache hierfür war, dass die kaiserliche Vermögensverwaltung die Güter zu hastig verkaufte oder unter Wert verpfändete. Manche der Güter wurden als Belohnung für treue Dienste verschenkt, so an die Heerführer Bucquoy, Huerta Freiherr von Welhartitz, Baltazar de Marradas und an den Prager Erzbischof und an die Jesuiten.

Gegen ein neues Darlehen in Höhe von 85.000 Gulden überschrieb Ferdinand an Wallenstein die Grundherrschaften Friedland und Reichenberg als Pfand. Die Urkunde trägt das Datum der Hinrichtung auf dem Altstädter Ring. Ob dies Zufall oder perfide Absicht war, muss dahingestellt bleiben. Bis zu diesem Tag hatte Ferdinand bei Wallenstein Schulden für Werbungen und Kriegskosten in Höhe von 195.000 Gulden. Dafür wurden Wallenstein als Gegenleistung die Güter Jitschin, Böhmisch Aicha, Groß Skal, Semil und Horitz als Pfand übertragen.

Böhmisches Münzkonsortium

Von Juni bis August 1621 operierte Wallenstein mit einem kleinen Truppenaufgebot, wahrscheinlich nicht mehr als ein Regiment, in Mähren, um den Markgrafen von Jägerndorf an einer Vereinigung mit den Truppen Gábor Bethlens zu hindern. Dies gelang allerdings nicht. Ende Juli vereinigten sich die beiden Heere bei Tyrnau, Wallenstein zog sich nach Ungarisch Hradisch zurück und warb neue Truppen. Bei einem Gefecht mit Bethlen war kurz zuvor General Bucquoy gefallen, und Wallenstein war damit faktisch Oberbefehlshaber in Mähren.

Als Hauptproblem sah Wallenstein die Verpflegung und Versorgung der Truppen an. Darüber konferierte er mit Kardinal Franz Seraph von Dietrichstein, der den Überlegungen Wallensteins aber nicht zustimmte. Das Protokoll der Unterredung enthält das früheste Zeugnis des berühmt-berüchtigten Kontributionssystems Wallensteins. Dietrichstein wollte den größten Teil des Unterhalts der Truppen aus Böhmen beziehen und verständlicherweise Mähren schonen. Wallenstein sah dieses jedoch als illusorisch an. Wallenstein argumentierte in einem Brief an den Kardinal wie folgt:

    „Wird das Kriegsvolk nit schnellstens ordentliche Unterhaltung haben, so werden sie mit Unordnung aus den Quartieren auslaufen und nehmen, was sie werden bekommen und was ich ihnen nicht werde zu erwehren vermögen, dieweil sie allein von Wasser und Brot nit travaglieren können.“

    – nach Diwald[16]

Die Plünderungen würden zwangsläufig das bereits verwüstete Land endgültig ruinieren und die Disziplin der Truppe völlig untergraben. Eine Niederlage des kaiserlichen Heeres sei damit absehbar. Insofern müssten alle österreichischen Erblande zur Bezahlung der Truppen herangezogen werden.

Wallenstein gelang es bis Oktober 1621, das kaiserliche Heer auf 18 000 Mann auszubauen. Das vereinigte Heer unter Gábor Bethlen hatte hingegen rund 30 000 Mann. Gábor Bethlen konnte zwar in dieser Zeit einige mährische Städte erobern, Wallenstein gelang es aber durch geschicktes Taktieren, ein Vorrücken Bethlens auf Wien zu verhindern. Ende Dezember kam es zu einem Friedensvertrag mit dem Siebenbürger. Wallenstein wurde angesichts seines erfolgreichen Agierens zum Obristen von Prag, also zum Oberbefehlshaber der Stadt, ernannt. Ferdinand ernannte am 18. Januar 1622 den Fürsten von Liechtenstein zum mit fast unbeschränkten Vollmachten ausgestatteten Statthalter von Böhmen und Wallenstein zum Gubernator des Königreichs Böhmen.

Am gleichen Tag wurde eine anfangs wenig beachtete Urkunde unterzeichnet. Es ist der Vertrag über die Einrichtung eines Münzkonsortiums in Böhmen. Vertragspartner waren einerseits die kaiserliche Hofkammer, zuständig für alle finanziellen Dinge des Hofes, und andererseits der niederländische Bankier Hans de Witte als Vertreter des Konsortiums. Die 15 Mitkonsorten sind in dem Dokument nicht namentlich aufgeführt, waren aber in diversen anderen Dokumenten erwähnt, die allerdings meist verlorengingen, so dass nur fünf mit Sicherheit heute bekannt sind. Neben de Witte waren dies der kaiserliche Hofbankier Jacob Bassevi von Treuenberg, als Initiator Fürst Karl von Liechtenstein, der Sekretär der böhmischen Kammer Paul Michna von Vacínov und Wallenstein. Dem Konsortium wurde für die Dauer von einem Jahr gegen die Zahlung von sechs Millionen Gulden das Münzprägerecht in Böhmen, Mähren und Niederösterreich verpachtet, beginnend mit dem 1. Februar 1622, was zu der berüchtigten Kipper- und Wipperzeit führte.

Bereits zu Zeiten der Herrschaft des Winterkönigs wurde der Silbergehalt der Münzen heimlich verringert, um damit Geld für die Finanzierung des Krieges zu erhalten. Damit fuhr man nach dem Sieg des Kaisers fort. Liechtenstein erhöhte die Silberproduktion und ließ Silberbruch einschmelzen, um eine größere Menge an Silbermünzen prägen zu können. Allein das erhöhte Geldaufkommen löste eine Inflation aus, so dass die Geldprobleme des Kaisers damit nicht gelöst werden konnten. Zumal man kaum Vorstellungen darüber hatte, wie eine Inflation entsteht und welche Auswirkungen eine solche auf die Wirtschaft eines Landes hat. Später fing Liechtenstein an, die Silbermenge pro Münze zu senken. Diese Münzen wurden „lange“ oder „kleine“ Münzen genannt. Die Gewinnmöglichkeit für den Fiskus lag darin, dass der Preis des Silbers nicht so schnell stieg, wie die Münzen verschlechtert wurden. Für die Verpachtung der Prägerechte erhielt der Kaiser im Gegenzug wöchentlich garantierte Zahlungen vom Konsortium. Das Geld wurde dringend für die Fortsetzung des Krieges im Reich gebraucht. Das Kippen und Wippen der Kipper- und Wipperzeit wurde ab sofort von Staats wegen betrieben.

Der Pachtvertrag enthielt auch detaillierte Festlegungen, ohne die das Vorhaben nicht funktioniert hätte. Umlauf und Ausfuhr fremder Münzen wurde verboten. Diese Münzen mussten zu einem festgelegten Preis beim Konsortium abgeliefert werden. Das Konsortium erhielt ein Monopol auf den Ankauf von Silber, egal ob aus Bergwerken oder Bruchsilber, zu festgelegten Preisen. Pro Mark Silber (ca. 230 g) sollten 79 Gulden geprägt werden. Ursprünglich waren pro Mark 19 Gulden geschlagen worden. Die Mitglieder wurden mit langen Münzen aus der eigenen Produktion bezahlt. Aber entsprechend den tatsächlichen Machtverhältnissen war eine Mark eingeliefertes Silber nicht gleich viel wert. So erhielt Wallenstein für seine 5 000 Mark eingelieferten Silbers jeweils 123 Gulden, Fürst Liechtenstein jedoch 569 Gulden pro Mark. Den weitaus größten Teil des Silbers lieferte Hans de Witte mit 402 652 Mark ein, wofür er nur 78 Gulden pro Mark erhielt. Wallenstein war also keine treibende Kraft und beileibe nicht der größte Nutznießers des Geschäftes. Insgesamt wurden 42 Millionen Gulden geprägt, wovon 30 Millionen in den ersten beiden Monaten ausgegeben wurden, was für die bereits durch den Krieg zerrütteten Wirtschaften faktisch den Ruin bedeutete.

Nach einem Jahr fand eine Währungsreform statt, die festlegte, dass aus jeder Mark Silber 110 Gulden geschlagen werden sollten. Dies zeigt nach Ansicht von Golo Mann, wie stark während der Zeit des Konsortiums der Feingehalt des Guldens heimlich verschlechtert worden war. Dies wurde notwendig, da dem Fiskus die wöchentlichen Zahlungen nicht mehr ausreichten und er nach weiteren Anleihen von de Witte verlangte. Zudem lief der Silberpreis der Inflation voraus und betrug am Ende 85 Gulden pro Mark. Rechnet man die Kosten und die Gewinne hinzu, so kann man erahnen, wie viele Gulden pro Mark geprägt werden mussten.[17]

Nach einem Jahr übernahm Ferdinand die Münze wieder selbst und ließ das Geschäft in der gleichen Weise fortsetzen. Ab Sommer 1623 wurden wieder Gulden mit dem alten Feingehalt ausgegeben, da die neuen Gulden fast keinerlei Wert mehr hatten und trotz Androhung der Todesstrafe von Händlern und Handwerkern nicht angenommen wurden. Die langen Münzen sollten zum Kurs von 6 : 1 gegen den neuen alten Gulden getauscht werden. Über 40 Jahre dauerte die Nachgeschichte des Konsortiums, z. B. gab es heftige Streitigkeiten darüber, ob Darlehen, die mit dem Inflationsgeld aufgenommen wurden, auch wieder in voller Höhe mit dem neuen Gulden zurückzuzahlen seien.

Golo Mann schätzt den Gewinn Wallensteins auf insgesamt 20.000 Gulden.[18] Die Mitgliedschaft im Konsortium ist also nicht die Quelle für den riesigen Reichtum Wallensteins. Eher dürfte ihm seine neue Bekanntschaft mit einem der wichtigsten Bankiers des Kaisers Jacob Bassevi und weitere Kreditaufnahmen ermöglicht haben, das zu kaufen, was ihn zu einem Landesherrn, zu einem Fürsten machen würde: Großgrundbesitz, der aufgrund der Konfiszierungen der Grundherrschaften der evangelisch-lutherischen Stände ab Herbst 1622 in großer Menge weit unter Wert zum Verkauf stand.

Herzog von Friedland

Anfangs versuchte die kaiserliche Verwaltung, die konfiszierten Güter selbst zu bewirtschaften und den Gewinn in die kaiserlichen Kassen fließen zu lassen. Es gelang jedoch nicht, auf diese Weise genügend Geld einzunehmen. Ab Herbst 1622 entschloss sich Ferdinand II. (HRR) deshalb, die Güter zu verkaufen. Wallenstein gab daraufhin ein Kaufangebot für die Grundherrschaft Friedland ab, die ihm ja schon verpachtet worden war und auf die er ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommen hatte. Karl von Liechtenstein setzte sich beim Kaiser dafür ein, dass Wallenstein die Grundherrschaft für 150.000 Gulden erwerben könne, da wohl kaum ein anderer solch ein hohes Angebot abgeben werde. Die Hofkammer fand dies passend und verkaufte die Herrschaften Friedland und Reichenberg an Wallenstein als ewiges Erblehen. Wenige Wochen darauf genehmigte Ferdinand den Antrag Wallensteins, die Grundherrschaft in ein Fideikommiss umzuwandeln, und verlieh ihm den uralten Titel eines Pfalzgrafen, Wallenstein durfte seinem Namen das von Friedland hinzufügen.

Wallenstein hat sicherlich einen sehr geringen Preis für die Herrschaften bezahlt, zumal das Geld in langer Münze zu zahlen war. Ein wirkliches Unrecht konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden. Die geforderte Summe war durch die Hofkammer festgelegt und durch Wallenstein in voller Höhe bezahlt worden. Die Ursache für den geringen Preis liegt darin begründet, dass der Kaiser jeden Gulden dringend brauchen konnte. Allein für die Beteiligung Sachsens und Bayerns am böhmischen Krieg hatte Ferdinand Schulden in Höhen von knapp 20 Millionen Gulden angehäuft. Außerdem waren die Zahl der finanzkräftigen Interessenten im Vergleich zur Menge des verfügbaren Landes und somit auch der erzielbare Preis sehr gering. Hinzu kommt, dass die kaiserliche Regierung gegen die Preissteigerungen infolge der selbstausgelösten Inflation ankämpfte und somit bezüglich der geforderten Summe an der Fiktion der Gleichwertigkeit von altem und langem Gulden festhielt. Wallenstein bezahlte den Preis natürlich mit der zu dem Zeitpunkt einzig gültigen Währung, der langen Münze. Dass dies für ihn vorteilhaft war, trifft zwar zu, ist aber kein Grund, es ihm vorzuwerfen, wie es noch heute von vielen Historikern geschieht. Hellmut Diwald über diese Vorwürfe:

    „Man kann nur staunen über die hilfsschülerhafte Vorstellung, daß der österreichische Fiskus von einem Grundstückskäufer Hunderttausende von Gulden in einer Münze entgegengenommen haben könnte, die der gleiche Fiskus soeben für ungültig erklärt hat.“

    – nach Diwald[19]

Als später wieder Münzen mit höherem Feingehalt an Silber geprägt und die langen Münzen für ungültig erklärt wurden, bezahlte Wallenstein von diesem Zeitpunkt ab selbstverständlich mit Münzen mit höherem Feingehalt, obwohl das diesmal für ihn nicht vorteilhaft war und manch anderer sich darauf berufen hätte, mit der vorigen Münze zu bezahlen: Nicht nur in diesem Fall legte er aber Wert darauf, stets korrekt zu handeln.

Festzuhalten bleibt trotzdem, dass Wallenstein die einmalige Chance, in Böhmen eine Landesherrschaft zu erwerben, kaltblütig und nüchtern ergriff. Im Unterschied zu Liechtenstein, Eggenberg, dem kaiserlichen General de Marradas, dem Obersthofmeister Trauttmannsdorff und vielen anderen, denen der Kaiser erhebliche Summen schuldete, erhielt Wallenstein nicht ein Stückchen Land geschenkt. Nach einigen Käufen und Verkäufen von Gütern besaß Wallenstein ein geschlossenes Herrschaftsgebiet, das Herzogtum Friedland von rund 9 000 km² zwischen Friedland im Norden und Nymburk im Süden, zwischen Mělník im Westen und Arnau im Osten. Bis 1623 verkaufte er den größten Teil seiner mährischen Besitztümer, und 1625 auch den Rest. Bis Ende 1624 soll Wallenstein Güter im Werte von 4,6 Millionen[20] erworben haben. Einen Großteil dieser Grundherrschaften verkaufte er nach kurzer Zeit wieder, und zwar mit erheblichen Gewinnen. Übrig bleibt demnach eine Summe von rund 1,86 Millionen Gulden, für die er Land in Böhmen erwarb.

Isabella, geb. Gräfin Harrach, Herzogin von Friedland

Der neue böhmische Grundbesitzer heiratete am 9. Juni 1623 erneut. Zu seiner zweiten Frau erwählte er die 22-jährige Isabella, die Tochter des Freiherrn Karl von Harrach zu Bruck an der Leitha, kaiserlicher Minister, Berater und Mitglied im Hofkriegsrat. Durch diese Heirat öffneten sich für Wallenstein alle Türen am Hofe. Neben den politischen Gründen für die Heirat muss es seitens Isabellas so etwas wie Liebe und Zuneigung zu Wallenstein gegeben haben, was Wallenstein wohl nicht unerwidert ließ. Dies belegen zahlreiche Briefe Isabellas an Wallenstein, in denen sie Sehnsucht und Freude über ein zukünftiges Wiedersehen mit Wallenstein äußert und echte Anteilnahme erkennbar wird, wenn die Krankheit ihn wieder an das Bett fesselte oder ihm Schmerzen in den Beinen bereitete.

Eigentlich hätte der Krieg 1622 oder 1623 beendet sein können: Die böhmischen Rebellen waren besiegt, der Kriegsunternehmer von Mansfeld war Tilly in der Schlacht bei Wimpfen unterlegen, und Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, genannt der tolle Halberstädter, hatte die Schlacht bei Höchst 1622 und danach die Schlacht bei Stadtlohn Ende Juli 1623 verloren. Die Pfalz war seit Ende 1622 durch Spanien und Bayern besetzt. Der Krieg wäre zu Ende gegangen, sofern nur noch einige wenige Zusatzbedingungen erfüllt gewesen wären. So hätte Friedrich V. sich Ferdinand unterwerfen müssen, und eines der wichtigsten Motive zur Fortsetzung des Krieges wäre entfallen. Ebenso war der Griff Maximilians I. von Bayern nach der pfälzischen Kurwürde, die ihm am 23. Februar 1623 durch Ferdinand verliehen wurde, ein willkommener Grund für die Fortsetzung des Krieges durch die protestantische Partei.

Bereits am 3. Juni 1623 hatte Ferdinand II. Wallenstein zum Generalwachtmeister und General Caraffa zum Oberkommandierenden des kaiserlichen Heeres ernannt. Die meisten böhmischen Regimenter waren im Reich bei den Truppen der katholischen Liga des Generals Tilly, als Ende August 1623 Gabor Bethlen mit 50 000 Mann erneut in Oberungarn einfiel. Gerade einmal 7 500 bis 9 000 schlecht versorgte und ausgerüstete Soldaten konnten seitens des Kaisers gegen ihn aufgebracht werden. Zuvor hielt der Hofkriegsrat Werbungen neuer Truppen nicht für notwendig.

Wallenstein dagegen fing sofort an, auf eigene Faust Truppen zu werben und für sie Ausrüstung und Waffen zu kaufen, nachdem er vom Angriff Bethlens erfahren hatte. Der Kaiser erkannte die Initiative seines Feldherrn in Böhmen dankbar an. Angesichts der Bedrohung durch den Siebenbürger müssten ohnehin alle anderen Dinge zurückstehen. Ein Regiment unter Colallto wurde eilends aus dem Reich wieder nach Böhmen beordert.

Wenige Tage später, am 3. September 1623, wurde Wallenstein von Ferdinand in den ersehnten Reichsfürstenstand erhoben. Ob die Erhöhung in direktem Zusammenhang mit den Truppenwerbungen stand, ist nicht bekannt. Er durfte sich ab sofort Von Gottes Gnaden vor seinen Namen setzen, und ihm kam die Anrede Euer Liebden oder Euer Fürstlichen Gnaden zu. Die alten Fürsten des Reiches, insbesondere die Kurfürsten, waren verärgert ob dieser Standeserhöhung und verweigerten teilweise die dem Fürsten gebührenden Anreden. Wallenstein, empfindlich in solchen Fragen, beklagte sich daraufhin, dass ihm nicht der ihm gebührende Respekt gezollt werde. Neid und Ärger rief die Erhöhung aber auch bei seinen ehemaligen Standesgenossen hervor, so z. B. bei seinem Vetter Adam von Waldstein. Als Wahlspruch wählte Wallenstein: Invita Invidia (Dem Neide zum Trotz).

Im September zog das kleine Heer unter Caraffa von Böhmen in Richtung Preßburg, um Wien zu schützen. Es kam aber aufgrund wiederholter Angriffe der leichten Reiterei Bethlens nicht weiter als bis Göding am rechten Ufer der March. Am 28. Oktober wurde beschlossen, dass Wallenstein sich mit den Fußtruppen in Göding verschanzen und Caraffa zusammen mit Marradas mit der Kavallerie nach Kremsier weiterziehen solle. Die Lage Gödings war zwar günstig, aber die Versorgungslage schrecklich. Das gesamte Gebiet war durch die Truppen Bethlens bereits verheert und ohne Lebensmittel. Nach Meinung Wallensteins konnte sich Göding nur acht bis zehn Tage halten. In einem Brief an seinen Schwiegervater schrieb Wallenstein, dass die versprochenen 6 000 Mann aus Polen unbedingt eintreffen müssten.

    „[Denn] kommen die Polacken unterdessen, so haben wir’s gewonnen, wo nicht, weiß ich nicht, wie’s gehen wirdt, drumb bitt ich, man feier nicht und wenn Erzbischof Dietrichstein oder sonsten jemand was vorplodert [Unsinn reden], daß man’s nicht glaubt, denn bis dato stehen unsere Sachen gar nicht wohl.“

    – nach Diwald[21]

Sie kamen aber nie. Am 30. Oktober war Göding durch 40 000 Mann komplett eingeschlossen. Allerdings hatte Bethlen keine Artillerie, so dass er versuchte, Göding auszuhungern. Da die Truppen Gabor Bethlens aber genauso Hunger litten und der erhoffte Durchbruch der Truppen unter Christian von Anhalt nach Böhmen und Mähren aufgrund der Niederlage gegen Tilly nicht erfolgte, wurde am 19. November 1623 ein Waffenstillstand mit dem Kaiser geschlossen. Der Kaiser hatte also in Göding Glück gehabt, denn die Wallensteinischen Truppen hatten nur noch für wenige Tage zu essen und fast keine Munition mehr.

In den drängenden Briefen, die Wallenstein während der Belagerung an Harrach, den Hofkriegsrat, schrieb, analysierte Wallenstein die Konsequenzen weiterer Verzögerungen seitens des Hofes und gab detaillierte Vorschläge für Stärke, Bewaffnung und Aufmarschpositionen neu zu werbender Truppen. Immer trieb er dabei zur Eile an und schalt alle Lügner, die die Lage rosiger malten, als sie tatsächlich war. Dabei verlor er allerdings die Leiden seiner Soldaten nie aus den Augen und schilderte diese ebenfalls in den Briefen an den Hofkriegsrat. Diwald urteilt über Wallenstein, er habe in dieser Zeit einen außerordentlichen strategischen Überblick bewiesen und sei in der Lage gewesen, die Situation klar und nüchtern zu beurteilen. Auch wenn Wallenstein die Lage vielleicht düsterer sah, als sie tatsächlich war, hasste er doch die Neigung des kaiserlichen Hofes, das Heer aus finanziellen Gründen verfallen zu lassen, und äußerte dies wenig verklausuliert.

Erstes Generalat

Ernennung

1624 konnte sich Wallenstein fast ausschließlich um sein neues Fürstentum kümmern und baute dies innerhalb eines Jahres zu einem leistungsfähigen und blühenden Land aus. Wallenstein entwickelte von seinem Amtssitz Prag aus einen fast hektisch zu nennenden Eifer in seiner Herrschaft die geplanten Projekte, wie Gründung eines Jesuitenkollegs, einer Schule, einer Universität, ja sogar eines Bistums voranzubringen. Wallenstein entfachte eine gewaltige Bautätigkeit, reorganisierte die Landesverwaltung und die kameralistischen Angelegenheiten, verbesserte die Rechtspflege und gab dem Fürstentum eine neue Landesverfassung. Er interessierte sich für jedes noch so kleine Detail seines Landes. Als Statthalter in Friedland hatte Wallenstein mit Gerhard von Taxis einen Offizier der kaiserlichen Truppen eingesetzt, den er seit 1600 kannte und wegen seines Organisationstalentes schätzte. Am 12. März 1624 erhob Ferdinand den Besitz Wallensteins in den Rang eines selbständigen Fürstentums und eines Erblehens, der Titel war nun also an das Fürstentum gebunden und nicht mehr allein an die Person Wallenstein.

Inzwischen hatte sich im Norden des Reiches eine neue Bedrohung für den Kaiser und die Liga ergeben. Im Laufe des Jahres 1624 wurde eine große Koalition aus Frankreich, England, Dänemark und den Generalstaaten geschlossen, vorgeblich um die deutschen Fürsten gegen den Kaiser in ihre alten Rechte einzusetzen. Hauptsächlich war die Koalition aber gegen Spanien und die Habsburger gerichtet. Außerdem wollte König Christian IV. von Dänemark für seinen Sohn die Administration der Bistümer Münster und Halberstadt erreichen. Da Christian als Herzog von Holstein auch gleichzeitig die Reichsstandschaft besaß und Mitglied des Niedersächsischen Reichskreises war, ließ er sich im Frühjahr 1625 auf den vakanten Posten des Kreisobersten wählen. Der Kreistag beschloss auf Drängen Christians trotz des Friedens im Reich zur Verstärkung der allgemeinen Verteidigungsfähigkeit eigene Truppen zu werben. Damit konnten die dänischen Truppen als Kreisarmee ausgegeben werden und in den Reichskreis einmarschieren. Mitte Juni 1625 überquerten Christians Truppen die Elbe und im Juli in Hameln die Weser und marschierten damit in kreisfremdes Gebiet ein. Bei Höxter traf Christian auf Truppen Tillys, der dem Dänenkönig aus seinem Hauptquartier in Hersfeld entgegengezogen war. Zur gleichen Zeit zog Ernst von Mansfeld, diesmal in englischen Diensten, mit 5000 Mann aus den Niederlanden heran. Der Krieg setzte sich somit nach einer kurzen Atempause als gesamteuropäischer Konflikt fort.

Im gesamten Jahr 1624 und im ersten Halbjahr 1625 hatte der Kaiser die Anzahl seiner Regimenter aus Geldnot drastisch reduzieren müssen. Die wenigen vorhandenen Regimenter besaßen weit weniger Männer, als ihre Sollstärke auswies. Deshalb appellierte der bayerische Herzog an den Kaiser, neue Werbungen durchzuführen und wenigstens die vorhandenen Regimenter wieder kampffähig zu machen. Aus Geldmangel lehnte Ferdinand das Ansinnen aber ab. Im Februar 1625 waren die Rüstungen des kaiserlichen Hofes auf einem Tiefpunkt angekommen. In dieser Situation erschien Wallenstein im Januar 1625 am Wiener Hof und unterbreitete dem Kaiser das Angebot, innerhalb kürzester Zeit, ohne Verzögerung und auf eigene Kosten eine Armee mit 20 000 Mann aufzustellen, 15 000 Mann zu Fuß und 5 000 zu Pferd. Auf die ungläubige Frage, ob er denn in der Lage sei, 20 000 Mann zu unterhalten, antwortete Wallenstein: 20 000 nicht, wohl aber 50 000.

Nach monatelangen Verhandlungen in Wien ließ Ferdinand II. am 7. April 1625 ein Ernennungsdekret für Wallenstein ausstellen. In diesem Dekret wurde Wallenstein zum Führer und Haupt aller kaiserlichen Truppen im Reich ernannt, allerdings ohne das Recht, dieses Heer auch aufzustellen. Nach weiteren Verhandlungen und Gesprächen mit dem weiterhin zögerlichen Hofkriegsrat, insbesondere mit dessen Präsidenten Graf Rambold Collalto, erhielt Wallenstein am 13. Juni die Direktiven für die Kriegsführung. Diese waren insofern von politischer Bedeutung, als Ferdinand dem bayerischen Kurfürsten Maximilian, dem Anführer der katholischen Liga, im Vertrag von 1619 zugestanden hatte, dass eine kaiserliche Armee dem ligistischen Heer nur assistieren werde. Die Kompetenzen, die Wallenstein erhielt, und seine Erhöhung zum Herzog von Friedland am gleichen Tag widersprachen aber dem Geist dieses Vertrages, denn Wallenstein wurde damit über alle ligistischen Generale erhöht. Und sieht man vom Kurfürstentitel Maximilians ab, stand Wallenstein auch mit diesem in nahezu gleichem Rang. Eine Unterordnung Wallensteins unter die ligistische Führung war damit praktisch ausgeschlossen. Friedrich Schiller in seinem Geschichtswerk Geschichte des 30-jährigen Kriegs über die Zeit von Januar bis Juni 1625:

    „Niemand war, der diesen Vorschlag nicht als die schimärische Geburt eines brausenden Kopfes verlachte – aber der Versuch war noch immer reichlich belohnt, wenn auch nur ein Theil des Versprechens erfüllt würde.“

    – Friedrich Schiller[22]

Von diesem Augenblick an steigerte Wallenstein das Tempo der Rüstungen, die er bereits vor seiner offiziellen Ernennung begonnen hatte, auf das Äußerste. Am 27. Juni unterschrieb der Kaiser das Dekret, dass Wallenstein ein Heer von 24 000 Mann aufstellen solle. Darin betonte der Kaiser, die Waffen seien ihm von seinen Gegnern in die Hand gedrückt worden. Er führe sie nur zur

    „Wiederbringung des allgemeinen hochnotwendigen Friedens, zur Erhaltung Unserer kaiserlichen Hoheit, Rechte und Gerechtigkeit, Schutz und Defendierung der Reichskonstitutionen, Satzungen und Rechten.“

    – nach Diwald[23]

Ausdrücklich erhielt Wallenstein die Auflage, die protestantischen Stände, die weiterhin kaisertreu seien, zu verschonen. Jeglicher Eindruck, dass aufgrund der Religion zu den Waffen gegriffen wurde, sollte wie schon zuvor vermieden werden. Gegen die halsstarrigen Feinde sollten aber die militärischen Mittel ihr Recht erhalten. Weiterhin solle unter den Soldaten strenge Disziplin gehalten werden, da der Krieg sonst nichts anderes als Räuberei sei. Auch wurde Wallenstein anempfohlen, den guten Rat des ligistischen Generals Tilly zu suchen, wenn Wallenstein dies als vorteilhaft empfinde und es zum Nutzen des Kaisers sei. Wallenstein erhielt damit praktisch einen Freibrief für eigenständige Kriegsführung unabhängig von der Liga. Ferdinand tat dies aber weniger für Wallenstein als für die Autorität und Entscheidungsfreiheit des Kaisers im Reich.

Der Krieg ernährt den Krieg

Wallenstein hatte sicherlich die finanziellen Mittel, um solch eine Armee aufzustellen. Trotzdem stellte sich die Frage, wie diese Armee, erst recht, wenn sie auf 50 000 Mann anwüchse, ernährt und erhalten werden und wie der Sold bezahlt werden sollte. Wallenstein selbst streckte an Mitteln für Werbung und Unterhalt vor, was er selbst aufbringen konnte oder was ihm Hans de Witte im Vertrauen auf kaiserliche Rückzahlungen lieh. Für den regelmäßigen Unterhalt aber forderte Wallenstein, das bisher bekannte System der Kontributionen als Strafzahlungen besetzter Gebiete radikal zu ändern: Ab sofort sollten die Kontributionen als regelmäßige Kriegssteuer von allen Reichsständen, inklusive der Erbländer und Reichsstädte, erhoben werden.

Aufgrund der leeren kaiserlichen Kassen wurde sein Vorschlag schnell akzeptiert und im Dekret vom 27. Juni niedergelegt. Die Abgaben sollten aber nur so hoch sein, dass das Heer unterhalten werden könne. Sie waren kein Freibrief für Raub und Bereicherung. Wallenstein war sich bewusst, dass sein Kontributionssystem dauerhaft nur funktionieren konnte, wenn eine wirtschaftliche Schwächung der Zahlenden vermieden und man mit Rücksicht vorgehen würde. Voraussetzung war ebenso, dass die Truppenführer, allen voran er selbst, harte Disziplin im Heer hielten und ihren Söldnern Plünderungen streng untersagten.

Die ersten Kontributionen wurden in den kaiserlichen Erblanden erhoben. Hierfür war die kaiserliche Hofkammer zuständig. Für die Kontributionen aus dem Reich und seinem eigenen Herzogtum sorgte Wallenstein.

Schlacht bei Dessau

Bis Ende Juli 1625 waren die Werbungen von 14 neuen Regimentern weitestgehend beendet. Hinzu kamen fünf Regimenter in Böhmen und zehn Regimenter, die von Ungarn bis ins Elsass verstreut waren und ebenfalls dem Oberbefehl Wallensteins unterstellt wurden. Die Hauptaufgaben bei der Musterung übernahm der Oberst-Muster-Zahlungs- und Quartiercommissarius Johann von Aldringen. Aldringen legte die Musterungsreviere und -plätze fest, meist Reichsstädte, die sich nur mit hohen Zahlungen von der lästigen Pflicht loskaufen konnten, und sorgte dafür, dass in nur vier Monaten bis Juli 1625 ein komplettes Heer mit über 50.000 Mann bei Eger zur Verfügung stand. Im August begann Wallenstein mit seiner neuen Armee ins Reich zu ziehen. Bis Ende September gelangte sie nach Göttingen, und Wallenstein traf sich am 13. Oktober südlich von Hannover mit Tilly, der die Monate zuvor den Dänenkönig Christian wieder in den niedersächsischen Reichskreis zurückdrängen konnte. Eine Belagerung der Stadt Nienburg an der Weser misslang Tilly jedoch, so dass er Wallenstein entgegenzog. Hier einigte man sich, dass Wallenstein Winterquartier in den Bistümern Magdeburg und Halberstadt nehmen und Tilly in der Gegend von Hildesheim und Braunschweig bleiben sollte. Dem Vorrücken Christians zu den Bistümern, die er für seinen Sohn gewinnen wollte, war damit vorerst Einhalt geboten worden.

Im Herbst 1625 und Winter 1625/26 wurden Verhandlungen zwischen den niedersächsischen Ständen und den kaiserlichen Generalen geführt, während Christian mit englischer und niederländischer Hilfe sein Heer auf 38.000 Mann aufstocken konnte. Nach vier Monaten brach Christian die ergebnislosen Verhandlungen am 8. März 1626 ab. Indessen blieb der Kriegsschauplatz frei von größeren Scharmützeln – lediglich einzelne Regimenter nutzten die Zeit, um sich in eine strategisch bessere Position zu bringen. Die meisten Truppen harrten jedoch in ihren Winterquartieren aus.

Bereits im Januar 1626 hatten Wallensteins Truppen starke Positionen an der Mittelelbe bezogen. Zwei Regimenter unter Aldringen und Collalto waren in Anhalt eingerückt und hatten Dessau und die Elbbrücke bei Roßlau besetzt, die mit starken Befestigungen versehen wurde. Wallenstein selbst verblieb in seinem Hauptquartier in Aschersleben und leitete die Werbungen, die ihm vom Kaiser genehmigt worden waren, um die Größe des Heeres auf 60.000 Mann zu verdoppeln.

Nach dem Abbruch der Verhandlungen begann Mansfeld mit seinen Truppen in Richtung Süden zu ziehen, um nach Schlesien zu gelangen. Dort wollte er sich mit Gabor Bethlen vereinigen, der erneut in Oberungarn eingefallen war. Die Truppen unter dem dänischen General Fuchss, die das Mansfeldische Heer unterstützten sollten, wurden am Anfang April von Wallenstein in zwei Reitergefechten geschlagen, so dass sich Fuchss zurückziehen musste. Mansfeld, der mittlerweile Burg bei Magdeburg besetzt hatte, war nun ohne dänische Unterstützung und wollte den Übergang über die Elbe erzwingen. Nachdem er mehrere Tage vergeblich versuchte hatte, den von Aldringens Truppen gehaltenen Brückenkopf zu erobern, wurde er am 25. April 1626 in der Schlacht an der Dessauer Brücke durch die herbeigeeilten Truppen Wallensteins vernichtend geschlagen. Die von Mansfeld eroberten Städte wurden besetzt und teilweise geplündert. Die Flucht des Grafen endete erst in Brandenburg. Doch Wallenstein folgte ihm nicht.

Der Sieg über Mansfeld war der erste militärisch wichtige Erfolg Wallensteins und fiel in eine Phase verstärkter Spannungen mit dem Wiener Hof. Er festigte vorübergehend die Stellung Wallensteins und seiner Anhänger, auch wenn heftige Kritik geübt wurde, dass er Mansfeld nicht bis zur endgültigen Vernichtung verfolgt hatte.

Zug nach Ungarn

Wallenstein beobachtete die Wiederaufrüstung Mansfelds, konzentrierte sich aber zunächst auf die Abwehr eines vermuteten Angriffs des Hauptheeres des dänischen Königs, ergriff jedoch seinerseits keine offensiven Aktionen. Dies begründete er mit einem Mangel an Verpflegung und Geld für die Besoldung. Die ausstehenden Gelder in Höhe von 100.000 Gulden waren auch die Hauptursache für die Spannungen mit dem Wiener Hof. Schon im Herbst des Vorjahres trafen die versprochenen Soldzahlungen meist unpünktlich und nicht in ausreichender Höhe bei Wallenstein ein. Hinzu kamen ausbleibende Lieferungen von Lebensmitteln. Im Herbst und Winter hatte Wallenstein aus eigener Tasche Sold vorgeschossen und aus seinem Herzogtum für die Verpflegung der Truppe gesorgt. Persönliche Spannungen mit Collalto verschärften die Lage und führten zu einer langanhaltenden Feindschaft.

Im Juni 1626 vereinbarte Wallenstein mit Tilly, dass sie ihre Heere vereinigen und die Elbe entlang nach Norden ziehen sollten, um Christian anzugreifen. Doch Wallenstein wartete vergebens auf Tilly, der die Vereinbarung brach und stattdessen Göttingen belagerte. Im Juli wurde die finanzielle Situation des Heeres so dramatisch, dass Wallenstein sogar erwog seinen Befehl niederzulegen.

Die Nachricht, dass Mansfeld mit seinen erholten und neu geworbenen Truppen nach Schlesien aufbrechen wollte, um sich dort mit Gabor Bethlen zu vereinigen, überraschte Wallenstein nicht, da er mehrfach beim brandenburgischen Kurfürsten Georg Wilhelm energisch insistiert hatte, dass dieser die Neuformierung der Mansfeldischen Truppen nicht zulassen möge. Außerdem war er durch seine Spione genau über die Absichten Mansfelds informiert. Dementsprechend reagierte Wallenstein sehr schnell auf die neue Bedrohung der 20.000 Mann unter Mansfelds Kommando. Noch am 13. Juli wartete Wallenstein auf Tilly für den gemeinsamen Zug nach Norden und bereits am 16. Juli war er entschlossen Mansfeld zu verfolgen.

Am 21. Juli hatte Mansfeld Schlesien erreicht, und ein Wallensteinisches Kroatisches Reiterkorps von 6000 Mann traf kurz darauf dort ein. Nur der Abmarsch der Hauptstreitmacht Wallensteins, die in der Lage gewesen wäre Mansfeld zu schlagen, verzögerte sich durch Bedenken Tillys und des bayerischen Kurfürsten. Zudem forderten sie, Wallenstein solle einen großen Teil seiner Truppen zur Unterstützung der ligistischen Truppen zurücklassen. Wallenstein stand vor einem Dilemma, blieb er in Norddeutschland, setzte er die Erblande einer großen Gefahr aus. Eilte er hingegen hinter Mansfeld hinterher, könnte Christian nach Süden vorrücken. Der kaiserliche Hofrat half bei der Entscheidung nicht und wälzte die gesamte Verantwortung auf Wallenstein ab. Zudem führte das Verlangen des Hofrates, dass Wallenstein Mansfeld im Reich schlagen solle, obwohl dieser längst in Schlesien stand, bei Wallenstein zu einem Tobsuchtsanfall.

Am 27. Juli entschloss sich Wallenstein zur Verfolgung Mansfelds, der mittlerweile Glogau erreicht hatte, und setzte sein Heer am 8. August in Marsch. Kurz zuvor hatte sich der Kaiser doch dazu entschlossen die Verfolgung Mansfelds zu billigen. Mit nur 14.000 Mann eilte Wallenstein – er hatte sein Heer geteilt und Truppen unter Herzog Georg von Lüneburg zurückgelassen – in für die Zeit einmaliger Geschwindigkeit in Richtung Schlesien und Ungarn und überschritt bereits am 6. September die ungarisch-mährische Grenze. In nur 30 Tagen hatte sein Heer eine Strecke von mehr als 800 Kilometern zurückgelegt. Wallenstein in einem Brief an Harrach während des Marsches:

    Ich versichere ihn, daß keine Armee nie so stark marschiert hat als diese.[25]

Mansfeld war unterdessen auch in Richtung Ungarn weitergezogen, da sich Gabor mit seinen türkischen Hilfstruppen den Berichten nach noch in Siebenbürgen aufhalten sollte und eine Vereinigung der Heere in Schlesien damit aussichtslos geworden war. Mansfeld sah daraufhin keine Chance mehr die beiden Heere zu vereinigen und unternahm auch keinerlei Versuche dazu. Wallenstein schlug am 9. September in der westlichen Slowakei bei Neuhäusel ein Lager auf, um den ermüdeten und stark dezimierten Truppen eine Erholungspause zu ermöglichen. Unterwegs waren von Wallensteins Truppen 3000 Mann durch Krankheit, Erschöpfung und Hunger gestorben. Am Rastort gab es, trotz der Zusage des Hofkriegsrates, keinerlei Lebensmittel und Vorräte für das Heer, so dass Wallenstein eine Meuterei befürchtete und dies auch wutentbrannt nach Wien meldete. Um wenigstens die notwendigste Versorgung seiner Truppen aufrechtzuerhalten, ließ Wallenstein in seinem eigenen Herzogtum alle rückständigen Zahlungen einziehen und bestellte 31.000 Sack Getreide bei seinem Landeshauptmann. Ebenso ließ er Ausrüstung und Munition auf eigene Kosten heranschaffen.

Am 18. September brach Wallenstein wieder auf und marschierte auf das belagerte Neograd zu, worauf sich die Belagerer sofort zurückzogen. Am 30. September trafen die Wallensteinische und die siebenbürgische Armee aufeinander. Bethlen bot sofort einen Waffenstillstand an und zog sich in der darauffolgenden Nacht heimlich zurück, ohne sich auf eine Schlacht mit Wallenstein einzulassen.

Auf Anraten seines Kriegsrates verfolgte Wallenstein das Heer Gabor Bethlens nicht, sondern kehrte ins Lager bei Neuhäusel zurück. In den folgenden Wochen begnügten sich beide Seiten mit Truppenverschiebungen, Besetzungen und Belagerungen befestigter Orte, ohne dass es zu einer entscheidenden Schlacht kam. Währenddessen wurde die Versorgungslage immer dramatischer. Das Heer Wallensteins ernährte sich mangels Brot von unreifen Feldfrüchten, was zu einer ruhrähnlichen Epidemie führte. Für Wallenstein bestätigte sich seine ursprüngliche Auffassung, dass ein ungarischer Feldzug unsinnig sei, solange die Macht des Kaisers im Reich nicht entscheidend gefestigt worden war.

Mansfeld, der nicht mehr entscheidend eingreifen konnte und ebenfalls durch Hunger und Erschöpfung einen großen Teil seiner Männer eingebüßt hatte, überließ die Reste seiner Truppen gegen eine Abfindung Gabor Bethlen und versuchte sich nach Venedig durchzuschlagen, um dort neue Truppen zu werben. Am 5. November 1626 brach der erschöpfte, ausgemergelte und kranke Graf von Gran aus mit einer kleinen Einheit Soldaten auf und starb am 30. November in der Nähe Sarajevos. Der Legende nach soll Mansfeld auf sein Schwert gestützt und von seinen Gefährten unter den Achseln gehalten im Stehen gestorben sein.

Am 20. Dezember 1626 schlossen Gabor Bethlen und der Kaiser den Frieden von Preßburg. Einen Tag zuvor war die kaiserliche Armee ins Winterquartier aufgebrochen. Bis dahin hatte sich der Zustand des Heeres weiter verschlimmert. Und weiterhin bewiesen der kaiserliche Hof und die ungarischen Behörden ihre Unfähigkeit, die Versorgung der Armee zu sichern. Auf dem Weg in die Quartiere starben nochmals 2000 Soldaten an Erschöpfung oder erfroren. In den Wochen bis zum Friedensvertrag verschlechterten sich Wallensteins Beziehungen zum Hof rapide und er resümierte den Feldzug bitter:

    Diese Armee denkt man nicht, daß sie noch einmal nach Ungarn wird zu bringen sein, denn dieses Schelmenland ist nicht wert, daß so viele ehrliche Leute malamente dahie aus Not haben sterben müssen.[26]

Wallenstein war während dieses seltsamen Feldzuges nach Ungarn klar geworden, dass die Zusammenarbeit mit dem Hofkriegsrat keine ausreichende Basis für eine effiziente Kriegsführung war. Er hatte zwar schon zuvor versucht, die Reden und das Geschwätz am Wiener Hof zu ignorieren, da dies jedem geschehe, der eine kaiserliche Armee kommandiere. Trotzdem war er fest entschlossen, sein Kommando niederzulegen.

Brucker Konferenz

Sein Schwiegervater Harrach versuchte Wallenstein zu beschwichtigen und bat ihn die Entscheidung bis zu einer mündlichen Unterredung aufzuschieben. Diese fand am 25. und 26. November 1626 in Bruck an der Leitha auf den Harrachschen Familiengütern statt. Harrach wurde von Fürst Eggenberg nach Bruck begleitet. Die Unterredungen zwischen Wallenstein und den Hofräten fanden in einer Situation statt, in der die kaiserliche Macht im Reich fast auf ihrem Höhepunkt während des gesamten Krieges angekommen war. Die von Wallenstein für Tilly bereitgestellten Truppen hatten entscheidend dazu beigetragen, dass dem dänischen König in der Schlacht bei Lutter am 27. August 1626 eine wichtige Niederlage beigebracht worden war. Und im Südosten war das Heer Mansfeld zerstreut worden. Dessen Führer war tot, und der siebenbürgische Fürst hatte sich zurückziehen müssen.

Von der Konferenz existiert kein offizielles Dokument, das die besprochenen Punkte festhält. Ein Bericht in italienischer Sprache, der später auch in Deutsch publiziert wurde, war anonym verfasst worden und für Kurfürst Maximilian von Bayern bestimmt. Golo Mann und Hellmut Diwald vermuten, dass der Verfasser aus dem unmittelbaren Umfeld Harrachs, Eggenbergs oder des Wiener Hofes stammen müsse. Moriz Richter und später Golo Mann meinen den Sekretär Harrachs, den Kapuziner Valerian von Magnis, als Verfasser identifizieren zu können[27]. Dieser Bericht brachte den Kurfürsten und die katholische Liga zum Schäumen, da offenbar nur die Vereinbarungen erwähnt wurden, die Wallenstein als Feind der Liga und der Reichsfürsten erscheinen lassen mussten. So sollte dem Bericht zufolge der Krieg von den kaiserlichen Erbländern ferngehalten werden. In das Reich aber sollte ein so großes Heer gelegt werden, daß es der Schrecken von ganz Europa wäre.[28] Auch sollten nun ebenfalls die katholischen Länder zu Kontributionen, wenigstens aber zur Quartierpflicht herangezogen werden. Der Bericht schildert die Aufgabe der Armee Wallensteins als reine Defensivarmee, die nur die Reichsstände bedrücken und diesen durch Drangsalierung jede Kriegslust nehmen sollte. Maximilian fand seine schlimmsten Befürchtungen über Wallenstein bestätigt. Auf einem Ligatag am 21. Februar 1627 war dieser Bericht der Haupttagesordnungspunkt, und die Teilnehmer verfassten eine Protestnote an den Kaiser. Erklärtes Ziel der versammelten Fürsten war es seitdem, Wallenstein abzusetzen und sein Heer abzurüsten oder mit dem ligistischen zu vereinen.

Die Verhandlungen drehten sich aber vorrangig um die Bedingungen, unter denen Wallenstein bereit war, sein Kommando aufrechtzuerhalten. Einige der mündlichen Absprachen wurden erst im April 1628 durch den Kaiser schriftlich niedergelegt, auch wenn Wallenstein die betreffenden Rechte bereits seit der Konferenz wahrnahm. Folgende Punkte wurden vereinbart:

  1. Einräumung des Quartiersrechts in den habsburgischen Erblanden zur Erneuerung der Armee
  2. Zumessung der Kontributionen aus Böhmen direkt an Wallenstein ohne Einschaltung der kaiserlichen Finanzverwaltung, da sonst zu viele Gelder versickern würden. Wallenstein würde im Gegenzug, wie bisher auch, jeden einzelnen Heller und Pfennig direkt gegenüber dem Reichshofrat abrechnen.
  3. Vergrößerung der Armee auf 70.000 Mann.

Der letzte Punkt der Vereinbarung war Wallensteins größter Erfolg bei den Verhandlungen, da er durch die Reichsstände insbesondere im Hinblick auf die Größe seine Armee heftigst angefeindet worden war, dass er die Armee bereits über die tatsächliche Notwendigkeit vergrößert habe und nur die teutsche Liberalität unterdrücken wolle. Weiterhin stellte Wallenstein seine Kriegsziele für das Jahr 1627 vor. Demnach sollte Schlesien befreit werden und der Krieg in den Norden verlagert werden, um den dänischen König zu vertreiben. Außerdem gelang es Wallenstein, zusätzliche Rechte bei der Ernennung seiner Offiziere zu erlangen.

Niedersächsisch-Dänischer Krieg

Nach der Niederlage in der Schlacht bei Lutter war der dänische König Christian eifrig bemüht, seine Truppen wieder in eine kampffähige Stärke zu bringen. Dies gelang ihm erst im April 1627, als sein Heer auch durch französische und englische Hilfe wieder auf 13.000 Mann angewachsen war. Ebenso war auch Wallenstein bemüht, das kaiserliche Heer wiederherzustellen. Er war im Januar 1627 mit seiner Frau Isabella und seiner im Mai oder Anfang Juni geborenen Tochter nach Jitschin zurückgekehrt und organisierte von dort aus den Neuaufbau des Heeres.

In dieser Zeit musste Wallenstein aber auch gegen die ligistischen Proteste ankämpfen, die ihm die vom Kaiser genehmigten Neuwerbungen vorwarfen und ihn beschuldigten, er wolle die Kurfürsten ihres Vorranges und ihrer Macht berauben. Im Frühjahr des Jahres 1627 liefen in Wien Klagen über vermeintliche oder tatsächliche Vergehen der kaiserlichen Truppen und über die Last der Kontributionen ein. Wallenstein versuchte zwar zu beschwichtigen, hatte aber insbesondere bei den mährischen Ständen und bei Maximilian von Bayern wenig Erfolg damit. Eine Einladung zu einer vom Kaiser einberufenen Konferenz vor den Feldzügen des Sommers nahm Wallenstein auch nur widerwillig an, über die Ergebnisse konnte er aber zufrieden sein, da ihm abermals die Zustimmung des Kaisers zum Aufbau einer großen Streitmacht gegeben wurde.

Zuerst wollte Wallenstein die dänische Besetzung Schlesiens beenden. In den Städten befanden sich Besatzungen, die während des Durchzugs von Mansfeld zurückgelassen wurden, und im Januar stießen Reste der Mansfeldischen Armee dazu. Durch Neuwerbungen aufgefüllt, standen etwa 14.000 Mann unter dänischem Kommando in Schlesien. Trotzdem befand sich die kleine Armee im Juni 1627 in einer hoffnungslosen Lage, Bethlen konnte nicht mehr helfen, und auch der dänische König war nicht in der Lage, Entsatz zu schicken; da seine Truppen durch Tilly im Reich gebunden waren, zog die Truppen aus Schlesien aber auch nicht ab.

Am 10. Juni 1627 traf Wallenstein mit großem Pomp und prunkvoller Begleitung in Neiße ein, wo 40.000 Mann seiner 100.000 Köpfe zählenden Armee zusammengezogen worden waren. Der Feldzug begann am 19. Juni. Da er sich nicht mit langen Belagerungen aufhalten wollte, zog er vor eine Stadt und schlug der Besatzung vor, sich zu ergeben und unter freiem Geleit abzurücken. Nur wenige Städte leisteten gegen die riesige Übermacht Widerstand, so dass bis Ende Juli Schlesien von den dänischen Truppen befreit war. Am 2. August trat das Heer den Rückmarsch nach Neiße an. Der Jubel in Wien war angesichts des raschen Sieges so groß wie schon seit langem nicht mehr.

Am 7. August brach das Wallensteinische Heer, in zwei Marschsäulen getrennt, nach Norden auf. Etwa 14.000 Mann befehligte Wallenstein selbst, zehn Regimenter Reiterei wurden von Feldmarschall Graf Schlick kommandiert. Bereits während des Feldzuges in Schlesien war eine Vorausabteilung unter Hans Georg von Arnim, einem protestantischen Obristen, der bereits in schwedischen, polnischen und Mansfeldischen Diensten gestanden hatte, in die Mark Brandenburg aufgebrochen. Arnim passierte am 13. August die Grenze nach Mecklenburg-Güstrow und drang weiter in Richtung Neubrandenburg vor. Dorthin hatte sich das dänische Hauptkontingent unter dem badischen Markgrafen Georg Friedrich zurückgezogen, lag nun aber untätig auf der Insel Poel.

Auch Wallenstein kam rasch voran, am 21. August erreichte er Cottbus, am 28. August Perleberg, am 29. August wurde die mecklenburgische Grenzfeste Dömitz genommen, und am 1. September traf er in Tillys Hauptquartier in Lauenburg an der Elbe mit diesem zusammen. Tilly war in der Zwischenzeit ebenfalls weit vorgerückt, da sich auch die anderen dänischen Verbände unter dem böhmischen Graf Heinrich Matthias von Thurn seltsam passiv verhielten und sich nach Holstein zurückgezogen hatten. Ein Friedensangebot von Tilly und Wallenstein vom 2. September an den dänischen König wurde von diesem wie erwartet aufgrund der unannehmbaren Bedingungen abgelehnt.

Auch wenn das hohe Marschtempo wie im letzten Jahr zu großen Verlusten unter den Fußsoldaten Wallensteins geführt hatte, brachen bereits am 6. September die Heere Wallensteins und Tillys nach Norden auf, um Christian endgültig zu besiegen. In kurzer Folge fielen Trittau, Pinneberg, Oldesloe, Segeberg, Rendsburg, Elmshorn und Itzehoe. Nach einer Verletzung Tillys übernahm Wallenstein den Oberbefehl über beide Heere, was insbesondere den bayerischen Kurfürsten wurmte. Die Armeen drangen schnell nach Dänemark vor, und bereits am 18. Oktober waren alle dänischen Truppen auf dem Festland vernichtet, was Wallenstein stolz dem Kaiser meldete. Christian selbst konnte sich mit einigen Begleitern auf die Insel Seeland retten. Über den atemberaubenden Sieg in nur sechs Wochen schrieb der Hofkammerpräsident am Wiener Hof:

    Der Herren Kriegsprozeß ist, sonderlich in so kurzer Zeit, so groß, daß jedermänniglich darüber stutzt und sagt: Quid est hoc?[29]

Belagerung Stralsunds

Nach dem Sieg über den dänischen König gab es Hoffnungen auf einen allgemeinen Frieden im Reich. Wallenstein warnte jedoch eindringlich davor, unannehmbare Forderungen zu stellen. Vielmehr solle ein gerechter und konstruktiver Frieden geschlossen werden, der Christian helfen würde, das Gesicht zu wahren. Zusätzlich sei dies die einmalige Chance, die vorhandene Armee gegen die Türken zu wenden und Österreich, das Reich, ja ganz Europa gegen den islamischen „Erbfeind“ zu verteidigen. Wallenstein bedrängte den Kaiser, er solle schnellstens den Frieden mit Dänemark suchen. Die Richtigkeit der Überlegungen Wallensteins, dass die Schwerpunkte der habsburgischen Politik im Südosten liegen müssten, wurde mit den Türkenkriegen des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts bitter bestätigt.

Am 19. November 1627 trafen der Kaiser Ferdinand II. und Wallenstein in Brandeis bei Prag zusammen, um über die weiteren Schritte zu beraten. Wallenstein wurden Ehren zuteil, die sonst nur den höchsten Fürsten des Reiches zukamen. Ferdinand bot Wallenstein sogar den dänischen Thron an, den dieser aber ablehnte. Wallenstein schrieb darüber an von Arnim:

    aber ich habe mich gar schön bedankt, denn ich könnte mich nicht darmit manutenieren.[30] Will unterdessen mit dem andern fürlieb nehmen, denn dies ist sicherer.[31]

Das Andere war das Herzogtum Mecklenburg, das Wallenstein, als Ausgleich für die Gelder die er dem Kaiser vorgeschossen oder geliehen hatte, als Lehen erhalten sollte.

Die Kurfürsten schickten einen Beschwerdebrief an den Kaiser, in welchem Änderungen in der kaiserlichen Heeresführung verlangt wurden, da Wallenstein alleine für die Verwüstungen und Plünderungen des kaiserlichen Heeres verantwortlich sei. In einem geheimen Gutachten an Maximilian, das Wallenstein erneut scharf angriff, wurde dieser zudem des Hochverrats beschuldigt, da er sich der Kaiserkrone bemächtigen und das Reich in absolute Monarchie umwandeln wolle.

Ferdinand beantwortete das Schreiben der Kurfürsten kühl und knapp, dass man für bessere Disziplin im Heer sorgen werde. Noch war Ferdinand unempfindlich gegenüber den hasserfüllten Anschuldigen der Reichsfürsten gegen den Mann, der ihm alle seine Hoffnungen und Wünsche erfüllt hatte. Wallenstein selbst verwies auf drakonische Strafen gegenüber Plünderern und Mördern, als Ausdruck seines Willens, auf Disziplin zu achten. Er ließ sogar adlige Offiziere hinrichten, die es zu sehr auf die Spitze getrieben hatten, erinnerte den Kaiser aber daran, dass sein Heer nur durch pünktliche Soldzahlungen im Zaum gehalten werden könne, denn die Zahlungsrückstände der Hofkammer waren zu diesem Zeitpunkt bereits in astronomische Höhen angestiegen.

Am 1. Februar 1628 wurde Wallenstein mit Mecklenburg belehnt und zwei Wochen später zum General des Ozeanischen und Baltischen Meeres sowie zum Herzog von Sagan erhoben. Christian versuchte nochmals, die drohende Niederlage abzuwenden, und unternahm Angriffe von See aus auf das Festland, verlor beim Angriff auf Wolgast allerdings seine letzten Truppen.

Währenddessen spitzte sich die Lage um die Stadt Stralsund zu, die offiziell zum Herzogtum Pommern gehörte, als selbstbewusste Hansestadt jedoch eine gewisse Selbständigkeit erlangt hatte. Noch im Herbst 1627 unternahm Wallenstein den Versuch, den Rat friedlich davon zu überzeugen, die kaiserliche Obergewalt anzuerkennen und eine kaiserliche Garnison in die Stadt zu lassen. Wallenstein war auf eine gütliche Einigung aus und wollte die Freiheiten der Stadt überhaupt nicht antasten. Denn sein Ziel war es, die norddeutschen Städte, insbesondere die der Hanse, zu einer wohlwollenden Neutralität ihm gegenüber zu bewegen. Wallenstein wusste, dass er die Finanz- und Wirtschaftskraft der norddeutschen Städte im weiteren Kriegsverlauf dringend brauchen würde. Deshalb ging Wallenstein ihnen gegenüber verhältnismäßig vorsichtig vor. Trotzdem lehnte der Rat das Ansinnen Wallensteins ab.

Daraufhin zog im Frühjahr 1628 Oberst von Arnim Truppen rund um die Stadt zusammen, um Druck auf die Bevölkerung und den Rat auszuüben. Weitere Kompromissvorschläge von Seiten Wallensteins und von Arnims wurden allerdings vom Stadtrat abgelehnt, so dass Wallenstein Anfang Mai 1628 zusätzlich 15 Regimenter nach Stralsund entsandte, um die Stadt militärisch zur Anerkennung der kaiserlichen Macht zu zwingen. Von Arnim beschoss ab Mitte Mai die gut zu verteidigende Stadt, die von drei Seiten durch die Ostsee und Sümpfe vor den Belagerern geschützt war. Der Rat der Stadt ersuchte nunmehr beim dänischen und beim schwedischen König um Beistand gegen die kaiserlichen Truppen. Mit Schweden schloss Stralsund sogar einen zwanzig Jahre geltenden Allianzvertrag. Am 13. Mai standen 1000 geworbene Söldner und 1500 Mann Bürgerwehr gegen 8000 Mann unter von Arnim. Am 28. Mai trafen dänische Hilfstruppen ein, die sofort das Kommando in der Stadt übernahmen und erste Angriffe von Arnims abwehrten, der die Stadt erobern wollte, bevor Wallenstein mit der Verstärkung vor der Stadt erschien.

Nachdem am 7. Juli Wallenstein, von Jitschin kommend, vor der Stadt eingetroffen war, wurde der ernsthaftere Versuch zur Eroberung unternommen, der aber erneut abgewiesen wurde. Der Legende nach war Wallenstein wütend und ließ die Mauern der Stadt ununterbrochen berennen. Und er soll geschworen haben:

    Stralsund muss herunter, und wenn es mit Ketten an den Himmel gefesselt wäre.

Tatsächlich ist dies aber eine Erfindung aus einer späteren Flugschrift. Und auch die angeblich verbissene Belagerung fand nicht statt. Fast ununterbrochen wurde zwischen Wallenstein und dem Rat verhandelt, der am 14. Juli auch die Kapitulation annahm, aber durch die Bürgerschaft überstimmt wurde. Nachdem ihm der pommersche Herzog Bogislaw XIV. versicherte, dass Stralsund dem Kaiser gegenüber loyal bleiben und alle Bedingungen Wallensteins erfüllen werde, entschloss sich Wallenstein zum Rückzug. Die Eroberung der Stadt hätte die Entblößung der Ostseeküste und damit den fast ungehinderten Zugang der schwedischen und dänischen Truppen zum Reich nicht aufgewogen. Drei Tage, nachdem Christian mit 100 Schiffen und 8000 Mann an Bord bei Rügen erschienen war, zog Wallenstein ab.

Spät, aber nicht zu spät hatte Wallenstein die Konsequenzen aus einem missglückten Abenteuer gezogen. Nach dem Abzug wurden die dänischen Truppen durch schwedische ausgetauscht, und aus dem Bündnisvertrag wurde die vollständige Inkorporierung der Stadt in das schwedische Königreich. Die stolze Hansestadt wurde zu einem schwedischen Provinzstädtchen: Stralsund verblieb bis 1814 unter schwedischer Herrschaft.

Eine Niederlage war der Rückzug aber nicht, wie die spottende und jubelnde protestantische Propaganda und die spätere Geschichtsschreibung glauben machen wollte. Wie richtig der Entschluss Wallensteins zum Rückzug war, zeigte sich kurze Zeit später, als er den Landungsversuch Christians auf Rügen zurückschlagen konnte und am 2. September 1628 die kurzzeitig vom dänischen König eroberte Stadt Wolgast wieder in seine Gewalt zu bringen vermochte. Christian war nun endgültig geschlagen und zog sich nach Kopenhagen zurück.

Friede von Lübeck

Am 24. Januar 1629 begannen in Lübeck die ersten Vorgespräche zwischen dänischen und kaiserlich-ligistischen Abgesandten. Und wieder gab es gegensätzliche Interessen zwischen Wallenstein, der Liga – speziell Maximilian – und dem Kaiser. Der Kaiser sann auf einen Rachefrieden mit großen territorialen Zugeständnissen des dänischen Königs, während Maximilian es gern gesehen hätte, wenn sich die kaiserlichen Truppen weiterhin im Norden hätten engagieren müssen. Hinzu kamen der schwedische König Gustav Adolf, der Christian unbedingt im Krieg gegen den Kaiser halten wollte, und der französische Kardinal Richelieu, der erste diplomatische Kontakte zu den Kriegsgegnern des Kaisers knüpfte, während er gleichzeitig die ligistische Partei unterstützte.

Wallenstein nahm die Bedingungen, die der Wiener Hof durchzusetzen hoffte, nicht ernst. Im Gegenteil: Er wandte sich am 26. Februar in einem Gutachten an den Kaiser indem er seine Ansichten zum Friedensschluss erklärte. Danach sei Dänemark nicht geschlagen, sondern zur See immer noch eine Macht. Auch werde Christian niemals in einen Frieden einwilligen, der die Abtretung Schleswig-Holsteins und Jütlands enthalte. Zumal er von allen Seiten gedrängt werde, den Krieg fortzusetzen. In Wien verstand man Wallenstein nicht und weigerte sich seiner Verhandlungslinie zuzustimmen.

Da sich die offiziellen Verhandlungen hinzogen, entschloss sich Wallenstein zu Geheimverhandlungen mit Hilfe von Vermittlern. Auch Tilly, der anfangs noch wesentlich härtere Friedensbedingungen befürwortete, konnte von Wallenstein schnell überzeugt werden. Vermutet wird hier, dass dies nicht nur der Persönlichkeit Wallensteins zuzuschreiben war: Tilly und Pappenheim sollten nämlich zunächst das Herzogtum Braunschweig erhalten, dessen Herzog Friedrich Ulrich sich an dem Feldzug Christians beteiligt hatte. Daraus wurde allerdings nichts, denn der bayrische Kurfürst Maximilian intervenierte erfolgreich zugunsten des Herzogs gegen dessen Enteignung.

Am 19. Juni setzten Tilly und Wallenstein ihre Unterschriften unter ein Gutachten, das Wallensteins Plan befürwortete. In Kopenhagen und nun auch in Wien war man damit einverstanden. Wallenstein gelang es, die schwedischen Emissäre, die das Ausbrechen Christians aus der antikaiserlichen Koalition verhindern wollten, von den Verhandlungen fernzuhalten. Außerdem scheiterte ein französischer Plan einen Separatfrieden zwischen der Liga und Dänemark auszuhandeln und damit einen Frieden zwischen Dänemark und dem Reich zu verhindern. Am 22. Mai wurde der Lübecker Frieden geschlossen, am 5. Juni tauschte man die Urkunden aus und am 30. Juni traf die kaiserliche Ratifikation des Vertrages in Lübeck ein. Im Wesentlichen enthielt der Friedensvertrag folgende Festlegungen:[32]

  • Der dänische König mischt sich in Angelegenheiten des Reiches nur ein, soweit sie ihn als Herzog von Holstein und Reichsfürst betreffen.
  • Beide Seiten verzichten auf Schadensersatz und Christian IV. erhält seine Herzogtümer in Norddeutschland zurück.
  • Die Gefangenen beider Seiten sind unverzüglich freizulassen.

Der Friede von Lübeck ist der maßvollste Vertrag des Dreißigjährigen Krieges. Hellmut Diwald nennt ihn sogar die einzige staatsmännische Leistung, zu der es diese Epoche gebracht hat.[33] Die Hoffnungen Wallensteins erfüllten sich: Christian wurde unerschütterlicher Parteigänger des Kaisers und griff 1643 sogar auf dessen Seite in den Krieg gegen Frankreich und Schweden ein. Wallenstein war die nächsten anderthalb Jahre ein General ohne Feind.

Entlassung

Die Belehnung mit Mecklenburg hatte insbesondere unter den alteingesessenen Reichsfürsten für Unmut gesorgt, und zwar nicht nur bei den Protestanten. Ferdinand hatte die beiden Herzöge einfach enteignet und das Herzogtum an Wallenstein, den „Emporkömmling“ und vermeintlichen Zerstörer der teutschen Libertät, zu Lehen gegeben. Für die Kurfürsten, zuallerst Maximilian, bestätigten sich die alten Befürchtungen und Vorurteile gegen Wallenstein. Wenn er so mit den mecklenburgischen Herzögen umsprang, war es nicht mehr weit zur Entmachtung der Kurfürsten und der anderen Reichsfürsten. Wallenstein war nach ihrer Meinung bereits der wahre Herrscher des Reiches, wenn er solches dem Kaiser abringen konnte. Sie hatten insofern recht, als Wallenstein mit seiner riesigen Armee den wichtigsten Machtfaktor im Reich darstellte.

Auf diesen Machtfaktor hoffte sich Ferdinand stützen zu können, als er noch während der Verhandlungen zum Frieden von Lübeck am 6. März 1629 am Kulminationspunkt seiner Herrschaft das Restitutionsedikt erließ, womit er im Wesentlichen allen Wünschen der katholischen Parteigänger nachkommen wollte. Insbesondere sollten alle von den Protestanten eingezogenen Kirchengüter den Katholiken zurückgegeben werden.

Aber schon bald darauf, Anfang 1630, zwangen die Fürsten der Liga den Kaiser, da er ihnen zu mächtig geworden war, auf dem Kurfürstentag in Regensburg zur Entlassung Wallensteins und zur Verminderung der eigenen Truppen. Die Absetzungsmitteilung wurde Wallenstein in seinem Kriegslager im Fuggerbau der Stadt Memmingen überreicht. (Man hätte gern mehr gewusst, und hinter den Kulissen wurden in Regensburg vermutlich gewaltige Argumente gewechselt. Aber anscheinend gelang es den Beteiligten, nach außen hin Schweigen zu bewahren.) [34]

Eingreifen Gustav Adolfs

Für den Kaiser aber kam es noch schlimmer: Im Frühsommer 1630 landete Gustav II. Adolf auf der Insel Usedom und griff so aktiv in den Krieg ein. 1631 fügte er den kaiserlichen Truppen zahlreiche Niederlagen zu (etwa in der Schlacht bei Breitenfeld) und drang bis nach Süddeutschland vor. Zudem hatte der Kaiser durch Tillys Tod auch noch seinen fähigsten Befehlshaber verloren. In dieser nahezu aussichtslosen Lage schien einzig Wallenstein das Blatt noch einmal zu Gunsten des Kaisers wenden zu können. Wallenstein hatte sich seit seiner Absetzung zwar in sein Herzogtum zurückgezogen und aus dem Kriegsgeschehen völlig heraus gehalten, doch ließ er stets seine Verhandlungsbereitschaft erkennen.

Zweites Generalat

So wurde Wallenstein, nachdem er erst 1630 vom Kaiser entlassen war, von diesem unter dem Druck der Niederlagen am 14. April 1632 durch die „Vereinbarung von Göllersdorf“ erneut zum Oberbefehlshaber ernannt, mit Vollmachten, die weiter gingen denn je, darunter die Vollmacht, selbständig diplomatische Verhandlungen zu führen. (Letzteres hatte später fatale indirekte Folgen, weil es schließlich zum Verratsvorwurf und zu Wallensteins Ermordung führte.)

Wallenstein stellte sich zunächst den Schweden bei Nürnberg in den Weg, nachdem er schon vorher die Sachsen aus Böhmen vertrieben hatte.

Heerlager von Nürnberg

Nürnberg selbst schloss sich am 31. März 1632 militärisch dem Schwedenkönig Gustav Adolf an. Von Juli bis September 1632 standen sich Gustav Adolfs Söldner bei Nürnberg und Wallensteins Söldner bei der Burgruine Alte Veste in Zirndorf, nahe der Nachbarstadt Fürth, direkt gegenüber. Wallenstein hatte dort im Westen von Nürnberg ein riesiges Feldlager für über 50.000 Landsknechte nebst Tross aufbauen lassen.

Der zweimonatige Stellungskrieg verwüstete die Region um Nürnberg und löste in der durch Flüchtlinge und Soldaten überfüllten Stadt durch Hunger und Seuchen ein Massensterben aus. Der Höhenzug rund um die Alte Veste wurde dann im September 1632 für einige Tage Schauplatz einer verheerenden Schlacht zwischen den kaisertreuen katholischen Truppen unter Wallenstein und den schwedischen Truppen unter König Gustav II. Adolf (Schlacht an der Alten Veste):

Die schwedischen Truppen, die in Nürnberg lagerten, griffen die Stellungen der katholischen Liga in Zirndorf und Umgebung aus dem Osten an. Nach zwei Tagen schweren Gefechts und Tausenden von Toten auf beiden Seiten wurde die Schlacht durch die Schweden abgebrochen. Nach Ansicht der Historiker hat Wallenstein in der Schlacht die Oberhand behalten, da die bislang siegreichen Schweden sie nicht gewinnen konnten und schließlich aufgaben. Von den dortigen blutigen Gefechten geschwächt, räumten die Schweden das Feld. Damit wurde der letzte Kampf des Schwedenkönigs wieder in Sachsen ausgefochten.

Schlacht bei Lützen

Nachdem der Schwedenkönig von Nürnberg weggezogen war, dachte man zunächst irrtümlich, dass er wieder versuchen werde, über Württemberg nach Bayern zu gelangen. Wallenstein zerstreute deshalb seine Armee. Er selbst war in die Nähe von Weißenfels, an der Straße von Halle nach Leipzig, gelangt und bat Graf Pappenheim, den er nach Halle geschickt hatte, möglichst rasch zu ihm zu stoßen, als er entdeckte, dass Gustav Adolf sich in seiner Nähe befand. Der Schwedenkönig hatte in der Tat zuvor in Naumburg ein Lager bezogen, in der Verfolgung Wallensteins, und wollte jetzt, wie auch Wallenstein, in Sachsen vordringen, um den dortigen Kurfürsten zu unterstützen (Gustav Adolf) bzw. zu bekriegen (Wallenstein), wobei Wallenstein es besonders auf Leipzig abgesehen hatte.

Die Schweden stießen dabei auf einen zuvor abgesonderten Teil des kaiserlichen Heeres und erkannten sofort ihre Chance. Der Befehlshaber dieses Trupps benachrichtigte Wallenstein, der eiligst seine Armee versammelte, während der Gegner von besagtem Truppenteil noch eine Zeit lang hingehalten wurde. Es entfesselte sich am 6. Novemberjul./ 16. November 1632greg. die Schlacht bei Lützen, in welcher Pappenheim durch sein überraschendes Eintreffen im entscheidenden Moment die defensiv aufgestellte kaiserliche Armee am linken Flügel verstärkte und so das Blatt wendete. Jedoch fiel er bald, ebenso wie der Schwedenkönig, dessen Platz als Kommandeur der schwedischen Seite Bernhard von Weimar einnahm.

Am Ende des Tages waren beide Seiten total erschöpft, und Wallenstein, der sich in der Schlacht persönlich hervorgetan hatte, weigerte sich, frisch eingetroffene Truppen einen neuen Angriff unternehmen zu lassen. Er räumte das Feld, und so konnten die Schweden behaupten, die Schlacht gewonnen zu haben. In Wahrheit jedoch war es mehr als nur ein überwältigender propagandistischer Sieg für den Kaiser gewesen, da die Moral der Protestanten durch den Tod Gustav Adolfs sehr geschwächt war. Wallenstein erhielt Glückwunschbotschaften aus Wien und war als Generalissimus vollauf akzeptiert.

Friedensbemühungen

Die ganze Zeit während des zweiten Generalats und besonders im letzten Jahr vor seiner Ermordung (s. u.) stand Wallenstein in Geheimkontakten mit dem Gegner, um Möglichkeiten für einen Friedensschluss auszuloten. Über diese Geheimkontakte ist, abgesehen von der nicht verwunderlichen Tatsache, dass sie bestanden, wenig Genaues bekannt. Anscheinend versuchten die Schweden, ihn auf ihre Seite hinüberzuziehen, während er selbst, nach allem, was man weiß, mehr eine überkonfessionelle Koalition gegen die Fremden – Schweden und Franzosen – unter seiner Ägide im Auge hatte, möglichst im Einklang mit dem Kaiser. Alles dies können aber letzten Endes nur mehr oder minder gut begründete Vermutungen sein.

Ein einflussreicher Teil der gegnerischen Truppenführer hatte in der Tat zeitweise unter Wallensteins Kommando gedient, so der Oberbefehlshaber der kursächsischen Armee, Hans Georg von Arnim. Vielleicht hat Wallenstein selbst auch nicht ganz vergessen, dass er als Kind protestantisch aufgewachsen war. Konfessionell war er auf jeden Fall wenig gebunden. Jedenfalls erklärt sich dadurch zwanglos auch das teilweise sehr zögerliche Verhalten Wallensteins bei der Verfolgung seiner Gegner auf der protestantischen Seite, das in Wien schon lange Anstoß erregt hatte.

Eine andere prominente Person auf protestantischer Seite war der Böhme Wilhelm Graf Kinsky, der nach der Schlacht am Weißen Berge nach Dresden gegangen war, aber von dort – aus welchen Gründen auch immer – sogar mit Genehmigung der Behörden Ferdinands II. lange Zeit frei zwischen Dresden und Prag hin und her pendeln konnte, bevor er zuletzt ganz in Wallensteins Lager überwechselte.

Nach dem Eingreifen der Schweden kam es für Wallenstein zusätzlich darauf an, sie entweder für seine eigenen Friedenspläne zu gewinnen, nachdem der Krieg 1633 schon fünfzehn Jahre andauerte und König Gustav Adolf im Vorjahr gefallen war. Dieses Ziel – das Gewinnen der Schweden – erschien trotzdem nur erreichbar, wenn die Habsburger, die ja sowohl in Wien als auch in Madrid regierten, isoliert wurden (eine auf jeden Fall sehr heikle, wenn nicht aussichtslose Angelegenheit). Oder aber man musste die deutschen Stände, sowohl die protestantischen als auch die katholischen – gegen die Fremden unter einen Hut bringen. Auch in diesem Fall musste Wallenstein automatisch in Gegnerschaft zu den Habsburgern in Wien und Madrid geraten. Auf jeden Fall war Wallenstein auch in diesen Angelegenheiten kein Freund schneller Entschlüsse, sondern er verhielt sich eher zögerlich und versuchte letzten Endes stets, gegen seinen Auftraggeber in Wien loyal zu bleiben.

Erschwert wurden Wallensteins Friedensbemühungen durch die zunehmende europäische Dimension des Krieges, der ja 1633, zur „Halbzeit“ also, an einem Kulminationspunkt angelangt war. Bemerkenswert ist vor allem der Wechsel, den die französische Politik unter der Leitung von Kardinal Richelieu 1635 vollzog und der sich bereits jetzt ankündigte: Hatten die Franzosen bisher die katholische Seite, speziell den bayerischen Kurfürsten Maximilian, unterstützt, so waren sie nunmehr im Begriff, sich mit den Schweden gegen die Habsburger in Wien und Madrid zu verbünden.

Alles dies kündigte sich bereits 1633 an. Wallenstein musste es berücksichtigen, war im Grunde überfordert und hatte einen Frieden im Sinn, für den die Zeit noch nicht reif war. Jedenfalls ist sein zögerliches Verhalten von daher mehr als gerechtfertigt. Aber es ist auch verständlich, dass er in Wien, bei der Kurzsichtigkeit der kaiserlichen Politik, mehr und mehr an Rückhalt verlor.

Am 11. Oktober 1633 gelang Wallenstein noch einmal ein militärischer Erfolg: Bei Steinau an der Oder kam es zu einem Gefecht mit einem schwedischen Korps unter Heinrich Matthias von Thurn, welches, zahlenmäßig unterlegen und eingeschlossen, die Waffen streckte. Thurn wurde gefangen genommen, nach der Herausgabe sämtlicher von den böhmischen Vertriebenen gehaltenen Städte in Schlesien von Wallenstein jedoch bald wieder freigelassen.[35] In Wien, wo man über die Gefangennahme des „Erzrebellen“ und militärischen Anführers des böhmischen Aufstandes von 1618 hocherfreut war, wurde seine baldige Freilassung mit großer Bestürzung aufgenommen und brachte Wallenstein dort endgültig in Misskredit.

Ermordung

Nachdem auch seine eigenmächtigen und geheimen Friedensbemühungen trotz monatelanger Dauer zu keinem Ergebnis geführt hatten und inzwischen in Wien kompromittierende Einzelheiten bekannt geworden waren, verurteilte ihn – hauptsächlich auf Betreiben der spanischen Habsburger – ein Geheimgericht wegen Verrats. Er wurde vom Kaiser für abgesetzt erklärt (beurkundet am 24. Januar 1634). Ein Nachfolger, des Kaisers eigener Sohn, der spätere Ferdinand III., stand schon bereit. Die drei wallensteinschen Generäle Aldringen, Gallas und Piccolomini wurden unter der Hand von der Absetzung instruiert und beauftragt, den abgesetzten Generalissimus tot oder lebendig auszuliefern. Eine Zeit lang unternahmen die genannten Offiziere aber nichts Konkretes, vermutlich weil die Anhängerschaft Wallensteins unter seinen Militärs noch zu groß war (Wallensteins Hauptanhänger waren Adam Erdmann Trčka von Lípa, Christian von Ilow, Wilhelm Graf Kinsky und der Rittmeister Neumann).

Wallenstein selbst hatte sich im Dezember 1633 nach Pilsen zurückgezogen, wo er von seiner Absetzung erfuhr. Nun überstürzten sich die Ereignisse. Am 18. Februar 1634 wurde in Prag öffentlich eine Hochverratsanklage angeschlagen. Eine bereits zuvor auf Ilows Betreiben erfolgte Ergebenheitsadresse der Truppenführer Wallensteins, der sogenannte erste Pilsener Schluss vom 12. Januar (ein zweiter erfolgte dann am 19. Februar), ursprünglich als Unterstützung Wallensteins dem Kaiser gegenüber gedacht, wurde nun für seine Gegner Grund zum beschleunigten Handeln, als sie bemerkten, dass sie nicht mehr in der ursprünglichen Form erneuert werden konnte, da Wallenstein inzwischen das Vertrauen seiner Armee mehr und mehr verloren hatte. Der erste Pilsener Schluss war ein von Wallenstein durch Inaussichtstellung seines Rücktritts initiiertes Treuegelöbnis „bis zum Tode“ seiner Offiziere ihm gegenüber, der zweite eine halbherzige Relativierung, die jedoch den Verdacht des Hochverrats gegen den Kaiser nicht mehr entschärfen konnte.[36]

Wallenstein erkannte – sehr spät – die unmittelbar drohende Gefahr und zog sich jetzt von Pilsen nach Eger zurück, auf rechtzeitiges Eintreffen der Schweden hoffend (Aufbruch von Pilsen: 23. Februar). In Eger wurden die engsten Vertrauten Wallensteins (Ilow, Trčka, Kinsky und Neumann) vom Stadtkommandanten Gordon, der in das Mordkomplott eingeweiht war, am Abend des 25. Februar zu einem Festbankett in den Speisesaal der Burg eingeladen, wo sie zunächst gemeinsam mit drei Dienern von einer Gruppe von Soldaten unter dem Kommando der Hauptleute Geraldin und Walter Deveroux ermordet wurden. Wallenstein selbst befand sich zu dieser Zeit im Haus des Stadtkommandanten (das Pachelbel-Haus am Unteren Marktplatz 492). Hier wurde er dann am späten Abend des 25. Februar mit einer Partisane ebenfalls ermordet, von einer Gruppe irischer bzw. schottischer Offiziere des Regiments Walter Butler, unter dem Kommando von Deveroux. Wallensteins Gegner einschließlich der Mörder wurden mit Wallensteins (und Trčkas) Vermögen ruhiggestellt, welches auf diese Weise schnell aufgebraucht war. Zu einer nachträglichen Untersuchung kam es nicht.

Bis zur Überführung in die Krypta der Klosterkirche Karthaus bei Jitschin in Nordböhmen befand sich Wallensteins erste Grablege vom 1. März 1634 bis 27. Mai 1636 in Mies bei Eger im Minoritenkloster St. Maria-Magdalena. Die Quellen nennen unterschiedliche Aufbahrungsorte, einerseits die Minoritenkirche, andererseits das Konventsgebäude. Seine letzte Ruhestätte fand er 1782 in der St.-Anna-Kapelle in Münchengrätz. Sein Grabmal trägt die Inschrift: „Was leuchtet heller als die Sonne? Und auch sie weicht der Finsternis.“

Die mit Wallenstein ermordeten Offiziere Freiherr Christian von Illow und Graf Adam Erdmann Trčka sowie der schon erwähnte Graf Wilhelm von Kinsky wurden in Mies am alten Friedhof beim Trauerberg beerdigt. Dagegen wurde Rittmeister Neumann, Trčkas Adjutant, am Galgenberg in Mies begraben. Dieses Grab mit der sogenannten Neumannsäule war noch 1946 vorhanden.[38] Danach, seit dem Ausbau des Truppenübungsplatzes, ist die Säule an der Millikauer Straße verschwunden.[39]

Zur Person

Wallenstein als Landesfürst

Bereits der Autor des Artikels zu Wallenstein in der Allgemeinen Deutschen Biographie urteilte folgendermaßen:

Wallenstein’s Fürstenberuf an sich ist zweifellos und steht, sowol auf dem Gebiete rationeller Staatsverwaltung als in cultureller Beziehung, fast ohne Beispiel in seiner trüben Zeit da.[41]

Dass er seine Pflichten als Fürst ernst nahm, davon zeugt der nebenstehende Brief. Auch seine Repräsentanz in Prag war fürstlich, wie man darunter sehen kann.

Wallenstein als Feldherr

Als Feldherr war Wallenstein ein vorsichtiger Mann. Die meisten seiner Schlachten schlug er in defensiver Stellung seiner Armee (Lützen). Eine Ausnahme bildete eigentlich nur Wolgast, wo der Feind sich siegessicher glaubte und Wallensteins Truppen das Moor im Sturm durchquerten, welches der Gegner für unüberwindbar gehalten hatte. Belagerungen vollzog Wallenstein nicht gerne. Er scheiterte mit großen Verlusten vor Stralsund, formierte allerdings die Belagerung Nürnbergs recht gelungen.

Name und Nationalität

Das böhmische Adelsgeschlecht, aus dem Wallenstein stammte, hieß auf Tschechisch z Valdštejna oder Valdštejnové. Unter demselben Namen, zu deutsch „Waldstein“, existiert es noch heute. Der Name leitet sich von der Burg Valdštejn, der Stammburg des Geschlechts ab, die im 13. Jahrhundert von deutschen Baumeistern erbaut wurde und von diesen auch ihren Namen erhielt. Der Name übertrug sich auf die Adelsfamilie. Er deutet also nicht auf eine deutsche Abstammung hin. Vielmehr waren sowohl Wallensteins väterliche als auch mütterliche Vorfahren – die Smiřický – slawische Adlige.[42]

Wallenstein selbst sprach und schrieb bis zu seinem 15. Lebensjahr nur sehr unvollkommen Deutsch. Später aber verwendete er fast ausschließlich die deutsche Sprache.

Die bekannte Namensform Wallenstein für den Herzog von Friedland setzte sich erst nach Friedrich Schiller durch und ist fast ausschließlich sein „Verdienst“. Jedoch unterschrieb Wallenstein selbst gelegentlich mit dieser Namensform und schon zu seinen Lebenszeiten wurde er als der Wallensteiner bezeichnet und seine Truppen als die Wallensteiner.

Chronische Krankheit

Zu den ersten Symptomen gehörte 1620 die Gelenksentzündung in den Füßen. Wallenstein nannte „Podagra“ als Ursache, eine Krankheit, deren Symptome mit Gicht übereinstimmen. Sein Zustand verschlechterte sich rapide.

    „Anno 1620 im Julio bin ich auf den Tod krank gewesen, und die Krankheit, vermein ich, dass ich mirs mit Trinken causiert hab.“

    – nach Huf[43]

Im November 1629 erkrankte er so schwer, dass er wochenlang darniederlag. Im März 1630 reiste er nach Karlsbad, um Linderung zu suchen. Das Gehen fiel ihm schwer. Bei der Schlacht von Lützen im November 1632 bestieg er sein Pferd unter heftigsten Schmerzen. Ein halbes Jahr später war ihm Reiten nicht mehr möglich. Auf seiner Flucht nach Eger 1634 musste er in der Sänfte liegend transportiert werden. Sein Skelett zeigt krankhafte Veränderungen, die Syphilis im Endstadium nahelegen.[44]

Mythos

Neben dem Nimbus der Unbesiegbarkeit galt Wallenstein im soldatischen Aberglauben als unverwundbarer "Gefrorener".

Rezeption

Zeitgenossen

Bereits kurze Zeit nach der Ermordung Wallensteins erschienen mehrere Theaterstücke, Dichtungen und Zeitungen und eine Vielzahl von Flugschriften, die den Lebenslauf und den Tod schilderten. Die meisten dieser frühen Verarbeitungen sind heute völlig unbekannt und oftmals auch verschollen.

Schillers Wallenstein

Schiller setzte Wallenstein zunächst als Historiker ein Denkmal in seiner umfangreichen Geschichte des 30-jährigen Kriegs.[45] Literarisch konzentrierte er sich in seiner bekannten Dramentrilogie (siehe oben) auf die letzte Lebenszeit Wallensteins (Pilsen und Eger). Der literarischen Darstellung ist nichts hinzuzufügen, da sie weitgehend den historischen Fakten entspricht. Nur das obligate Liebespaar der Dramentrilogie – Ottavio Piccolominis fiktiver Sohn Max und Wallensteins Tochter Thekla – bildet eine Ausnahme.

Alfred Döblins expressionistischer Roman

Der Titel des Romans von Alfred Döblin, erschienen im Jahre 1920, täuscht, denn in ihm steht nicht Wallenstein im Mittelpunkt, sondern der Kaiser Ferdinand II., den Döblin konsequent Ferdinand den Anderen nennt. Auch sind die Abschnitte des Buches oft irreführend benannt. So heißt das erste Buch beispielsweise Maximilian von Bayern, obwohl fast ausschließlich der Kaiser und seine Handlungen beschrieben werden. Der vermeintliche Protagonist dieses Teils wird nur am Rande erwähnt.

Anfangs schildert Döblin den Kaiser den historischen Tatsachen entsprechend, reichert diese Schilderungen aber mit fiktionalen Elementen an. Die Beschreibung des letzten Lebensabschnitts und des Todes Ferdinands haben dann nichts mehr mit der historischen Realität zu tun, sondern sind vollständig ein Resultat der künstlerischen Freiheit Döblins: Ferdinand, der sich bereits früh von der Außenwelt und besonders von seiner Machtposition innerlich entfernt hat und auch nicht mehr der anfänglichen Faszination des Feldherrn unterliegt, flüchtet sich in einen Wald, schließt sich einer Räuberbande an und wird schließlich von einem verwilderten Waldmenschen ermordet. Ferdinands Flucht in die vermeintlich friedliche Natur wird von Döblin damit also als Alternative zur brutalen Realität des Krieges abgelehnt.

Im zweiten Buch des Romans wird Wallenstein eher am Rande eingeführt. Erst mit den Ereignissen während seines Wirkens innerhalb des böhmischen Münzkonsortiums wird er präsent. Dies entspricht der Deutung Wallensteins durch Döblin in dem Roman insgesamt. Für Döblin überwiegt das Wirtschaftsgenie Wallenstein; Schlachten werden nur geschlagen, wenn sie sich nicht vermeiden lassen, denn Wallenstein wird von Döblin in der Hauptsache als moderner Manager langfristiger Kriegsplanungen dargestellt. Religiösen Fragen steht Wallenstein indifferent gegenüber und zwingt seine Partner und Gegenspieler damit, sich eine Lüge einzugestehen, derer sie sich nicht mal bewusst waren. Denn genauso wie Wallenstein streben diese nach Macht und Reichtum, verstecken dieses Streben aber hinter ihren religiösen Überzeugungen und Friedensbeteuerungen. Döblins Wallenstein hat keine politische Vision, und noch viel weniger möchte er das Reich reformieren. Für ihn zählen nur Reichtum und Macht. Döblins Urteil über Wallenstein steht damit der marxistischen Geschichtsschreibung nahe, die jegliches Handeln als Resultat von wirtschaftlichen Motiven ansieht.

Die Biographien Hellmut Diwalds und Golo Manns

Hellmut Diwald näherte sich der Biografie Wallensteins 1967 mit der Herausgabe von Leopold von Rankes „Geschichte Wallensteins“, die er mit einer hundert Seiten umfassenden Einleitung versah. Zwei Jahre später erschien seine eigene Wallenstein-Darstellung, die bald schon als neues Standardwerk galt (Für ihn [Diwald] ist Wallenstein nicht ein finsterer Machtmensch gewesen, sondern ein Mann, der die Macht gebrauchte „mit dem begleitenden Bewußtsein ihrer Vorläufigkeit“, nicht ehrgeiziger als Hunderte seiner Zeitgenossen und nicht prunksüchtiger als andere., so das Urteil von Alfred Schickel[46]). Golo Mann muss dies – zwei Jahre vor dem Erscheinen seiner Biografie Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann – verärgert haben, vor dem apologetischen Hellmut Diwald ekelt es ihn nachgerade (Klaus-Dietmar Henke[47]). Der Herausgeber der Zeitschrift Der Spiegel, Rudolf Augstein, beurteilte das Werk Manns als eine sich objektiv gebende, höchst subjektive Darstellungskunst.[48]

Volksfeste und Festspiele

In Memmingen finden alle vier Jahre zur Erinnerung an Wallensteins Aufenthalt in der Stadt 1630 Wallensteinfestspiele statt. In Altdorf bei Nürnberg werden seit 1894 bis heute im dreijährlichen Rhythmus die Wallenstein-Festspiele gefeiert. Dabei werden die Theaterstücke Wallenstein in Altdorf und eine Bearbeitung von Schillers Wallenstein-Trilogie aufgeführt. In der Hansestadt Stralsund findet mit den Wallensteintagen jedes Jahr das größte historische Volksfest in Norddeutschland statt und erinnert an die Befreiung der Hansestadt Stralsund von der Belagerung durch Wallenstein im Jahre 1628.

Museale Rezeption

Durch die kaiserliche Entschließung von Franz Joseph I. vom 28. Februar 1863 wurde Wallenstein in die Liste der „berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“ aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgroße Statue in der Feldherrenhalle des damals neu errichteten k.k. Hofwaffenmuseums (heute: Heeresgeschichtliches Museum Wien) errichtet wurde. Die Statue wurde 1877 vom Bildhauer Ludwig Schimek (1837–1886) aus Carrara-Marmor geschaffen, gewidmet wurde sie von Kaiser Franz Joseph selbst.[49]

Im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien sind weiters ausgestellt: eine bronzene Porträtbüste Wallensteins von Anton Brenek;[50] die taktische Aufstellung des kaiserlichen Heeres vor der Schlacht bei Lützen von eigener Hand Wallensteins; das Befehlsschreiben Wallensteins an Pappenheim vom Vorabend der Schlacht bei Lützen, welches mit dem Blut Pappenheims getränkt ist; Darstellungen der Ermordung Wallensteins; sowie ein Porträt Wallensteins von Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld nach van Dyck.[51]

Einen Einblick in das Leben des Generalissimus bietet eine Besichtigung des Waldsteinpalais, das der Feldherr zwischen 1623 und 1630 auf der Prager Kleinseite erbauen ließ.

Das Regionalmuseum der Stadt Eger (Cheb) widmet Wallenstein eine Dauerausstellung. Neben Porträts und Gemälden sind dort sein ausgestopftes Pferd, das Zimmer seines Mordes und die Mordwaffe, die Partisane, zu besichtigen.

Im Museum im Schloss Lützen wird Wallenstein als Feldherr im Dreißigjährigen Krieg und in der Schlacht bei Lützen dargestellt.

Einzelnachweise

  1. ↑ Roman von Prochazka: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenatndsfamilien, Neustadt an der Aisch 1973, ISBN 3 7686 5002 2, dort: Stammfolge Friedland zu Mecklenburg aus dem Hause Waldstein, Seite 94
  2. ↑ Bei Golo Mann – im Kapitel Der wilde Student – ist zu lesen, dass Wallenstein drei Monate nach seiner Ankunft zu einer Gruppe von vier Studenten gehörte, die nachts das Haus eines Dr. Schopper überfiel, dort Türen und Fenster einschlug und ihm versprach, in der folgenden Nacht wiederzukommen. Am 23. Dezember gehörte er zu einer Gruppe Studenten, die mit einem Fähnrich Fuchs in Streit geriet, den der Student Steinau dabei mit seinem Degen erstach. Am 9. Januar 1600, so Golo Mann, „stach Albrecht Wallenstein auch schon wieder einen Kommilitonen ins Bein“. Und am 14. Januar verprügelte er seinen Dienerknaben Reheberger, weil er ihn müßig am Fenster angetroffen hatte, und musste dafür 30 Gulden Strafe an die Akademie und im Wege eines Vergleichs mit Reheberger 45 Gulden Schmerzensgeld nebst vier Gulden für die beschädigte Kleidung zahlen.
  3. ↑ Ps. 150, 5–6; Joh. 3, 14–15
  4. ↑ zitiert nach Golo Mann, S. 89
  5. ↑ Josef Janáček: Valdštejnova smrt. Mladá Fronta, Prag 1970, S. 33
  6. ↑ (Roman von Prochazka: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandsfamilien, Neustadt an der Aisch 1973, ISBN 3 7686 5002 2, Stammfolge Friedland zu Mecklenburg aus dem Hause Waldstein, Seite 94)
  7. ↑ Huf, S. 19
  8. ↑ Geschichte der Burg Lukov
  9. ↑ Diwald, S. 75
  10. ↑ Geoff Mortimer: Wallenstein. Rätselhaftes Genie des Dreißigjährigen Krieges. Darmstadt 2012, S. 38.
  11. ↑ zitiert nach Milger S. 51
  12. ↑ zitiert nach Milger, S. 59
  13. ↑ zitiert nach Golo Mann: Wallenstein, S. 146
  14. ↑ zitiert nach Diwald, S. 140
  15. ↑ zitiert nach Milger, S. 107
  16. ↑ zitiert nach Diwald, S. 154
  17. ↑ Golo Mann, S. 199
  18. ↑ Golo Mann, S. 201
  19. ↑ Diwald, S. 189
  20. ↑ Diwald, S. 194, Golo Mann, S. 207
  21. ↑ zitiert nach Diwald, S. 214
  22. ↑ Friedrich Schiller: Geschichte des 30-jährigen Kriegs, Schillers Werke (Nationalausgabe): 18. Band (1976): Historische Schriften: Zweiter Teil, S. 113, zitiert nach Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs, Zweytes Buch, S. 136 auf Wikisource
  23. ↑ zitiert nach Diwald, S. 260.
  24. ↑ Transkription des Blattes auf Wikisource
  25. ↑ zitiert nach Diwald, S. 354
  26. ↑ zitiert nach Diwald, S. 362
  27. ↑ Moriz Ritter: Untersuchungen zur Geschichte Wallenstein’s, 1625–1629 in Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 4 (1890), S. 36ff. (Volltext bei Wikisource)
  28. ↑ zitiert nach Golo Mann, S. 369
  29. ↑ zitiert nach Diwald, S. 387
  30. ↑ schützen
  31. ↑ zitiert nach Diwald, S. 405
  32. ↑ a b Vollständiger Text des Vertrags: Friede von Lübeck auf Wikisource
  33. ↑ Diwald, S. 415
  34. ↑ Vielleicht spielte auch eine Erkrankung, die damals besonders schwere Ausmaße annahm (siehe unten), eine Rolle.
  35. ↑ Friedemann Bedürftig, Taschenlexikon Dreißigjähriger Krieg, Piper-Verlag, München/ Zürich 1998, 212 f.
  36. ↑ Vergl. Martin Heckel: Deutsche Geschichte. Band 5, Deutschland im konfessionellen Zeitalter
  37. ↑ Szwykowski 1859 S. 7 und 132 f. und Gießen 1959 (PDF; 2,0 MB) S. 5
  38. ↑ vgl. dazu Holzschnitt von Albert Gröschl in: Weschta: Unser Egerland, Eger 1934, S. 96
  39. ↑ vgl. Weschta, S. 144, u. „Mieser Zeitung“, Herausgeber Viktor Haßold, Mies 24. Februar 1934, Nr. 2171: Fritz Swieteczki: Vor der Katastrophe Wallensteins, u. Georg Schmidt: Wallenstein in Mies, mit 7 Holzschnitten von Albert Gröschl.
  40. ↑ Transkription des Briefes: Wallenstein an den Landeshauptmann des Herzogtums Friedland auf Wikisource.
  41. ↑ ADB, Bd. 45, S. 639
  42. ↑ Golo Mann: Wallenstein. Sein Leben. S. Fischer, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-10-047903-3, S. 10f.
  43. ↑ zitiert nach Hans-Christian Huf, S. 330
  44. ↑ Hans-Christian Huf, S. 329ff
  45. ↑ Der wesentliche 2. Teil ist auf Wikisource vollständig einsehbar: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs, Zweytes Buch
  46. ↑ Website mit Pressezitaten zu Diwalds Wallenstein-Biographie
  47. ↑ Rezension der Briefausgabe Golo Manns, Göttingen 2006 (PDF; 72 kB)
  48. ↑ Warten auf Arnim. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1971 (Rezension, online).
  49. ↑ Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Das Museum und seine Repräsentationsräume. Kiesel Verlag, Salzburg 1981, ISBN 3-7023-0113-5, S. 32
  50. ↑ Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Saal I – Von den Anfängen des stehenden Heeres bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, Salzburg 1982 S. 26 f.
  51. ↑ Manfried Rauchensteiner, Manfred Litscher (Hrsg.): Das Heeresgeschichtliche Museum in Wien. Graz, Wien 2000, S. 13 f.

Quellen

  • Quellen zur Geschichte Wallensteins. herausgegeben von Gottfried Lorenz, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-01245-3

Literatur

  • Karl Wittich: Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 582–641.
  • Joachim Bahlcke, Christoph Kampmann (Hrsg.): Wallensteinbilder im Widerstreit. Eine historische Symbolfigur in Geschichtsschreibung und Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Böhlau, Köln u.a. 2011, ISBN 3-412-20609-1.
  • Max von Boehn: Wallenstein. Karl König, Wien 1926.
  • Hellmut Diwald: Wallenstein. Eine Biographie. Ullstein TB-Verlag, Berlin 1987 (zuerst 1969), ISBN 3-548-27550-8.
  • Hans-Christian Huf (Hrsg.): Mit Gottes Segen in die Hölle. Der Dreißigjährige Krieg. Econ, München 2003, ISBN 3-430-14873-1.
  • Golo Mann: Wallenstein. Sein Leben. S. Fischer, Frankfurt am Main 1971, ISBN 3-10-047903-3.
  • Holger Mannigel: Wallenstein in Weimar, Wien und Berlin. Das Urteil über Albrecht von Wallenstein in der deutschen Historiographie von Friedrich von Schiller bis Leopold von Ranke. Matthiesen, Husum 2003, ISBN 3-7868-1474-0
  • Peter Milger: Der Dreißigjährige Krieg. Gegen Land und Leute. Orbis-Verlag, München 2001, ISBN 3-572-01270-8.
  • Josef Polišenský, Josef Kollmann: Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges. Böhlau, Köln 1997, ISBN 3-412-03497-5.
  • Leopold von Ranke: Geschichte Wallensteins. Duncker & Humblot, Berlin 1869.
  • Robert Rebitsch: Wallenstein. Biografie eines Machtmenschen. Böhlau. Wien u. a. 2010, ISBN 978-3-205-78583-5.
  • Cicely Veronica Wedgwood: Der 30-jährige Krieg. Aus dem Englischen von A.G. Girschick. 8.  Auflage. List, München u. a. 1995 (zuerst 1967), ISBN 3-471-79210-4.
  • Inger Schuberth, Maik Reichel: Wallenstein. Die blut´ge Affair´ bei Lützen. Wallensteins Wende. Dössel 2012.
  • Dramen
  • Friedrich von Schiller: Wallenstein. Insel, Frankfurt; Auflage: 6., (Januar 1984), ISBN 3-458-32452-6, ISBN 978-3-458-32452-2. (Siehe auch Wallenstein (Schiller) sowie Anmerkung [18].)

 

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Lübecker FriedenTitelblatt eines Druckes des Luebecker Frieden von 1629   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto

Lübecker Frieden, oder Frieden von Lübeck, war ein Friedensschluss, der im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Dänemark am 12. Maijul./ 22. Mai 1629greg. in Lübeck geschlossen wurde.

Vorgeschichte

Vorausgegangen war dem Frieden die Mobilisierung von Truppen unter König Christian IV. von Dänemark und Norwegen, der als Herzog von Holstein und Oberster des Niedersächsischen Reichskreises versuchte, seine Vormacht in Norddeutschland auszubauen. Neben seinen territorialen Ambitionen führte er auch religiöse Interessen auf, um die Hilfe der protestantischen Fürsten zu erhalten.

Im Frühjahr 1625 erhielt er die benötigten Truppen und marschierte in Sachsen ein, stieß dabei auch nur auf relativ geringen Widerstand. Erst nach einem Jahr stieß Christian auf nennenswerte Gegenwehr. Wallenstein hatte aus eigenen Mitteln ein großes Söldnerheer für den römisch-deutschen Kaiser Ferdinand II. aufgestellt und wurde zum Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Truppen ernannt. Zusammen mit dem Heer der katholischen Liga unter Tilly gelang es ihm, die dänischen Truppen aus dem Norden des Reiches zu verdrängen. Wallenstein hatte am 25. April 1626 in der Schlacht bei Dessau seinen ersten Sieg erringen können und Tilly schlug das Heer König Christians IV. am 27. August 1626 in der Schlacht bei Lutter nahe Lutter am Barenberge. Die Heere schlossen sich daraufhin zusammen, eroberten den gesamten Norden des Reiches und drangen bis nach Dänemark vor. König Christian IV. musste fliehen, versuchte im Jahr 1628 durch Angriffe auf die norddeutsche Küste seine Niederlage abzuwenden und willigte schließlich Anfang 1629 in Friedensverhandlungen ein.

Vertragsbedingungen

Am 22. Mai 1629 unterzeichnete König Christian IV. den Frieden von Lübeck. Im Friedensvertrag wurde in fünf Punkten folgende Festlegungen getroffen:

  • Der dänische König mischt sich in Angelegenheiten des Reiches nur ein, soweit sie ihn als Herzog von Holstein und als Reichsfürst betreffen. Zukünftige Streitigkeiten sollen friedlich durch Verhandlungen oder mit Hilfe eines Schiedsrichters beigelegt werden.
  • Beide Seiten verzichten auf Schadensersatz, und auch niemandem sonst im Reich ist es gestattet, solche Ansprüche an den dänischen König zu stellen. Ebenso stellt der dänische König keine Ansprüche gegen irgendjemanden im Reich. Der König von Dänemark erhält ohne Zahlungen die besetzten dänischen Lande und die ihm zu Lehen gegebenen Herzogtümer und Fürstentümer in Norddeutschland zurück. Die kaiserlichen Truppen ziehen unverzüglich aus diesen ab.
  • Die Gefangenen beider Seiten sind unverzüglich freizulassen.
  • Die Kronen von Spanien, Polen, die Infantin zu Brüssel, das gesamte Haus Österreich, die Kurfürsten und sonstigen Stände des Reiches sowie die Kronen von England, Frankreich und Schweden und die Generalstaaten der Niederlande sollen Vertragsparteien des Friedens sein.
  • Verschiedene Inseln in der Ost- und Nordsee werden dem Fürstentum Schleswig-Holstein-Gottorf zurückgegeben und die Truppen auf diesen Inseln abgezogen.

Laut den Bedingungen hatte Dänemark den Status quo zu akzeptieren, was im Klartext bedeutete, dass viele kleinere Gebiete Norddeutschlands in die Hände des Kaisers, Ferdinand II., zurückfielen. Das Königreich Dänemark schied damit aus dem Dreißigjährigen Krieg aus.

Folgen

Der Sieg der kaiserlich-ligistischen Truppen über den dänischen König und dessen protestantische Verbündete im Reich schuf die Grundlage für das Restitutionsedikt. Dieses erließ Kaiser Ferdinand II. am 6. März 1629 und ordnete an, dass die säkularisierten Gebiete des Reiches, die an protestantische Reichsfürsten gefallen waren, an die geistlichen katholischen Fürsten zurückzugeben seien.

 

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Johann ’t Serclaes von TillyJohann t Serclaes von Tilly auf einem Stich von Pieter de Jode dem Älteren nach Anthonis von Dyck   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

(Weitergeleitet von Johann t’Serclaes von Tilly)

Johann ’t Serclaes Graf von Tilly (* Februar 1559 auf Schloss Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville im Herzogtum Brabant; † 30. April 1632 in Ingolstadt) war Heerführer der Katholischen Liga und ein namhafter Feldherr des Dreißigjährigen Kriegs.

Leben

Bis zum Dreißigjährigen Krieg

Geboren wurde Johann ’t Serclaes Tilly im Februar 1559 auf Schloss Tilly im heute belgischen Brabant 30 km südöstlich von Brüssel. Seine Erziehung erhielt er auf einer Jesuitenschule. Er trat zuerst in spanische Kriegsdienste, in denen er unter Alexander von Parma das Kriegshandwerk erlernte. Danach trat er in lothringische, 1598 in kaiserliche Dienste. Er focht 1600 als Oberstleutnant in Ungarn gegen die Aufständischen und gegen die Türken; 1601 stieg er zum Obersten eines Wallonenregiments auf und wurde nach und nach zum Artilleriegeneral befördert. 1610 wurde ihm von Maximilian I. von Bayern die Reorganisation des bayerischen Heerwesens übertragen.

Der Dreißigjährige Krieg

Beim Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges wurde Tilly zum Feldherrn der Katholischen Liga ernannt. Er gewann am 8. November 1620 die Schlacht am Weißen Berg, unterwarf das westliche Böhmen (Einnahme von Pilsen, März 1621) und wandte sich dann gegen den Grafen Ernst von Mansfeld, der die Pfälzer Stammlande (zunächst die Oberpfalz) gegen den kaiserlich-bayerisch-ligistischen Gegenschlag verteidigte. Nachdem Tilly im Sommer 1621 monatelang von Mansfeld bei Waidhaus (Oberpfälzer Wald) aufgehalten worden war,[1] folgte er seinem Gegner im Herbst 1621 in die Rheinpfalz nach. Am 27. April 1622 wurde Tilly in der Schlacht bei Mingolsheim von Mansfeld geschlagen, besiegte dann aber den Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach am 6. Mai in der Schlacht bei Wimpfen.

Danach besiegte er Herzog Christian von Braunschweig am 20. Juni in der Schlacht bei Höchst und eroberte Heidelberg, Mannheim und Frankenthal (Pfalz). Infolge des entscheidenden Siegs am 5. und 6. August 1623 bei Stadtlohn (Schlacht bei Stadtlohn) im Münsterland über den Herzog von Braunschweig wurde Tilly vom Kaiser in den Grafenstand erhoben.

Zunächst blieb er in Niedersachsen stehen, wo er die gewaltsame Restitution der protestantischen Bistümer und Klöster an die katholische Kirche und die Jesuiten ins Werk setzte und den niedersächsischen Reichskreis zum Kampf zwang. Er belagerte und eroberte in dieser Zeit mehrere niedersächsische Städte. Am 30. Maijul./ 9. Juni 1626greg. ergriffen Tillys Soldaten plündernd und mordend von der Stadt Münden Besitz.[2] Kurz darauf begann er, Göttingen zu belagern und zu beschießen. Durch Harzer Bergleute ließ er sogar die Leine umleiten und versuchte, alle Wasserzufuhren zu sperren. Anfang August 1626 war die Belagerung erfolgreich abgeschlossen und Tilly konnte einziehen.

Am 27. August 1626 schlug er den Dänenkönig Christian IV. in der Schlacht bei Lutter am Barenberge. Mit den kaiserlichen Truppen eroberte er unter Wallenstein Schleswig-Holstein und Jütland und zwang Christian am 12. Maijul./ 22. Mai 1629greg. zum Abschluss des Friedens von Lübeck.

1630 wurde Tilly zusätzlich zu seinem Posten als Heerführer der ligistischen Truppen noch zum Generalleutnant der kaiserlichen Truppen ernannt und übernahm in dieser Doppelrolle die Durchführung des Restitutionsedikts in Norddeutschland. 1631 fand die Einnahme von Neubrandenburg unter grausamem Gemetzel statt. Da Tillys Truppen nicht schlagkräftig genug waren, um weiter ungefährdet vorzugehen, schloss sich Tilly mit dem größten Teil seines Heeres Pappenheim an, der Magdeburg belagerte. Es gelang ihm nicht, Gustav Adolfs Vordringen in Pommern zu verhindern. Tilly überschritt an der Fähre Westerhüsen die Elbe und bezog im Freihof des Dorfes Westerhüsen Quartier. Am 20. Mai 1631 eroberte er Magdeburg. Diese Eroberung war für ihn allerdings nutzlos, da der Brand die Stadt in einen Trümmerhaufen verwandelte. Die Verwüstungen der Stadt gingen so weit, dass Magdeburg als Sinnbild für Zerstörung und Grausamkeit („Magdeburgisieren“) galt.

Bei der Erstürmung Magdeburgs, den anschließenden Gewaltexzessen und Bränden verloren 20.000 (nach einigen Quellen 30.000) Bürger ihr Leben. Nach der Katastrophe wurden von den einst 35.000 Einwohnern noch 449 gezählt. Die Magdeburger Hochzeit gilt als das größte und schlimmste Massaker des Dreißigjährigen Krieges und bildete damit zugleich einen Wendepunkt in der Kriegführung. Zudem lösten die Ereignisse eine bis dahin nie dagewesene propagandistische Auseinandersetzung aus.[3][4][5]

Tilly konnte sich an der Niederelbe gegen den Schwedenkönig nicht behaupten und fiel in Sachsen ein, das er plünderte und verwüstete. Hierdurch trieb er den sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. zum Bündnis mit Gustav Adolf, deren vereinigtem Heer er am 17. September 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld unterlag. Tilly selbst wurde verwundet, sein Heer löste sich auf.

Daraufhin eilte er nach Halberstadt, wo er Verstärkungen an sich zog, und brach dann nach dem von den Schweden bedrohten Bayern auf. Kaiserliche Söldner unter seinem Befehl besiegten in der Schlacht bei Bamberg am 9. März 1632 schwedische Einheiten unter dem Befehl des Feldherrn Gustaf Graf Horn. Während der Schlacht bei Rain am Lech, bei der Verteidigung des Lechübergangs bei Rain am 15. April 1632, wurde Tilly durch eine Falkonettkugel der rechte Schenkel zerschmettert. Er starb an den Folgen der Verwundung am 30. April 1632 in Ingolstadt an Wundstarrkrampf.

Sein Leichnam wurde zunächst in der Ingolstädter Jesuitenkirche bestattet. Er wurde 1652 nach Altötting überführt und liegt dort heute in einem gefensterten Sarg in der Tilly-Gruft der Stiftskirche St. Philipp und Jakob. Sein Herz wurde getrennt bestattet und befindet sich in der Gnadenkapelle.

Persönlichkeit

Tilly war von mittlerer Statur und hager. Er soll scharfe Gesichtszüge und große buschige graue Augenbrauen gehabt haben. Aufwand und äußere Ehrenbezeugungen soll er abgelehnt und in seinem Heer auf strenge Disziplin geachtet haben.

Sein Wirken ist in hohem Maße umstritten. Vor allem von protestantischer Seite wurden ihm von seinen Truppen begangene schwere Kriegsverbrechen angelastet. Spätere katholische Schriftsteller[6] haben versucht ihn zu entlasten. Von dem Vorwurf, Tilly habe die Zerstörung Magdeburgs gewollt, entlasteten ihn auch die protestantischen Autoren Heising[7] und Wittich[8] nicht.

Nachwirkung

Im Jahr 1843 wurde ihm in der Feldherrnhalle zu München eine Statue errichtet. Ein weiteres Denkmal steht seit 1914 auf dem Rathausplatz von Rain, der Stadt, in deren unmittelbarer Umgebung er seine tödliche Verwundung erlitt. Eine mittlerweile aufgelöste Bundeswehrkaserne im Gemeindegebiet von Oberhausen bei Neuburg a.d. Donau (1959–1994; jetzt als zivile Siedlung „Kreut“ genutzt) führte den Namen Tilly-Kaserne. In Freistadt, Oberösterreich, gibt es nach wie vor eine Tilly-Kaserne, welche eine Kompanie eines Panzerstabsbataillons beherbergt. Im Jahre 2005 wurde ein Reiterstandbild Tillys auf dem Kapellplatz in Altötting aufgestellt. Zu erwähnen sei noch der Ort Tillisburg mit Schloss Tillisburg nahe St. Florian in Oberösterreich. In Deutschland gibt es in der Oberpfalz einen kleinen Grenzübergang mit dem Namen Tillyschanze, dort kann man eine ehemalige Feldbefestigung besichtigen.

Bis zum Januar 2009 wurde in der Stiftskirche von Altötting täglich um 7.00 Uhr eine Messe für Tilly gelesen. Ein jeweils eigens dafür eingesetzter Geistlicher tat dies auf Bitten Tillys, der 1632 einen Betrag von 6300 Gulden für dieses Benefizium gespendet hatte, auf dass die Messe "bis in alle Ewigkeit" für sein Seelenheil gelesen werden sollte. Nach 380 Jahren wurde das Tilly-Benefizium vom Passauer Bischof Wilhelm Schraml abgeschafft, da das von Tilly gespendete Stiftungsvermögen trotz Zinsenerlösen längst aufgebraucht sei.[9]

Die Bezeichnungen Tillyhügel und Tillysee für einen Hügel und See südlich Oldenburg gehen auf das einstige Heerlager Tillys dort zurück.

In Hann. Münden in Niedersachsen gibt es eine Tillyschanze als Aussichtsturm von 1885. In einem kleinen Museumsanbau befindet sich ein Relief des Mündener Bildhauers Gustav Eberleins, das die Verteidigung der Stadt Münden im Dreißigjährigen Krieg zeigt. Eine Büste Tillys fand Aufstellung in der Ruhmeshalle in München.

Das Reduit Tilly, ursprünglich Tillyveste, ist ein Teil des klassizistischen Brückenkopfs der Landesfestung Ingolstadt und beherbergt heute die Abteilung Erster Weltkrieg des Bayerischen Armeemuseums. Auch eine benachbarte Tiefgarage trägt Tillys Namen.

Einmal jährlich findet in Breitenbrunn (Oberpfalz) das Tillyfest statt. Seit 1989 gedenkt der Ort damit des Feldherrn, der Breitenbrunn für seine Verdienste von Kurfürst Maximilian erhielt. Dort starb am 21. April 1744 mit Maria Theresia Reichsgräfin von Tilly die letzte Vertreterin des Geschlechts der Tilly.[10]

Museale Rezeption

Durch die kaiserliche Entschließung von Franz Joseph I. vom 28. Februar 1863 wurde Tilly in die Liste der „berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“ aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgroße Statue in der Feldherrenhalle des damals neu errichteten k.k. Hofwaffenmuseums (heute: Heeresgeschichtliches Museum Wien) errichtet wurde. Die Statue wurde 1866 vom Bildhauer Josef Anton Gröbmer (1812-1882) aus Carrara-Marmor geschaffen, gewidmet wurde sie von Kaiser Franz Joseph selbst.[11]

Im Heeresgeschichtlichen Museum wird weiters ein Schwert aufbewahrt, das dem Feldherren Tilly zugeschrieben wird. Weiters ist eine Erinnerungsmedaille auf den Tod Tillys sowie ein Handschreiben des Feldherren der Öffentlichkeit zugänglich.[12]

Literatur

  • Anne Dreesbach, Jürgen Wurst, Alexander Langheiter: Johann Tserclaes Graf von Tilly. In: Diess. (Hrsg.): Monachia. Von Carl Theodor von Piloty im Münchner Rathaus. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 2005, ISBN 3-88645-156-9, S. 133.
  • Albert Heising: Magdeburg nicht durch Tilly zerstört. Zwei historische Abhandlungen. 2. Aufl. Schneider Verlag, Berlin 1854.
  • Antoine C. Hennequin de Villermont: Tilly oder der dreißigjährige Krieg („Tilly ou la guerre de trente ans“, 1859). Verlag Hurter, Schaffhausen 1860.
  • Marcus Junkelmann (Hrsg.): „Der Du gelehrt hast meine Hände den Krieg“. Tilly, Heiliger oder Kriegsverbrecher? Verlag Geiselberger Altötting 2007, ISBN 978-3-87245-036-4 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Bayerisches Armeemuseum, 1. Mai bis 30. Juli 2007).
  • Michael Kaiser: Politik und Kriegführung. Maximilian von Bayern, Tilly und die Katholische Liga im Dreißigjährigen Krieg. Aschendorff Verlag, Münster 1999, ISBN 3-402-05679-8.
  • Onno Klopp: Tilly im dreißigjährigen Krieg. Cotta, Stuttgart 1861 (2 Bde.).
  • Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580–1626); Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg (Historische Forschungen; Bd; 94). Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-13321-5 (zugl. Dissertation, Universität Köln 2007).[13]
  • Wilhelm Lotze: Geschichte der Stadt Münden nebst Umgebung. Mit besonderer Hervorhebung der Begebenheiten des dreißigjährigen und siebenjährigen Krieges. Verlag Wenner, Osnabrück 1975, ISBN 3-87898-086-8 (Nachdr. d. Ausg. Münden 1878).
  • Bernd Rill: Tilly. Feldherr für Kaiser und Reich. Universitas-Verlag, München 1984, ISBN 3-8004-1068-0.
  • Rudolf Saller: Reichsgraf Johann T’Serclaes von Tilly. Chronik über Leben und Laufbahn. Verlag Geiselberger, Altötting 2007, ISBN 978-3-87245-035-7.
  • Guillaume Samsœn de Gérard: Der unerschrockene Feldmarschall. Graf Johann t’Serclaes von Tilly war nicht der Zerstörer von Magdeburg. Edition Stolz, Freiburg/B. 1984, ISBN 3-923138-18-0.
  • Karl Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly. Verlag Duncker, Berlin 1874 (2 Bde.).
  • Karl Wittich: Tilly, Johann Tserclaes Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 38, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 314–350.

Einzelnachweise

  1. ↑ Dazu ausführlich Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld, S. 277–291, 295–303 und 308–311.
  2. ↑ s. Wilhelm Lotze: Geschichte der Stadt Münden, Seite 68ff.
  3. ↑ Jan N. Lorenzen: Die Großen Schlachten – Mythen, Menschen, Schicksale, Campus Verlag, Frankfurt/ New York, 2006
  4. ↑ Matthias Puhle (Hrsg.): „...gantz verheeret!“ Magdeburg und der Dreißigjährige Krieg, Mitteldeutscher Verlag, Halle, 1998
  5. ↑ Hannes Schuler, Anne Roerkohl: Die großen Schlachten 2/4: 1631 – Das Massaker von Magdeburg, Fernsehdokumentation, WDR, 2006
  6. ↑ Onno Klopp: Tilly im Dreißigjährigen Krieg und Antoine C. Hennequin de Villermont: Tilly oder der dreissigjährige Krieg.
  7. ↑ Albert Heising: Magdeburg nicht durch Tilly zerstört.
  8. ↑ Karl Wittich: Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly.
  9. ↑ Bericht des Bayrischen Rundfunks vom 18. Januar 2012 (Version vom 27. Juli 2012 im Webarchiv Archive.is)
  10. ↑ Webseite mit Hintergründen und Entstehungsgeschichte des Tillyfests in Breitenbrunn (Oberpfalz)
  11. ↑ Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Das Museum und seine Repräsentationsräume. Kiesel Verlag, Salzburg 1981, ISBN 3-7023-0113-5, S. 31
  12. ↑ Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien, Bd. 1: Saal I – Von den Anfängen des stehenden Heeres bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, S. 27.
  13. ↑ Thematisiert Tillys militärisches Vorgehen gegen Mansfeld im böhmisch-pfälzischen Krieg seit 160/21.

 

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Bernhard von Sachsen-WeimarHerzog Bernhard von Sachsen-Weimar auf einem Kupferstich von Johann Dürr Augustanus nach einer Zeichnung von Christian Richter

Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar (* 16. August 1604 in Weimar; † 18. Juli 1639 in Neuenburg am Rhein) war ein Feldherr des Dreißigjährigen Krieges.

Kindheit und Jugend

Bernhard war der elfte und jüngste Sohn des Herzogs Johann III. von Sachsen-Weimar und dessen Ehefrau Dorothea Maria von Anhalt. Bereits in seinem ersten Lebensjahr verlor er seinen Vater und, noch nicht volle 13 Jahre alt, auch seine Mutter. Für seine erste Bildung sorgte u.a. der Haus- und Hofmeister Friedrich von Kospoth. Anschließend nur kurze Zeit an der Universität Jena, wechselte er bald zum höfisch-ritterlichen Leben am Hof seines Verwandten, des Herzogs Johann Casimir von Sachsen-Coburg.

Ebenfalls 1620 wurde Herzog Bernhard von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Es wurde ihm von diesem der Gesellschaftsname der Austrucknende und das Motto in seiner Wirkung verliehen. Als Emblem war ihm eine reife Quitte zugedacht worden. Im Köthener Gesellschaftsbuch findet sich Herzog Bernhards Eintrag unter der Nr. 30.

Außerdem war Herzog Bernhard unter dem Namen Aristander Mitglied der schäferlichen Académie des parfaits amants.

Kriegerische Laufbahn

Seine kriegerische Laufbahn begann er nach Ausbruch des böhmischen Krieges unter Ernst von Mansfeld[1]. Unter diesem kämpfte er 1622 bei Mingolsheim, dann bei Wimpfen unter Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach und 1623 mit seinem Bruder Wilhelm unter Christian von Braunschweig bei Stadtlohn. Als sich die Niederlage Friedrichs von der Pfalz abzeichnete, trat Bernhard 1625 als Oberst in das Heer des Königs Christian IV. von Dänemark, versuchte aber nach einer Niederlage, die er 1627 in Holstein erlitten hatte, in die Dienste des Kaisers zu gelangen und nahm dann am Krieg in Holland teil.

Im Dienste Schwedens

Als 1630 Gustav Adolf in Deutschland erschien, war Bernhard einer der wenigen deutschen Fürsten, die sogleich entschieden auf die Seite des Schwedenkönigs traten. Nachdem Bernhard sich in dem Treffen bei Werben am 28. Juli 1631 ausgezeichnet hatte, ernannte der König ihn zum Obersten seines Leibregiments zu Pferde. Zunächst kämpfte der Fürst mit dem Heer Landgraf Wilhelms in Hessen, begleitete dann jedoch den schwedischen König auf seinem Siegeszug durch Franken, wo er die Festung Marienberg bei Würzburg einnahm, stieß an den Rhein vor, wo er sich Mannheims bemächtigte, und stieß schließlich in Richtung Bayern vor. Am Sturm auf Wallensteins Stellung bei Nürnberg am 24. August 1632 hatte Bernhard großen Anteil. Er blieb zur Deckung Frankens zurück, stieß aber dann bei Arnstadt wieder zum König, als dieser im Oktober nach Sachsen gegen Wallenstein zog. In der Schlacht bei Lützen befehligte Bernhard den linken Flügel, übernahm nach Gustav Adolfs Tod den Oberbefehl über die schwedischen Truppen und errang den Sieg. Noch im gleichen Jahr vertrieb er die Kaiserlichen aus Sachsen.

Anfang 1633 übertrug ihm der schwedische Kanzler Axel Oxenstierna den Oberbefehl in Franken. Bernhard drang siegreich in Bayern ein, schlug Johann von Werth, eroberte, nachdem er eine wegen mangelnder Soldzahlung entstandene Meuterei niedergeschlagen hatte, Eichstätt, begab sich aber Ende Mai 1633 nach Frankfurt am Main zu Oxenstierna, um sich von diesem mit dem ihm von Gustav Adolf zugesicherten Herzogtum Franken belehnen zu lassen. Der Kanzler musste mit Widerstreben einwilligen, da er Bernhard nicht entbehren konnte, und so erhielt dieser am 10. Juni 1633 die förmliche Belehnung mit dem hauptsächlich aus den eroberten Bistümern Bamberg und Würzburg bestehenden Herzogtum, mit dessen Verwaltung er zunächst seinen Bruder Ernst betraute. Nachdem er sodann wieder zum Heer nach Bayern gegangen war und sich der Treue seiner zu Meutereien geneigten Soldaten durch reiche Spenden, besonders an die Offiziere, versichert hatte, eroberte er am 4.jul./ 14. November 1633greg. das von den Kaiserlichen unter Aldringen nicht geschützte Regensburg. Er stand in der Oberpfalz längere Zeit Wallenstein gegenüber, nach dessen Ermordung er vergeblich dessen Truppen an sich zu ziehen suchte. Bernhard vereinigte sich sodann mit dem schwedischen General Horn. Beide gewannen am 22. Juli 1634 die Schlacht und Belagerung von Landshut. Bernhard wurde aber in der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634, welche er trotz Horns Widerspruch wagte, von dem überlegenen kaiserlich-spanischen Heer unter Matthias Gallas völlig geschlagen. Diese Niederlage kostete die Schweden den Ruhm der Unbesiegbarkeit und ihre Stellung in Oberdeutschland, Bernhard selbst sein Herzogtum.

Im Dienste Frankreichs

Nachdem er sich 1635 mit Mühe gegen den vorrückenden Feind gehalten hatte und zuletzt über den Rhein zurückgedrängt worden war, sah er sich durch den steten Argwohn Oxenstiernas und durch das Ausbleiben von Unterstützung veranlasst, eine nähere Verbindung mit Frankreich einzugehen. Nach längeren Verhandlungen kam am 27. Oktober 1635 zu Saint-Germain-en-Laye ein Vertrag zustande, wonach Kardinal Richelieu dem Herzog für die Dauer des Krieges 4 Millionen Livres jährliche Subsidiengelder zur Unterhaltung eines Heers von 12.000 Mann zu Fuß und 6.000 Reitern mit der nötigen Artillerie zusagte. In einem geheimen Artikel wurde ihm das Elsass unter der Bedingung, die katholische Religion dort nicht zu verdrängen, und für den Fall, dass jenes Land ihm beim Abschluss des Friedens nicht erhalten werden könne, eine angemessene Vergütung zugesichert. Damit wurde Bernhard, obgleich er dem Namen nach noch als schwedischer General gelten wollte, doch gänzlich von Frankreich abhängig, mit welchem er aber wegen der Ausbezahlung der Subsidien bald in Streit geriet, zu dessen Beseitigung er im März 1636 selbst nach Paris ging.

In demselben Jahr operierte Bernhard im Elsass und in Lothringen, wo er mehrere Plätze eroberte, sah sich aber einerseits durch die Mahnungen des misstrauischen Oxenstierna, anderseits durch die ihm allzu große Schranken setzende Politik Richelieus genötigt, mehr Freiheit und Selbständigkeit für sich in Anspruch zu nehmen. Deshalb schloss er 1637 zu Paris einen neuen Vergleich. Dem Wunsch des französischen Hofs gemäß wandte er sich dann gegen Hochburgund, wo jetzt der kaiserliche General Savelli ein Heer anführte, nahm mehrere Plätze ein und brachte am 24. Juni zwischen Gray und Besançon dem Herzog von Lothringen eine nicht unbedeutende Schlappe bei. Darauf zog er über Mömpelgard durch den Sundgau, setzte am 27. Juli bei Rheinau über den Rhein und verschanzte sich auf der dortigen Rheininsel bei dem Dorf Wittenweier, zog sich aber, von Johann von Werth heftig angegriffen, wieder zurück und nahm im Mömpelgardschen sein Winterquartier. Durch gute Verpflegung stärkte er seine Truppen so, dass er den Feldzug von 1638, den glänzendsten seiner ganzen kriegerischen Laufbahn, sehr frühzeitig eröffnen konnte.

Schon am 18.jul./ 28. Januar 1638greg. brach er auf, setzte am 19.jul./ 29. Januargreg. über den Rhein, bemächtigte sich Säckingens und Laufenburgs und belagerte Rheinfelden, die wichtigste unter den Waldstädten. Hier wurde er am 18.jul./ 28. Februargreg. von den Kaiserlichen unter Savelli und Johann von Werth mit überlegener Macht angegriffen, verlor den Kampf und zog sich zurück. Doch brachte ihnen Bernhard in der Schlacht bei Rheinfelden am 21. Februarjul./ 3. Märzgreg. eine schwere Niederlage bei; Savelli, Johann von Werth und andere Generale gerieten selbst in Gefangenschaft. Nachdem er darauf Rheinfelden, Rötteln und Freiburg im Breisgau eingenommen hatte (März), rüstete er sich, Breisach zu belagern, das wichtige, für unüberwindlich gehaltene Bollwerk im südwestlichen Deutschland.

Umsonst bot der Wiener Hof alles auf, diesen wichtigen Platz zu retten. Zwar versuchte der kaiserliche General Johann von Götzen einen Entsatz der Festung, doch Bernhards Sieg bei Wittenweier am 30. Juli 1638 vereitelte den Angriff. Am 15. Oktober warfen die Verteidiger den Herzog von Lothringen bei Thann zurück und auch ein zweiter Angriff der Kaiserlichen unter Götzen fiel unglücklich aus, obgleich Bernhard damals durch Krankheit geschwächt war. So musste das von Freiherr von Reinach bis aufs äußerste verteidigte Breisach am 7.jul./ 17. Dezember 1638greg. kapitulieren.

Aber während Richelieu die Absicht hatte, den äußerst wichtigen Platz für Frankreich zu gewinnen, war Bernhard willens, Breisach für sich zu behalten und zum Mittel- und Stützpunkt einer selbständigen Herrschaft zu machen, weshalb er auch die Kapitulation nur auf seinen eigenen Namen abgeschlossen hatte. Umsonst erinnerte Richelieu daran, dass Breisach mit französischem Geld und Blut erobert worden sei und nicht zum Elsass gehöre, umsonst trug er dem Herzog die Hand seiner Nichte an: Bernhard schob seine Feldherrnpflichten vor und lehnte die Heirat als eine nicht ebenbürtige ab. Selbst das Versprechen, Breisach nach seinem Tod Frankreich zu überlassen, wollte er nicht leisten, sondern bestimmte Breisach zum Sitz einer Fürstlich Sächsischen Regierung. Aber auch die Anerbietungen, die man ihm von seiten des Wiener Hofs machte, wies er zurück. Er hatte, wie es scheint, die Absicht, sich mit der verwitweten Landgräfin Amalie von Hessen zu vermählen und zwischen dem Kaiser und dessen Gegnern eine dritte vermittelnde Macht zu bilden. Nachdem Bernhard den Winter hindurch in Hochburgund verweilt hatte, begab er sich (Anfang April 1639) nach Breisach zurück.

Vermächtnis und Ende

Während der Vorbereitungen zu dem neuen Feldzug gegen die Kaiserlichen starb er am 18. Juli 1639 in Neuenburg am Rhein. Der Verdacht, dass er an Gift, das ihm vielleicht auf Richelieus Betreiben hin verabreicht worden war, gestorben sei, ist nicht erwiesen. Um Bernhards Erbe stritten alle im Krieg begriffenen Mächte. Sein kurzes Testament bestimmte nur sehr allgemein, dass die eroberten Lande ihrer Wichtigkeit wegen beim Deutschen Reich verbleiben sollten; er wünschte, seine Brüder möchten sie unter schwedischem Schutz übernehmen. Aber nunmehr suchten sich Frankreich, Österreich und Schweden des eroberten Terrains zu bemächtigen. Österreichs Anerbietungen wurden von den Soldaten mit Widerwillen zurückgewiesen.

Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, der die Ansprüche der Brüder geltend machte, fand weder bei den Schweden noch bei Frankreich Beistand; selbst seine Ansprüche auf Bernhards Privatvermögen wurden beim Abschluss des Westfälischen Friedens nicht beachtet. Der Kommandant von Breisach, Johann Ludwig von Erlach, überließ Bernhards Eroberungen und Soldaten an Frankreich gegen die Bewilligung eines Jahrgeldes und des französischen Bürgerrechts. Bernhards Regimenter gingen indes später größtenteils zu den Schweden über und nahmen an den letzten Entscheidungen teil. Bernhards Leichnam, der vorläufig zu Breisach beigesetzt worden war, wurde am 15. September 1655 nach Weimar gebracht.

Literatur

  • Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580-1626). Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg, Berlin 2010 (Duncker & Humblot, Historische Forschungen, Bd. 94); ISBN 978-3-428-13321-5
  • Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar : biograph. dargestellt. - Weimar : Verl. d. Landes-Industrie-Comptoirs, 1829, 2 Bde.
  • Gustav Droysen: Bernhard von Weimar. - Leipzig : Duncker & Humblot, 1885, 2 Bde.
  • Paul Schreckenbach: Der deutsche Herzog. Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Leipzig: Staackmann, 1914.
  • Franz Büchler: Herzog Bernhard. Tragödie in fünf Akten. - München: Beck, 1939.
  • Heinrich Bücheler: Bernhard von Sachsen-Weimar : der Cottodiere des Protestantismus. - in: Damals 22.1990. - S. 63-79.
  • Jörg-Peter Findeisen: Der Dreißigjährige Krieg : eine Epoche in Lebensbildern. - Darmstadt: Wissenschaftl. Buchgem., 1998. - S. 285-294.
  • Ariane Jendre: Diplomatie und Feldherrnkunst im dreißigjährigen Krieg : Herzog Bernhard von Weimar im Spannungsfeld der französischen Reichspolitik 1633 - 1639. - Berlin, Univ. Diss., 1998.
  • Karl Menzel: Bernhard, Herzog zu Sachsen-Weimar. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 439–450.
  • Friedrich Hermann Schubert: Bernhard, Herzog von Sachsen-Weimar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 113–115 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. ↑ Zu den Anfängen unter Mansfeld: Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 268, 270, 274, 369, 379, 424 und 528.

 

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Westfälischer Friede

Als Westfälischer Friede wird die Gesamtheit der zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück geschlossenen Friedensverträge bezeichnet, die den Dreißigjährigen Krieg in Deutschland und zugleich den Achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieg der Niederlande beendeten.

Entsprechend den nach Verhandlungsparteien getrennten Tagungsorten des Friedenskongresses wurden zwei komplementäre Friedensverträge ausgehandelt. Für den Kaiser und Frankreich war dies der Münstersche Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Monasteriensis, IPM) und für Kaiser und Reich einerseits und Schweden andererseits der Osnabrücker Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Osnabrugensis, IPO).[1] Beide Verträge wurden schließlich am selben Tag in Münster im Namen von Kaiser Ferdinand III. und König Ludwig XIV. von Frankreich bzw. Königin Christina von Schweden unterzeichnet.

Vorausgegangen war ein fünf Jahre währender Friedenskongress aller Kriegsparteien, der zugleich in beiden Städten tagte. Es war der erste internationale Kongress, auf dem nahezu alle großen europäischen Mächte vertreten waren. Der Westfälische Friede fixierte im Wesentlichen das Ende der Kampfhandlungen und wichtige Grundentscheidungen, war also im heutigen Politikverständnis vor allem ein Waffenstillstandsvertrag. Die friedenschließenden Parteien verpflichteten sich aber dazu, die Einzelheiten für eine vertragliche Friedensordnung dann in einem separaten Friedensexekutionskongress zu verhandeln. Diese dann nochmals über ein Jahr währenden Verhandlungen fanden im darauffolgenden Jahr beginnend - zwischen April 1649 und Juli 1650 - in Nürnberg statt (Nürnberger Exekutionstag). Die Ergebnisse dieser Verhandlungen wurden in zwei Rezessen zusammengefasst: zum einen in dem sogenannten Interims-Rezess, der im September 1649 beschlossen wurde, und zum zweiten als Abschluss in dem Reichs-Friedens-Rezess vom Juli 1650. Die Rezesse enthielten verbindliche Abmachungen zu Abrüstungs- und Entschädigungsfragen, sie können als eigentlicher Friedensvertrag im heutigen Sinne gelten, da sie darauf abzielten, eine stabile neue Friedensordnung zu schaffen. Die Rezesse bestimmten für über hundert Jahre die politische Neuordnung Mitteleuropas nach Ende des Dreißigjährigen Krieges. Sie wurden als Durchführungsbestimmungen des Westfälischen Friedens und wichtige Ergänzungen und Präzisierungen als Reichsgrundgesetz behandelt und im vollen Wortlaut in den Abschied des Reichstages vom 17. Mai 1654 aufgenommen, genannt Jüngster Reichsabschied.

Der Friede von Münster, Osnabrück und Nürnberg wurde zum Vorbild für spätere Friedenskonferenzen, da er dem Prinzip der Gleichberechtigung der Staaten, unabhängig von ihrer tatsächlichen Macht, zur Durchsetzung verhalf. Die reichsrechtlichen Regelungen des Friedens von Münster, Osnabrück und Nürnberg wurden zu Bestandteilen der Verfassungsordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bis zu dessen Ende im Jahr 1806. Zugleich trug der allgemeine Friede – die pax universalis – von Münster und Osnabrück zur gesamteuropäischen Stabilität bei, da sich spätere Friedensschlüsse bis zur Französischen Revolution immer wieder an ihm orientierten.

Überblick

Obwohl in Münster und Osnabrück nicht alle europäischen Konflikte gelöst werden konnten, wurden doch wichtige Ziele erreicht. Der erste Erfolg war der Friede von Münster, zwischen Spanien und den Niederlanden, von den Gesandten unterzeichnet am 30. Januar 1648. Der Austausch der Ratifikationsurkunden mit feierlicher Beschwörung und öffentlicher Verlesung fand am 15. und 16. Mai 1648 im Rathaus von Münster statt. Die Souveränität der Vereinigten Provinzen der Niederlande wurde anerkannt und sie schieden aus dem Heiligen Römischen Reich aus.

Es gelang in Münster aber keine Lösung für den wichtigsten Hegemonialkonflikt der Zeit zu finden, da die Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien scheiterten. Ein spanisch-französischer Ausgleich kam erst mit dem Pyrenäenfrieden von 1659 zustande. Insofern ist der Westfälische Friede nur ein Teilerfolg des Kongresses gewesen.

Die Westfälischen Friedensverträge beendeten jedoch immerhin den Dreißigjährigen Krieg im Reich. Kern der Regelungen war ein neues Reichsreligionsrecht. Die Rechte der Reichsstände gegenüber dem Kaiser und in ihren eigenen Territorien wurden auf die hergebrachten Grundsätze festgeschrieben. Der Westfälische Friede wurde ein Grundgesetz des Reiches, und war seitdem einer der wichtigsten Teile der Reichsverfassung. Daneben akzeptierten die Friedensverträge auch die Unabhängigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft von der Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte (Art. VI IPO = § 61 IPM) und erkannten damit faktisch ihre staatliche Unabhängigkeit an.

Trotz seines fragmentarischen Charakters galt der Westfälische Friede bis zur Französischen Revolution als Grundlage des Systems der europäischen Staaten, das um 1650 erst im Entstehen begriffen war. Anlass für dieses Urteil sind die Teilnahme vieler politisch relevanter Mächte am Kongress (wichtige Ausnahmen: Polen, Russland, England), ihre ausdrückliche Nennung im schwedisch-kaiserlichen Vertrag, die Garantie für die Einhaltung der Verträge durch Frankreich und Schweden und der Bezug auf sie in späteren Friedensverträgen.

Vorbereitungen des Kongresses

Obwohl das Thema „Universalfriedenskongress“ seit 1637 zwischen den Kriegsparteien verhandelt worden war, wurde erst im Dezember 1641 in Hamburg eine Einigung (Hamburger Präliminarfrieden) über die Teilnehmer und die Orte der Verhandlungen erzielt. Beide Verhandlungsstädte und die Verbindungswege zwischen ihnen waren vorab für entmilitarisiert erklärt worden und alle Gesandtschaften erhielten freies Geleit.

Die wirklichen Friedensverhandlungen begannen im Juni 1645 und wurden in Osnabrück direkt, ohne Vermittlung, zwischen den kaiserlichen, den reichsständischen und den schwedischen Gesandten, in Münster dagegen unter päpstlicher und venezianischer Vermittlung zwischen den kaiserlichen und den französischen Gesandten geführt. Die Trennung geschah, teils um Rangstreitigkeiten zwischen Frankreich und Schweden vorzubeugen, teils auch, weil die protestantischen Mächte und die Römische Kurie nicht miteinander verhandeln wollten.

Kaiser Ferdinand III. wehrte sich anfangs vehement gegen die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen, wurde aber insbesondere durch Frankreich gezwungen, die Beteiligung der Reichsstände zuzulassen. Dadurch wurde der Kongress in Osnabrück neben den Verhandlungen zwischen dem Reich und Schweden zu einem deutschen Verfassungskonvent, während in Münster zusätzlich die europäischen Rahmenbedingungen, die lehnsrechtlichen Probleme und der Friede zwischen Spanien und der Republik der Niederlande verhandelt wurde.

Rang- und Titelstreitigkeiten verzögerten noch lange die Eröffnung des Kongresses, da es die erste Vereinigung der Gesandten der mitteleuropäischen Staaten war und die Etiquette ganz neu geregelt werden musste.

Beteiligte Personen

Von französischer Seite verhandelten in Münster Henri II. d’Orleans, Herzog von Longueville, ein Mitglied des Hochadels, sowie die Diplomaten Claude de Mesmes, comte d'Avaux, und Abel Servien.

Von Schweden waren bevollmächtigt: Johan Oxenstierna, der Sohn des Reichskanzlers Axel Oxenstierna, und Johan Adler Salvius.

Kaiserlicher Hauptgesandter (für beide Orte) war Graf Maximilian von Trauttmansdorff, in Münster unterstützten ihn Graf (später Fürst) Johann Ludwig von Nassau-Hadamar und der Jurist Isaak Volmar, in Osnabrück waren bevollmächtigt Johann Maximilian von Lamberg und der Kaiserliche Reichshofrat Johannes Krane aus Geseke, ebenfalls ein Jurist.

Als Vermittler (Mediatoren) waren der Kölner Nuntius Fabio Chigi (der spätere Papst Alexander VII.) und der venezianische Diplomat Alvise Contarini berufen worden.

Vom spanischen Hof waren Gaspar de Bracamonte y Guzmán conde de Peñaranda, Diego de Saavedra Fajardo, Antoine Brun, Joseph Bergaigne u. a. anwesend.

Die Generalstaaten hatten sechs Bevollmächtigte geschickt, Adriaan Pauw und Willem Ripperda; die Eidgenossenschaft vertrat Johann Rudolf Wettstein, Bürgermeister von Basel. Daneben waren zahlreiche Reichsstände vertreten.

Unter den Gesandten der evangelischen Stände zeichneten sich aus: Der Gesandte Sachsen-Altenburgs, Wolfgang Konrad von Thumbshirn, der Gesandte von Kursachsen Johann Ernst Pistoris, der zusammen mit Johann Leuber zeitweise auch den Vorsitz im Corpus Evangelicorum innehatte, sowie der Bevollmächtigte des Hauses Braunschweig-Lüneburg, Jakob Lampadius. Die Gesandtschaft von Kurbrandenburg wurde von Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein geleitet.

Für Kurtrier nahm Hugo Friedrich von Eltz teil. Kurmainz war durch Hugo Everhard Cratz von Scharfenstein und Nikolaus Georg Reigersberg vertreten. Franz Wilhelm von Wartenberg war Gesandter für Kurköln. Für Bamberg nahm der Präfekt des Domkapitels Cornelius Gobelius als Gesandter teil. Andere, wie der Gesandte von Württemberg, Johann Konrad Varnbüler, trugen durch ihre engen Kontakte zu Schweden erheblich zu den späteren Regelungen bei. Adam Adami, der Gesandte des Fürstabtes von Corvey, war der Geschichtsschreiber der Versammlung.

Verhandlungen

Während der Verhandlungen dauerte der Krieg unvermindert an und die militärischen Erfolge der ausländischen Mächte beeinflussten die Verhandlungen erheblich.

Obwohl die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen mehrfach gefordert wurde (Admissionsstreit), vertrat der Kaiser das Reich anfangs alleine. Ein seit 1642/43 in Frankfurt tagender Reichsdeputationstag beriet hingegen die verfassungspolitischen Probleme des Reiches. Dementsprechend schlug der schwedische Gesandte Johan Adler Salvius schon 1643 vor, die Majestätsrechte zu usurpieren, und formulierte: Ihre Sekurität besteht in der deutschen Stände Libertät.[2]

Der schwedische General Torstensson drang sogar 1645 in die kaiserlichen Erbländer bis an die Donau ein, und Königsmarck eroberte am 15. Juli 1648 die Prager Kleinseite. Dies gab bei den langen und schwierigen Unterhandlungen den Ausschlag, und beide Friedensverträge wurden nun am 24. Oktober 1648 zu Münster unterzeichnet. Erst nahezu vier Monate später am 18. Februar 1649 wurden die Ratifikationsurkunden ausgetauscht, und noch lange dauerten verschiedene Verhandlungen über die Umsetzung der Friedensbestimmungen. Für die Abwicklung der Demobilisierung, die mit einer großen Geldzahlung an Schweden verbunden war, wurden neue Verhandlungen nötig, die in Nürnberg vom Mai 1649 an stattfanden, und mit zwei Vereinbarungen, vom 26. Juni 1650 und vom 2. Juli 1650, endeten. Der vom Heiligen Stuhl im August 1650 gegen den Friedensvertrag eingelegte und auf den 26. November 1648 zurückdatierte Protest gegen die religionsrechtlichen Regelungen der Verträge blieb wirkungslos.

Bestimmungen des Westfälischen Friedens

Territoriale Veränderungen

Schweden erhielt außer einer Kriegsentschädigung von 5 Millionen Taler ganz Vorpommern neben der Insel Rügen und den Odermündungen, dazu das rechte Oderufer; ferner die Stadt Wismar vom Herzogtum Mecklenburg und die Bistümer Bremen und Verden. Alle diese Länder sollten deutsche Reichslehen bleiben, und Schweden sollte sie als deutscher Reichsstand mit Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen besitzen.

Der Kurfürst von Brandenburg bekam den Rest von Pommern und als Entschädigung für Vorpommern, auf welches sein Haus nach dem Erlöschen des pommerschen Herzogsgeschlechts (1657) ein Erbrecht hatte, die Bistümer Magdeburg, Halberstadt, Minden und Cammin; doch blieb Magdeburg bis 1680 im Besitz des damaligen Administrators, des sächsischen Prinzen August. Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin erhielt für die Abtretung von Wismar die Bistümer Schwerin und Ratzeburg. Dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde die Herrschaftsfolge im Hochstift Osnabrück, abwechselnd mit einem katholischen, vom Domkapitel gewählten Bischof (alternative Succession), zugestanden sowie die Klöster Walkenried und Gröningen überlassen. Die Landgrafschaft Hessen-Kassel erhielt die gefürstete Abtei Hersfeld und einen Teil der ehemaligen Grafschaft Schaumburg. Bayern blieb im Besitz der Oberpfalz und der Kurwürde. Die Rheinpfalz mit der neu geschaffenen achten Kurwürde und dem Erzschatzmeisteramt wurde dem Sohn des geächteten Friedrich V., Karl Ludwig, zurückgegeben (Causa palatina).

Frankreich erhielt die Bistümer und Städte Metz, Toul und Verdun, die sogenannten Trois-Évêchés, welche es tatsächlich schon seit 1552 besaß. Ferner trat der Kaiser alle Rechte, die sowohl das Haus Österreich als auch das Reich bisher auf die Stadt Breisach, die Landgrafschaften Ober- und Unterelsass, den Sundgau und die Landvogtei der zehn vereinigten Reichsstädte im Elsass gehabt hatten, der Krone Frankreich auf ewig ab.

Die Eidgenossenschaft wurde faktisch als unabhängig vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation anerkannt. Im Frieden von Münster, einem Teil des Westfälischen Friedens, wurde die Unabhängigkeit der Niederlande vom Heiligen Römischen Reich anerkannt. Abgesehen von diesen Veränderungen, setzte der Friede eine unbeschränkte Amnestie für alles, was seit 1618 geschehen war, und eine Wiederherstellung (Restitution) des kirchlichen Besitzstandes von 1624 im sogenannten Normaljahr fest. Nur der Kaiser erreichte davon für seine Erblande eine Ausnahme, indem er für die Eigentums- und Besitzrestitution seiner Untertanen nur das Stichjahr 1630 anerkannte.

Kirchliche und politische Angelegenheiten

In der kirchlichen Frage bestätigte der Friede den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden und schloss nun die Reformierten in die den Augsburger Religionsverwandten gewährte Rechtsstellung ein. Beide Konfessionen, die katholische wie die evangelische, wurden vollkommen gleichgestellt; die evangelische Minorität durfte auf den Reichstagen in Religionssachen nicht überstimmt werden. Die reformatorischen Täufer waren weiterhin von der rechtlichen Anerkennung auf Reichsebene ausgeschlossen. Der Streit über die geistlichen Stifte und Güter wurde unter Aufhebung des Restitutionsedikts von 1629 dahin ausgeglichen, dass 1624 Normaljahr sein und der evangelische und katholische Besitzstand so bleiben oder wiederhergestellt werden sollte, wie er am 1. Januar 1624 gewesen war. Doch wurden auch hiervon die kaiserlichen Erblande ausgenommen, in denen der Kaiser das unbeschränkte landesherrliche Reformationsrecht mit wenigen Ausnahmen behaupten konnte. Die Territorialhoheit der Reichsstände wurde ausdrücklich anerkannt, ihnen wurde das Recht bestätigt, zu ihrer Erhaltung und Sicherheit untereinander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen. Diese durften nur nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet sein. Die neue Verfassung des Reichs sollte auf dem nächsten Reichstag beraten werden.

Für die konfessionell gemischten Reichsstädte Ravensburg, Biberach und Dinkelsbühl in Süddeutschland wurde ein paritätisches Regierungs- und Verwaltungssystem eingeführt (Gleichberechtigung und exakte Ämterverteilung zwischen Katholiken und Protestanten, siehe Paritätische Reichsstadt). In Augsburg war die Parität schon in der Stadtverfassung von 1548 verankert und wurde durch diesen Vertrag bestätigt.

Wertung und Ausblick

Der Westfälische Friede war ein Kompromiss zwischen allen beteiligten Parteien, der möglich wurde, weil durch die totale Erschöpfung der Ressourcen und die allgemeine Kriegsmüdigkeit keine Seite durch die Fortführung des Krieges etwas gewinnen konnte. Das umfangreiche Regelwerk umfasst neben einem revidierten Religionsfrieden auch weitgehende Regelungen der Verfassungsverhältnisse des Reiches, die auf einen Ausgleich zwischen Kaiser und Reichsständen bedacht sind. Damit wurde der Friedensvertrag neben der Goldenen Bulle zum wichtigsten Dokument der Reichsverfassung. Viele der in ihm festgelegten politischen Kompromisse wirken noch bis in die Gegenwart fort. Im Vertragswerk offen gebliebene Fragen, insbesondere zum Thema Truppenabzug, wurden in den Folgemonaten im Friedensexekutionskongress in Nürnberg geklärt.

Nach heutigem Verständnis wird der Westfälische Friede als historischer Beitrag zu einer europäischen Friedensordnung gleichberechtigter Staaten und als Beitrag zum friedlichen Miteinander der Konfessionen gewertet. Die Verhandlungen von Münster, Osnabrück und Nürnberg stehen am Anfangspunkt einer Entwicklung, die zur Herausbildung des modernen Völkerrechts geführt hat, weshalb die Politikwissenschaft hier die Grundlagen des souveränen Nationalstaats sieht. Die Politikwissenschaft bezieht sich bei der Betrachtung von internationalen Beziehungen explizit aber nicht ausschließlich auf die Interaktion zwischen souveränen Staaten, das so genannte Westfälische System. Für dessen Aufrechterhaltung plädiert der Realismus.

Von den Zeitgenossen wurde der Friede als heiß ersehntes Ende eines jahrzehntelangen Krieges begrüßt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt er insbesondere den Protestanten als Fundament der reichsständischen Libertät und Quelle der Religionsfreiheit der Reichsstände.

Erst im 19. Jahrhundert verdüsterte sich die Einschätzung aus dem Blickwinkel des kleindeutsch-preußischen Nationalismus, aber auch aus großdeutscher Perspektive. Der Friede wurde als Schande und Erniedrigung für Deutschland abqualifiziert; das Heilige Römische Reich als wehrlose Beute des „Erbfeinds“ Frankreichs gesehen. Dies zeigt sich noch in der Wertung in Meyers Konversationslexikon von 1889:

    Das Reich verlor durch den Frieden eine Ländermasse von mehr als 100.000 km² mit 4,5 Millionen Menschen und erhielt eine ganz zerstückelte, wehrlose Grenze gegen Frankreich.

Ähnlich sah es mit dem Verhältnis Kaiser und Reichsstände aus. Meyers weiter:

    Der Kaiser musste im Frieden auf den letzten Rest seiner Macht verzichten.[3]

Im Nationalsozialismus spitzte sich diese Einschätzung noch zu. Der Friedensschluss wurde als anti-französische Propaganda instrumentalisiert. Heute gilt die Entstehung des deutschen Nationalstaates nicht mehr als einziger Maßstab zur Bewertung historischer Ereignisse. Die neueste Forschung sieht im Westfälischen Frieden daher eher den Beginn einer neuen Machtbalance und Kooperation zwischen den Reichsständen, dem Kaiser und den Institutionen des Reiches. Die europäische Dimension des Vertrages (vor allem die Schweiz und die Niederlande betreffend) sollte auch nicht übersehen werden.

Quellen

  • Acta Pacis Westphalicae. Münster/Westfalen, 1962 ff. (Aktenedition, bisher 44 Bde. erschienen)
    • Serie I: Instruktionen
    • Serie II: Korrespondenzen
    • Serie III: Protokolle, Verhandlungsakten, Diarien, Varia; insbesondere Serie III, Abt. B: Verhandlungsakten, Bd. 1: Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden (in 3 Teilbänden), Aschendorff, Münster 2007
  • Ferdinand III., Ludwig XIV.: Westfälischer Friede - Vertrag von Münster (Instrumentum Pacis Monasteriensis). Offizielle deutsche Übersetzung, Philipp Jacob Fischer, Frankfurt am Main 1649.
    • digitate Volltextausgabe Vertrag von Münster in Wikisource
    • Volltextausgabe, Internetportal Westfälische Geschichte
  • Ferdinand III., Kristina von Schweden: ''Westfälischer Friede - Vertrag von Osnabrück (Instrumentum Pacis Osnabrugensis). Offizielle deutsche Übersetzung, Philipp Jacob Fischer, Frankfurt am Main 1649.
    • digitate Volltextausgabe Vertrag von Osnabrück in Wikisource
    • Volltextausgabe, Internetportal Westfälische Geschichte
  • Lateinische Originaltexte der Verträge des Westfälischen Friedens, deutsche Übersetzungen aus den Jahren 1648, 1720, 1975 und 1984 und diverse anderssprachigen Übersetzungen auf der Homepage der Acta Pacis Westphalicae

Literatur

  • Klaus Bußmann, Heinz Schilling: 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.] Münster/ Osnabrück 1998, ISBN 3-88789-127-9.
  • Fritz Dickmann: Der Westfälische Frieden. Münster, 7. Auflage. Aschendorff Verlag, Münster 1998, ISBN 3-402-05161-3.
  • Heinz Duchhardt (Hrsg.): Bibliographie zum Westfälischen Frieden. Bearbeitet von Eva Ortlieb und Matthias Schnettger. Münster: Aschendorff, 1996 (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 26), ISBN 3-402-05677-1.
  • Heinz Duchhardt: Der Westfälische Friede. Diplomatie - politische Zäsur - kulturelles Umfeld - Rezeptionsgeschichte. München 1998, ISBN 3-486-56328-9.
  • Herbert Langer: Das Tagebuch Europas. Sechzehnhundertachtundvierzig, Der Westfälische Friede. Brandenburg. V., Berlin 1994, ISBN 3-89488-070-8.
  • Christoph Link: Die Bedeutung des Westfälischen Friedens in der deutschen Verfassungsentwicklung. Zum 350-jährigen Jubiläum eines Reichsgrundgesetzes. In: Juristenzeitung. 1998, S. 1–9.
  • Eva Ortlieb, Heinz Duchhardt (Hrsg.): Der Westfälische Friede. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-64425-4.
  • Roswitha Philippe: Württemberg und der Westfälische Friede. Aschendorff, Münster 1976, ISBN 3-402-05627-5. (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 8)
  • Michael Rohrschneider: Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongress (1643 - 1649). Aschendorff, Münster 2007, (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 30), ISBN 3-402-05681-X.
  • Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806. München 1999, ISBN 3-406-45335-X.
  • Benno Teschke: Mythos 1648 - Klassen, Geopolitik und die Entstehung des europäischen Staatensystems. Münster 2007, ISBN 978-3-89691-122-3.
  • Anuschka Tischer: Französische Diplomatie und Diplomaten auf dem Westfälischen Friedenskongress. Außenpolitik unter Richelieu und Mazarin. Aschendorff, Münster 1999, ISBN 3-402-05680-1. (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 29)
  • Manfred Wolf: Das 17. Jahrhundert. In: Wilhelm Kohl (Hrsg.): Westfälische Geschichte. Band 1. Schwann, Düsseldorf 1983, S. 537–685, bes, ISBN 3-590-34211-0, S. 561 ff. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, XLIII)

Anmerkungen

  1. ↑ Vgl. beide Vertragstexte auf Internetportal "Westfälische Geschichte", hier: Abschnitt Weblinks/Quellen
  2. ↑ zitiert nach Schmidt, S. 178.
  3. ↑ Vgl. hierzu: Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage. 1888, Band 16, S. 558 f.

 

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Das Gemaelde Der Friede von Muenster auch Beschwoerung des Westfälischen Friedens   -   Für eine größere Bilddarstellung klicken Sie bitte auf das Foto.

↑  oben: Das Gemälde ,,Der Friede von Münser“ oder auch ,,Beschwörung des Westfälischen Friedens“: Der holländische Maler Gerard ter Borch (der Jüngere), auch Gerard Terborch genannt, erschuf 1648 auf  porträtgenauer Weise die feierliche Beendigung der Friedensverhandlungen im Rathaussaal von Münster. Das ca. 45,4 x 58,7 cm große Ölgemälde auf Kupfer befindet sich heute im Rijksmuseum Amsterdam (Holland).

Liste der Gesandten beim Westfälischen Frieden

Liste der Gesandten und ihrer Entsender beim Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück (1643–1648).[1][2]

Übersicht

Besonders zu erwähnen sind auch die Gesandten der Generalstaaten. Fabio Chigi, der Apostolische Nuntius, und Alvise Contarini, der Gesandte der Republik Venedig, wirkten als Friedensvermittler. Als Bevollmächtigte der Reichsstädte dienten Johann Rudolf Wettstein für die Stadt Basel und die Schweizerische Eidgenossenschaft, und Johann von Reumont als Obrist und Stadtkommandant von Münster.[3]

Gesandte

Legende:

 

 Kaiserliche Gesandte

 

 Königlich span., franz. und schwed. Gesandte

 

 Gesandte der deutschen Kurfürsten

Entsendestaat 

Herrscher (Staatsoberhaupt)

Gesandter

Anmerkungen

Anhalt-Bernburg,

Fürstentum  Fürst:

Christian II. von Anhalt-Bernburg

(1599–1656) 

Georg Achatz Heher

(1601–1667)

Gesandter des Herzogs von Sachsen-Gotha in Münster und Osnabrück, 1645–1648

Baden-Durlach,

Markgrafschaft  Markgraf:

Friedrich V. von Baden-Durlach

(1594–1659)

Johann Georg von Merckelbach

(1609–1680)

 

Basel,

Stadt

 Bürgermeister:

Johann Rudolf Wettstein

(1594–1666) 

Johann Rudolf Wettstein

(1594–1666)

Gesandter der Stadt Basel und der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Münster und Osnabrück, 1646–1647

Bayern

Kurfürstentum  Kurfürst:

Maximilian I. von Bayern

(1573–1651)

Georg Christoph von Haslang

(1602–1684)

Prinzipalgesandter des bayerischen Kurfürsten in Münster, ab 1645

Böhmen,

Königreich

König:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657)

Ferdinand Ernst von Walnstein

(–1655 oder 1665)

Kaiserlicher Bevollmächtigter für Böhmen in Münster und Osnabrück, 1645–1647

Brandenburg,

Kurfürstentum 

 

Kurfürst:

Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg

(1620–1688) 

Johann VIII. zu Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein

(1601–1657)

Prinzipalgesandter des Kurfürsten von Brandenburg in Münster und Osnabrück, 1645–1648

Brandenburg,

Kurfürstentum 

Kurfürst:

Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg

(1620–1688) 

Matthäus Wesenbeck d. J.

(1600–1659)

Gesandter des Kurfürsten von Brandenburg in Osnabrück, 1645–1648

Brandenburg-Ansbach,

Markgrafschaft

   Markgraf:

Albrecht II. von Brandenburg-Ansbach

 (1620–1667) 

Johann Fromhold

 (1602–1653)

Sekundargesandter des Kurfürsten von Brandenburg für die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach in Münster und Osnabrück, 1645–1648

Braunschweig-Lüneburg,

Herzogtum 

Herzog:

Friedrich IV. von Braunschweig-Lüneburg

(1574–1648) 

Heinrich Langenbeck

 (1603–1669)

Prinzipalkommissar des Hauses Braunschweig-Lüneburg in Osnabrück, ab 1643

Braunschweig-Wolfenbüttel,

Herzogtum 

Herzog:

August II. von Braunschweig-Wolfenbüttel

(1579–1666) 

Chrysostomus Cöler

 (1607–1664)

Gesandter des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg zu Wolfenbüttel in Osnabrück, ab 1646

Braunschweig-Calenberg,

Fürstentum 

Herzog:

Christian Ludwig von Braunschweig-Calenberg

(1622–1665) 

Jakob Lampadius

(1593–1649)

Gesandter des Herzogs von Braunschweig-Calenberg in Osnabrück, 1644–1649

Bremen,

 Reichsstadt 

Bürgermeister:

Hermann Wachmann (1579–1658) und

Statius Speckhan (1599–1679) 

Gerhard Coccejus

 (1601–1660)

Gesandter der Stadt Bremen und der Deutschen Hanse in Osnabrück, 1644–1648

Colmar,

 Reichsstadt 

Bürgermeister:

 k.A. 

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645–1646 und 1647–1648

Dtld.

Heiliges Römisches Reich,

Kaiserreich 

Kaiser:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657) 

Maximilian von und zu Trauttmansdorff

(1584–1650)

Hauptgesandter des Kaisers in Münster und Osnabrück, 1645–1647

Dtld.

Heiliges Römisches Reich,

Kaiserreich 

Kaiser:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657) 

Isaak Volmar

(1582–1662)

Kaiserlicher Hauptgesandter, Nachfolger Trauttmansdorffs in Münster, 1643-1649

Dtld.

Heiliges Römisches Reich,

Kaiserreich 

Kaiser:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657) 

Johann Ludwig von Nassau-Hadamar

(1590–1653)

Kaiserlicher Gesandter in Münster, 1643-1648

Dtld.

Heiliges Römisches Reich,

Kaiserreich

Kaiser:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657) 

Johann Maximilian von Lamberg

(1608–1682)

Kaiserlicher Prinzipalgesandter in Osnabrück, 1644-1649

Dtld.

Heiliges Römisches Reich,

Kaiserreich 

Kaiser:

Ferdinand III. von Österreich

(1608–1657) 

Johann Krane

(1595–1673)

kaiserlicher Gesandter in Osnabrück, 1643-1648

Esslingen am Neckar,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

Georg Wagner

(1605–1661)

Valentin Heider

(1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Frankreich,

 Königreich

König:

Ludwig XIV. von Frankreich

 (1638–1715)

Henri II. d’Orléans-Longueville

 (1595–1663)

Außerordentlicher Gesandter des französischen Königs in Münster, 1645-1648

Frankreich,

 Königreich

König:

Ludwig XIV. von Frankreich

 (1638–1715)

Claude de Mesmes

 (1595–1650)

Gesandter des französischen Königs in Münster, 1644-1648

Frankreich,

 Königreich 

König:

Ludwig XIV. von Frankreich

 (1638–1715)

Abel Servien

 (1593–1659)

Gesandter des französischen Königs in Münster und Osnabrück, 1644-1646, 1647-1648

Hagenau,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Hall, Schwäbisch,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Hamburg,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

Ulrich Winkel

Bartholomäus Moller (2. Bgm.)

Johann Christoph Meurer

 (1598-1652)

Gesandter der Stadt Hamburg in Osnabrück, ab 1645

Hanse,

 Städtebund

 

Gerhard Coccejus

 (1601–1660)

 

Hessen-Darmstadt,

 Landgrafschaft

Landgraf:

Ludwig VI. von Hessen-Darmstadt

 (1630–1678)

Johann Jakob Wolff von Todenwarth

 (1585–1657)

Gesandter des Landgrafen von Hessen-Darmstadt und der Stadt Regensburg in Münster und Osnabrück, 1645-1649

Hessen-Kassel,

 Landgrafschaft

Regentin:

Amalie Elisabeth von Hanau-Münzenberg

 (1602–1651)

Reinhard Scheffer der Jüngste

 (1590–1656)

Gesandter der Landgrafschaft Hessen-Kassel in Osnabrück, ab 1644

Kaysersberg,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Kempten (Allgäu),

 Reichsstadt

Bürgermeister:

Wolfgang Leonhard Jenisch

 (1596–1656)

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Köln,

 Kurfürstentum

Kurfürst:

Ferdinand von Bayern

 (1577–1650)

Franz Wilhelm von Wartenberg

 (1593–1661)

Kurkölnischer Hauptgesandter in Münster und Osnabrück, ab 1643

Landau (in der Pfalz),

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Markus Otto

 (1600-1674)

Abgesandter der Stadt Straßburg in Münster und Osnabrück, 1645-1648

Leutkirch (im Allgäu),

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Lindau,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

Daniel Heider

 (1572–1647)

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Lübeck,

 Reichs- und Hansestadt

Bürgermeister:

Christoph Gerdes (1590–1661),

Heinrich Wedemhof (1584–1651) und

Otto Brokes (1574–1652)

David Gloxin

 (1597–1671)

Syndicus der Hansestadt Lübeck, Abgesandter der Reichs- und Hansestadt Lübeck in Osnabrück, 1644-1649; unterzeichnete zugleich für die Reichsstädte Goslar und Nordhausen

Mainz,

 Kurfürstentum

Kurfürst:

Anselm Casimir Wambolt von Umstadt

 (1579–1647)

 ab 1647: Johann Philipp von Schönborn

 (1605–1673)

Hugo Everhard Cratz von Scharfenstein

 (1595–1663)

Kurmainzischer Hauptgesandter in Münster und Osnabrück, 1645-1647

Mainz,

 Kurfürstentum 

Kurfürst:

Anselm Casimir Wambolt von Umstadt

 (1579–1647)

 ab 1647: Johann Philipp von Schönborn

 (1605–1673) 

Nikolaus Georg von Reigersberg

 (–1651)

Kurmainzischer Sekundargesandter in Münster, 1645-1648

Mecklenburg-Güstrow,

 Herzogtum

Herzog:

Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow

 (1633–1695)

Abraham Keyser

 (1603–1652)

Gesandter der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow in Osnabrück, 1644-1649

Mecklenburg-Schwerin,

Herzogtum

Herzog:

Adolf Friedrich I. von Mecklenburg-Schwerin

 (1588–1658)

Abraham Keyser

 (1603–1652)

Gesandter der Herzöge von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow in Osnabrück, 1644-1649

Münster (im Gregorienthal),

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Niederlande,

 Generalstaaten 

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650) 

Barthold van Gent

 (–1650)

Gesandter der Provinz Gelderland, Sprecher der niederländischen Gesandtschaftin Münster und Osnabrück, 1646-1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Johan van Mathenesse

 (1596–1653)

Gesandter der Provinzen Holland und Westfriesland in Münster, 1646, 1647-1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Adriaan Pauw

 (1585–1653)

Gesandter der Provinz Holland und Westfriesland in Münster und Osnabrück, 1646-1647, 1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Johan de Knuyt

 (1587–1654)

Gesandter der Provinz Zeeland in Münster und Osnabrück, 1646-1647

Niederlande,

 Generalstaaten 

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Godart van Reede

 (1588–1648)

Gesandter der Provinz Utrecht in Münster, 1646, 1647, 1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Frans van Donia

 (ca. 1580–1651)

Gesandter der Provinz Friesland in Münster und Osnabrück, 1646, 1647, 1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Willem Ripperda

 (1600–1669)

Gesandter der Provinz Overijssel in Münster und Osnabrück, 1646, 1647, 1648

Niederlande,

 Generalstaaten

Statthalter:

Friedrich Heinrich von Oranien (1584–1647)

 ab 1647:

Wilhelm II. von Oranien (1626–1650)

Adriaan Clant van Stedum

 (1599–1665)

Gesandter der Provinz Groningen in Münster und Osnabrück, 1646, 1647, 1648

Nördlingen,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Nürnberg,

Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Jobst Christoph Kreß von Kressenstein

(1597–1663)

Gesandter der Stadt Nürnberg in Münster und Osnabrück, 1646-1649

Oberehnheim,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Regensburg,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Jakob Wolff von Todenwarth

 (1585–1657)

Gesandter des Landgrafen von Hessen-Darmstadt und der Stadt Regensburg in Münster und Osnabrück, 1645-1649

Rosheim,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Sachsen,

 Kurfürstentum

Kurfürst:

Johann Georg I. von Sachsen

 (1585–1656)

Johann Ernst Pistoris von Seußlitz

 (1605–1680)

Kursächsischer Prinzipalgesandter in Münster und Osnabrück, 1646-1647

Sachsen,

 Kurfürstentum

Kurfürst:

Johann Georg I. von Sachsen

 (1585–1656)

Johann Leuber

 (1588–1652)

Kursächsischer Sekundärgesandter in Münster und Osnabrück, 1646-1649

Sachsen-Gotha,

 Herzogtum

Ernst I. von Sachsen-Gotha

 (1601–1675)

Georg Achatz Heher

 (1601–1667)

 

Sachsen-Altenburg und Coburg,

 Herzogtum

Ernst I. von Sachsen-Gotha

 (1601–1675)

Wolfgang Conrad von Thumbshirn

 (1604–1667)

Prinzipalgesandter des Herzogs von Sachsen-Altenburg und Coburg in Osnabrück, 1645-1649

Sachsen-Altenburg und Coburg,

 Herzogtum

Ernst I. von Sachsen-Gotha

 (1601–1675)

August Carpzov

 (1612–1683)

Sekundargesandter des Herzogs von Sachsen-Altenburg in Osnabrück, 1645-1649

Sachsen-Weimar,

 Herzogtum

Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar

 (1598–1662)

Georg Achatz Heher

 (1601–1667)

Gesandter des Herzogs von Sachsen-Gotha in Münster und Osnabrück, 1645-1648

Schlettstadt,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Schweden,

 Königreich 

Königin:

Christina von Schweden

 (1626–1689) 

Johan Axelsson Oxenstierna

 (1611–1657)

Schwedischer Prinzipalgesandter in Münster und Osnabrück, 1643-1648

Schweden,

 Königreich

Königin:

Christina von Schweden

 (1626–1689)

Johan Adler Salvius

 (1590–1652)

Bevollmächtigter der Schwedischen Königin in Münster und Osnabrück, 1643-1650

Schweden,

 Königreich

Königin:

Christina von Schweden

 (1626–1689)

Schering Rosenhane

 (1609–1663)

Resident der Königin in Münster, 1645-1647

Schweiz,

 

 

Eidgenossenschaft    Johann Rudolf Wettstein

 (1594–1666)

Gesandter der Stadt Basel und der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Münster und Osnabrück, 1646-1647

Spanien,

 Königreich

König:

Philipp IV. von Spanien

 (1605–1665)

Gaspar de Bracamonte y Guzmán

 (ca. 1596–1676)

Spanischer Prinzipalgesandter in Münster, 1645-1648

Spanien,

 Königreich

König:

Philipp IV. von Spanien

 (1605–1665)

Joseph Bergaigne

 (1588–1647)

Bevollmächtigter des spanischen Königs in Münster, 1645-1647

Spanien,

 Königreich

König:

Philipp IV. von Spanien

 (1605–1665)

Antoine Brun

 (1599–1654)

spanischer Bevollmächtigter für Burgund in Münster, 1643-1648

Straßburg,

 Reichsstadt

Ammeister:

 1645: Madeus Stemler

 1646: Balthasar Bischoff

 1647: Johann Jakob Meyer (1572–1659)

 1648: Jochum Brackenhoffer

Markus Otto

 (1600-1674)

Abgesandter der Stadt Straßburg in Münster und Osnabrück, 1645-1648

Trier,

 Kurfürstentum

Kurfürst:

Philipp Christoph von Sötern

 (1567–1652)

Hugo Friedrich zu Eltz

 (1597–1658)

 

Türkheim,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Johann Balthasar Schneider

 (1612–1656)

Gesandter der Stadt Colmar und der elsässischen Städte in Münster und Osnabrück, 1645-1646 und 1647-1648

Heiliger Stuhl, 

Papst:

Innozenz X.

 (1574–1655) 

Fabio Chigi

 (1599–1667)

Päpstlicher Nuntius in Münster, 1644-1649

Venedig,

 Republik

Doge:

Francesco Molin

 (1575–1655)

Alvise Contarini

 (1597–1651)

Gesandter der Republik Venedig und Vermittler in Münster, 1643-1649

Weißenburg,

 Reichsstadt

Bürgermeister:

 k.A.

Valentin Heider

 (1605–1664)

Abgesandter der Städte Lindau, Kempten, Esslingen, Hall, Nördlingen, Weißenburg und Leutkirch in Osnabrück, 1645-1649

Württemberg,

 Herzogtum

Herzog:

Eberhard III. von Württemberg

 (1614–1674)

Johann Konrad Varnbüler

 (1595–1657)

 

Literatur

Heinz Duchhardt, Eva Ortlieb: Der Westfälische Friede: Diplomatie, politische Zäsur, kulturelles Umfeld, Rezeptionsgeschichte, R. Oldenbourg, München, 1998

Heiko Droste: Im Dienst der Krone: schwedische Diplomaten im 17. Jahrhundert, LIT Verlag Münster, 2006 (online)

Johann Ludolf Walther, Universal-Register über die sechs Theile der westphalischen Friedens, Digitalisat Biographien aller Gesandten

Einzelnachweise

  1. ↑ Westfälische Geschichte: Die Gesandten (alphabetische Reihenfolge). Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Abgerufen am 26. Januar 2014.
  2. ↑ Westfälische Geschichte: Die Entsender und ihre Gesandten. Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Abgerufen am 26. Januar 2014.
  3. ↑ 350 Jahre Westfälischer Friede: Akteure des 30-jährigen Krieges. Stadt Münster (Westfalen). 1998. Abgerufen am 26. Januar 2014.

 

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Neustadt in Holstein

Neustadt in Holstein (niederdeutsch: Niestadt in Holsteen) ist eine Stadt im Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein. Gegründet wurde sie im Jahr 1244 von Adolf IV. von Holstein. Neustadt in Holstein war ehemals für seine Hafenanlagen bekannt, heute ist es Reiseziel vieler Touristen und dient als Erholungs- und Kulturort.

Geografie

Neustadt in Holstein ist eine Hafenstadt in Wagrien an der Lübecker Bucht (Ostsee), 32 km nördlich von Lübeck und 67 km südöstlich von Kiel. In der Nähe liegende größere Orte sind an der Lübecker Bucht im Süden Sierksdorf und Scharbeutz, im Osten Grömitz, ferner westlich liegend Rogerfelde ein Ortsteil der Gemeinde Altenkrempe und nordöstlich Merkendorf ein Ortsteil der Gemeinde Schashagen.

Natur

Nordwestlich der Stadt befindet sich das Naturschutzgebiet Neustädter Binnenwasser, ein Brackwassersee mit angrenzenden Salzwiesen. Neustadt ist von vielen Äckern mit Knicks umgeben.

Naturschutz

Um den Naturschutz im Raum Neustadt in Holstein kümmert sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Das größte Projekt des BUND ist das Umwelthaus Neustädter Bucht. Das Hauptgebäude des im Mai 1991 gegründeten Umwelthauses Neustädter Bucht wurde bis Anfang 1991 für ein Jugendaufbauwerk genutzt. Das Umwelthaus wurde von engagierten Lehrern, Eltern und Politikern gegründet. Man möchte eher jüngere Kinder ansprechen und diese für die Natur sensibilisieren, sodass diese selbst ein Gespür für sich und die Natur entwickeln. Die Einrichtung hat drei feste Angestellte und wird vom BUND betreut. Außerdem wird ein FöJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) angeboten.

Die Bürgerinitiative für ein besseres Müllkonzept in Ostholstein e.V. gründete sich, nachdem bekannt wurde, dass der Zweckverband Ostholstein (ZVO) die Verbrennungskapazität seines Müllheizkraftwerkes im Industriegebiet westlich der Stadt Neustadt von 80.000 t pro Jahr auf 140.000 t erweitern wollte. Die BI trat dafür ein, die Anlage am vorhandenen Standort nicht auszubauen und mobilisierte Widerstand in der Öffentlichkeit gegen die ZVO-Planungen. Im Planfeststellungsverfahren für die Anlagenerweiterung erhoben daraufhin mehr als 5000 betroffene Einzelpersonen Einwendungen. Unter dem Eindruck des Widerstandes in der Bevölkerung stellte sich auch die Stadt Neustadt gegen die ZVO-Planungen und klagte gegen die Teilgenehmigung des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume für die Erweiterung des Müllheizkraftwerkes. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hob am 2. Februar 2010 die Teilgenehmigung auf.[2] Ein halbes Jahr nach der Gerichtsentscheidung gab der ZVO bekannt, dass er auf die Erweiterung seines Müllheizkraftwerkes verzichten wolle.[3]

Stadtteile

Neustadt in Holstein gliedert sich in die Stadtteile Neustadt, Pelzerhaken und Rettin.

Pelzerhaken liegt etwa 4 km südöstlich der Kernstadt. Es ist durch sein unbebautes Hinterland und seine Nähe zum Strand geprägt. Pelzerhaken bietet Urlaubsgästen circa 2200 Übernachtungsmöglichkeiten, die meisten davon auf Campingplätzen. Das alte Bundeswehrgelände wird zum Bau von Ferienhäusern genutzt.

Die Rettiner Wiesen trennen Pelzerhaken von Rettin im Osten. Rettin ist ebenfalls touristisch geprägt und verfügt über Sandstrände sowie eine Mini-Golf-Anlage.

Geschichte

Neustadt wurde im Jahre 1244 von Graf Adolf IV. von Holstein als Neue Stadt von Altenkrempe gegründet, das landeinwärts am flachen Binnenwasser liegt. Dort findet sich eine bedeutende Basilika von 1140. Historisch von Belang sind die Kirche von 1244, das Hospital zum Heiligen Geist von 1344 und das Kremper Tor aus dem Mittelalter. In Neustadt besteht seit 1474 die älteste Fischerinnung Deutschlands.

Bereits zur Hansezeit stellte der Hafen von Neustadt einen wichtigen Anlaufhafen für holländische und dänische Schiffe dar. Schiffe der Hanse (universi mercatores de hansa Theutonicorum) liefen den Neustädter Hafen nur selten an, weil Neustadt nicht zur Hanse gehörte, obwohl es lübsches Recht hatte. Dieses machte die Stadt für holländische Kauffahrer und für die Vitalienbrüder interessant, weil sie keine Stapelrechte beachten mussten. Die Haupteinnahmequellen von kleinen Dörfern wie dem nur 15 Kilometer entfernt gelegenem Grömitz waren die Landwirtschaft (gestützt durch das Kloster Cismar) und die Fischerei. Somit leisteten auch Ortschaften wie Grömitz einen bescheidenen Anteil an einem der Haupthandelsgüter – gesalzener Hering in Fässern, welcher aus dem Neustädter Hafen exportiert wurde. Der große Kronleuchter in der Stadtkirche gibt Zeugnis von einem der vielen großen Kriegsschiffe für die dänische Krone (Christian IV. und Friedrich III.), die in den Jahren von 1639 bis 1669 im Neustädter Hafen gebaut wurden.[4]

Das letzte Seegefecht der Schleswig-Holsteinischen Erhebung vor dem Gefecht von Idstedt fand am 20./21. Juli 1850 in der Neustädter Bucht statt. Dabei sank das Schleswig-Holsteinische Kanonenboot Nr. 1 von der Tann. Nach dem deutsch-dänischen Krieg 1864 kam Neustadt zunächst wie das gesamte Holstein unter österreichische Herrschaft, 1866 an Preussen.

Neustadt/Pelzerhaken war Standort des Nachrichtenmittelversuchskommandos seit 1923 (Nachrichtenmittelversuchsanstalt, kurz NVA) zur Entwicklung der Funkmesstechnik (Radar). In der Zeit von 1964 bis 1992 diente der Fernmeldeturm M in Neustadt/Pelzerhaken der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung durch den Marinefernmeldesektor 73.

Von Dezember 1944 bis zum 1. Mai 1945 befand sich in Neustadt das KZ Neustadt in Holstein. Der Komplex wurde später in das Krankenhaus eingegliedert.

Vor Neustadt wurden am 3. Mai 1945 das ehemalige Fahrgastschiff Cap Arcona und die kleinere Thielbek mit Häftlingen des KZ Neuengamme von alliierten Flugzeugen versenkt, eine der drei schwersten Katastrophen der Seefahrt in der Geschichte. Die Bewohner der Stadt selbst spielten in diesem Zusammenhang eine unrühmliche Rolle: Häftlinge aus dem KZ Stutthof bei Danzig, welche die SS mit Lastkähnen über die Ostsee transportieren ließ, sollten ursprünglich ebenfalls auf die Cap Arcona verschifft werden, wurden jedoch wegen Überfüllung des Schiffs abgewiesen. Angesichts der militärischen Lage und des Vorrückens britischer Vorauskommandos verließen die SS-Wachmannschaften die Lastkähne. Die Schiffe trieben ans Ufer, wo sich die Häftlinge am frühen Morgen des 3. Mai auf die Suche nach Nahrungsmitteln im Raum Neustadt machten. Aufgeschreckte Neustädter Bürger, Angehörige der Kriegsmarine sowie einer Versehrteneinheit und des Volkssturms trieben daraufhin in der sogenannten „Sammelaktion“ die Häftlinge zusammen und erschossen fast 300 von ihnen, darunter Frauen und Kinder. Die Übrigen wurden auf das Schiff Athen gebracht, das am Marinehafenkai lag, wo etliche von ihnen den Luftangriffen zum Opfer fielen. Der britische Stadtkommandant gab nach Kenntnisnahme des Massakers Neustadt zur Plünderung frei − wohl auch, um auf diese Weise die Versorgung der überlebenden Häftlinge der Cap Arcona, der Athen und anderer Schiffe nicht selber organisieren zu müssen.

1969 wurde der Stadt die Ehrenfahne des Ministerkomitees des Europarats verliehen; Neustadt darf sich seither Europastadt nennen.[5][6] Am 23. September 2008 erhielt die Stadt den von der Bundesregierung verliehenen Titel „Ort der Vielfalt“.

Kommunalpolitik

Bürgermeister

Der erste Bürgermeister von Neustadt, Christianus, der hauptsächlich für Altenkrempe zuständig war, regierte ab 1221 bis zu einem unbekannten Zeitpunkt. Der nächste bekannte Bürgermeister war Johannes Gneningen aus dem Jahr 1352.

 

Amtszeit

Name

Anmerkungen

1785–1803

Joach. Ernst Hinzpeter

 

1804–1849

Peter Romundt

 

1843–1853

W. A. v. Fischer-Benzon

 

1853–1866

L. Kohlmann

 

1866–1867

Franz Hinrich Simon

 

1867–1867

Franz Rehder

 

1867–1867

Stadtrat Sander

in Vertretung

1867–1870

Joh. Heinrich Kipke

 

1870–1880

Jacob Martens

 

1880–1880

Stadtrat Sander

in Vertretung

1880–1903

Hans Gabriel

 

1903–1916

Johs. Tauscher

 

Amtszeit

Name

Anmerkungen

1916–1918

Otto Waage

kommissarisch

1918–1919

August Heise

 

1919–1933

Max Rehr

 

1933–1945

Hans Thaysen

 

1945–1954

Paul Haas

 

1954–1972

Hans-Joachim Wollenberg

 

1972–1984

Hans-Joachim Birkholz

 

1984–1996

Horst Kratzmann

 

1996–2000

Torsten Reinholdt

 

2000–2000

Klaus Krohn

kommissarisch

2000–2012

Henning Reimann

 

2012–

Tordis Batscheider

 

 

Parteiean

In Neustadt sind in der Stadtverordnetenversammlung die Ortsverbände der CDU, SPD, Grüne und FDP sowie der BGN (Bürgergemeinschaft Neustadt in Holstein e. V.) vertreten.

Der Seniorenbeirat

Der Seniorenbeirat ist eine kommunale, konfessionslose und unparteiliche Einrichtung der Stadt, die sich für die Interessen der über 5500 Senioren in Neustadt einsetzt, erstmalig am 25. Juni 1992 gewählt und Mitglied im Kreisseniorenbeirat sowie im Landesseniorenrat Schleswig-Holstein e. V. ist. Die Amtszeit für die elf gewählten Mitglieder beträgt vier Jahre. Es ist für die Bürger Neustadts in den öffentlichen Sitzungen möglich, Fragen zu stellen, Hinweise und Anregungen zu geben und auch jederzeit persönlich mit den Mitgliedern zu sprechen. Die gewählten Vertreter arbeiten ehrenamtlich und haben ein Rede- und Antragsrecht in der Ratsversammlung sowie in den Fachausschüssen. Sie setzen sich für vieles wie die Verbesserung der Sicherheit für ältere Menschen im Straßenverkehr, kooperative Zusammenarbeit mit allen Organisationen, Einrichtungen und Verbänden, die Tätigkeiten für ältere Generationen ausüben oder auch die Schaffung von Weiterbildungsangeboten ein.

Kinder- und Jugendarbeit

Die Stadt Neustadt stellt einen eigenen Kinder- und Jugendberater im Jugendcafé, Jugendtreff und die Koordination von Projekten für Kinder mit anderen ehrenamtlichen Mitarbeitern betreut. Die Kinder selber haben die Möglichkeit, alle zwei Jahre 15 Abgeordnete für ein Kinder- und Jugendparlament zu wählen. Diese sollen sich für die Interessen der Jugendlichen in den Ausschüssen einsetzen und selber Projekte organisieren. Neustadt nimmt an dem Bundesprojekt Vielfalt tut gut teil. Im Stadtteiltreff am Westpreußenring soll die Lebenssituation der dort lebenden Familien verbessert werden.

Verwaltung

Neustadt hat nach dem 28. Artikel und 2. Abschnitt des Grundgesetzes ein Recht zur freien Selbstverwaltung und darf damit in für die Stadt wichtigen Angelegenheiten im Rahmen der Reservatsverwaltung Entscheidungen treffen und diese überwachen. Diese Aufgabe nimmt Stadtverordnetenversammlung mit ihren Ausschüssen wahr und wird durch den Bürgermeister ausgeführt.

Behindertenbeauftragte

Seit dem 26. April 2013 gibt es in Neustadt einen Beauftragten für Menschen mit Behinderung, der sich für deren Interessen einsetzt und in den Ausschüssen der Stadt Berichte vorlegt.

Wappen

Blasonierung: „In Rot ein auf blauen Wellen fahrendes goldenes Boot mit zwei Männern, von denen der eine die Schwurhand mit ausgestreckten Fingern erhebt, der andere das Steuer führt; über dem Boot das silberne holsteinische Nesselblatt.“[7]

Städtepartnerschaften

  • Europäische Partnerstadt Neustadts ist Rønne auf Bornholm.
  • Die Stadt ist auch Mitglied in der größten internationalen Städtefreundschaft Neustadt in Europa, einer Arbeitsgemeinschaft von 37 Städten und Gemeinden in sieben mitteleuropäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Ungarn, Polen, Slowakei, Tschechische Republik, Niederlande), die den Namen Neustadt tragen.

Schulen

Das Städtische Gymnasium liegt wenige Meter vom Strand der Ostsee entfernt. Der Bau begann 1958. Am 22. Februar 1960 fand der erste Unterrichtstag in dem neuen Gebäude statt. Die Schule besteht aus drei Trakten, die durch einen Flur verbunden sind, außerdem befinden sich die Naturwissenschaften Biologie, Chemie und Physik in einem dreistöckigen Anbau. Es gibt zwei Turnhallen, eine neue große Sporthalle und eine ältere. Die Schule besitzt einen Computerraum und ein Internetcafé. Der zweite Bauabschnitt wurde 1963 in Betrieb genommen. 2008 wurde die Mensa fertiggestellt; sie ist zweistöckig und befindet sich im ehemaligen Innenhof der Schule. Durch den Mensa-Anbau wurde der Innenhof verkleinert. Die letzte Veränderung fand 2012 mit den Renovierungsarbeiten an der neuen Sporthalle statt.

Der jetzige Schulleiter (seit 2001) ist Herr Beier. Der erste Schulleiter (1959–1970) war Herr Illing; seine Nachfolger waren Herr Grewe (bis 1982) und Dr. Klopsch (bis 2000). Mit dem 50-jährigen Jubiläum im Jahr 2009 übernahm die Stadt Neustadt in Holstein erneut die Schulträgerschaft. Seitdem heißt die Schule nicht mehr „Kreisgymnasium Neustadt“, sondern „Städtisches Gymnasium Neustadt in Holstein – Küstengymnasium Neustadt“. In der Oberstufe ist es erwünscht, dass jeder Schüler einen Laptop besitzt, da das Gymnasium seit 2004 eine Laptop-Schule ist. Die digitalen Lern- und Arbeitsmaterialien werden oft mit in den Unterricht einbezogen: Fast jeder Raum der Schule ist mit sogenannten Whiteboards ausgestattet. In Zukunft soll jeder Raum über ein Whiteboard verfügen. Die Schule greift auf die Lernplattform „fronter“ zu, auf der jeder Schüler seinen eigenen Account hat. Dort können Hausaufgaben hochgeladen oder für die Schüler wichtige Dinge angezeigt werden. In der Eingangshalle und in der Mensa hängt jeweils ein Flachbildschirm, auf dem der Vertretungsplan angezeigt wird. Diesen kann man auch bequem von zu Hause aus über die Homepage der Schule abrufen.[8] An der Schule werden viele Projekte, Schüleraustausche und Arbeitsgemeinschaften angeboten. Dazu zählen zum Beispiel die Golf- und Segel-AG, die Austauschländer Frankreich, Singapur oder Hongkong und das Comenius-Projekt. Seit dem 1. Mai 2013 hat das Gymnasium einen Schulsozialarbeiter. Zurzeit (2013) gibt es ungefähr 42 Lehrer und ca. 564 Schüler an dieser Schule.

Die Namensgebung der Jacob-Lienau-Gemeinschaftsschule geht zurück auf den Neustädter Kaufmann Jacob Lienau. Am 1. April 1939 wurde in Neustadt der Mittelschul-Unterricht aufgenommen; die Unterrichtsräume waren verteilt auf Schulhäuser in der Königsstraße, der Kirchenstraße und der Waschgrabenallee. Am 11. April 1945 wurden Lazarette in den Schulgebäuden Waschgrabenallee, Rosengarten und Rettiner Weg eingerichtet. Nach dem 19. April 1946, nach der Cap Arcona-Katastrophe, entspannte sich die Lage etwas. Es herrschte zu dieser Zeit großer Lehrermangel, da es für die im Krieg gefallenen Lehrer keinen Ersatz gab. Nach dieser Zeit stieg die Schülerzahl durch die Evakuierten und Flüchtlinge an; zudem gab es Mangel an Büchern, Heften, Bleistiften und anderen Arbeitsmaterialien. Ab 1949 verkleinerte sich das Einzugsgebiet der Mittelschule in Neustadt in Holstein durch die Gründung von Mittelschulen in Eutin, Oldenburg, Lensahn, Grömitz und Heiligenhafen. Am 1. Dezember 1950 wurde das Kasernengebäude auf dem U-Schulgelände bezogen. Damit war die Zeit der Raumnot und des ständigen Wanderns vorüber. 2009 entstand aus der ehemaligen Jacob-Lienau Realschule und der Hochtor-Grundschule eine Gemeinschaftsschule. Beide Schulen liegen in enger Nachbarschaft in der Schulstraße 2. Im Jahr 2012 besuchten rund 620 Schüler die Schule, davon 300 Gemeinschaftsschüler und 320 Real– und Hauptschüler aus den vorherigen Jahrgängen.

Bisher gab es sechs Schulleiter an der Jacob-Lienau-Schule:

  • 1. April 1939 – 10. Oktober 1945: Karl Schulz
  • 23. April 1946 – 15. Juni 1947: Walter Raschert
  • 16. Juni 1947 – 13. März 1957: Dr. Ernst Schwarz
  • 1. April 1957 – 17. Juli 1978: Friedrich Christiansen
  • 1. August 1978 – 31. Juli 2006: Fritz Schramm
  • seit 1. August 2006: Jörg Schmidt

An dieser Schule sind ein ausgebildeter Schulsozialarbeiter und eine tägliche Hausaufgabenhilfe beschäftigt. 2013 wurde eine Mensa eröffnet, in der kalte sowie warme Mahlzeiten in der Mittagspause angeboten werden. Das Herz der Schule ist die Aula der Schule, in der Aufführungen der verschiedenen Theater-AGs in Neustadt sowie Gastspiele auswärtiger Bühnen stattfinden. Zudem findet dort die jährliche Weihnachtsfeier für Senioren aus dem DANA Ostsee-Seniorenzentrum statt.

Die Steinkamp-Schule wird als Gemeinschaftsschule bezeichnet, da sie seit Anfang 2012 mit der Hochtor-Grundschule verbunden wurde und somit als eine gemeinschaftliche Grundschule von Neustadt gilt. Der Schulneubau wurde 1965 fertig gestellt. 1973 wurden Turnhallen hinzugefügt, 2001 kam eine Mensa dazu. 2011 begann mit Blick auf den Zusammenschluss mit der Hochtor-Grundschule der Anbau mehrerer Klassenräume, Waschräume usw. 2012 wurde die Hochtor-Grundschule mit der Steinkamp Schule verbunden. Die Leitung der jeweiligen Schulen lag bei Frau Gärtner (Hochtor-Grundschule) und Herrn Bohl (Steinkamp-Schule). Seit Februar 2012 ist Frau Grave die Schulleiterin der Gemeinschaftsschule. Der Schulhof misst zurzeit 6000 m² und das gesamte Gelände ist etwa 1,5 ha groß. Die Schule hat 35 Lehrkräfte, die 550 Schüler in 23 Klassen unterrichten. Als das Gemeinschaftsprojekt begonnen wurde, hat man beschlossen, dass sich die Grundschule auf individuellen Unterricht spezialisiert, sodass jedes Kind angemessen gefördert wird. Die Stärken der Schule sind zudem die Hausaufgaben- und Mittagsessenbetreuungen, Lesemotivationsstunden und Kooperationen mit Förderzentren und außerschulischen Partnern, sowie auch die Ausstattung der 1. Klassen mit Smart-Boards und die intensive Nutzung neuer Medien. Zusätzlich bietet die Schule einen Chor an und wird von tatkräftigen Eltern unterstützt. Für das Gesamtprojekt waren Investition von über 1,1 Millionen Euro erforderlich.

Wirtschaft

Die Stadt hat Handels-, Marine- und Yachthafen und ist Sitz der Bundespolizei See (Küstenwache – die gleichnamige deutsche Fernsehserie entsteht hier). Außerdem befindet sich in Neustadt eine SAR-Schule der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Neustadt in Holstein ist Sitz der Reederei Peter Deilmann und damit Heimathafen des Hochsee-Kreuzfahrtschiffes Deutschland.

Neustadt ist staatlich anerkanntes Seebad, der Tourismus nutzt die Sandstrände in den Ortsteilen Pelzerhaken und Rettin und den Hansa-Park (Vergnügungspark) im Nachbarort Sierksdorf.

Die Stadt ist darum bemüht, den Tourismus der Vor- und Nachsaison mit Unterstützung von EU-Fördermitteln aus dem ELER-Programm zu beleben. So wurde 2008 im Ortsteil Pelzerhaken eine Swingolfanlage errichtet.

Kliniken

Ein weiterer wirtschaftlicher Schwerpunkt ist das Gesundheitswesen. So gilt Neustadt mit drei Krankenhäusern am Ort auch als Gesundheitsstadt. Die Ameos-Klinik, die Schön-Klinik Neustadt und das Kinderzentrum Pelzerhaken sind weit über die Landesgrenzen bekannte Einrichtungen.

Die Ameos-Klinik Neustadt verfügt über drei Schwerpunkte: Psychiatrie und Psychotherapie, Gerontopsychiatrie und Gerontopsychotherapie und Abhängigkeitserkrankungen. Für Menschen, die eine Straftat begangen haben, eine psychische Krankheit vorlag, der Täter schuldunfähig bzw. vermindert schuldfähig ist und die Gesellschaft vor weiteren Straftaten geschützt werden muss, gibt es die forensische Psychiatrie und Psychotherapie. Psychisch kranke Straftäter aus ganz Schleswig-Holstein, die nach § 63 StGB eine solche Maßregel erhalten, kommen in die Ameos-Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie. Insgesamt verfügt die Ameos-Klinik Neustadt über 247 Betten. Es wurden im Jahr 2010 3.647 Patienten vollstationär, 133 teilstationär und 4.843 ambulant behandelt.

Die Fachzentren der Ameos-Klinik Neustadt:

  • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie:
  • Die Klinik bietet ambulante psychiatrisch- psychotherapeutische Behandlung mit dem Schwerpunkt Borderline an.

  • Klinik für Neurologie und Neurophysiologie
  • Der Schwerpunkt dieses Fachzentrums liegt bei Morbus Parkinson und Multiple Sklerose.

Im Hans-Ralfs-Haus gibt es die Möglichkeit für Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam künstlerisch kreativ zu werden. Das großes Atrium bietet Platz für Ausstellungen, Konzerte, Theatervorführungen, Projekte und Workshops.

Die Schön-Klinik Neustadt ist ein Krankenhaus direkt am Ostseestrand in privater Trägerschaft. Die Klinik sichert mit 520 Betten die Akut-, Regel- und Notfallversorgung der Region Ostholstein. In insgesamt neun medizinischen Fachzentren arbeiten über 900 Mitarbeiter. Im Jahr 2012 behandelt die Schön-Klinik Neustadt insgesamt rund 19.000 stationäre und knapp 52.000 ambulante Patienten.

Die Fachzentren der Schön-Klinik Neustadt:

  • Klinik für Orthopädie
  • Klinik für Wirbelsäulenchirugie mit Skoliosezentrum
  • Klinik für Chirurgie und Unfallchirurgie
  • Klinik für Hand-, Brust-, Plastische und Ästhetische Chirurgie
  • Klinik für Orthopädische Rehabilitation
  • Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin
  • Klinik für Innere Medizin und Kardiologie
  • Klinik für Neurologie und Klinische Neurophysiologie
  • Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie

Die Schön-Klinik Neustadt ist seit Herbst 1999 nach den Normen der DIN EN ISO 9001 zertifiziert. Der Bereich der Klinik für orthopädische Rehabilitation wurde zusätzliche mit dem Gütesiegel „Medizinische Rehabilitation in geprüfter Qualität“ des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Außerdem ist das Haus Lokales Traumzentrum und seit 2003 Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Lübeck.

Das Kinderzentrum Pelzerhaken ist eine Sozialpädiatrische Fackklinik, Sozialpädiatrisches Zentrum gGmbH und Fortbildungsinstitut. Es werden Säuglinge mit Fütterstörung über Kinder mit Störungen des Verhaltens bis hin zu Jugendlichen mit komplexen Behinderungen. Der Leitspruch heißt „von Möglichkeiten zu Fähigkeiten“. Das Kinderzenrum hat circa 1.000 behandelte Kinder pro Jahr und verfügt über 35 Betten im Krankenhaus. Der stationäre Aufenthalt dauert überwiegend 2–4 Wochen, jedoch kann er zwischen 3 Tagen und 8 Wochen variieren. Nach der Entlassung ist eine dauerhafte ambulante Betreuung möglich. Die Kernbereiche der Neuropädiatrie reichen bis zur Kinder- und Jugendpsychiatrie. Insgesamt sind derzeit am Kinderzentrum Pelzerhaken ca. 70 Vollkräfte beschäftigt. Der Förderkreis e.V. unterstützt das Kinderzentrum bei ihrer Arbeit und hilft, wenn Krankenkassen oder staatliche Institutionen nicht zuständig sind.

Es gibt vier Stationen:

  1. Für chronisch neurologische erkrankte Kinder
  2. Für Kinder mit Entwicklungsstörungen im Bereich der intellektuellen Fähigkeiten
  3. Für Kinder bei Schwierigkeiten im Bereich der sozialen-und/oder emotionalen Entwicklung bzw. im familiären Umfeld
  4. Für Kinder mit neuropädiatrischen Erkrankungen vom Säuglingsalter bis zum Vorschulalter

Verkehr

Neustadt liegt an der Vogelfluglinie nach Dänemark, mit zwei Autobahnanschlüssen (Autobahn A1). Neustadt liegt unmittelbar an der Verkehrsachse zwischen der Metropolregion Hamburg und der Öresundregion Kopenhagen-Malmö.

Regionalzugverbindungen bestehen nach Lübeck. Der Personenbahnhof Neustadt ist ein Endbahnhof an einer kurzen Stichstrecke, die im Neustadt Gbf nach Osten von der Vogelfluglinie aus Richtung Lübeck abzweigt. Über eine Verbindungskurve waren bis in die 1960er Jahre auch Zugfahrten von Neustadt in und aus Richtung Norden auf die Vogelfluglinie möglich. Heute werden aus Lübeck kommende Züge bei einem Betriebshalt im Bahnhof Neustadt Gbf kurz vor dem Endhaltepunkt Neustadt geteilt. Ein Zugteil fährt über Oldenburg weiter nach Puttgarden, der andere endet in Neustadt. Bei Fahrten in umgekehrter Richtung nach Lübeck werden die beiden Zugteile aus Puttgarden bzw. Neustadt im Bahnhof Neustadt Gbf vereinigt. Die Strecke nach Eutin wurde 1982 stillgelegt und die Gleise 1984/85 abgebaut.

Nächster Flughafen ist der Flughafen Lübeck-Blankensee. Im nahe gelegenen Sierksdorf befindet sich der Sonderlandeplatz (SLP) Hof Altona mit einer Grasbahn von 500×30 m.

Gewerbegebiet

Das Gewerbegebiet „Neustädter Bucht“ ist das interkommunale Gewerbegebiet der Stadt Neustadt und der Gemeinde Sierksdorf. Es liegt direkt an der A1 an der Autobahnanschlussstelle Neustadt in Holstein-Mitte. Ein Vorteil dieses Gewerbegebiet sind kurze Wege zum Seehafen Neustadt in Holstein und zu den Flughäfen Lübeck, Hamburg und Kiel. Die Gesamtgröße des Gewerbegebietes beträgt 98.500 m². Es haben sich dort metallverarbeitende Betriebe, Bäckereien, Druckereien, Segelmacher, Lackierer, Bestattungsunternehmen und andere Dienstleister, jedoch keine Einzelhandelsbetriebe angesiedelt. Die Größen der Gewerbeflächen sind variabel und werden an die Bedürfnisse der Käufer angepasst.

Zu den wichtigsten Betrieben gehören Gollan und Doll-Park. Gollan ist eine Unternehmensgruppe in den Bereichen Bau, Immobilien, Recycling und Kraftfahrzeuge.

Hafen

Marinas mehr als 1500 Liegeplätze. Der Seehafen liegt nur in nur wenige Minuten zu Fuß von der Innenstadt entfernt. Im Norden wird der Hafen durch eine Brücke zum Binnenwasser eingegrenzt.

Der Hafen der Stadt ist immer schon von Traditionsschiffen angefahren worden. Vielen ist der Großsegler „Lili Marleen“ bekannt, der von der Reederei Deilmann eingesetzt wurde und bis 2004 unter der Flagge der Neustädter Reederei fuhr. Heute ist der Hafen ein Güterhafen, in dem überwiegend Getreide abgefertigt wird. Im Jahr 2008 wurden rund 120.000 t Güter im Neustädter Hafen verladen. Aber auch Passagiere werden am Kommunalhafen der Stadt Neustadt in Holstein begrüßt. Bis zu 3000 Passagiere nutzten den Kommunalhafen in den Jahren 2008/2009.

Für Schiffe, die im Kommunalhafen anlegen, gelten folgende Maximalabmessungen: Länge über alles 120 m, Breite über alles: 20 m, Tiefgang: 5,50 m bei Pegel NN. Die Stromversorgung ist an allen Liegeplätzen mit 230 V, an der Westseite des Hafens mit 400 V möglich. Auch die Versorgung mit Trinkwasser, Proviant und Brennstoffen kann organisiert werden. Tankreinigung und Bilgenwasserentsorgung von Schiffen erfolgt gegen Auftrag. Eine Fäkalien- und Abwasseraufnahmestation ist vorhanden.

Entlang des Hafens wurde der Fußweg am unteren Jungfernstieg 2006 zu einer Promenade ausgebaut. Längs der Promenade wurde der Neustädter Kunst-Kilometer eingerichtet. Die Stadt gibt dort schleswig-holsteinischen Künstlerinnen und Künstlern Gelegenheit, Skulpturen und Installationen im öffentlichen Raum zu präsentieren. Zurzeit (2013) sind vierzehn Kunstwerke von acht verschiedenen Urhebern vorhanden, darunter Möwen aus weißem Marmor von Pierre Schumann und Strömung aus Anröchter Dolomit von Jochen Schumann. Mit einem weiteren Kunstwerk soll diese Präsentation vorerst abgeschlossen werden.[9]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Backsteingotische Stadtkirche von 1244; ihr gotischer Altar stammt ursprünglich aus dem Schleswiger Dom und wurde nach Aufstellung des Brüggemann-Altars (1666) dort nach Neustadt verkauft.
  • Klassizistisches Rathaus von 1818/20, erbaut von Christian Frederik Hansen[10]
  • Pagodenspeicher (ehemaliger Kornspeicher) von 1830
  • Hornscher Speicher
  • Heiliggeist-Hospital von 1344
  • Lienaustift
  • Kremper Tor aus dem Mittelalter.
  • Nachrichtenmittelversuchskommando von 1920
  • Brückengeldeinnehmerhaus von 1846
  • Leuchtturm Pelzerhaken von 1843, umgebaut 1936

Museen

  • Das Heimatmuseum zeiTTor hieß vorher Ostholstein-Museum in Neustadt in Holstein und befindet sich seit 1908 im Kremper Tor. Allerdings existiert das Kremper Tor schon seit der Stadtgründung im Jahr 1244. Das Museum beherbergt unter anderem eine Ausstellung über das Leben der Menschen in Neustadt vor 7000 sowie vor 50 Jahren. Das zeiTTor wurde von der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein als familienfreundliche Einrichtung zertifiziert, da es für Kinder viele Mitmachmöglichkeiten, Aktionsbereiche und Exponate „zum Begreifen“ bietet. Außerdem gelangt man durch das zeiTTor in das Museum Cap Arcona.
  • Das Cap Arcona Museum wurde 1990 anlässlich des 45. Jahrestages des Cap Arcona Unglücks eröffnet. Es besteht aus zwei Räumen, welche durch den Haupteingang des Museums zeiTTor zu erreichen sind. In der Ausstellung befinden sich Originalstücke des verunglückten Schiffes. Zudem wird der Hintergrund der Katastrophe näher erläutert, sowie die Situation Neustadts gegen Kriegsende. Außerdem erhält man dort Information zu den Gedenk- und Grabstätten der Opfer des Cap Arcona Unglücks.
  • Das Fischereimuseum befindet sich am Netztrockenplatz des Neustädter Hafens. Es dokumentiert die Geschichte des Fischereiamts Neustadt, das seit 1474 existiert und somit das älteste Fischereiamt Deutschlands ist. Außerdem berichtet es über die Entwicklung des Fischfangs in Neustadt und Umgebung.
  • Das Fanmuseum Küstenwache existiert seit 2005. Es verfügt über eine Vielzahl an Requisiten, Fotos, Drehplänen und Hintergrundinformationen des Studio1-Teams. Dies gewährt einen Einblick hinter die Kulissen der TV-Serie Küstenwache. Das Museum ist in den Monaten Juni bis August für Besucher zugänglich. Es befindet sich im Studio 1, welches außerdem für Dreharbeiten verwendet wird.

Friedhöfe

Auf den meisten der Neustädter Friedhöfe sind Opfer der Cap-Arcona-Bombardierung beigesetzt.[11]

Anstaltsfriedhof

Eine kulturelle Besonderheit ist der ehemalige Friedhof der Provinzial Irren- und Heilanstalt Neustadt in Holstein (später Landeskrankenhaus Neustadt i.H.). Auf dem 1895/96 angelegten Anstaltsfriedhof am Parkweg wurden in den 1930er und -40er Jahren Opfer des NS-Euthanasierungsprogramms, später auch weitere Kriegsopfer beigesetzt (s. Ereignis Cap Arcona). Ein Gedenkstein und Grabplatten erinnern an die Opfer von der Cap Arcona.[12]

Evangelischer Nord- und Südfriedhof

Der Evangelische Nordfriedhof und der Evangelische Südfriedhof liegen an der Kirchhofsallee, ca. 1 Kilometer östlich des Marktes, und werden durch die Kirchenallee getrennt.

Im Nordfriedhof befindet sich ein Massengrab mit Namenstafeln für ausländische Tote der Jahre 1945–1950.

Im Südfriedhof befinden sich ein Gedenkstein für die Toten des Untergangs des U-Boots Hai und eine Kriegsgräberstätte des Zweiten Weltkriegs mit etwa vier Meter hohem Holzkreuz und Namenstafeln.

Ehrenfriedhof Cap Arcona

Am Ortsrand von Neustadt liegt an der Promenade Richtung Pelzerhaken, direkt am Ufer der Neustädter Bucht, der Ehrenfriedhof Cap Arcona, auf dem 621 der Opfer der Katastrophe vom 3. Mai 1945 in Massengräbern bestattet worden sind. Ein Gedenkstein nennt die Gesamtzahl von 7.000 Opfern und die Nationalitäten der Opfer.

Jüdischer Friedhof

Beim jüdischen Friedhof in Neustadt in Holstein handelt es sich um einen in den Jahren 1945 bis 1947 als separater Teil des evangelischen Südfriedhofes belegten Begräbnisplatz, auf dem ehemalige KZ-Häftlinge bzw. Displaced Persons beigesetzt wurden. Der Zugang ist vom Grasweg aus. Die offizielle Einweihung des Friedhofes fand am 5. Januar 1947 statt. Die deutsche Inschrift auf dem zentralen Gedenkstein dokumentiert, dass die meisten der hier Beigesetzten am 3. Mai 1945 verstarben, dem Tag der Befreiung von Neustadt durch das Britische Militär. Es dürfte sich zu einem erheblichen Teil um Opfer von der „Cap Arcona“ handeln. Die in den folgenden beiden Jahren Verstorbenen waren Insassen des großen DP-Lagers für ehemalige KZ-Häftlinge, das in dieser Zeit in Neustadt bestand. Viele der Insassen starben an den Folgen der erlittenen gesundheitlichen Schäden während der KZ-Zeit. Auf dem Friedhof wurden etwa 100 Beisetzungen vorgenommen. Die Grabsteine datieren vom 3. Mai 1945 bis 1947.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Neustadt veranstaltet seit 1951 alle drei Jahre (bis 1960 jährlich[13]) das Europäische Folklore-Festival, das bis 2004 als Europäische Volkstums- und Trachtenwoche bezeichnet wurde. Diese Veranstaltung wurde im Jahr 2013 in einem europaweiten Wettbewerb von der Stiftung Lebendige Stadt mit einem Preisgeld in Höhe von 1250 Euro ausgezeichnet als eines der schönsten Stadtfeste.[14]
  • Jedes Jahr im Februar findet die von der Stadt Neustadt geförderte Neustädter Chorakademie unter der Leitung renommierter deutscher Chordirigenten statt. Gastgebender Chor ist der Neustädter Kammerchor. Die Ergebnisse werden in einem musikalischen Gottesdienst in der Stadtkirche präsentiert.
  • Alljährlich im Mai findet im Neustädter Hafen und auf der Lübecker Bucht die Max-Oertz-Regatta mit klassischen Segelyachten statt.
  • Von Juni bis September veranstalten die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Neustadt und die Stadt Neustadt den Neustädter Musiksommer. Diese Konzertreihe präsentiert zwischen sieben und neun klassische Konzerte mit namhaften nationalen und internationalen Künstlern; sie findet 2013 zum sechsten Mal statt.[15]
  • An jedem Adventssonnabend findet auf dem Marktplatz der „Meer“chenwald statt.
  • Jedes Jahr im Juli findet seit 1992 das Karate-Sommerlager statt, ausgerichtet vom Dojo Jiyu Neumünster
  • Jährliche Gogenkrog-Ausstellung
  • Alljährlich im Sommer findet das Fischeramtsfest auf dem Netzplatz am Hafen statt.

Vereine

In Neustadt in Holstein gibt es mehr als 60 Vereine. Der wohl bekannteste und größte Verein ist der TSV Neustadt in Holstein mit rund 1600 Mitgliedern, den Sparten Fußball, Handball, Turnen, Kinderturnen, Leichtathletik, Judo, Radsport, Volleyball, Basketball, Wandern, Modern Arnis, Aikido, Karate, Boxen, Boule, Tajiquan und Großtrampolin. Weitere Sportvereine sind der Tennisclub Grün Weiß e.V. Neustadt mit sechs direkt an der Ostsee gelegenen Tennisplätzen, einer Übungswand und einem Clubhaus. Der Verein hat über 100 jugendliche Mitglieder und ca. 280 Erwachsene. Ein weiterer wichtiger Verein ist der Karate Dojo Itosu Neustadt e.V. mit etwa 80 Karatekas. Seit über zehn Jahren wird im Dojo traditionelles Shōtōkan Karate gelehrt. Der Neustadt LC e.V. bietet eine Auswahl an zehn verschiedenen Sportarten. Er ist nach dem TSV Neustadt der zweitgrößte Verein.

Sportstätten

Die meisten Sportstätten Neustadts liegen am Gogenkrog. Sie bestehen aus der Gogenkroghalle und dem Gogenkrogplatz mit einem Rasen- und Kunstrasenplatz, einer Weitsprung- und Kugelstoßanlage, einer 400-m-Tartanbahn sowie Schießständen. Im Stadtgebiet gibt es ferner Fitnessstudios sowie eine Paintball-Arena.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Cay Dietrich Lienau (MdR) (1821–1878), Kaufmann und Politiker in Lübeck
  • Robert Heinrich Lienau (1866–1949), Musikverleger
  • Max Oertz (1871–1929), Yachtkonstrukteur, Aeronaut und Erfinder
  • Wilhelm Heydorn (1873–1958), Theologe, Heilpraktiker und Lehrer
  • Heinrich Bornhövd (1879–1960), Politiker (DVP), Reichstagsabgeordneter.
  • Carl Schröter (1888–1952), Politiker (DVP, CDU), MdB, MdL (Preußen, Schleswig-Holstein)
  • Willi Koch (1903–1968), Zeitungsverleger und Politiker
  • Heinz Burmeister (1913–1972), Kaufmann, Politiker
  • Ernst-Otto Schlöpke (1922–2011), niederdeutscher Schriftsteller
  • Adolf Clasen (* 1923), Klassischer Philologe und Lübecker Stadthistoriker
  • Kay Hoff (* 1924), Schriftsteller
  • Ulrich Welsch (* 1940), Arzt und Biologe, Professor für Mikroskopische Anatomie in München
  • Frieder Henf (* 1943), Jurist, Staatssekretär a. D.
  • Elisabeth Plessen (* 1944), Schriftstellerin
  • Harald Schliemann (* 1944), Jurist und Politiker, ehemaliger Justizminister in Thüringen (CDU)
  • Bernd Meyer (* 1946), Volkswirt, Professor für Volkswirtschaftslehre
  • Jens Rocksien (* 1946), Lehrer, Politiker
  • Wulf Diepenbrock (* 1947), Agrarwissenschaftler und Hochschullehrer
  • Gerd Wachowski (* 1950), Organist, Kirchenmusiker und Hochschullehrer
  • Frank Cordes (* 1971), Handballspieler
  • Kathrin Oxen (* 1972), evangelische Theologin
  • Ann-Katrin Schröder (* 1973), Journalistin und Fernsehmoderatorin

Literatur

  • Johannes Hugo Koch (Hrsg.): Heimatbuch Neustadt in Holstein. Selbstverlag J.H. Koch, Neustadt in Holstein 1967 (unter Mitarbeit von Werner Neugebauer, Lübeck, mit Beiträgen von Gerhard Seifert, Kiel, und Karl Hucke, Plön).
  • Wilhelm Lange: Cap Arcona. Dokumentation. Erstellt im Auftrag der Stadt Neustadt in Holstein. Struve’s Buchdruckerei und Verlag, Eutin 1988, ISBN 3-923457-08-1.
  • Franz-Josef Huschens: Neustadt in Holstein. Sutton Verlag, Erfurt 2002, ISBN 3-89702-476-4.
  • Hans-Joachim Birkholz: Historische Heimatkunde. Neustadt in Holstein – Geschichte und Geschichten. 1. Auflage. Balticum-Verlag, Neustadt in Holstein 2006 (Johannes Hugo Koch gewidmet).

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistikamt Nord – Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein 4. Quartal 2012 (XLS-Datei) (Fortschreibung auf Basis des Zensus 2011) (Hilfe dazu)
  2. ↑ Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichtes (Hrsg.): Müllheizkraftwerk Neustadt. In: Presseinformation. Nr. 127/2 E – 71, Schleswig 15. Februar 2010.
  3. ↑ Pressesprecher der ZVO-Gruppe: MHKW-Urteil: Langfristig wirtschaftliche Entsorgungsperspektive sichern. In: ZVO Entsorgung GmbH (Hrsg.): Presse-Information. Nr. A 12/10, Sierksdorf 15. Juli 2010, S. 3–4.
  4. ↑ Uwe Tychsen: Schiffbau im Neustädter Hafen im 17. Jahrhundert. In: Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde Ostholstein/Oldenburg (Hrsg.): Jahrbuch 2005. 2005 (online, abgerufen am 7. April 2013).
  5. ↑ Johannes Hugo Koch: Das neue Neustadt-Buch. Selbstverlag J.H. Koch, Neustadt 1980, S. 174.
  6. ↑ Stadt Neustadt in Holstein, Der Bürgermeister (Hrsg.): Herzlich willkommen zu Hause. Infobroschüre Neustadt, Pelzerhaken, Rettin. Balticum Verlagsgesellschaft und Werbeagentur GmbH, Neustadt in Holstein Januar 2004, S. 2.
  7. ↑ Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
  8. ↑ Schulwebsite Gymnasium Neustadt
  9. ↑ Neustädter Kunst-Kilometer. Stadt Neustadt in Holstein, abgerufen am 20. Juni 2013.
  10. ↑ Uwe Tychsen: Wiederaufbau Neustadts in den Jahren 1818–1820. In: Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde Ostholstein/Oldenburg (Hrsg.): Jahrbuch 2005. 2005 (online, abgerufen am 7. April 2013).
  11. ↑ Friedhöfe mit Opfern des 3. Mai 1945 in Neustadt
  12. ↑ Förderkreis Cap-Arcona-Gedenken, Politische Memoriale e. V. Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Cap Arcona 3. Mai 1945. Gedenkstätten, Museen, Friedhöfe. Faltblatt von ca. 2012.
  13. ↑ Geschichte. Rhythmus der Trachtenwoche. Verein Europäische Trachtenwoche an der Ostsee in Neustadt in Holstein e. V., 2012–2013, abgerufen am 29. Juli 2013 (html, deutsch).
  14. ↑ „Das schönste Stadtfest“ innovativ – bürgernah – beliebt. Stiftungspreis 2013. In: Pressemitteilung. Stiftung Lebendige Stadt, abgerufen am 22. Juli 2013 (html, deutsch).
  15. ↑ Neustädter Musiksommer. Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Neustadt in Holstein, abgerufen am 31. August 2013 (html, deutsch).
  16. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht .Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

Der obige Ergänzungsartikel wurde aus der Freien Enzyklopädie Wikipedia übernommen und entsprechend der geltenden GNU-Lizenz veröffentlicht. Eine möglicherweise aktuellere Version finden Sie auf den Seiten der Wikipedia. Eine Liste der Autoren finden Sie auf der entsprechenden Wikipediaseite unter dem Punkt “Versionen/Autoren”.    Weitergehende Informationen  und Hinweise finden Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden. Der obige Ergänzungsartikel wurde am 08.05. 2014 aus dem Internet abgerufen.

 

Schlacht bei Lutter

(Weitergeleitet von Schlacht bei Lutter am Barenberge)

In der Schlacht bei Lutter am Barenberge, etwa 10 Kilometer südwestlich des heutigen Salzgitter, besiegten am 17. Augustjul./ 27. August 1626greg. die Truppen des Kaisers und der Katholischen Liga unter Johann t’Serclaes von Tilly das Heer des Niedersächsischen Kreises und Dänemarks unter König Christian IV. In der Folge kam es 1629 zum Separatfrieden von Lübeck, der den dänisch-niedersächsischen Teilkonflikt des Dreißigjährigen Krieges beendete.

Mit rund 40.000 Kämpfern und 4.000 bis 8.000 Toten war die Schlacht bei Lutter, neben der von Sievershausen im Jahr 1553 eine der blutigsten kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsen.

Vorgeschichte

Der Niedersächsische Reichskreis hatte König Christian IV., der als Herzog von Holstein deutscher Reichsfürst war, zum Feldobristen gewählt. Er sollte das Gebiet gegen die Katholische Liga schützen und die Sache der Protestanten unterstützen. Im Kriegsjahr 1626 plante er in Absprache mit seinem Verbündeten Graf Mansfeld einen Feldzug, der sich zunächst gegen Thüringen und dann gegen Süddeutschland richten sollte. Seine Kriegsziele waren die Befreiung des heutigen Niedersachsens von feindlichen Truppen, die Trennung der kaiserlichen Armeen der Feldherren Tilly und Wallenstein sowie die Säuberung und Besetzung von Hessen. Im Sommer 1626 stand der König mit seinem Heer bei Wolfenbüttel. Um den kaiserlichen Feldherrn Tilly zu vertreiben zog Christian IV. nach Süden und traf am 16. August bei Northeim auf das kaiserliche Heer.

Tilly erkannte die Übermacht der protestantischen Seite und zog sich nach Nörten-Hardenberg zurück, um auf Verstärkung durch den Feldherren Albrecht von Wallenstein zu warten. Der war aus der Gegend von Blankenburg im Anmarsch. Christian IV. wollte zunächst Wallensteins Heer vernichten, was aber misslang, da er sich beim Anmarschweg verschätzt hatte. Der Dänenkönig wollte dem Waffengang durch Rückzug zur befestigten Stadt Wolfenbüttel entgehen. Bei der Absetzbewegung wurde Christians Heer heftig angegriffen. Am 25. August 1626 kam es bei der Stauffenburg zu einem Gefecht zwischen Tillys Vorhut und Christians Nachhut. Dabei verloren die Dänen 600 Mann und zwei Geschütze. Schließlich mussten sich die verfolgten Dänen zur offenen Feldschlacht im freien Gelände bei Lutter am Barenberge stellen.

Schlachtverlauf

Die Schlacht fand am 27. August 1626 in der Ebene des Lutterbeckens, einem flachen Gelände südwestlich von Lutter am Barenberge, statt. In älteren Überlieferungen wird das Datum des 17. August genannt, was auf den alten, Julianischen Kalender zurückzuführen ist. Der Kampf begann morgens um 10 Uhr durch einen Angriff von drei schweren Kavallerieregimentern der Kaiserlichen unter Oberst Nikolaus Dufour.[1] Um 11 Uhr eröffnete die kaiserliche Batterie das Feuer und ein weiteres Kavallerieregiment griff die dänische Batterie an. Dem Angriff folgte die Infanterie. Die dänische Batterie und die dänische Reiterei unter dem Befehlshaber der Vorhut von General Hans Philipp von Fuchs von Bimbach schlugen den Angriff zurück. Daraufhin starteten die Dänen ihren Gegenangriff zur kaiserlichen Batterie, der durchschlagenden Erfolg hatte. Tilly persönlich hielt seine fliehenden Söldner auf und führte sie nach dem Sammeln wieder an. Er erkannte die Gefahr des Durchbrechens und führte frühzeitig Reserven heran. Als die kaiserliche Reiterei eingriff und im Reitergefecht die dänischen Generäle Graf Solms und Landgraf Philipp von Hessen fielen, kam es zur Flucht der Dänen. Damit erlitten die Dänen bereits in der ersten Phase der Schlacht eine Niederlage auf ihrem rechten Flügel.

Die 2. Phase spielte sich auf dem linken Flügel der Dänen ab. Hier zog der dänische Oberbefehlshaber König Christian IV. Truppen ab, da er Nachricht vom rückwärtigen Herannahen der Truppen Wallensteins erhalten hatte. In diesem Moment griffen zwei kaiserliche Regimenter an, was die dritte Phase der Schlacht einleitete. Die angeschlagenen Dänen konnten dem Angriff nicht widerstehen und das Heer löste sich in Panik auf. Ein Teil der Infanterie floh in die Burg Lutter im nahen Lutter am Barenberge und richtete sich auf Verteidigung ein. Die Kaiserlichen schlossen den Ort ein und beschossen ihn. Die 2.000 eingeschlossenen Dänen kapitulierten und kamen in Gefangenschaft. Nach gewonnener Schlacht machten Tillys Söldner, vor allem Kroatische Reiter, Jagd auf verwundete und geflüchtete Dänen. Bis in die Nacht dauerte die Verfolgung an, bei der gemäß Tillys Befehl ohne Pardon getötet wurde. Auch die Trosse der Dänen wurden verfolgt und geplündert. Auf dem Schlachtfeld wurden 20 Kanonen erbeutet.

In der letzten Phase der Schlacht hatte der Dänenkönig 300 adlige Reiter um sich gesammelt. Mit einem Haufen Reiterei von etwa 50 Männern gelang ihm die Flucht. Er kehrte an seinen Hof in Stade zurück, wo er etwa einen Monat später ankam.

Verluste

Nach zeitgenössischer Darstellung hatten die Dänen etwa 4.000 Todesopfer, hauptsächlich Infanteristen, hinnehmen müssen, zudem gerieten 2.500 von ihnen in Gefangenschaft. Zu den Verlusten auf kaiserlicher Seite gehen die Angaben stark auseinander und differieren zwischen 200 und 4.000 Gefallenen. An dänischen Obristen fielen:

  • Freiherr Hans Philipp von Fuchs von Bimbach
  • Landgraf Philipp von Hessen-Kassel, Sohn von Moritz von Hessen-Kassel
  • Graf Hermann Adolph von Solms-Hohensolms
  • Wolf Heinrich von Wersebe

Ergebnis der Schlacht

Die Schlacht bei Lutter war Tillys 18. Sieg, den er laut einem Brief an Kaiser Ferdinand II. für wichtiger erachtete als den bei der Schlacht am Weißen Berg bei Prag. Tilly erhielt für den Sieg Dankes- und Lobschreiben, darunter ein Schreiben von Papst Urban:

    „Heil und apostolischen Segen dir. Wer auf diese Weise den Krieg geschickt zu führen weiß, gelangt zu solchen Siegen, wie du sie über die Treulosigkeit der Ketzer gewöhnlich erringest. Auf denn gelieber Sohn, zur Vertilgung der Ketzer...“

Nach der Schlacht bei Lutter gaben bis auf die Herzöge von Mecklenburg sämtliche norddeutsche Fürsten ihre Unterstützung für Christian IV. auf. Die Schlacht leitete bereits früh das allmähliche Ende des Dänisch-Niedersächsischen Kriegs ein. Dieser Teilkrieg des Dreißigjährigen Krieges endete 1629 mit dem Lübecker Frieden.

Das Schlachtfeld heute

Am früheren Gelände der Schlacht südwestlich von Lutter findet sich heute an einem Parkplatz an der B 248 ein Grab mit Gedenkstein. Er wurde an der Stelle errichtet, an der ein Schlachtbeteiligter vom Pferd geschossen wurde. Dabei handelt es sich um den auf dänischer Seite kommandierenden Obristen Freiherr Hans Philipp von Fuchs von Bimbach, einen kursächsischen Mathematiker und Astronomen. Seine Nachfahren ließen sein Grab bis Ende des 18. Jahrhunderts pflegen. Beim Chausseebau der heutigen B 248 im 19. Jahrhundert wurde sein Grab geöffnet und neben seinem Skelett ein Schwert gefunden.

Der Sage nach sei bei der Schlacht soviel Blut geflossen, dass sich der Ackerboden im Lutterbecken zu einem roten Blutacker gefärbt habe. Tatsächlich ist die rötliche Bodenfärbung auf den Eisenanteil im Buntsandstein zurückzuführen, der hier am Nordrand der Mittelgebirge als Löss vor rund 50.000 Jahren angeweht wurde.

Literatur

  • Paul Douglas Lockhart: Denmark in the Thirty Years’ War 1618–1648. King Christian IV and the Decline of the Oldenburg State. London 1996
  • Julius Otto Opel: Der niedersächsisch-dänische Krieg. Halle/Magdeburg 1872–94
  • Klauspeter Reumann: Kirchenregiment und Großmachtpolitik. Das Eingreifen Christian IV. als Herzog von Holstein und König von Dänemark in den Dreißigjährigen Krieg. In: Bernd Hey (Hg.): Der Westfälische Frieden 1648 und der deutsche Protestantismus. Bielefeld 1998, S. 41–63
  • Ole Stender-Petersen: Harzskytterne. Et Glemt Kapitel I Christian 4.s Nedersachsiske Krig [Die Harz-Guerilla. Ein vergessenes Kapitel im Niedersächsischen Krieg Christians IV.]. In: Historie 13/3 (1980), S. 49–70
  • Hermann Voges: Die Schlacht bei Lutter am Barenberge am 27. August 1626. Leipzig 1922
  • Kim A. Wagner: The Battle of Lutter am Bahrenberg. In: Military and Naval History Journal. 10 (1999), S. 15–35
  • Ernst Andreas Friedrich: Das Blutfeld im Lutterbecken, S. 196-196, in: Wenn Steine reden könnten, Band I, Landbuch-Verlag, Hannover 1989, ISBN 3-7842-03973.

Fußnoten

  1. ↑ Bernd Warlich: Der Dreißigjährige Krieg in Selbstzeugnissen, Chroniken und Berichten.

 

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Friedrich V. (Pfalz)Friedrich V., von seinen Gegnern ,,Der Winterkoenig" genannt, auf einem Oelgemaelde um das Jahr 1625 das Gerrit van Honthorst zugeschrieben wird.

Friedrich V. (* 26. August 1596 im Jagdschloss Deinschwang bei Neumarkt in der Oberpfalz; † 29. November 1632 in Mainz) war von 1610 bis 1623 Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz sowie als Friedrich I. von 1619 bis 1620 König von Böhmen.

Bei seinem Versuch, die Kurpfalz als führende protestantische Macht im Heiligen Römischen Reich zu positionieren, verstrickte er sich in die durch religiöse Gegensätze verursachten politischen Wirren Europas. Am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges nahm Friedrich V. die böhmische Königskrone an und stellte sich damit gegen Kaiser und Reich. Von der kaiserlichen Propaganda erhielt Friedrich V. in Erwartung seiner wohl äußerst kurzen Herrschaft den Beinamen Winterkönig, auf tschechisch Zimní král, der nach seiner nur etwas mehr als ein Jahr dauernden Regierungszeit als König von Böhmen an ihm haften blieb. Damit zählt Friedrich V. zu den wenigen historischen Persönlichkeiten, die unter ihrem Spottnamen in die Geschichte eingegangen sind.

Sein politisches Handeln hatte weitreichende und verheerende Auswirkungen auf das Reich und ganz Europa und war einer der Auslöser des Dreißigjährigen Krieges. Nach der Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg gegen die Truppen des Kaisers verlor er nicht nur das Königreich Böhmen, sondern durch die Verhängung der Reichsacht auch sein Herrschaftsgebiet, die Pfalz, und seine Kurwürde.

Leben

Jugend

    Wer Glück und Unglück wissen wil /

    Der schau deß Pfaltzgrafen spil.[1]

Friedrich wurde am 26. August 1596 im Jagdschloss Deinschwang[2] als erster Sohn des pfälzischen Kurfürsten Friedrich IV. und der Prinzessin Luise Juliane von Nassau-Oranien geboren. Die Kurpfalz war zu dieser Zeit mit fast allen wichtigen Fürstenhäusern des Heiligen Römischen Reiches verwandtschaftlich verbunden. Seine Mutter war die Tochter von Wilhelm I. von Oranien-Nassau und Charlotte von Bourbon-Montpensier. Dementsprechend nahmen an seiner Taufe am 6. Oktober 1596 in Amberg viele in- und ausländische Fürsten und Diplomaten teil.

Da die pfälzische Residenzstadt Heidelberg zu dieser Zeit von mehreren Pestwellen heimgesucht wurde, verbrachte Friedrich die ersten beiden Jahre in der Oberpfalz und kam erst 1598 nach Heidelberg. Die Oberpfalz oder Obere Pfalz bildete zur damaligen Zeit gemeinsam mit der Unteren Pfalz, auch als Rheinpfalz bezeichnet, die Kurpfalz. Der calvinistische Glaube des pfälzischen Zweiges der Wittelsbacher bildete einen tiefen Gegensatz zur katholischen Linie der Familie in Bayern, die zu dieser Zeit durch Herzog Maximilian I. in München repräsentiert wurde.

Weil Friedrich über seine Mutter ein Neffe des Fürsten von Sedan, Heinrich von Bouillon, war, schickte man ihn ab dem Frühjahr 1604 zur Ausbildung an den Hof in Sedan. Gerne hätte auch König Heinrich IV. von Frankreich den jungen Pfalzgrafen an seinem Hofe gesehen. Für Sedan gaben neben den verwandtschaftlichen Beziehungen aber vorrangig religiöse Gründe den Ausschlag, denn dort erhielt Friedrich eine streng calvinistische Ausbildung, auf die man in Heidelberg großen Wert legte. Sein Lehrer wurde der Theologe Daniel Tilenius, der dort schon seit 1559 wirkte und als Vertreter eines gemäßigten königstreuen Calvinismus galt. Tilenius war durch den Unabhängigkeitskampf der Niederlande und die Religionskriege in Frankreich geprägt und predigte eine umfassende Solidarität der protestantischen Fürsten. Er machte es sogar zu deren Christenpflicht, einzugreifen, wenn Glaubensbrüder in Gefahr waren oder von der Obrigkeit bedrängt wurden. Diese Ansichten dürften Friedrich geprägt und die theologischen Grundlagen für die spätere Politik der Kurpfalz unter seiner Regierung gebildet haben.

Neben einer gründlichen theologischen Ausbildung lernte Friedrich auch Dinge, die für seine zukünftige Rolle als Kurfürst des Reiches wichtig waren. So erlernte er beispielsweise die französische Sprache, die damals auf dem Gebiet der Diplomatie wichtig war, und wurde mit der französischen Hofkultur vertraut gemacht.

Streit um die Vormundschaft

    Ihm manglet nit an Leit und Land

    Regieret weißlich mit Verstand

Im Jahre 1610 kehrte Friedrich nach Heidelberg zurück, da am 19. September 1610 sein Vater Friedrich IV. an den Folgen seines „ausschweifenden Lebenswandels“ gestorben war. Friedrich IV. war nur 36 Jahre alt geworden und sein früher Tod führte zu einem Konflikt mit der lutherischen Verwandtschaft der Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg.

Nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle von 1356 hätte die Vormundschaft über den noch minderjährigen Friedrich und die Administration der Kurpfalz dem nächsten männlichen Verwandten zugestanden. Dies war Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg. Vor seinem Tod hatte Friedrich IV. jedoch bereits den calvinistischen Pfalzgrafen von Zweibrücken Johann II. von Pfalz-Zweibrücken als Vormund und Kuradministrator bestimmt.

Dementsprechend wurde Friedrich V. im Herbst 1610 von Johann II. in Heidelberg empfangen. Der fast zeitgleich eintreffende Wolfgang Wilhelm wurde aber nicht nach Heidelberg eingelassen. Das Resultat war ein heftiger Streit zwischen den verschiedenen Häusern. Da sich Kaiser Matthias nicht in den Streit einmischte und sogar 1613 dem immer noch minderjährigen Friedrich das Lehen erteilte, war 1614 mit der Volljährigkeit des Kurprinzen die Angelegenheit eigentlich erledigt. Dieser Streit sollte sich aber auf die weitere Zukunft der Kurpfalz noch gravierend auswirken, da die Münchner Linie der Wittelsbacher erneut ihre Ansprüche auf die Pfälzer Kurwürde anmeldete.

Heirat mit Elisabeth Stuart

    Ein Fraw von Königlichem Stamm /

    Die mehret ihm sein hohen Nam /

Die Heiratspolitik des kurpfälzischen Fürstenhauses war darauf ausgerichtet, die Stellung des Landes im reformierten Lager zu stärken: Zwei Schwestern Friedrichs waren bereits mit protestantischen Fürsten des Reiches verheiratet, und auch die 1595 geborene Katharina Sophie sollte mit Gustav Adolf von Schweden vermählt werden. Für Friedrich bot sich eine Heirat mit Elisabeth Stuart, der einzigen Tochter des englischen, schottischen und irischen Königs Jakob I. und somit einer der zu jener Zeit höchstgestellten Bräute Europas, an. Auch wenn der dortige Hof schon einige Bewerber als nicht standesgemäß abgelehnt hatte und die Kurpfalz weder über die territoriale Ausdehnung noch die politische Macht einer großen europäischen Monarchie verfügte, versuchte man, die Gelegenheit zu nutzen, zumal König Jakob zu dieser Zeit bereits Pläne seiner Berater verworfen hatte, die katholische Elisabeth mit dem ebenfalls katholischen französischen König Ludwig XIII. zu verheiraten, da dies zu einer Störung des konfessionspolitischen Gleichgewichts in Europa hätte führen können.

Zu diesem Zweck reiste der Hofmeister des Kurprinzen Hans Meinhard von Schönberg im Frühjahr 1612 nach London und versuchte dort die Vorbehalte auszuräumen, indem er die königsgleichen Rechte des Kurfürsten und dessen Stellung als Führer der protestantischen Kräfte im Reich hervorhob. Auch von den Niederlanden und Sedan aus wurde von Verwandten das Projekt vorangetrieben, so dass man sich am 26. Mai 1612 über den Heiratsvertrag einig war. Die Prinzessin brachte eine Mitgift von 40.000 Pfund mit, und Friedrich musste ein jährliches Wittum von 10.000 Pfund garantieren.

Obwohl Königin Anna mit der geplanten Verbindung unzufrieden war, reiste Friedrich nach London und landete am 16. Oktober 1612 auf englischem Boden. Dort traf er erstmals mit Elisabeth zusammen und machte durch sein gutes Aussehen und freundliches Benehmen einen sehr günstigen Eindruck auf den Hof und seine künftige Braut. Zuvor hatte bereits ein reger Briefwechsel in französischer Sprache zwischen den beiden stattgefunden. Die Verlobung fand am 7. Januar 1613 statt; Königin Anna blieb ihr aufgrund ihrer Vorbehalte allerdings fern [3]. Am 24. Februar 1613 wurde in der königlichen Kapelle am Whitehall-Palast Hochzeit gefeiert. Bei der Zeremonie trug Friedrich die Kette des Hosenbandordens, der ihm kurz zuvor verliehen worden war und den er später in sein Wappen aufnahm. Die Festlichkeiten nach der Trauung werden als außergewöhnlich beschrieben. Ein Festspiel von Francis Beaumont wurde aufgeführt, worin religiöses Verhalten und Rittertum in Verbindung gebracht wurden. Die gesamten Festlichkeiten wurden von Francis Bacon ausgerichtet.

Mit einer Zwischenstation in Den Haag, wo beide den Statthalter der Niederlande Moritz von Oranien, den Onkel des Kurfürsten, trafen, reiste das junge Paar am 5. Mai 1613 nach Deutschland. Am 13. Juni wurde beiden in Heidelberg ein großartiger Empfang durch die Stadtbevölkerung zuteil. Die anschließenden Feierlichkeiten zogen sich mehrere Tage hin. Bereits seit 1612 hatte Friedrich mit Blick auf die Heirat im Heidelberger Schloss umfangreiche Baumaßnahmen durchführen lassen, um seiner Gattin eine standesgemäße Unterkunft zu bieten. So ließ er den sogenannten Englischen Bau als Palast für Elisabeth errichten. 1615 entstand zur Erinnerung an den triumphalen Einzug in Heidelberg das Elisabethentor, mit dem Friedrich für Elisabeth einen separaten Eingang in seine Residenz schuf.

Elisabeth war von Anfang an bei ihren Untertanen sehr beliebt. Diese Beliebtheit nahm nach der Geburt ihres Sohnes Friedrich Heinrich am 1. Januar 1614 noch weiter zu. Dem Jungen schien als Kurprinz und möglichem englischen Thronfolger eine große Zukunft bevorzustehen. Elisabeth gebar ihrem Mann bis 1632 dreizehn Kinder, von denen fünf ihre Mutter überlebten.

Kurfürst vor dem Dreißigjährigen Krieg

    Auß Weltlichen Churfürsten vier

    Dem Römischn Reich war er ein zier.

Der Bau des Elisabethentors war nur der Auftakt für eine größere Umgestaltung der Residenz. So wurde ein neuer Hofgarten, der berühmte Hortus Palatinus, angelegt und mit zahlreichen Grotten und Brunnen versehen, die Friedrich verherrlichten und ihn als Gott Apollo und Herkules darstellten.

Friedrich selbst sah sich als Führer der protestantischen Fürsten im Reich und als Verteidiger der teutschen Libertät gegenüber dem katholischen Kaiser. Das Reich selbst stand kurz vor einer bewaffneten Auseinandersetzung; seit dem Ende des vorhergehenden Jahrhunderts hatten sich die Auseinandersetzungen zwischen den Fürsten der drei Konfessionen – wobei die calvinistische nicht durch Reichsrecht bestätigt war – zu einem Kampf um die Verfassung des Reiches entwickelt. Weiterhin war ein Krieg zwischen den protestantischen Generalstaaten der Niederlande und dem habsburgischen Spanien absehbar, da 1621 ein zwölfjähriger Waffenstillstand auslaufen sollte und beide Seiten bereits seit Jahren für den Krieg rüsteten.

Die Kurpfalz bildete dabei eine wichtige Rolle als potentielles Durchmarschgebiet der kaiserlichen Truppen aus den habsburgischen Erblanden. Das kurpfälzische Gebiet war, wie viele andere Territorien des Reiches, kein geschlossenes Herrschaftsgebiet und bestand aus zwei größeren Landesteilen, in die wiederum Teile fremder Territorien eingeschlossen waren. Die Untere Pfalz zog sich an Rhein und Neckar entlang und hatte ihr Zentrum in Heidelberg. Die Obere Pfalz lag im Osten des heutigen Bayerns rund um deren Hauptstadt Amberg. Während die Untere Pfalz eher landwirtschaftlich geprägt war, bildete die Obere Pfalz eine der wichtigsten Bergbauregionen des Reiches und war wirtschaftlich besonders leistungsfähig.

An seinem 18. Geburtstag übernahm Friedrich die volle Herrschaft als Kurfürst in der Pfalz. Kurz nach seinem Regierungsantritt erlitt er während einer Sitzung der protestantischen Union in Heidelberg einen Fieberanfall, dem er fast erlag. Die Krankheit veränderte seine Persönlichkeit radikal. Zeitgenossen schildern ihn nach der Krankheit als kraftlos, schläfrig und melancholisch, ja sogar depressiv. An eine Durchführung der Regierungsgeschäfte durch den jungen Kurfürsten war in dieser Situation nicht zu denken. Deshalb führte sein Kanzler, der anhaltinische Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg, fast vollständig die Geschäfte.[4]

Friedrich vertraute dem Fürsten beinahe uneingeschränkt. Christian und die anderen Hofräte entschieden von 1614 bis 1618 fast vollständig die Maßnahmen der Kurpfalz, denen der Herrscher nur noch zustimmen musste. Neben den Auswirkungen der Krankheit ist dies sicherlich auch der Jugend und der politischen Unerfahrenheit des Kurfürsten zuzuschreiben.

König von Böhmen

Vorgeschichte und Pläne

    O Ehrgeitz du verfluchte sucht:

    Hie sicht man dein vergiffte frucht /

Wann genau die Idee zur Bewerbung um die böhmische Königskrone entstand, ist nicht bekannt. Denkbar war diese nur, weil die ständische Wahlmonarchie Böhmen, seit 1526 von Habsburgern regiert, zu Beginn des 17. Jahrhunderts in eine tiefe politische Krise geraten war. Die Landstände Böhmens wollten ihre Macht nicht durch die absolutistisch denkenden Habsburger einschränken lassen, und im evangelischen böhmischen Adel hatte sich eine starke Opposition gegen die Rekatholisierungsbestrebungen Kaiser Rudolfs II. und seiner Parteigänger formiert. 1609, das Reich war durch dynastische Streitigkeiten und einen unglücklich verlaufenen Türkenkrieg geschwächt, trotzten die Protestanten dem Kaiser den so genannten Majestätsbrief und damit die Religionsfreiheit ab. Schon damals gab es politische Kontakte böhmischer Adliger zur Protestantischen Union.

Bereits 1612, als Rudolf II. starb und Friedrichs englische Heiratspläne konkret wurden, gab es jedenfalls Überlegungen, dass sich der Pfälzer um die Krone Böhmens bewerben sollte. Die Gedankenspiele waren wohl auch den protestantischen Fürsten der Union bekannt: Die Übernahme der böhmischen Kurstimme sollte dem protestantischen Lager eine Stimmenmehrheit im Kurkollegium sichern, um so auch einen Protestanten auf den Kaiserthron bringen zu können. Die politischen Strategen am Heidelberger Hof glaubten, dass Kurfürst Johann Georg von Sachsen das Bündnis mit den Habsburgern verlassen und Friedrich unterstützen würde. Die Annahme war allerdings völlig unbegründet. Kaum zehn Jahre später trug diese Fehleinschätzung wesentlich dazu bei, dass Friedrichs böhmische Regierung nur eine kurze Episode blieb.

Zunächst gewann aber der Habsburger Matthias ohne Schwierigkeiten 1611 die böhmische als auch ein knappes Jahr später die römische Krone. Die konfessionellen und politischen Auseinandersetzungen in Böhmen gingen unterdessen unvermindert weiter. Die Lage war ziemlich unübersichtlich. So gelang es dem Kaiser 1617 noch, den unversöhnlichen Katholiken Ferdinand von Innerösterreich als seinen Nachfolger zum böhmischen König krönen zu lassen. Nur ein Jahr später schritten die evangelischen Stände Böhmens jedoch mit dem Ständeaufstand zur offenen Rebellion. Sie begann mit dem zweiten Prager Fenstersturz, bei dem drei katholische Landesbeamte aus den Fenstern der Prager Burg geworfen wurden.

In dieser Situation verstärkte Christian von Anhalt seine Bemühungen, für Friedrich die böhmische Krone zu erringen. Als Statthalter der Oberpfalz mit Sitz in Amberg war er nicht zu weit von Prag entfernt, um zeitnah in die sich überschlagenden politischen Ereignisse eingreifen und seinen Einfluss geltend machen zu können. Christian gelang es aber nicht, eine ausreichend starke Partei für Friedrichs Bewerbung zu schaffen. Der Kurfürst war nicht nur zu unerfahren und ohne Ansehen, er war vor allem Calvinist und gehörte damit einer Konfession an, die in Böhmen kaum vertreten war, wenn auch einige bedeutende Adlige den politischen Ideen der Calvinisten nahestanden.

Als die Nachricht vom Prager Fenstersturz am 2. Juni 1618 Heidelberg erreichte, konnte Friedrich nicht offen für die Aufständischen Partei ergreifen. Dies wäre eine Rebellion gegen den Kaiser gewesen, dem auch Friedrich Treue und Gehorsam gelobt hatte. Er hätte sich damit offen ins Unrecht gesetzt. So reihte er sich offiziell in die Schar der Vermittler zwischen den protestantischen Ständen Böhmens und Matthias ein, die einen Ausgleich beider Seiten zu erreichen suchten. Insgeheim unterstützte aber Christian von Anhalt weiterhin die antihabsburgische Partei in Prag. Friedrich indessen schob in einem Brief an seinen Schwiegervater den Jesuiten und der spanischen Partei am Wiener Hof die Schuld für den Aufstand in Böhmen zu.

In Prag soll die Idee einer offenen Kandidatur Friedrichs erstmals im November 1618 bei den Gesprächen des preußischen Rats und Amtshauptmanns Achatius von Dohna aufgetaucht sein; inwieweit Friedrich eingeweiht war oder die Sache selbst vorantrieb, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall zeigte sich Jakob I. wenig begeistert, als er vom kurpfälzischen Hofrat Christoph von Dohna darauf angesprochen wurde. Auch die protestantischen Fürsten der Union zeigten sich besorgt über diese Idee, da sie befürchteten, die Wahl Friedrichs könnte das Reich in einen religiösen Krieg stürzen. Der sächsische Hof lehnte die Pfälzer Kandidatur kategorisch ab.

Hinter den Kulissen organisierte Friedrich den Einmarsch eines kleinen Heeres unter Graf Ernst von Mansfeld nach Böhmen, um die Aufständischen zu unterstützen. Mansfeld überschritt im August 1618 die Grenze und belagerte Pilsen, den bedeutendsten Stützpunkt der katholischen kaisertreuen Partei. Die Stadt fiel am 21. November, womit Böhmen ganz in der Hand der Protestanten war.

Im März 1619 starb Kaiser Matthias. Die protestantischen böhmischen Stände wollten den bereits 1617 gekrönten Nachfolger Ferdinand II. nun nicht mehr als ihren König anerkennen. Um sich gegen den zu erwartenden Einmarsch des Habsburgers abzusichern, schlossen sie am 31. Juli 1619 mit der Böhmischen Konföderation ein Schutz- und Trutzbündnis ab. Die Konföderation legte eine ständestaatliche Verfassung aller Kronländer fest; gleichzeitig beschloss sie die Gleichberechtigung aller inkorporierter Länder bei der Königswahl. Nach Abschluss der Konföderation wurde Ferdinand II. im August 1619 durch den Generallandtag aller böhmischen Länder des Throns für verlustig erklärt. Nun waren alle Bande zwischen Böhmen und den Habsburgern zerschnitten und der offene Krieg spätestens jetzt nicht mehr zu stoppen. Der Dreißigjährige Krieg hatte begonnen. Nur wenigen Zeitgenossen war freilich bewusst, dass aus einer lokalen Rebellion ein verheerender europäischer Krieg werden könnte. Der Erzbischof und Kurfürst von Köln, der Wittelsbacher Ferdinand von Bayern, äußerte zu den Vorgängen in Böhmen fast prophetisch:

    Sollte es so sein, daß die Böhmen im Begriffe ständen, Ferdinand abzusetzen und einen Gegenkönig zu wählen, so möge man sich nur gleich auf einen zwanzig-, dreißig- oder vierzigjährigen Krieg gefaßt machen[5]

Die Stände der böhmischen Länder schritten nun gemäß den Regeln der Konföderation zur gemeinsamen Wahl eines neuen Königs. Nachdem Johann Georg von Sachsen, der Wunschkandidat der gemäßigten protestantischen Partei, frühzeitig abgesagt hatte, blieb nur der Pfälzer als Kandidat. Niemand sonst wollte den Konflikt mit Ferdinand II. riskieren. Die Chancen für eine erfolgreiche Machtübernahme in Böhmen verbesserten sich für Friedrich im Sommer 1619 insofern, als am 16. August auch die Stände Ober- und Niederösterreichs dem antihabsburgischen Bündnis der böhmischen Länder beitraten und der siebenbürgische Fürst Gábor Bethlen mit seinem Heer ins habsburgische Oberungarn einfiel.

Und genau in dieser Zeit war Ferdinand auf dem Wege nach Frankfurt am Main zu seiner Wahl zum Kaiser.

Wahl und Einzug in Prag

    Die besten Maister in dem Rath

    Die waren da sein höchster schad

    Biß sie ihn in die höch gebracht

    Und auß ihm einen König gmacht

Am 26. August 1619 wurde Friedrich V. von der Pfalz schließlich als erster böhmischer König mit den Stimmen aller in der Böhmischen Konföderation zusammengeschlossenen Länder gewählt. Der Kandidat selbst erfuhr von der auf ihn gefallenen Wahl am 29. August in Amberg.[6]

Die Wahl Ferdinands II. zum Kaiser zwei Tage später konnte Friedrich angesichts der katholischen Mehrheit im durch die Kurfürsten des Reiches gebildeten Wahlgremium nicht verhindern. Auch die Stimmen der protestantischen Kurfürsten aus Sachsen und Brandenburg gingen an den Habsburger. Gegen den Einspruch einer aus Prag angereisten Delegation der böhmischen Stände wurde Ferdinand die dem König von Böhmen zustehende Kurstimme von den drei geistlichen Kurfürsten und den Kurfürsten aus Brandenburg und Sachsen zugesprochen. Nur die pfälzischen Gesandten plädierten für eine Anhörung der böhmischen Gesandten.

Um Einstimmigkeit zu erzielen, zogen die pfälzischen Gesandten ihre ursprüngliche Stimmabgabe für Maximilian von Bayern zurück und votierten auch für Ferdinand. Diese Entscheidung sollte für die zukünftige Entwicklung aber fatal sein. Denn mit dieser Entscheidung hatte nun das gesamte Kurfürstenkollegium bestätigt, dass es die Absetzung Ferdinands und eine erneute Königswahl in Böhmen als illegal betrachtete. Im Reich war der Pfälzer daher in einer denkbar schwachen Position.

Genau am Tag der Kaiserwahl traf die Nachricht von der Wahl Friedrichs V. zum König von Böhmen in Frankfurt ein. Da Friedrich nicht zum Wahltag in Frankfurt erschienen war, schickten ihm seine dort als Gesandte vertretenen Hofräte ein Gutachten, in dem sie ihm davon abrieten, die böhmische Wahl anzunehmen.

Über die Gründe der folgenschweren Annahme der Krone wurde in den folgenden Jahrhunderten viel spekuliert. Dass ihn seine Frau gedrängt habe, da sie unbedingt Königin sein wollte, ist eine Legende der katholischen Propaganda, ebenso wie der von Friedrich Schiller in seinem 1792 erschienenen Geschichtswerk Geschichte des 30jährigen Kriegs kolportierte Ausspruch Elisabeth Stuarts:

    »Konntest du dich vermessen, [...] die Hand einer Königstochter anzunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man freiwillig dir entgegenbringt? Ich will lieber Brod essen an deiner königlichen Tafel, als an deinem kurfürstlichen Tische schwelgen.«[7]

Auch wenn die lang ersehnte Standeserhöhung sicherlich hochwillkommen war, dürften aber vorrangig religiöse Gründe ausschlaggebend gewesen sein. In seinem Rechtfertigungsschreiben sprach Friedrich von einer göttlichen Berufung und stilisierte sich in einem Gebet, das er kurz vor der Abreise nach Prag verfasste, zu einem „Kreuzritter des Protestantismus“. Dennoch blieb er schwankend zwischen der Heiligkeit seiner Pflicht gegenüber dem Kaiser und dem Bedürfnis, Glaubensgenossen in einer gerechten Sache zu unterstützen.

Neben machtpolitischen und religiösen Beweggründen könnten aber auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle gespielt haben, weshalb Christian von Anhalt seinem Dienstherren zur Krone verhelfen wollte. Die Oberpfalz um Amberg war zu dieser Zeit das europäische Eisenzentrum; Böhmen war ein Brennpunkt für Zinn- und Glashandel. Ein Zusammenlegen hätte eine neue Exportmacht in zentraler Lage bedeuten können[8]. Für Christian von Anhalt als Statthalter der Oberpfalz wäre dies auch finanziell lohnend gewesen.

Die am 12. September stattfindende Versammlung der protestantischen Union in Rothenburg ob der Tauber riet Friedrich mehrheitlich, sich nicht in die böhmischen Angelegenheiten einzumischen. Auch die anderen Verbündeten der Protestanten im Reich, wie die Vereinigten Niederlande, der Herzog von Savoyen oder die Republik Venedig, wollten oder konnten das Projekt weder militärisch noch finanziell unterstützen. Nur der Fürst von Siebenbürgen, Gábor Bethlen, sandte ermutigende Briefe an Friedrich.

Doch der Kurfürst schlug alle Warnungen und Bedenken in den Wind. Zwischen dem 24. und dem 28. September 1619 entschloss sich Friedrich, dem Willen des Allmechtigen nicht zu widerstreben[9] und die Wahl anzunehmen. Die Vereinigten Niederlande, Dänemark, Schweden und die Republik Venedig erkannten Friedrich als König an, das gemeinsame Zusammengehen der protestantischen Fürsten des Reiches kam jedoch nicht zustande.

Nach der Annahme der Wahl brach Friedrich am 27. September 1619 von Heidelberg in Richtung Prag auf. Die Reise führte über Ansbach, Neumarkt und Amberg nach Waldsassen, wo der König von Vertretern der böhmischen Stände empfangen wurde. Weiter ging es über Eger, Falkenau, Engelshaus, Saaz, Laun und Schlan. Um sicherzustellen, dass dem neuen König ein freudiger Empfang bereitet werde, wurde die Strecke durch Besitzungen von Mitgliedern des Prager Direktoriums gelegt.

Am 31. Oktober 1619 zog Friedrich mit insgesamt 568 Personen und fast 100 Wagen in Prag ein, wo er begeistert willkommen geheißen wurde. Der Einzug nahm nicht den sonst üblichen Königsweg, der eigentlich zu den Krönungsfeierlichkeiten gehörte und den sowohl Friedrichs Vorgänger als auch seine Nachfolger zur Darstellung königlicher Macht nutzten. Vermutlich ist die Änderung darauf zurückzuführen, dass die Reisegesellschaft ohnehin vom Westen kam und die Strecke so verkürzt werden konnte.

Krönung

Die Krönung Friedrichs fand am 4. November 1619 im Veitsdom statt. Sie wurde nicht vom Prager Erzbischof, sondern von dem utraquistischen Administrator des Erzbistums, Georg Dicastus, unter Assistenz des Seniors des böhmischen evangelischen Konsistoriums Johannes Cyrill von Třebič vollzogen. Der Ablauf der Zeremonie hielt sich weitgehend an den Krönungsordo Kaiser Karls IV., wobei nur einzelne Gebete und Texte in Teilen abgeändert wurden. Demgegenüber wurde die Allerheiligenlitanei gesungen, die als typisch katholisches Ritual anzusehen ist. Auch die für den Calvinismus unbedeutende Salbung wurde, leicht abgewandelt, beibehalten. Nach der Krönung nahm der neue König die Huldigung der Stände entgegen.

Auch wenn ein großer Teil des Landes vom Krieg bereits verwüstet war und viele Flüchtlinge in der Stadt lagerten, wurden Ankunft und Krönung des Königs mit rauschenden Festen gefeiert[10]. Seine zuvor erteilte Garantie der böhmischen Ständeverfassung, die vermeintliche Tüchtigkeit seines Kanzlers Christian von Anhalt und der Umstand, dass sich seine schöne Gattin in hochschwangerem Zustand auf die beschwerliche Reise gemacht hatte, nahmen seine neuen Untertanen für den neuen König ein.

Regierung

    Das hett doch in die läng kein bstand

    Weil er sich brauchet frembder Land

Der Regierungsantritt Friedrichs in Böhmen war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Der Pfälzer hatte zwar die Herrschaft eines reichen Landes übernommen, die Staatsfinanzen waren aber schon seit Jahren zerrüttet. Dazu kam, dass die böhmischen Könige nur über geringe eigene Einnahmequellen verfügten und damit vornehmlich auf das Wohlwollen des Adels und die Steuerbewilligungen der Landtage angewiesen waren. Mit diesem Problem hatten sich schon Friedrichs habsburgische Vorgänger ohne durchschlagenden Erfolg auseinandersetzen müssen. Friedrich war durch die Böhmische Konföderation verfassungsrechtlich sogar in einer noch schlechteren Position, und es zeigte sich bald, dass sich dies nicht durch konfessionellen Konsens ausgleichen ließ. Der Adel war nicht zu drastisch höheren Steuerbewilligungen bereit, die für eine erfolgreiche Kriegsführung gegen die Habsburger und die katholische Liga unbedingt notwendig gewesen wären. Schließlich hatten nicht nur die konfessionellen Gegensätze, sondern auch die hohen finanziellen Belastungen der Türkenkriege zur Absetzung der Habsburger und zur Wahl Friedrichs geführt.

Nicht nur dass Friedrich von den Landtagen der böhmischen Länder zu wenig Steuern und Truppen bewilligt bekam, er sah sich zudem genötigt, bedeutenden Persönlichkeiten aus den einzelnen Kronländern teure Geschenke zu machen, um seine Anhängerschaft in den Ständegemeinden bei der Stange zu halten.

In Prag gerieten der König und sein durch deutsche Calvinisten geprägter Hof bald in die Kritik und bekamen die Ablehnung der Bevölkerung, eines Teils der Geistlichkeit und des Adels zu spüren. Das Königspaar sprach kein Wort Tschechisch und hatte die Hofämter vorwiegend mit auswärtigen Vertrauten besetzt, während die Landesämter in der Hand des einheimischen Adels waren. Deshalb war eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen königlicher und ständischer Verwaltung nur schwer möglich. Drastische Folgen zeitigte der Versuch von Friedrichs Hofprediger Abraham Scultetus, dem Land mit Gewalt die calvinistische Religion aufzuzwingen. Für die utraquistische Konfession, der die Mehrheit der Tschechen anhing, zeigten die Calvinisten keinerlei Verständnis. Ein besonderes Ärgernis waren für den Hofprediger die Reliquien und Bilder in den Kirchen des Landes, die nicht nur in den katholischen, sondern auch in den utraquistischen Kirchen erhalten geblieben waren. Deshalb ließ Scultetus, mit Willen und Wissen des Königs[11] ab dem 21. Dezember 1619, nur kurz unterbrochen durch das Weihnachtsfest, im St.-Veits-Dom die religiösen Kunstschätze entfernen oder zerstören. Am 27. und 28. Dezember wurde der berühmte Marienaltar von Lucas Cranach zerstört[12]. Diese Ereignisse führten zu einer großen Empörung unter der Bevölkerung Prags; es ging sogar das Gerücht um, dass die Calvinisten das Grab des heiligen Wenzel aufbrechen wollten. Wenig später beklagte sich Friedrich, dass seine Befehle nicht mehr ausgeführt würden. Aus Furcht, noch weiter an Ansehen zu verlieren, versuchte er die Schuld auf andere abzuwälzen.

Schon kurz nach Friedrichs Regierungsantritt tauchte auch der Spottname Winterkönig zum ersten Mal auf. Ein Flugblatt der kaiserlichen Seite zeigt erstmals das Chronogramm FrIDerICVs I. ReX HyeMIs (Fridericus I. Winterkönig), wobei die großgeschriebenen Buchstaben, in die richtige Reihenfolge gebracht, die römische Zahl MDCXVIIII für 1619 ergeben (vgl. Abbildung einer pfälzischen Flugschrift auf der dieses Chronogramm auch verwendet wurde). Auf diesen Spottnamen reagierte die protestantisch-pfälzische Publizistik im Laufe der Jahre 1619 und 1620 mehrfach durch Verteidigungsschriften und sogar mit der Umwidmung des Spottnamens. So findet sich auf einem Flugblatt, das die Annahme der Krone als Willen Gottes verteidigt, die Bezeichnung Winterlöwe. Mit Gottes Hilfe würde Friedrich darüber hinaus auch ein Sommerlöwe werden und die Krone Böhmens gegen die Unruhestifter und Lügner verteidigen.[13]

Der Kaiser scharte unterdessen Unterstützer um sich, um die Krone Böhmens wiederzuerlangen. Da er selbst finanziell nicht in der Lage war, ein Heer gegen Friedrich aufzustellen, schloss er am 8. Oktober 1619 einen Vertrag mit dem bayerischen Herzog und Führer der Katholischen Liga Maximilian I., nach dessen Wortlaut Maximilian die volle Befehlsgewalt über die Unternehmungen in Böhmen haben und alle eroberten Gebiete als Pfand für seine Auslagen erhalten sollte. In einem Geheimabkommen sicherte Ferdinand dem bayerischen Kurfürsten zu, dass dieser nach der Niederlage Friedrichs dessen Kurwürde erhalten würde. Herzog Maximilian, der zuvor für eine Allianz der katholischen und protestantischen Fürsten zum Schutz der Reichsverfassung eingetreten war, wurde durch den Schritt Friedrichs in das Lager des Kaisers getrieben.

Auch der lutherische Kurfürst Johann Georg von Sachsen nahm Partei für den abgesetzten Kaiser Ferdinand, wohl auch, weil er sich selbst Hoffnungen auf die böhmische Krone gemacht hatte. Sein Hofprediger Matthias Hoë von Hoënegg beschuldigte die böhmische Regierung, den lutherischen Glauben an den calvinistischen Antichristen verraten zu haben und rief aus:

    Der [d. h. Gott] wird alle Eurer Kaiserlichen Majestät muthwillige Feinde auf die Backen schlagen, ihre Zähne zerschmettern, sie zurücke kehren und kläglich zu Schanden werden lassen![14]

Um den sächsischen Kurfürsten und die anderen protestantischen Reichsfürsten zu einer Unterstützung Friedrichs zu bewegen, riet Kanzler Christian von Anhalt seinem König, alle protestantischen Fürsten zu einer Beratung im Dezember 1619 nach Nürnberg einzuladen. Die Beratungen gerieten zu einem Fiasko, da kaum ein Fürst Vertreter entsandte. Insbesondere fehlte ein Gesandter Johann Georgs. Die Anwesenden beschlossen halbherzig, Friedrichs rheinische Gebiete während seiner Abwesenheit zu sichern.

Vier Monate später, im März 1620, wies eine Versammlung der kaiserlichen Partei in Mühlhausen die rechtlichen Argumente Friedrichs zurück. Friedrich schrieb in einer Verteidigungsschrift, dass er nicht den Reichsfrieden gebrochen habe, da sich Böhmen außerhalb des Reichsgebietes befinde und der Konflikt mit Ferdinand somit kein Konflikt zwischen einem Reichsfürsten und dem Kaiser sei. Ferdinand könne demnach seine kaiserliche Macht nicht gegen ihn verwenden. Die Versammlung, darunter Vertreter Johann Georgs von Sachsen und Maximilians von Bayern, erklärte dagegen Böhmen zu einem integralen Bestandteil des Reiches. Daraufhin erließ der Kaiser am 30. April ein Mandat, das Friedrich ultimativ aufforderte, sich bis zum 1. Juni aus Böhmen zurückzuziehen. Andernfalls würde Ferdinand, in seiner Eigenschaft als Kaiser und rechtmäßiger böhmischer König, alle militärischen Mittel zur Niederwerfung des Usurpators heranziehen. Wenig später unterschrieb der sächsische Kurfürst einen Vertrag mit Ferdinand, der ihm für sein militärisches Eingreifen eine Garantie für den lutherischen Glauben in Böhmen und die Anerkennung aller säkularisierten Gebiete im Nieder- und Obersächsischen Reichskreis gewährte. Dies waren Forderungen, die man mit Johann Georgs Überzeugung in Übereinstimmung bringen kann, Friedrich hätte die protestantische Partei und deren Kampf um die Reichsverfassung entscheidend geschwächt. Aber die verlangte und gewährte Abtretung der Lausitz an Sachsen schwächte seine sonst unantastbare Position entscheidend und erfolgte wohl nur aus machtpolitischen Gründen. Maximilian und Johann Georg hatten beim Schachern um Länder und Titel dem Kaiser die gefährliche Befugnis gewährt, das Reich zu zerstückeln und nach seinem Gutdünken aufzuteilen.

In dieser Situation wollte Friedrich auf dem am 25. März 1620 eröffneten Generallandtag durch massive Steuer- und Abgabenerhöhungen und eine allgemeine Wehrpflicht die Niederlage abwenden. Um Geld für das böhmische Heer aufzutreiben, verwendete Friedrich seine Privatmittel, verpfändete seine Juwelen und trieb im Mai 1620 die Kurpfalz in die Zahlungsunfähigkeit, als er zwei Tonnen Gold nach Böhmen schaffen ließ.

Derweil kamen auch von außerhalb nur Hiobsbotschaften. Der englische König Jakob I. missbilligte das Vorgehen seines Schwiegersohnes. Die protestantischen Fürsten der Union wollten neutral bleiben; sie unterzeichneten am 31. Juli 1620 den Ulmer Vertrag und zogen ihre Truppen aus der Pfalz zurück, zu deren Verteidigung sie sich eigentlich verpflichtet hatten. Die Vereinigten Niederlande bewilligten Friedrich nur eine monatliche Zuwendung von fünfzigtausend Gulden und entsandten lediglich ein kleines Kontingent zur Verstärkung des böhmischen Heeres.

Schlacht am Weißen Berg

    Sein Reich war nit von dieser Welt

    Darumb er bald zu boden felt.

    Wo felt er hin? Ins tieffe Möhr /

    Verlassen von seim gantzen Heer /

Ein besserer Vorwand für den Einmarsch kaiserlicher Truppen in die Pfalz und die Beseitigung eines wichtigen protestantischen Vorpostens als die Annahme der böhmischen Krone durch Friedrich konnte kaum gefunden werden. Generalleutnant Spinola hatte bereits nach dem Bekanntwerden der Wahl Truppen in den spanischen Niederlanden und im Elsass zusammengezogen. Der Marschbefehl für Spinola wurde am 23. Juni 1620 erteilt und erreichte ihn kurz nach der Unterzeichnung des Ulmer Vertrages.

Am 23. Juli 1620 überschritt Maximilian von Bayern mit 25.000 Mann des Heeres der Katholischen Liga die Grenze von Bayern nach Österreich, um zuerst die protestantischen Stände der Erblande des Kaisers zu unterwerfen. Anfang August brach Spinola mit seinem Heer von 25.000 Mann aus Flandern auf und wandte sich anfangs nach Böhmen. Doch in der dritten Augustwoche machte er kehrt, zog gegen die nahezu schutzlose Pfalz und besetzte zunächst Mainz. Nur 2000 Freiwillige aus England, denen König Jakob erlaubt hatte, in die Pfalz zu ziehen, standen zur Unterstützung bereit. Sie setzen sich in Frankenthal und Mannheim fest. Am 5. September überschritt Spinola den Rhein, eroberte am 10. September Kreuznach und am 14. September Oppenheim. Der in Böhmen befindliche Friedrich konnte nichts gegen die Eroberung seiner Stammlande tun, außer den englischen König um Hilfe anzuflehen.

Nachdem Maximilian in Linz die österreichischen Stände unterworfen hatte, vereinigte er sich mit den Resten des kaiserlichen Heeres und überschritt am 26. September die böhmische Grenze. Kurz darauf, am 5. Oktober, fiel der Kurfürst von Sachsen von Norden her in Böhmen ein. Bei Rokitzan traf Maximilian auf das bunt zusammengewürfelte, schlecht bezahlte, mangelhaft ausgerüstete und kurz vor einer Meuterei stehende Heer Friedrichs, das etwa 15.000 Mann umfasste. Friedrich weilte seit dem 28. September beim Heer, überließ aber die Kriegführung seinen Generälen, da er selbst kein ausgebildeter Militär war. Stattdessen organisierte er den Nachschub, kümmerte sich um Befestigungen und um die Versorgung der Verwundeten.

Nach einer Reihe folgenloser Scharmützel zog Friedrich am 5. November das Heer in Richtung Prag zurück – die kaiserlichen Truppen folgten. Am Abend des 7. November hielt das Heer nur wenige Meilen vor Prag und bezog Stellung auf dem Gipfel des Weißen Berges. Einen Tag zuvor hatte König Friedrich die Linien abgeritten und die Soldaten ermahnt, weder seine noch die böhmische Sache im Stich zu lassen. Er eilte nach Prag, um die böhmischen Stände um Geld für seine Truppen anzuflehen und den Abgesandten des englischen Königs zu empfangen, von dem er sich die lang ersehnte Nachricht über die Unterstützung Jakobs erhoffte. Es war jedoch zu spät. Als Friedrich gegen Mittag des 8. November aus der Stadt zu den Truppen zurückreiten wollte, traf er am Stadttor auf flüchtende Soldaten seines Heeres und seinen Kanzler Christian von Anhalt, der ihm die Katastrophe mitteilte: Das böhmische Heer war am Morgen des Tages in der Schlacht am Weißen Berg vernichtend geschlagen worden.

Christian konnte nur eine einzige Lösung vorschlagen: die sofortige Flucht. Am Morgen des 9. November machte Friedrich sich auf den Weg in die schlesische Hauptstadt Breslau, begleitet von seiner Gattin und einigen seiner Räte – im Gepäck nicht viel mehr als die Kronjuwelen. Der Aufbruch geschah gerade noch rechtzeitig, da die Bevölkerung Prags drauf und dran war, den König an Maximilian auszuliefern. Schon zuvor waren die Stadttore vor den flüchtenden Soldaten gnadenlos geschlossen worden. Nach Friedrichs hastiger Abreise ergab sich Prag Maximilian. In Schlesien wollte Friedrich die Niederlage am Weißen Berg nach allen Kräften rächen, jedoch versagten ihm die schlesischen Stände die Unterstützung, so dass Friedrich das Herzogtum Anfang des Jahres 1621 in Richtung des Kurfürstentums Brandenburg verließ. Zum Abschied schrieb er dem böhmischen Feldherrn Graf Heinrich Matthias von Thurn:

    kein Geitz noch Ehrgeitz hat uns in Böhmen gebracht/kein Armuth noch Elend soll uns von unserm lieben GOtt abtrünnig machen/noch etwas wider Ehr und Gewissen thun lassen. [16]

Die zeitgenössischen Verfasser von Flugschriften, egal ob katholisch oder protestantisch, schonten den geschlagenen König nicht. Ein weitverbreitetes Motiv der Flugschriften war der Postillion, der überall im Reich nach dem verlohren Palatin[17] oder einem jungen Mann, mit Frau und Kindern suchte, der im vorigen Winter noch König war[18]. Auch der Fund des Hosenbandordens durch einen kaiserlichen Soldaten im zurückgelassenen Haushaltsgut Friedrichs wurde publizistisch verarbeitet. Von nun an erschien Friedrich auf den meist sehr derben Karikaturen mit bandlosen Strümpfen, die ihm über die Knöchel herabhingen.

Für die böhmischen Rebellen hatte die Niederlage schreckliche Folgen. Der Kaiser ließ in Prag vor dem Altstädter Rathaus am 21. Juni 1621 in einem viereinhalbstündigen Spektakel achtundzwanzig protestantische böhmische Adelige öffentlich hinrichten. Die Köpfe von zwölf der Hingerichteten und die rechte Hand des Grafen Joachim Andreas von Schlick, eines der wichtigsten Führer des Aufstandes, wurden an den Altstädter Turm der Karlsbrücke genagelt, wo sie zehn Jahre lang als Mahnung für den verlorenen Krieg blieben. Das Wahlkönigtum wurde abgeschafft, Böhmen zum habsburgischen Erbkönigreich erklärt und die Stände durch die Verneuerte Landesordnung weitgehend entmachtet. Die Urkunde der böhmischen Religionsfreiheit, der Majestätsbrief, soll von Ferdinand eigenhändig zerrissen worden sein. Die protestantischen Konfessionen wurden ausgerottet, nur die Lutheraner wurden angesichts der Teilnahme des sächsischen Kurfürsten am Krieg vorerst noch geduldet. Der Grundstein zur gewaltsamen Rekatholisierung des Landes und zur Durchsetzung absolutistischer Herrschaft war gelegt. Nach der Schlacht am Weißen Berg blieb Böhmen dreihundert Jahre lang, bis zur Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik 1918, Teil der Habsburgermonarchie.

Flucht

    Thun mit dem newen Fisch jetzt prangen

Über Náchod und Glatz floh Friedrich nach Breslau[20], von wo er sich über Brandenburg und Wolfenbüttel ins niederländische Exil begab, das er im März 1621 erreichte. Bereits am 29. Januar 1621 hatte Ferdinand II. über Friedrich und Christian von Anhalt wegen Landfriedensbruch, Bruch von Reichsgesetzen, Unterstützung rebellischer Untertanen und Majestätsverbrechen Vnsere vndd deß H: Reichs Aacht vnd Ober Acht verhängt[19], weshalb man sich bei seiner dortigen Verwandtschaft wenig gastfreundlich zeigte, da jedem, der den Kurfürsten unterstützte, Sanktionen drohten. Maximilian von Bayern wurde mit der Exekution der Reichsacht beauftragt.

Am 6. Februar versammelten sich die Vertreter der Union in Heilbronn und beschuldigten Ferdinand, dass dieser mit der Achtverhängung seinerseits die Reichsverfassung und seinen Eid gebrochen habe. Auf den geharnischten Protest der Fürsten reagierte Ferdinand mit einer drohenden Geste durch die Truppen Spinolas, die immer noch in der Kurpfalz standen. Am 1. April erklärten die Delegierten der Union im so genannten Mainzer Akkord, dass sie ihre Heere auflösten, wenn ihnen Spinola die Neutralität garantiere. Der Akkord war das letzte unterschriebene Dokument der Union und die Versammlung ging für immer auseinander. Die Union hatte faktisch aufgehört zu existieren.

Nun war die endgültige Besetzung der Pfalz durch spanische Truppen nicht mehr aufzuhalten, wie man mit Erschrecken in den verschiedenen Hauptstädten der protestantischen und den Habsburgern feindlich gesinnten Länder feststellte.

Am 9. April 1621 lief der Waffenstillstand zwischen den Vereinigten Niederlanden und Spanien ab und am 14. April traf Friedrich mit Elisabeth Stuart in Den Haag ein, wo sie mit allen Ehren empfangen wurden, die einem regierenden Souverän gebührten. Die Niederlande und Friedrich unterzeichneten einen Vertrag, durch den er die Unterstützung der Niederlande für die Rückeroberung seiner Erblande annahm. Wer gehofft hatte, dass mit der Niederlage des Winterkönigs der Krieg beendet war, sah sich getäuscht. Der nächste Akt der Tragödie hatte begonnen.

Verlust der Erblande

    Der hett zuvor viel Leit und Land

    Der hat jetzund eine läre Hand

Im Sommer 1621 trat der Kuradministrator Johann II. von Pfalz-Zweibrücken, der diesen Posten nach der Abreise Friedrichs nach Prag 1619 erneut übernommen hatte, von seinem Amt zurück. Da die räumliche Entfernung ein direktes Eingreifen Friedrichs in die Vorgänge in der Pfalz verhinderte, begab er sich im April 1622 über Calais und Paris in die noch von den Truppen seines Generals Ernst von Mansfeld gehaltene Südpfalz und traf am 21. April mit seinem Heer zusammen. Sofort fing Friedrich an, Hilfeersuchen an die protestantischen Fürsten des Reiches zu senden, und versuchte die Union wiederzubeleben.

Ein eher unbedeutender Sieg über die Truppen Tillys am 27. April 1622 bei der Schlacht am Ohrenberg im Ort Mingolsheim brachte kurzzeitig einen ungeheuren Auftrieb für die pfälzische Sache. Doch der dramatische Mangel an Geld und Lebensmitteln für die Truppen und die Niederlagen der zu Hilfe eilenden Heere des Markgrafen von Baden-Durlach Georg Friedrich am 6. Mai bei Wimpfen und Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, genannt der tolle Halberstädter, in der Schlacht bei Höchst am 20. Juni 1622 wendeten das Blatt. Friedrich geriet immer mehr unter den Einfluss des Generals von Mansfeld, den aber die protestantische Sache kaum interessierte. Dementsprechend skrupellos war seine Vorgehensweise. Mit Wissen und Duldung des Kurfürsten überfiel von Mansfeld Darmstadt und nahm Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt und dessen Sohn Johann als Geisel. Auf dem Rückzug ins Elsass steckte von Mansfeld eine Stadt und dreißig Dörfer in Brand. Insbesondere die Gefangennahme des Landgrafen, eindeutig ein Verstoß gegen Reichsrecht, kostete Friedrich die letzten Sympathien.

Friedrich entließ von Mansfeld aus seinen Diensten, nachdem dieser ihn davon überzeugt hatte, dass die pfälzischen Erblande nicht mehr zu halten waren, und kehrte am 18. Juni 1622 noch einmal nach Heidelberg zurück, um die kurfürstlichen Akten und Wertgegenstände abzuholen. Anschließend verbrachte Friedrich den Sommer bei seinem Onkel, dem Herzog von Bouillon in Sedan.

Wenig später vollendeten Tilly und der spanische General Gonzalo Fernández de Córdoba die Eroberung der Pfalz. Am 19. September 1622 fiel Heidelberg[21] nach elfwöchiger Belagerung und am 5. November Mannheim. Nur in der kleinen Festung Frankenthal harrte die kleine englische Besatzung noch aus. Nach der Eroberung Heidelbergs wurden die protestantischen Kirchen geschlossen, die Universität aufgelöst und auf Veranlassung Maximilians die großartige Bibliothek, die berühmte Bibliotheca Palatina, als Dankesgeschenk dem Papst Gregor XV. überreicht. Mehr als 3500 Handschriften gingen nach Rom, und der Papst revanchierte sich bei Maximilian mit einer Zahlung von insgesamt 620.000 Gulden für die Finanzierung der Feldzüge der katholischen Liga.

Am 23. Februar 1623 übertrug Kaiser Ferdinand II. die Kurwürde, wie in dem Geheimabkommen festgelegt, auf einem Deputationstag in Regensburg auf Maximilian I. von Bayern. Als einziges Zugeständnis an die protestantischen Fürsten wurde sie jedoch nur auf die Lebenszeit Maximilians beschränkt. Dies änderte jedoch nichts an dem eklatanten Rechtsbruch Ferdinands, da eigentlich nur das Kurfürstenkollegium zu solch einem Schritt berechtigt war. Auch erhielt Maximilian das eroberte Gebiet der Oberpfalz als Lehen. Weitere Teile des kurpfälzischen Gebietes (so das Gemeinschaftsamt Parkstein-Weiden und das Amt Peilstein) wurden an Herzog Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg abgetreten.

Im Exil

    Es wil ihn aber alls mißlingen

    Er ist zu tieff hinab gesuncken

Bereits über den Jahreswechsel 1622/23 hatte Friedrich eine Exilregierung in Den Haag gebildet. Deren Chef war der pfälzische Rat Ludwig Camerarius. Im November 1623 musste Friedrich auf massiven Druck des englischen Königs, der mit ernsthaften Konsequenzen drohte, den von England und Spanien im Mai ausgehandelten Waffenstillstand für die Pfalz ratifizieren.

Sehr oft überließ Friedrich die politischen Tagesgeschäfte seinen Räten und Ratgebern und entwickelte nur in finanziellen Fragen eine gewisse Hartnäckigkeit. Friedrich geizte nämlich sehr, wenn es um die finanzielle Ausstattung seiner Administration ging. Auf der anderen Seite verschlang seine Hofhaltung Unsummen, so dass die Zuwendungen von der niederländischen und englischen Regierung selten ausreichten. So ließ er sich beispielsweise ab 1629 eine Residenz in Rhenen errichten. Die bis zum Sommer 1631 fertiggestellte Residenz umfasste ein einen Innenhof umgebendes, zweistöckiges Hauptgebäude mit zwei nach Süden vorspringenden Seitenflügeln und war von großen Gärten umgeben. Da Friedrich durch den Druck aus London und den Verlust seiner Erblande weitestgehend zur Untätigkeit verurteilt war, verbrachte er seine Zeit auf der Jagd und mit langen Spaziergängen oder erholte sich beim Schwimmen.

Einen weiteren Schicksalsschlag erlitt der Winterkönig am 17. Januar 1629. Bei einem Schiffsunglück während der Besichtigung von Kapergut der Westindischen Compagnie im Haarlemmermeer kam sein ältester Sohn und Thronfolger Heinrich Friedrich um. Friedrich selbst kam nur knapp mit dem Leben davon und war erst nach 15 Monaten körperlich wiederhergestellt. Den Tod seines Sohnes überwand er aber sein Leben lang nicht. In den Thronfolger waren große Hoffnungen gesetzt worden, da er durch große Intelligenz auffiel und in den Plänen vieler Diplomaten in Europa eine bedeutende Rolle spielte. So wollte der englische König Jakob I. den Konflikt um die Pfalz durch die Heirat Friedrich Heinrichs mit einer Prinzessin aus Spanien friedlich lösen.

In den Jahren 1624/25 und 1627 scheiterten Vermittlungsversuche zwischen Friedrich und dem Kaiser. Er zeigte sich zwar zu gebührendem Respekt und Gehorsam bereit, wich aber in den Fragen der Rückgabe seiner Gebiete und der vollen Wiedereinsetzung in seine Würde als pfälzischer Kurfürst kein Stück zurück. Auf dem Regensburger Kurfürstentag, einer Versammlung der wichtigsten Reichsstände ohne den formalen Status eines Reichstages, vom 3. Juli bis zum 12. November 1630 bat Friedrich den Kaiser sogar schriftlich um Verzeihung, dass er die Krone Böhmens angenommen hatte. Aber auch die Gespräche seiner Gesandten in Regensburg verliefen ergebnislos. Ende März 1631 machte Friedrichs Schwager, König Karl I. von England, noch einen Versuch, den Kaiser zum Einlenken zugunsten Friedrichs zu bewegen, in dem er den Diplomaten Sir Robert Anstruther zu Gesprächen mit dem Präsidenten des Reichshofrats, Graf Wratislav Fürstenberg zu Meßkirch Wildenstein entsandte. Friedrichs Tod bereits im darauffolgenden Jahr machte Anstruthers Bemühungen dann allerdings obsolet.

Auch militärisch war Friedrich erfolglos. Die maßgeblich von der Exilregierung der Pfalz angeregte Haager Allianz von 1625 zwischen den Niederlanden, England, Dänemark und dem Kurfürsten vermochte aus Gründen innerer Streitigkeiten nicht in den Konflikt um die Pfalz und den Krieg im Reich einzugreifen. Allein der dänische König Christian IV. blieb übrig. Aber nach der vernichtenden Niederlage Christians in der Schlacht bei Lutter gegen Tilly vom 27. August 1625 zerstob auch diese Hoffnung auf militärische Rückeroberung der Pfalz. Und die Kontakte zum siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen, der schon seit Jahrzehnten gegen die Habsburger kämpfte, und zu den Türken stießen bei Freund und Feind auf viel Kritik.

Tod

    Helff Gott dem armen Friderich

    Er kompt doch nimmer ubersich.

Mit dem Eingreifen des schwedischen Königs Gustav Adolf in den Krieg durch seine Landung am 4. Juli 1630 auf Usedom schien eine neue hoffnungsvolle Situation für Friedrich zu entstehen. Am 17. September 1631 trafen die Truppen Gustav Adolf bei Breitenfeld auf die kaiserlichen Truppen unter Tilly. Tilly wurde vernichtend geschlagen und konnte auch im folgenden Jahr den Vormarsch der Schweden in Süddeutschland nicht aufhalten. Die Eroberung Oppenheims im Dezember 1631 war für Friedrich V. das Zeichen für die Rückkehr ins Reich. Im Januar 1632 verabschiedete er sich von seiner Familie, in der festen Überzeugung, bald wieder in Heidelberg residieren zu können.

Im Februar 1632 traf Friedrich mit dem siegreichen König in Frankfurt am Main zusammen und wurde von ihm mit allen Ehren eines Monarchen empfangen, was ihm die protestantischen Fürsten übel nahmen. Jedoch konnte Friedrich Gustav Adolf keinerlei Unterstützung anbieten, da seine erneuten Bitten um Unterstützung in London und Den Haag ungehört blieben. Im Gegenteil, anstelle Friedrich zu unterstützen, versuchte man ihn zum Spielball der englischen Interessen zu machen. Der englische Gesandte schlug Gustav Adolf vor, die Pfalz als „Faustpfand“ zu behalten. Friedrich erklärte, dass er solch einem Handel nie zustimmen würde, und verzichtete auf eine Restitution, das heißt eine Wiederherstellung in seine alten Rechte, unter solchen Bedingungen.

Notgedrungen nahm Friedrich deshalb am folgenden Feldzug des schwedischen Königs nach Bayern teil und marschierte am 17. Mai 1632 in München ein. Auch die hier geführten Verhandlungen über seine Restitution verliefen wenig erfolgreich und endeten in einem Eklat. Gustav Adolf als Sieger im Kampf gegen die Habsburger glaubte weiterhin die Bedingungen für die Wiedereinsetzung Friedrichs diktieren zu können.

Dementsprechend niederschmetternd war auch die Antwort Gustav Adolfs auf die Frage nach den Bedingungen für eine Wiedereinsetzung ohne englische Hilfe. Friedrich solle Gustav Adolf huldigen und die Pfalz gleich einem Lehen aus den Händen des schwedischen Königs erhalten. Zu wichtig waren für Schweden die wirtschaftlich und strategisch bedeutenden Gebiete der Kurpfalz. Eine Bitte um Milderung der Bedingungen wurde von Gustav Adolf freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen. So trennte man sich, und Friedrich begab sich im Oktober 1632 in das schwedisch besetzte Mainz.

Gustav Adolf starb am 16. November 1632 in der Schlacht bei Lützen, und fast zur gleichen Zeit hatte sich England endlich entschlossen, eine kleine Streitmacht mit genügend finanziellen Mitteln bereitzustellen. Doch dies nützte dem Winterkönig nicht mehr. Ihn plagte seit Anfang Oktober eine Infektion, die sich in den nächsten Wochen verschlimmerte. Auch der aus Darmstadt nach Mainz herbeigerufene Arzt Peter de Spina III. konnte nichts mehr für Friedrich tun. Am Morgen des 29. November 1632 stellte er den Tod aufgrund eines pestilenten Fiebers, wahrscheinlich der Pest, fest.

Da der älteste noch lebende Sohn Friedrichs, Karl Ludwig, noch minderjährig war, wurde als Administrator der Kurpfalz der Bruder Friedrichs, Ludwig Philipp von Pfalz-Simmern, eingesetzt. Die Eingeweide des „Winterkönigs“ wurden im Westchor der Katharinenkirche in Oppenheim beigesetzt und der einbalsamierte Leichnam zunächst in die Festung Frankenthal verbracht. Am 9. Juni 1635 floh Ludwig Philipp vor den erneut anrückenden Spaniern mit den sterblichen Überresten von Frankenthal nach Kaiserslautern. Im Juli 1635 erreichte der Tross Metz, und man stellte den Sarg im Keller eines Bürgerhauses ab. In Frankenthal hatte der Sarg bereits mehrere Tage unter freiem Himmel gestanden und fiel während der Flucht nach Metz mehrfach vom Wagen. Im September 1637 soll Ludwig Philipp den Sarg ins sichere Sedan überführt haben. Wo die Gebeine des Winterkönigs ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, ist bis heute unbekannt.

Nachkommen

Neben dem bereits genannten Sohn Karl Ludwig, der seinem Vater später als Pfälzer Kurfürst nachfolgen sollte und Calvinist blieb, und dem späteren englischen Generalissimus Ruprecht von der Pfalz, Duke of Cumberland hatte Friedrich V. auch zwei Kinder, die zum katholischen Glauben übertraten. Es waren dies Luise Hollandine von der Pfalz (1622–1709) und Eduard von der Pfalz (1625–1663). Luise Hollandine wurde Zisterzienserin in Frankreich und war überdies eine begabte Malerin, ausgebildet bei Gerard van Honthorst. Eduard hatte Anna Gonzaga (1616–1684) geheiratet, die Tochter von Herzog Carlo I. Gonzaga, aus der gleichen Familie der auch St. Aloisius von Gonzaga entstammt. Insgesamt hatte er mit Elisabeth Stuart 13 Kinder, weitere Töchter waren Elisabeth von der Pfalz, Äbtissin in Herford, und Sophie von der Pfalz, später Kurfürstin in Hannover.

Rezeption

Zeitgenössische Publizistik und Propaganda

Die Ereignisse um Friedrich lösten den ersten großen „Medienkrieg“ der Geschichte aus. Dieser Propagandakrieg wurde erstmals mit den Mitteln des 150 Jahre zuvor erfundenen Buchdruckes geführt. Dieser hatte die massenhafte Verbreitung von Nachrichten und Meinungen in Form von Flugblättern erst möglich gemacht.

Nachdem bereits im 16. Jahrhundert während der Reformationszeit mit erläuternden Kurztexten oder Versen versehene Einblattholzschnitte kursierten, wurde nun vornehmlich mit der Technik des Kupferstiches oder der Radierung gearbeitet. Diese Drucke prägen bis heute zu einem Teil das Bild über die Ereignisse während des Dreißigjährigen Krieges und halten teilweise auch falsche oder einseitige Darstellungen der Personen und Geschehnisse lebendig. Besonders im süddeutschen Raum wurden viele Drucke hergestellt, da die dortigen zumeist lutherischen Reichsstädte gleichzeitig bedeutende Druckzentren waren. So entstand hier in den Jahren 1620 bis 1622 eine wahre Flut von Flugblättern gegen den calvinistischen Winterkönig.

Bereits seit der glanzvollen und ungewöhnlichen Hochzeit mit Elisabeth Stuart zog Friedrich die Aufmerksamkeit der zeitgenössischen Publizistik auf sich. Aber besonders seit der Annahme der Krone Böhmens stand er im Mittelpunkt des Interesses und war einer der am meisten dargestellten Personen auf Flugschriften während des Dreißigjährigen Krieges. Rund 200 Blätter sind überliefert, in deren Zentrum seine Person und seine Entscheidung, die böhmische Krone anzunehmen, stehen. Damit wurde er beispielsweise wesentlich häufiger dargestellt als Wallenstein. Die Bandbreite der Schriften über Friedrich war enorm und umfasste auch juristische und theologische Abhandlungen[22], Veröffentlichungen von Akten aus der nach der Schlacht am Weißen Berg in Prag gefundenen pfälzischen Kanzlei und Rätselbilder in Form von Rebussen, sowie Labyrinthe und Chronogramme für die gebildeten Kreise. Bei letzteren bestand die Aufgabe und das Vergnügen für den Leser darin, die Absicht des Verfassers zu enthüllen. Daneben gab es Kriegs- und Gräuelpropaganda und zahlreiche Hohn- und Spottverse auf den Winterkönig und den geflohenen Palatin.

Bis zur Schlacht am Weißen Berg sind neun Zehntel aller Streitschriften protestantisch. Anfangs war es die Aufgabe der pfälzischen Publizistik, die Legitimität und Rechtsgültigkeit der Regierung Friedrichs in Böhmen zu unterstützen. Die wichtigste dieser Unterstützungsschriften war Unser Friderichs […] Offen Außschreiben Warumb Wir die Cron Boeheim und der incorporirten Laender Regierung auff Uns genommen[23], die in deutscher, tschechischer und französischer Sprache verbreitet wurde. Als Grundlagen für die Argumentation dienten Bibeltexte, und Friedrich wurde als Beschützer des Evangeliums, als neuer Gideon bzw. David dargestellt. Friedrich sei ähnlich wie David anstelle des unwürdigen Sauls, was sich auf Ferdinand bezog, von Gott zum König berufen worden. Der Winterkönig wurde also in den Heilsplan Gottes eingefügt und war somit der Retter des protestantischen Glaubens.

Die katholische Partei war den Protestanten im Kampf der Federn anfangs nicht gewachsen. Einzig die Erfindung der Bezeichnung Winterkönig durch die Jesuiten hatte einen durchschlagenden Erfolg. Das Bild wandelte sich aber nach der Flucht Friedrichs grundlegend. Siegesfroh und rachsüchtig lärmten die Kaiserlichen. Die erbeuteten Akten der Kanzlei wurden von den kaiserlichen Gegnern veröffentlicht und jahrelang in Flugblättern ausgeschlachtet. Zwar wurde in ihren Broschüren die protestantische Seite insgesamt nur mäßig angefeindet, denn noch war das lutherische Sachsen zu schonen. Doch umso mehr wurde der flüchtige Winterkönig in zahllosen satirischen Bildern und Versen verspottet. Er wurde mit seinem Stolz und seiner Kopflosigkeit in jeder erdenklichen kläglichen Situation abgebildet: Brot suchend, auf schlechtem Wagen abziehend, sich eine Grube grabend. Auch seine Gemahlin und die Kinder blieben von dem Hohn nicht verschont.

Im Gegensatz zu den Zeitgenossen sahen sich Friedrich und seine Gattin stets als Opfer ihrer Glaubensfestigkeit und Ehrhaftigkeit. So gibt es nicht ein einziges Dokument, in dem Friedrich irgendeine Schuld einräumt, den Reichsfrieden gebrochen zu haben. Er habe seine Länder und sich selbst für den Kampf um die protestantische Sache, die Libertät der Fürsten und die Reichsverfassung gegen die habsburgische Übermacht geopfert. Dementsprechend verewigte Elisabeth Stuart ihren verstorbenen Gatten auf einem Gemälde postum als römischen Kaiser mit den altrömischen Tugenden eines Helden, der für seine Überzeugungen Besitz und Leben opfert.

Forschung

In der historischen Forschung wurde das Bild Friedrichs in der Fortführung der zeitgenössischen Spottschriften meist negativ gezeichnet. So ist der Name „Winterkönig“, unter dem Friedrich in die Geschichte einging und der auch in der wissenschaftlichen Literatur selbstverständlich verwendet wird, ein Spottname. Insbesondere die Darstellung Friedrich Schillers in seinem historischen Werk Geschichte des Dreißigjährigen Krieges von 1792 dürfte zum negativen Bild Friedrichs beigetragen haben. Er schildert Friedrich einerseits als freien und aufgeweckten Geist, mit viel Herzensgüte und königlicher Freigebigkeit[24], betont aber andererseits seine angeblichen Gewissensbisse bei der Nachricht über die Wahl zum König von Böhmen folgendermaßen:

    [Ihn] erschreckte [...] der gegenwärtige Glanz dieser Krone, und die zweifache Größe des Verbrechens und des Glücks brachte seinen Kleinmuth zum Zittern. Nach der gewöhnlichen Art schwacher Seelen wollte er sich erst durch fremdes Urtheil zu seinem Vorhaben stärken; aber es hatte keine Gewalt über ihn, wenn es gegen seine Leidenschaft ausfiel.[24]

Insgesamt schildert Schiller den Winterkönig als schwach, unentschlossen und der Situation in keinerlei Weise gewachsen. Die böhmische Nation habe ein zweihundertjähriges Regentengeschlecht, die Habsburger, von sich gestoßen und sich Friedrich geradezu in die Arme geworfen. Und Friedrich habe die Krone und Böhmen durch Unfähigkeit und Feigheit verspielt. Auch seien seine Entscheidungen durch astrologische Träumereien beeinflusst gewesen. Davon findet sich in den Quellen jedoch nichts. Diesem Bild Friedrichs folgten seitdem die meisten deutschen Historiker.

Erst in den letzten Jahren gibt es Versuche, das Bild über Friedrich und dessen Motivation die Krone anzunehmen, zu revidieren. So versucht Brennan C. Pursell in seinem 2003 erschienenen Buch The Winterking anhand der persönlichen Korrespondenz des Winterkönigs mit seiner Frau Elisabeth, seinen Räten, Diplomaten und Fürsten befreundeter und gegnerischer Mächte nachzuweisen, dass nicht religiöser Fanatismus oder verstiegener persönlicher Ehrgeiz die Gründe für das böhmische Abenteuer gewesen seien, sondern einzig und allein seine Sorge um die Reichsverfassung den Ausschlag für die Annahme der Wenzelskrone gegeben habe. Der Krieg sei demnach für Friedrich ein Krieg um die Reichsverfassung gewesen, in dem er versucht habe, die ständische Verfassung des Reiches gegen die habsburgische Idee einer absoluten, erblichen Monarchie zu verteidigen. Auch die Persönlichkeit Friedrichs bewertet Pursell gänzlich anders. Die bisherigen Einschätzungen von Wedgwood und anderen, dass Friedrich schwach und von seinen Ratgebern abhängig gewesen sei, bezeichnet Pursell als Einbildung, die nicht durch die Quellen gedeckt sei. Vielmehr berichteten diese, dass Friedrich ein gut ausgebildeter, hoffnungsvoller Fürst des Frühbarock mit Sinn für politische Verantwortung gewesen sei. So habe Friedrich trotz seiner starken Frömmigkeit auch stets zwischen der Religion und der Politik zu trennen gewusst.[25]

Einen ähnlichen Versuch der Deutung unternahmen die Bayerische Landesausstellung Der Winterkönig im Jahre 2003 und der dazugehörige wissenschaftliche Katalog. Neben dem Leben Friedrichs und seiner Frau werden hier weitere Aspekte für sein Handeln untersucht und dargestellt. Die Beiträge renommierter Wissenschaftler geben unterschiedliche Antworten auf die Frage nach Friedrichs Motivation. So wird neben religiösen Gründen auch ein wirtschaftliches Interesse der Pfalz angegeben. Peter Wolf vertritt in seinem Beitrag die These, dass angesichts einer im Niedergang befindlichen oberpfälzischen Eisenindustrie der Statthalter der Oberpfalz Christian von Anhalt eine stärkere Anbindung an die florierenden Erzgewinnungsstätten in Böhmen sowie eine Umgehung kartellrechtlicher Bestimmungen in den Oberpfälzer Abbau- und Verarbeitungsgebieten gesucht habe.[8] Gerade diese These werde kaum durch Quellen gedeckt, so die Kritik von Magnus Rüde, dem Rezensenten des Ausstellungskataloges, an der These Wolfs. Rüde zieht es darüber hinaus generell in Zweifel, dass der „Faktor Ökonomie im frühen 17. Jahrhundert ein ernst zu nehmender Bestandteil außenpolitischer Strategie“ war.[26] Angesichts der Quellenlage muss es wohl Spekulation bleiben, inwiefern ökonomische Motive das Handeln von Friedrich wirklich beeinflusst haben.

Wie auch immer in Zukunft die Frage nach den Motiven Friedrichs beantwortet werden wird: der Name Winterkönig bleibt weiterhin mit seiner Person verbunden, wohl auch, da der ursprüngliche Spottname für heutige Ohren eher poetisch klingt.

Literatur

  • Haus der Bayerischen Geschichte (Hrsg.): Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Theiss, Stuttgart 2003, ISBN 3-8062-1810-2. (Rezension)
  • Elmer Adolph Beller: Caricatures of the ‚Winter King‘ of Bohemia. Milford, London 1928.
  • Benita Berning: „Nach alltem löblichen Gebrauch“ – Die böhmischen Königskrönungen der Frühen Neuzeit (1526–1743). Böhlau Verlag Köln·Weimar·Wien 2008, ISBN 978-3-412-20082-4.
  • Peter Bilhöfer: Nicht gegen Ehre und Gewissen; Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz – Winterkönig von Böhmen (1596–1632). Heidelberg 2004 (Eigenverlag Rhein-Neckar-Kreis, Reihe: Bausteine zur Kreisgeschichte, Bd. 7; zuvor Phil. Diss. Mannheim 1999).
  • Annette Frese: Der Winterkönig: Heidelberg zwischen höfischer Pracht und Dreißigjährigem Krieg; Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg. Greiner, Remshalden 2004, ISBN 3-935383-47-9.
  • Simon Groenveld: De Winterkoning. Balling aan het Haagse hof; Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Haags Historisch Museum, Den Haag. Den Haag 2003, ISBN 90-72550-03-X.
  • Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580-1626); Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg. Berlin 2010 (Duncker & Humblot, Historische Forschungen, Bd. 94; zuvor Phil. Diss. Köln 2007); ISBN 978-3-428-13321-5.
  • Felix Joseph Lipowski: Friederich V. Churfürst von der Pfalz und König von Böhmen. Eine historisch-biographische Schilderung. München 1824.
  • Golo Mann: Wallenstein. 6. Auflage, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt/Main 2005, ISBN 3-596-13654-7.
  • Mann geht in diesem Werk ausführlich auf die Vorgänge in Böhmen und rund um den Winterkönig ein.
  • Jörn Münkner: Katholische Inspiration oder Herrscherschicksal. Flugblätter im Netz frühneuzeitlicher Kommunikation. In: Perspicuitas. Internet-Periodicum für mediävistische Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft. Online abrufbar als PDF-Dokument über den Server der Universität Essen
  • Arbeit, die u. a. die Propagandaschlacht rund um Friedrich analysiert.
  • Brennan C. Pursell: The Winter King. Frederick V of the Palatinate and the Coming of the Thirty Years’ War. Ashgate, Aldershot 2003, ISBN 0-7546-3401-9.
  • Moritz Ritter: Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 621–627.
  • Magnus Rüde: England und Kurpfalz im werdenden Mächteeuropa. Konfession – Dynastie – kulturelle Ausdrucksformen. Kohlhammer, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019481-6.
  • Friedrich Schiller: Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs. In: Schillers Werke (Nationalausgabe): 18. Band: Historische Schriften: Zweiter Teil, Böhlau, Weimar 1976.
  • Friedrich Hermann Schubert: Friedrich V.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 535 f. (Digitalisat).
  • Stadtarchiv Amberg (Hrsg.): Der Winterkönig. Königlicher Glanz in Amberg. Amberg 2004, ISBN 3-924707-03-0.
  • Cicely Veronica Wedgwood: Der 30-jährige Krieg. 8. Auflage, Paul List Verlag, München 1995, ISBN 3-471-79210-4.

Anmerkungen

  1. ↑ Die den Kapiteln vorangestellten Verse entstammen der Spottschrift Deß gwesten Pfaltzgrafen Glück und Unglück, im Volltext auf Wikisource
  2. ↑ Peter Wolf gibt in Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, S. 247 auch das kurfürstlichen Schloss in Amberg als möglichen Geburtsort an
  3. ↑ Illustration von Frans Hogenberg von 1613: Eigentliche Abbildung welcher gestalt der Churfürst Pfaltzgraff Fridrich der 5. sampt der Princessin in Engelland zur Vermählung in die Konigliche Capell gangen, den 14. Febr. 1613 (Digitalisat)
  4. ↑ Zur calvinistischen Politik Anhalts seit 1595/97, vor allem im Zusammenhang der Vorgeschichte des Dreißigjährigen Krieges: Walter Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 81-86, 98 ff., 134-139, 170-176 und öfter.
  5. ↑ Zitiert nach Golo Mann: Wallenstein, S. 146
  6. ↑ s. hierzu s. unter Literaturangabe: Berning ... S. 134
  7. ↑ Friedrich Schiller: Geschichte des 30jährigen Kriegs, Teil 1, zitiert nach Wikisource
  8. ↑ a b Siehe hierzu auch Peter Wolf: Eisen aus der Oberpfalz, Zinn aus Böhmen und die goldene böhmische Krone in Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges
  9. ↑ Zitiert nach Peter Bilhöfer in Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, S. 24
  10. ↑ Für eine zeitgenössische Darstellung des Einzugs und die Krönung siehe Krönung Friedrichs von der Pfalz zum böhmischen König auf Wikisource
  11. ↑ Zitiert nach Eliška Fučíková in Der Winterkönig. Friedrich von der Pfalz. Bayern und Europa im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, S. 116
  12. ↑ Eine Flugschrift mit dem Bericht eines Augenzeugen befindet sich auf Wikisource: Extract eines schreibens auß Prag wegen zerstoerung der Thumbkirchen
  13. ↑ a b Siehe hierfür das Flugblatt Confirmirter und (Gott lob) noch immerbleibender Pfaltz-Böhmischer angefangener Winter- und hinauß wehrender SommerLöw auf Wikisource
  14. ↑ Zitiert nach Wedgwood, S. 94
  15. ↑ Der vollständige Text der Flugschrift ist auf Wikisource zu finden: Eigentliche Abbildung des Winterkönigs
  16. ↑ Zitiert nach Bilhöfer, S. 25
  17. ↑ Der vollständige Text solch einer Spottschrift ist auf Wikisource zu finden: Abgesandter Postbott/so den verlohrnen Pfaltzgraffen umbher in allen Landen suchet.
  18. ↑ zitiert nach Wedgwood, S. 114
  19. ↑ a b Der vollständige Text der Achterklärung ist auf Wikisource verfügbar: Achterklärung über Friedrich von der Pfalz
  20. ↑ Lydia Baštecká, Ivana Ebelová: Náchod. Náchod 2004, ISBN 80-7106-674-5, S. 86
  21. ↑ Ein zeitgenössischer Bericht über die Einnahme Heidelbergs ist auf Wikisource zu finden: Belagerung und Einnahme Heidelbergs 1622
  22. ↑ Ein Beispiel solch einer theologischen Abhandlung findet sich als Digitalisat in der Universitätsbibliothek München.
  23. ↑ Diese Flugschrift ist als Digitalisat der Universität Augsburg verfügbar.
  24. ↑  a b Schiller, Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs, 18. Band der Nationalausgabe, S. 78
  25. ↑ Pursell, S. 17
  26. ↑ Zu Magnus Rüdes Kritik an Wolfs These vgl. seine Rezension des Ausstellungskataloges in: H-Soz-u-Kult, vom 27. Oktober 2003.

 

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Peter Ernst II. von MansfeldPeter Ernst II. von Mansfeld

Graf Peter Ernst II. von Mansfeld, meist einfach „Ernst von Mansfeld“ genannt (* 1580 in Luxemburg; † 29. November 1626 in Rakovica bei Sarajevo), war ein bedeutender Söldner- und Heerführer im Dreißigjährigen Krieg. Als privater Kriegsunternehmer in herrschaftlichem Auftrag war er in den Jahren 1620–1626 einer der führenden Söldnergenerale im Kampf gegen den habsburgischen Kaiser und dessen Verbündete (Spanien, Bayern und die Katholische Liga) und trug aus persönlichen Gründen wesentlich dazu bei, die Reichswirren über die Zäsuren von 1620/21 und 1623 hinaus zu verlängern und zu einem europäischen Krieg auszuweiten.[1]

Leben

Familie und Anfänge

(Peter) Ernst von Mansfeld – er selbst unterschrieb seit 1607 mit „Ernest comte de Mansfelt“ – war ein natürlicher, d.h. außerhalb vollgültiger Ehe geborener Sohn (fils naturel) des königlich-spanischen Statthalters von Luxemburg, Peter Ernst I. von Mansfeld, der dem bekannten alten Reichsgrafenhause Mansfeld entstammte (Linie Mansfeld-Vorderort-Friedeburg). Ernst von Mansfeld, angeblich 1580 in Luxemburg geboren, wurde am dortigen Hofe seines strengen Vaters im katholischen Glauben erzogen. Sein Vater und dessen ältester, vollbürtiger Sohn Karl (* 1543/45) wurden 1594 von Kaiser Rudolf II. in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben und führten seitdem den Titel Prince et Comte de Mansfelt. Als Fürst Karl im Jahre 1595 den Oberbefehl über die kaiserlichen Truppen in Ungarn erhielt, gab der Vater ihm den 15-jährigen Ernst mit, der somit in den Langen Türkenkrieg (1593–1606) geschickt wurde, um das Kriegshandwerk zu erlernen. Während Fürst Karl schon im August den ungarischen Kriegsseuchen erlag, blieb der junge Ernst noch jahrelang auf dem dortigen Kriegsschauplatz. Von den Erfahrungen des Türkenkrieges geprägt, diente er den Habsburgern dann 1604–1607 auch in den Niederlanden. Beim Tode seines Vaters (1604) hatte der noch immer nicht rechtskräftig legitimierte Ernst von Mansfeld laut Testament nur geringe Erbansprüche, die aufgrund der hinterlassenen Schulden in nichts zerflossen. In Diensten der Habsburger nicht zufriedengestellt, ging er 1610 zu den Protestanten über. Ob er im Zuge dieses Seitenwechsels auch evangelische Konfession annahm, ist nicht sicher.

Unionsdienste (1611–1618/21)

Offiziell stand Mansfeld 1611–1621 als Obrist in Diensten der Protestantischen Union unter Führung von Kurpfalz; tatsächlich aber erhielt er seine Befehle von deren maßgeblichen Fürsten (Christian von Anhalt, Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach), die eine konfessionell polarisierende, ideologisierte und auf Krieg hinauslaufende Politik vertraten. Entgegen einem verbreiteten Irrtum ist Mansfeld niemals Heerführer der Union gewesen, weder vor 1618 noch danach; im übrigen endeten sämtliche Unionsdienste spätestens mit der Selbstauflösung des Sonderbundes (Mai 1621), so dass es sachlich falsch ist, für die Zeit danach – etwa zum Kampf um die Rheinpfalz (1621–1622) – noch von Unionsfeldherren zu sprechen. Auch die Bezeichnung als protestantischer Heerführer ist fragwürdig, weil er nach 1610 seine wahre Konfession geschickt verbarg, sich nirgends erkennbar von konfessionellen Motiven hat bestimmen lassen und im übrigen später auch katholischen Mächten diente. Ein seit 1610 durchgehender Zug ist allerdings sein Einsatz auf Seiten verschiedener Gegenspieler des Hauses Habsburg.

Im Geheimauftrage der führenden Unionsfürsten befehligte Mansfeld 1616–1617/18 in Italien deutsche Truppen in Diensten Herzog Karl Emanuels I. von Savoyen (Carlo Emanuele I. di Savoia), der zugleich Fürst von Piemont war, während des [Ersten] Mantuanischen Erbfolgekrieges (1612/13–1617). Bei einem späteren Aufenthalt in Turin (1619) verlieh der Savoyer ihm die Herrschaften Castel-Nuovo (Castelnuovo d'Asti, heute Castelnuovo Don Bosco) und Buttigliera (Buttigliera d’Asti), beide im Fürstentum Piemont gelegen, als Marquisat.

Böhmischer und pfälzischer Krieg (1618–1623)

Aus Italien zurückgekehrt, zog Mansfeld 1618 nach Böhmen, zur Unterstützung der evangelischen Stände, die sich gegen die habsburgische Landesherrschaft erhoben hatten (Zweiter Prager Fenstersturz). Dabei befand er sich – in Absprache mit den Anführern der Union – noch immer in savoyischem Sold, weil der Savoyer den böhmischen Königsthron begehrte. Im November 1618 gelang Mansfeld die Einnahme der habsburgtreuen Stadt Pilsen; zur Strafe verhängte der Kaiser die Reichsacht über ihn. Im Juni 1619 bei Sablat geschlagen, reorganisierte Mansfeld seine Truppen und focht 1619/20 in Böhmen und Niederösterreich. 1620 zog er sich nach Pilsen zurück, wo er eigenmächtig Verhandlungen mit den Kaiserlichen begann. An der Schlacht am Weißen Berge nahm er nicht persönlich teil, wofür er 100.000 Gulden aus der gegnerischen Kasse erhielt. Den Kampf um Böhmen aber führte er bis Mai 1621 fort.

Seit dem Frühjahr 1621 diente Mansfeld dem geächteten Pfalzgrafen Friedrich (dem vertriebenen Winterkönig von Böhmen) als Heerführer im Kampf um die Kurpfälzer Stammlande gegen übermächtige Gegner - den Kaiser und dessen Verbündete (Spanien, Bayern und die Liga). Im Herbst musste Mansfeld die unhaltbar gewordene Oberpfalz aufgeben, zog aber zum Rhein und brachte der pfälzischen Festung Frankenthal, die von spanischen Truppen belagert wurde, den ersehnten Entsatz (Oktober). Den Winter 1621/22 verbrachte er mit seinem Heer, das er aus dem Lande leben ließ und mittels Kriegsbeute fortlaufend verstärkte, im Elsass. Am 27. April 1622 schlug er bei Mingolsheim den bayerisch-ligistischen Generalleutnant Tilly, nutzte den Erfolg aber nicht aus. Am Tage darauf erhob der Pfalzgraf, noch immer königliche Würden beanspruchend, seinen Feldherrn in Bruchsal zum Fürsten. Für den geschlagenen Tilly, der rechtzeitig vom spanischen General Córdoba verstärkt wurde, rettete die schwere Niederlage des Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach bei Wimpfen (6. Mai 1622) die strategische Lage.

Vom überforderten Kurpfälzer Staatswesen nur unzureichend unterstützt, richteten die mansfeldischen Truppen schwere Verheerungen an: So erwähnt z.B. das Kriegsschadensverzeichnis der Obergrafschaft Katzenelnbogen für das Jahr 1622 einen Einfall Mansfelds nach Hessen-Darmstadt, das heutige Südhessen. Zahlreiche Städte und Dörfer - u. a. Langen, Darmstadt, Nauheim, Ober-Ramstadt, Nieder-Modau, Neunkirchen, Weiterstadt, Raunheim, Rüsselsheim und Büttelborn - stehen auf der Schadensliste.[2]

Im Juli 1622, als der Kampf um die Rheinpfalz aussichtslos geworden war, wurden Mansfeld (seit April Prince et Comte de Mansfelt) und der Welfenherzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (gen. der Halberstädter) im Elsass mitsamt dem Söldnerheer vom Pfalzgrafen entlassen. Bald darauf von den Generalstaaten in Sold genommen, überwanden die beiden Söldnerführer beim Durchzug durch die habsburgischen Niederlande eine spanische Armee unter Córdoba, die ihnen bei Fleurus den Weg nach Norden verlegen wollte (Schlacht bei Fleurus, 29. August 1622). Im Herbst desselben Jahres besetzte Mansfeld die Grafschaft Ostfriesland; Herzog Christian folgte ihm später nach. Beide hielten das Reich auch 1623 weiter in Unruhe, bis der Braunschweiger am 6. August 1623 in der Schlacht bei Stadtlohn nahezu vernichtend geschlagen wurde. Anfang 1624 musste Mansfeld in Ostfriesland die Reste seiner Truppen entlassen.

Spätere Kriegsgeschäfte und Operationen (1624–1626)

Bereits kurze Zeit später bot sich Mansfeld ein Wechsel in englische Dienste an. König James I., der Schwiegervater Friedrichs V. von der Pfalz hatte sich nach ergebnislosen Verhandlungen mit Spanien dazu entschlossen, die Befreiung der Stammlande seines Schwiegersohnes militärisch durchzusetzen. Im April 1624 traf Mansfeld im St. James’s Palace ein, um Pläne für eine Expedition auf dem Kontinent zu besprechen. Einige Wochen später reiste er wieder auf das Festland, wo er vor allem in Paris versuchte Subsidien zu erhalten. Diese wurden im Vertrag von Saint-Germain-en-Laye am 6. September 1624 von der französischen Krone gewährt, wenn auch nicht in der erhofften Höhe. Anfang November traf Mansfeld wieder in England ein, wo er begann Truppen aufzustellen. Doch es fanden sich nur wenige Rekruten, die freiwillig unter Mansfeld Fahnen traten. „Während viele Engländer willig für die protestantische Sache jubelten, Freudenfeuer entfachten und die Kirchenglocken läuteten, waren nur wenige bereit für sie zu sterben“, stellte ein Historiker fest.[3] Die schlecht bewaffneten, schlecht ausgerüsteten und schlecht versorgten Truppen sammelten sich im Dezember um Dover, von wo aus sie den Ärmelkanal nach Calais überqueren und über Land in die Kurpfalz marschieren sollten. Doch in Frankreich scheute man sich mit Rücksicht auf die starke Opposition im Inneren des Landes vor einer offenen Konfrontation mit Spanien - die Franzosen verweigerten das Durchmarschrecht. So wurde die Mansfeld-Expedition am 31. Januar 1625 in die Vereinigten Provinzen der Niederlande transportiert, wo sie ohne klares Ziel festlag und unter den widrigen Winterbedingungen stetig zusammenschmolz. Als der Frühling eintrat waren von den ursprünglichen 12–15.000 Mann nur noch etwa 5.000 übrig. Die anderen waren krank, tot oder desertiert.[4] Die Reste dieser Truppe nahmen im Frühjahr und Sommer 1625 an den erfolglosen Operationen um die Belagerung von Breda teil.

Danach zog Mansfeld nach Norddeutschland, wo er sich auf Geheiß seiner Geldgeber - der Könige von Frankreich und England - König Christian IV. von Dänemark unterstellen musste, der inzwischen in die Reichswirren eingegriffen hatte. Am 25. April 1626 wurde Mansfeld von Wallenstein bei Dessau schwer geschlagen. Nachdem er sein Heer in Kurbrandenburg reorganisiert und verstärkt hatte, brach er im Juni zu einem Feldzug nach Ungarn auf, wo er sich mit Bethlen Gábor zum gemeinsamen Angriff auf die kaiserlichen Erblande vereinigen wollte. Wallenstein verfolgte ihn seit Juli von der mittleren Elbe durch Schlesien bis nach Mähren und Ungarn, konnte einen mansfeldischen Einfall nach Böhmen verhindern, bekam seinen Gegner aber nicht zu fassen. Der Feldzug endete im Herbst ohne Schlachtentscheidung.

Tod

Auf dem Wege zur dalmatinischen Küste, von wo er zu Schiff nach Venedig reisen wollte, um Geld für neue Werbungen aufzutreiben, gelangte Mansfeld bis nach Bosnien. Im Dorfe Racovica, in den Bergen oberhalb von Sarajewo, erlitt er einen Blutsturz, angeblich aufgrund einer Tuberkulose, diktierte noch sein Testament und starb in der folgenden Nacht (29./30. November 1626). Sein Leichnam wurde angeblich auf einer Insel beim damals venezianischen Spalato beigesetzt.

Seine letzten Wochen sind geheimnisumwittert. Glaubhafter als das Gerücht, er sei von den Türken vergiftet worden, ist die Angabe anderer Quellen, er sei einem Blutsturz (un flux de sang) erlegen. Nach der Legende soll Mansfeld, nachdem er sein Testament diktiert hatte, in voller Rüstung stehend, auf zwei Diener gestützt, den Tod erwartet haben. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass er nicht einmal mehr die Kraft hatte, seinen Letzten Willen auch zu unterzeichnen: Stattdessen trägt das Dokument, dessen Verfügungen ihm doch so wichtig waren, die Unterschriften seines Leibarztes und eines Obrist-Leutnants; die Beglaubigung erfolgte Anfang 1627 durch drei andere mansfeldische Offiziere, die das Testament nach Venedig gebracht hatten.

Dass der Blutsturz das Resultat einer Leberzirrhose gewesen sein soll - finale Blutung aus Ösophagusvarizen -, ist wenig wahrscheinlich, weil Mansfeld für seine gemäßigte Lebensweise bekannt und offenbar kein Alkoholiker war. Die Sterbeszene, in ähnlicher Weise auch anderen Berufskriegern angedichtet, ist schon kurz nach seinem Ende zum soldatischen Heldentod stilisiert worden und ermöglicht daher sicherlich keine zuverlässige Aussage über das tatsächliche Geschehen. Auf der Grundlage der Quellen [vgl. Ernst Fischer, Des Mansfelders Tod] ist eine andere Todesursache weitaus wahrscheinlicher: Blutsturz infolge einer Pulmonaltuberkulose (volkstümlich: Lungenschwindsucht); da über den Blutsturz aber keine Einzelheiten bekannt sind, sollte hier nicht spekuliert werden.

Bedeutung: Kriegsunternehmertum im frühen 17. Jahrhundert

Ernst von Mansfeld agierte, wie in seiner Zeit üblich, als privater Unternehmer in staatlichem (herrschaftlichem, obrigkeitlichem) Auftrage,[5] wobei er auch persönliche Ziele verfolgte. Vor allem in den Jahren 1621–1625, kurz vor dem Auftreten Wallensteins, war er ein namhafter Hauptvertreter jener großen Kriegsunternehmer [Begriff nach: Fritz Redlich, The German Military Enterpriser], die in dieser Größenordnung erst seit ca. 1615 aufgekommen waren und die es verstanden, ihren Dienstherren ein vollständiges, kriegsstarkes Heer aus Söldnern aller Truppengattungen (Reiterei, Fußvolk, Artillerie) aufzustellen, ohne dass die Auftraggeber in der Lage sein mussten, auch den erforderlichen Unterhalt zu leisten.[6] Einen Ersatz boten Kontributionen, welche die Heeresführung im besetzten Gebiet eintrieb, sowie Beuteversprechen an die Truppen und dazu die Subsidien interessierter Drittmächte, vor allem aus dem Ausland, die Mansfeld immer wieder erwirken konnte. Unter den schwierigen Bedingungen des frühen 17. Jahrhunderts – unzureichender Entwicklungsstand des damaligen Staates, seines Steuer- und Verwaltungswesens – war seine Leistung somit vor allem eine organisatorisch-logistische. Sein strategisch-operatives Verhalten als Feldherr wie auch die Auswirkungen seines Heeresunterhaltes (Verheerung der durchzogenen Reichsgebiete) sind stets vor diesem Hintergrund zu sehen; sie waren bedingt durch das Kriegsrecht jener Zeit (den sog. Kriegsbrauch, besonders im Beutemachen) und durch die private Organisation der damaligen Söldnerheere (Regimentsstruktur, Stellung der Obersten).

Nachweise

Literatur

  • Wolfgang Brünink: Der Graf von Mansfeld in Ostfriesland. (1622–1624) (= Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands. Bd. 34). Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1957 (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 1954).
  • Ernst Fischer: Des Mansfelders Tod. Ein kritischer Beitrag zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (= Jahresbericht für das Luisenstädtische Gymnasium in Berlin. 13, 1877/78, Beilage, ZDB-ID 344453-3). Donny, Berlin 1878.
  • Reinhard R. Heinisch: Mansfeld, (Peter) Ernst II. Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 80 f. (Digitalisat).
  • Walter Krüssmann: Ernst von Mansfeld (1580–1626). Grafensohn, Söldnerführer, Kriegsunternehmer gegen Habsburg im Dreißigjährigen Krieg (= Historische Forschungen. Bd. 94). Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-13321-5 (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 2007).
  • Fritz Redlich: The German Military Enterpriser and His Work Force. A study in European economic and social history (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte Nr. 47–48, ZDB-ID 0341-0846). 2 Bände. Steiner, Wiesbaden 1964–1965.
  • Rudolf Reuss: Graf Ernst von Mansfeld im Böhmischen Kriege 1618–1621. Ein Beitrag zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Schwetschke, Braunschweig 1865, online.
  • Ludwig Graf Ütterodt zu Scharffenberg: Ernest Graf zu Mansfeld. (1580–1626). Historische Darstellung. Perthes, Gotha 1867, online.
  • Ludwig Graf Ütterodt zu Scharffenberg: Mansfeld, Peter Ernst II. Fürst von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 222–232.
  • Antoine Charles Hennequin Comte de Villermont: Ernest de Mansfeldt. 2 Bände. Devaux, Brüssel 1865–1966, Band 1 online; Band 2 online.

Einzelnachweise

  1. ↑ Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 389 ff. und 662 f.
  2. ↑ Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (HStAD), Kriegsgeschichte (E 8 A), HStAD Best. E 8 A Nr. 31/1, URL, Stand 8. Januar 2007
  3. ↑ Charles Carlton: Charles I. The personal monarch. 2nd edition. Routledge, London/New York NY 1995, ISBN 0-415-12141-8, S. 56.
  4. ↑ Ronald G. Asch: Jakob I. (1566–1625). König von England und Schottland. Herrscher des Friedens im Zeitalter der Religionskriege (= Kohlhammer-Urban-Taschenbücher 608). Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-018680-9, S. 197.
  5. ↑ Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 657-662 (Staatswesen und Kriegsunternehmertum im frühen 17. Jahrhundert)
  6. ↑ Krüssmann, Ernst von Mansfeld, S. 662-673 (Mansfeld als Kriegsunternehmer)

 

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